Ich sagte kein Wort während ich von den Wachen aus meiner Zelle tief unten im Verlies des Vampirschlosses hinauf ins Licht eines sehr sonnigen Tages geführt wurde. Noch immer war es nicht ganz bei mir angekommen dass dies der letzte Tag für mich hier auf Erden sein würde. In weniger als 2 Stunden würde ich nicht viel mehr sein als ein Haufen verkohlter Asche im Zentrum des Marktplatzes. „Bald ist alles vorbei" war mein letzter Gedanke bevor ich in die dunkle Kutsche stieg deren Fenster von außen mit Holzplatten vernagelt waren. Im Inneren der Kutsche saß Edarel bereits auf dem Boden mit den Händen an einen an der Wand hängenden Metallring gefesselt.

„Aurora" sagte er schwach als er mich erkannte. Ich wollte mich vorstrecken und meine Hände auf seine Schultern legen, doch die Wachen zogen mich zurück und fesselten mich an einen anderen Metallring an der gegenüberliegenden Wand der Kutsche. Mir schossen die Tränen in die Augen als ich Ederal sah. Ich würde mich seiner im nächsten Leben erinnern und ihn wieder lieben wie jetzt.

Dies wusste ich. Ich würde bei unserer Göttin für seine Seele beten und darauf warten dass er mich in der nächsten Welt findet. Dort könnten wir für immer zusammen sein. Wie unvorsichtig wir doch waren als wir uns in einander verliebten. Eine Elfe und ein Vampir. Dies durfte nicht sein und würde niemals geduldet werden. Weder vom Volk der Elfen noch von dem der Vampire. Es war also egal wo wir in diesem Augenblick waren. Wir würden so oder so hingerichtet werden. Nur dass die Strafe in meinem Volk, dem der Elfen, Steinigung und nicht Scheiterhaufen heißen würde. So oder so wir waren tot....

„Bitte lass es schnell gehen" war mein letzte Gedanke bevor ich meine Erinnerung vor der Welt verschloss. Ich funktionierte nur noch irgendwie. Keine Angst, keine Gedanken, kein Schmerz. Wenn ich diesem Zustand nur noch aufrechterhalten könnte wenn ich bald in Flammen stand. „Hast du Angst?" fragte mich Edarel. Ich schüttelte den Kopf. Im dunklen Inneren der Kutsche war unser Atem und Edarels Stimme alles was ich wahrnahm. Die Welt um uns herum war vergessen. Ich würde sie bald eh zum letzten Mal sehen. Urplötzlich hielt die Kutsche an. „Wir sind auf dem Marktplatz Aurora" flüsterte Edarel.

Ich spürte wie sich Tränen in meinen Augen sammelten. Dann wurde die Tür der Kutscher geöffnet. Die Wachen der Vampire holten uns heraus. Rings um ins herum standen Leuten, sowohl Elfen als auch Vampire. Sie bildeten einen großen Kreis um den Scheiterhaufen der aus mehreren Schichten Holz und Stroh bestand die abwechseln übereinander geschichtet wurden waren. Etwas davor stand ein überdachtes Podest auf dem sowohl der König der Vampire als auch die Königin des Elfenvolkes saßen. Vor diesem war ein Teppich ausgerollt. Wir wurden von unseren Wächtern zu diesem geführt. Anschließend mussten wir uns mit gesenkten Haupt hinknien. Dann blieb es eine Weile vollkommen still.

Zu meiner großen Überraschung war es die Königin der Elfen, Kemijera, die das Schweigen schließlich durchbrach: „Eure Liebe hat alles in Gefahr gebracht was den Frieden zwischen dem Volk der Elfen und dem der Vampire seit mehr als 300 Jahren ausmacht, die angemessene Strafe hierfür ist der Tod auf dem Scheiterhaufen."

Ich sah wie sich Edarel neben mir verkrampft. Seine Muskeln traten deutlich unter seiner strahlend weißen Haut hervor. Ich fragte mich ob sie uns noch Gelegenheit für letzte Worte mit einander geben würden. Im selben Moment wurden rings um uns herum große Tücher hochgezogen die uns beide von allen Blicken abschirmten. „Aurora" sagte Edaral zu mir und sah mir dabei tief in die Augen

„Was auch immer gleich geschehen mag. Bleibe in meiner Nähe. Sowohl jetzt, als auch im Feuer. Ich werde in der nächsten Welt auf dich warten." „Ja" antwortete ich „Aber bitte verspricht du mir das selbe." Er nickte nachdrücklich. Dann wurden die Tücher fallen gelassen. „Habt ihr letzte Worte gewechselt?" fragte Königin Kamijera „Wenn ja dann lasset die Hinrichtung nun beginnen." Ich wurde am Arm gepackt und hochgezogen.

Dasselbe geschah auch mit Edaral. Wir wurden über den Platz zum Scheiterhaufen geführt den wir über eine Leiter mit 5 Sprossen betreten mussten. Die Henker, beides eindeutig Vampire, folgten uns. Erst jetzt merkte ich dass mir die Tränen über das Gesicht rollten. Ich hatte doch größere Angst als gedacht. Aus der hölzernen Plattform des Scheiterhaufens ragten im Zentrum zwei Pfähle heraus. Davor lagen je drei Stricke und ein bunter Blumenstrauß...

Wer gab mir hier einen Blumenstrauß mit ins nächste Leben? Auf diese Frage hatte ich in diesem Augenblick keine Antwort und traute mich auch nicht nach einer zu suchen. Ich hatte mir geschworen meine Gedanken verschlossen zu halten bis es vorbei war. Dennoch nahm ich den Strauß aus den Händen des Henkers den er mir hinhielt und stellte mich an den Pfahl der neben dem von Edaral herausragte. Wir beide standen neben einander, nur einen knappen Meter von einander entfernt und trotzdem Lichtjahre weit weg von einander. Ich spürte wie mir die Stricker um den Oberkörper gebunden wurden so fest dass es beinah wehtat. Meine Beine wurden nur an den Fußgelenken festgebunden.

Dort spürte ich gleich wie die Stricker mir in das Fleisch schnitten. Ich schloss meine Augen während ich hörte wie vom anderen Ende des Platzes das laute Geräusch von Trommeln zu uns herüber schallte und immer schneller wurde. Dann hörte das Trommeln plötzlich genauso schnell auf wie es begonnen hatte.

Ein leises Knacken signalisierte mir dass das Feuer des Scheiterhaufens entzündet wurden war. Die Flammen begannen sich den Holzstapel hinauf zu fressen und sich auf uns zu zubewegen viel schneller als ich es für möglich gehalten hatte. Ein Windstoß lies den Rock meines Kleides nach oben wehen und am Saum große Wellen schlagen. Immer und immer wieder musste ich mich selber dazu zwingen ruhig zu bleiben und mir zu sagen dass es nicht lange dauern würde doch umso mehr ich diesen Gedanken freien Lauf ließ umso mehr überkam mich die Panik und die Angst vor den Flammen die in diesem Moment nur noch etwa einen halben Meter unter mir waren.

Ihr bedrohliches Kniestern lies mich die Muskeln anspannen und an den Seilen zerren mit denen ich gefesselt wurden war. Doch ich schaffte es nicht mich zu befreien. Der Geruch von verbrennenden Holz stieg mir in die Nase. Mir begannen die Tränen über das Gesicht zu rollen. Nach einigen Momenten des Schocks gab ich es auf. Ich wusste das ich mich so oder so nicht befreien würde können und alles in allem: Weshalb sollte ich mich gegen mein vorherbestimmtes Schicksal wehren sollen? Alles was in diesem Moment zählte war das ich mit Edaral zusammen war. Wir würden zusammen sterben, dies war in diesem Augenblick mein Trost.

Ich spürte wie die Hitze der Flammen immer näher kam. Schweißperlen bildeten sich auf meiner Stirn und mein Herz, welches ohne hin schon zu schnell schlug wurde noch schneller. Ich zwang mich dazu meine Augen geschlossen zu halten während ich merkte wie die ersten Flammen den Saum meines Kleides erreichten und ansengten. Ich musste mich sehr anstrengen meine Augen einen Spalt weit zu öffnen doch sehr viel sah ich nicht: Der Rauch des uns umgebenen Feuers hüllte den Scheiterhaufen ein und lies den ihn umgebenen Platz verschwimmen.

Plötzlich spürte ich Edarals Blick auf mir ruhen. Ich schaute zu ihm herüber. Dies beruhigte mich in diesem Moment. Ich hatte keine Angst mehr. Weder vor dem Tod noch vor den Flammen die bereits, nur einen knappen Meter von meinem Oberkörper entfernt hochschlugen. Der Rauch begann einen dunklen Vorhang zwischen mir und Edaral zu bilden so dass wir den jeweils anderen kaum noch erkannten.

Dann brach eine Flamme zwischen ihm und mir durch das Holz die die Spitzen meiner Haare, die vom Wind in ihre Richtung geweht wurden, ansengte. Das Holz der Plattform unter unseren Füßen wurde heiß. Am liebsten hätte ich abwechselt beide Füße gehoben um die Hitze auszugleichen doch durch die Fesseln ging dies nicht. „Ich liebe dich" sagte Edaral bevor wir uns beide dem Feuertod hingaben der nun auf uns zukam.

Ende


© koto7001


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Beschreibung des Autors zu "ElfenMond"

Wie unvorsichtig wir doch waren als wir uns in einander verliebten. Eine Elfe und ein Vampir. Dies durfte nicht sein und würde niemals geduldet werden. Weder vom Volk der Elfen noch von dem der Vampire. Es war also egal wo wir in diesem Augenblick waren. Wir würden so oder so hingerichtet werden.




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