Es ist längst dunkel geworden, und schwarz draußen vor dem Fenster, wenn die Rollläden nicht herunterlassen wären, würde der warme Schein der Schreibtischlampe sich darin spiegeln.
Ich sitze noch am Tisch vor meinem Laptop und schreibe. Ab und an gibt meine Hundekette ein leises Klimpern von sich. Die Lampe leuchtet beinahe senkrecht auf den Tisch runter. Die Tastatur klappert.
Meine Herrin liegt in ihrem Bett in dem ansonsten abgedunkelten Zimmer. Ihre leisen Atemzüge schweben durch die Luft. Ich nehme das Geräusch wie Wellen von Ton durch den Raum war. Sie sind ganz sanft. Die Decke raschelt. Sie bewegt sich ein wenig. Ich sehe vom Text auf und verharre bei ihrem Anblick. Eine Flut von Gedanken macht mich minutenlang reglos.
So unhöflich zu starren, wenn auch von Metern Entfernung, würde normalerweise eine Ohrfeige provozieren, aber nun schläft sie.
Sie versinkt fast unter der dicken Bettdecke, die rund über ihr liegt. Ich gebe mich eine Minute dem Gedanken hin, das sie darunter nackt ist und wie dieses Bild wäre, könnte ich durch die Decke sehen. Und wie ihre Schenkel mit ihrem Hintern eine einzige Rundung ergeben würden in dieser Position. Der Stoff ist innen bestimmt sehr warm und außen ist er kühl.
Wenn der Rollladen auf wäre, könnte der Mond auf ihre Haare scheinen. Gut, das er das nich macht, denn dann würde ich wohl die ganze Nacht dort sitzen, unfähig mich auf die Geschichte zu konzentrieren.

Der matte Bildschirm ist fast auf der niedrigsten Stufe. Meine Augen beginnen müde zu werden. Ich schreibe weiter. Der Sinn wachzubleiben ergibt sich schließlich daraus, fertig zu werden. Oder, ihr zuzusehen. Es gibt kaum ein friedlicheres Bild.
Ihre Wimpern ruhen wie schwarze Halbmonde auf ihren Wangen, während ihre Haare glatt über das Kopfkissen laufen. Ihr Inneres glüht, aber ihr Herz ist besser versteckt als ein geschliffener Diamant in einer Eisentruhe im Sand, wo man zumeist nur Algen und Regenwürmer findet. Ich rufe mich zur Ordnung. Hör auf zu träumen. Unmöglich, richtig? Vor den Buchstaben ziehen alle Fantasien vorbei, die harten und blutigen als erstes. Das ergibt sich schon allein aus der Wärme, welche diese Art ihrer Präsenz mit sich bringt, zuzüglich der kleinen Lampe.

Eines Tages vielleicht... Es ist traurig nicht mehr sagen zu können. Brennend, nein reißend kann es wehtun. Dann steht die Zeit bleierne Stunden über, um wieder zu rasen, wenn unsere Fantasien sich treffen.
Wie viel Kraft allein die Hoffnung nimmt und wie viel Sie gibt, ist heftig, ob sie das weiß? Manchmal ist sie so nahe als könnte ich sie berühren, dann wieder zeigt sie mir die kalte Schulter. Ich knie auf dem Boden.
Ihre Worte hallen in meinem Kopf wieder. Woanders will ich dich auch nicht sehen. Und ich sehne mich erneut nach Schmerz.

Der Raum liegt im dämmrigen Licht. Präteritum oder Präsenz? Ich ändere es zweimal. Die Geschichte soll so intensiv werden, wie ihre Fantasien es sind. Die flachen Tasten klappern.


© D.M.


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Kommentare zu "Abends spät"

Re: Abends spät

Autor: Wolfgang Sonntag   Datum: 27.04.2021 19:24 Uhr

Kommentar: Hallo ravenblack,
Fantasiegeschichte? Fantastische Geschichte mit einer Prise Erotik. Das Ende überrascht.
Liebe Grüße Wolfgang

Re: Abends spät

Autor: DieEineHerrin   Datum: 27.04.2021 23:18 Uhr

Kommentar: Irgendwann.... mein Hund.

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