Sie saß im Turmfenster und sah hinaus in die Nacht. Der volle Mond lachte ihr mit seinem runden Gesicht zu, ermutigte sie zu träumen. Sie öffnete ihre Augen und warf eine Angel aus, um im mitternächtlich blauen Himmel zu fischen. Bewegungslos saß sie und wartete. Bis die ersten Fische mit einer samtig nächtlichen Brise näher kamen. Keck durchpflügten sie das Sternenmeer, kreisten um die Angel, flüsterten mit dem alten Mond und zuckten wieder zurück. Mit nackten kalten Füßen wartete sie im Turmfenster, sah hoch in den Himmel. Endlich ruckelte die Angeln, ein kleiner roter Fisch zappelte daran. Sie wollte ihn aus dem Himmel angeln, musste die Rute mit beiden Händen umklammern. Der Fisch zog und zerrte und wollte nicht aufgeben und flink kamen nun auch die anderen Fische näher, rot schimmernde Punkte im schwarzen Meer. Sie bildeten eine Kette, hielten sich an ihrem geangelten Fisch fest. Sie stemmte sich auf die Beine, zog kräftig an der Angel. Der Mond lachte sie glucksend aus, während die Fischlein „hau-ruck“, „hau-ruck“ von der anderen Seite an der Angel zerrten und dem Mond und den Sternen entgegen schwammen. Ehe sie sich versah, zogen die Fische sie mit sich. Sie hing an der Angel, den Wolken entgegen schwebend.

Unter ihr lagen Turm und Wald und Flur still schlafend, wurden mit jedem Flossenschlag der Fische kleiner und kleiner. Sie tauchten durch weiße Wolken hindurch. Hier waren Mond und Sterne vergessen, die Erde rückte in die Ferne. Zu sehr genoss sie die Wolkenlandschaft, als die Angelschnur riss und die Fischlein munter auseinander stoben, sich in den Wolken verloren. Sie fiel, bis eine weiche Wolke sie auffing und in den Arm nahm. Schnell fand sie Spaß daran, mit nackten Füßen von Wolke zu Wolke zu hüpfen, wie eine Feder, so leicht.
Bald ragten vor ihr hohe strahlende Türme aus den Wolken, golden und rot, erhellten den Himmel rund um das herrliche Schloss. Auf den Türmen wehten Fahnen, begrüßten den herannahenden Morgen. Fanfaren wurden geblasen, während sich das strahlende Schloss über Wolkenberge erhob und die letzte Ahnung der Nacht vom Himmel verdrängte.
Mit baumelnden Beinen saß sie da, sah hoch in den warmen Sonnenaufgang.


© GirlLulu


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Kommentare zu "Nächtliches Angeln"

Re: Nächtliches Angeln

Autor: Evia   Datum: 29.09.2015 17:01 Uhr

Kommentar: Danke für's erzählen !
Schöne Bilder :-)
Lieben Gruß
Eva

Re: Nächtliches Angeln

Autor: GirlLulu   Datum: 29.09.2015 17:08 Uhr

Kommentar: Vielen Dank für das nette Kommentar :-)
Liebe Grüße,
Luisa

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