Es war einmal im Himmel 4

© Alf Glocker

Einige hundert Jahre später staunte der Liebe Gott nicht schlecht – man hatte ihm zugetragen (einer der Engel konnte mal wieder nicht dichthalten), daß er Vater geworden war. Erst kugelte er sich ja noch vor Lachen (was eine lang anhaltende Schönwetter-Periode auf der gesamten Erde zur Folge hatte), dann aber begann er sich Sorgen zu machen.

Wohin sollte sich dasss den nun wieder entwickeln?! Er recherchierte, was es denn mit "seinem Sohn" so auf sich habe und kam einem haarsträubenden Sado-Maso-Märchen auf die Spur, in welchem eines der vielen Opfer eines mörderischen Regimes die Sünden der gesamten Menschheit auf sich genommen haben sollte.

Fürderhin, so hieß es, seien die Erdbewohner erlöst von den Übeln und könnten frei sein von aller Furcht, denn sein Sohn sei bei ihnen, allezeit. (Die lange Schönwetter-Periode wurde jetzt von einer Folge fürchterlicher Gewitter abgelöst.) "So einfach habt ihr euch das also vorgestellt?!" grübelte er halblaut vor sich hin und er protestierte entschieden.

Erstens bin ich mir keiner Schuld bewusst, irgendwen persönlich gezeugt zu haben, weder geistig noch körperlich, und zweitens ist es, bei mir selbst, also bei Gott, nie und nimmer meine Absicht, euch aus dem sehr langwierigen Lern- und Prüfungsverfahren, das irgendwann einmal zur Herausbildung meines echten Ebenbildes führen könnte, zu entlassen.

Wütend verbreitete er daraufhin gleich noch ein paar Misslichkeiten unter den Menschen, auf daß sie baldmöglichst zur Besinnung kämen, da aber setzten irgendwelche Idioten noch eins drauf: es war ein Großsprecher aufgetreten, der sich schamlos als seinen Gesandten bezeichnete – was ihm, dem Großsprecher und seinem Machtmissbrauch Tür und Tor zu öffnen schien.

Einige Zeit später hatte sich die Welt in die herrlichsten, sortenbedingten "Religionskriege" verstrickt, die, so hoffte wenigstens der Liebe Gott, allen einmal die Augen öffnen würden, dahingehend, daß er, der Liebe Gott - wenn man einmal vom Selektionsverfahren absieht - damit überhaupt nichts zu tun hatte. Nein, mit welchem Schwachsinn man sich doch herumschlagen muss, wenn man denkt eine Schöpfung vom Zaun brechen zu können, die – wann auch immer – einmal funktionieren soll!

Resigniert resümierte der Liebe Gott: "Jetzt habe ich es also geschafft, nur eine Menge Quacksalber, Bösewichte und anderes Gesindel hervorzubringen, wohingegen es mir lediglich gelang einige wenige Leute mit Durchblick auftreten zu lassen, die reichlich armselig und verlassen, einer übermächtigen Meute von Idioten gegenüberstehen. Ein armer Teufel bin ich!" Ihm blieb allerdings der Trost, daß, wenn sie sich gegenseitig kräftig umbrächten, eines Tages vielleicht doch ein Fünkchen Verstand die Oberhand gewinnen werde...


© Alf Glocker


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Kommentare zu "Es war einmal im Himmel 4"

Re: Es war einmal im Himmel 4

Autor: axel c. englert   Datum: 16.05.2016 12:44 Uhr

Kommentar: Ja, Experimente laufen oft -
Doch ganz anders, als erhofft ...

LG Axel

Re: Es war einmal im Himmel 4

Autor: Alf Glocker   Datum: 17.05.2016 7:11 Uhr

Kommentar: Die Wirklichkeit ist überraschend -
weil sehr gerne an uns naschend...

LG Alf

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