Nachdem wir, liebe Kinder, nun wissen wie wir es gedeichselt haben, die absolute Führungsposition unter allen Lebewesen – auch unter den sogenannten „intelligenten“ – auf der Erde zu erringen, wollen wir uns, nein, müssen wir uns unbedingt mit der kompliziertesten Entwicklung befassen, die eine Zivilisation überhaupt durchmachen kann, wenn sie die Gefilde der Seligkeit, die Beinahe-Unsterblichkeit, die Herrschaft über das Universum erreichen will. Es handelt sich um die künstliche Intelligenz!

Natürlich waren wir wieder einmal nicht die Ersten, die sich auf diesem Gebiet versucht haben, auch wenn wir dann letztlich den größten Erfolg damit erzielten. Unser Volk dämmerte noch lange im Nebel urtümlicher Strukturen dahin, als die anderen, also die keiner bestimmten Sorte von Menschen zuzuordnenden Art, sich bereits geheimnisvoller Mittel bedienten, die uns damals noch völlig unbekannt waren.

Damals streunten noch räuberische Unternehmerbanden aus ihren Reihen durch die Länder der Erde, wo sie versuchten überall ihre Waren zu verkaufen, damit ein völlig neuer Berufszweig entstünde: die Multimilliardäre! Doch ihnen haben wir es zu verdanken, daß wir mit Mitteln bekannt gemacht wurden, die wir zu ihrer Ausrottung verwenden konnten. Doch zunächst geht alles auf den Wunsch der Gierigen zurück, Arbeitsprozesse zu vereinfachen.

Ihre Absicht bestand darin, irgendwann einmal überhaupt keine Löhne mehr bezahlen zu müssen, damit ihnen der Wohlstand ganz alleine gehöre und um sie ein Sklavenvolk sei, dessen Mitspracherecht beseitigt werde, bei allem was einen Staat auszumachen pflegt. Ob sie daran gedacht haben, daß auch Käufer für Waren gebraucht werden, die von Robotern hergestellt werden, ist uns nicht bekannt. Der Roboter aber war ihr angestrebtes Ziel – und er sollte nicht den Menschen mehr Freiheit bringen, sondern immer mehr Demut und Selbstaufgabe, unter den lebendigen „Einheiten“ des Staatswesens erzeugen, damit diese ausbeutungsfähiger werden und schweigen!

Sie wollten, wenn ihr aufmerksam zugehört habt, nichts anderes, als die Angleichung des Lebensstils der Staatsbürger an den unserer Vorfahren, denn auch dort hatte der Mensch ja keinerlei Bedeutung! In beiden Fällen wurde eine anwendbare und erträgliche Zukunft angestrebt. Bei uns eine Zukunft für alle, durch die Dominanz unserer Rasse und bei den anderen eine herrliche Zukunft für sehr wenige, dafür aber eine Wegrationalisierung real vorhandener Bürger. Kurios ist der Umstand ist jedoch: hier, wie auch dort arbeiteten alle angestrengt für diese Ziel. Die Erfinder der heute kaum noch vorkommenden Erzeuger der Techniken, wie auch, diesmal eher verständlich, unsere Volksgenossen.

Diese bereiteten durch Bestechlichkeit und falschen Stolz, seelenruhig ihren Untergang vor, wir warteten ab und machten uns unsere eigenen Gedanken! Und da wir nicht nur völlig talentfrei, sondern auch moralisch ungebunden waren, konnten wir alle Vorzüge dieser damals neuen Zeit nützen, die uns, wie Himmelgeschenke, begegneten. Wie schon erwähnt, orientierten sich die anderen an lächerlichen Behauptungen, wie der, daß es eine Menschenwürde gäbe, die von der Herkunft des Einzelnen unabhängig sei und nicht verletzt werden dürfe. Wir richteten unser Streben allein an den Notwendigkeiten aus, die Entwicklungen mit sich bringen.

Das heißt, die anderen bremsten sich absichtlich aus! Niemand wagte es an dieser behaupteten Menschenwürde herumzubasteln. Mensch musste unbedingt Mensch bleiben – und deshalb veränderten sie nicht den Menschen selbst, weder moralisch, noch technisch, sondern schufen nur Abbilder, die ihm immer ähnlicher werden sollten. Was dabei herauskam war sehr respektabel, für uns jedoch ungenügend! Uns reichten selbstfliegende Geräte nicht aus, selbstfahrende Autos, unbesetzte Schalter in Banken, oder das personalfreie Restaurant – wir wollten mehr!

Auch Kriegsschiffe ohne Besatzung konnten uns nicht beeindrucken. Wir beeindruckten ihre Forscher durch ungewöhnliche hohe Bezahlung innerhalb unserer Projekte die bei ihnen als unmoralisch verwerflich galten. Da wir aber wussten, wie bestechlich sie waren, konnten wir sie ohne Weiteres für unsere, höheren Ziele einspannen! Ihre Kollegen in den Ursprungsländern forschten, in technischen Universitäten, an der Erschaffung künstlicher Intelligenzen, sie experimentierten in unseren Universitäten an lebenden Wesen herum, damit eines Tages unsere vielgepriesene 13. Rasse entstehen konnte: die Übermenschen. In nicht allzu ferner Zukunft wird man sie wahrscheinlich als Götter bezeichnen.

Doch die Entstehung der Götter vollzog sich schmerzhaft und brachte so manchen Fehlschlag mit sich. Menschliche Gene mit Genen aus dem zur Verfügung stehenden Tier- oder Pflanzenreich zu kombinieren erwies sich als überaus schwierig. Die unheimlichsten Geschöpfe wurden dabei erzeugt, die wir selbstverständlich streng unter Verschluss halten mussten. Sonst hätten wir sämtliche Sympathien verspielt. Und damals konnten wir uns noch keine solch furchtbaren Fehler erlauben! Unsere Versuchslabors füllten sich mit Embryonen grauenhaftester Ausprägungen in großen Schaugläsern mit Formalin. Aber – nach endlosen Versuchsreihen hatten sie es dann doch geschafft! Ein neuer Mensch stand, wie eine gewaltige Demonstration lebendiger kosmischer Kraft vor uns. Die 13. Rasse war geboren.

Sie vereinigte in sich, oberflächlich gesehen, die Gestalt des Menschen, mit den feinsten Sinnen aus dem Reich der Spinnentiere, deren nahezu unerschöpfliches Reservoire an Fähigkeiten lange unbeachtet geblieben war. Man ekelte sich einfach zu sehr – musste sich dann aber doch schließlich eingestehen, daß angeborene Telepathie, ermöglicht durch ein dreiteiliges Großhirn, von dem der 3. Teil,der den Superwesen allein zur Kommunikation untereinander diente, große Vorteile bringen würde. Informationen konnten viel schneller ausgetauscht werden und eine Sprache war ebenfalls überflüssig, da Gedanken ja zunächst aus reinen Impulsen bestehen, die dann, den Kulturkreis betreffend, erst umständlich in speziellen Sprach-Lauten ausgedrückt werden können. Hinzu kam ein vorher nie, auch bei unseren direkten Vorfahren nicht gekanntes Maß am Willen zur Zusammenarbeit!

Da konnte und kann von uns keiner mehr mithalten. Das Riesengehirn der neuen Spezies funktioniert völlig unbeeinflusst von allen äußeren Manipulationsversuchen, im Sinne der reinen Vernunft! Diese zukünftigen „Götter“ haben ein extrem langes Leben, das sie nun bereits selber, eigenständig forschend, entschlossen sind, auf einen Umfang zu erweitern, der außerhalb unserer Vorstellungskraft liegt. Wir werden ihnen da nicht folgen können. Und, wie es aussieht, haben sie auch nicht die Absicht uns mitzunehmen. Das wäre dann ein Grad der Verachtung, den wir von früher bereits kennen. Wie wir allerdings diesmal damit fertig werden sollen ist uns nicht klar. Noch könnten wir sie wieder vernichten, aber manche von uns glauben, sie hätten uns telepathisch bereits soweit in der Hand, daß wir dies vermeiden möchten, ohne uns wirklich dazu entschlossen zu haben.

Andererseits besteht für uns aber auch ein Grund zur Dankbarkeit, denn sie waren es schließlich, denen es gelang, die künstlich-technischen Intelligenzen der anderen effizient auszuschalten, damit wir die Weltherrschaft überhaupt antreten konnten. Ihre geistige Stärke hat die Wirksamkeit toter Maschinen weit übertroffen. Sie konnten sämtliche feindliche Systeme beeinflussen, indem sie die, in den Schaltzentralen sitzenden Befehlshaber, ausschalteten und die Automaten gegen ihre die eigenen Herren richteten. Heute stehen sie an der Schwelle zum Universum! Die von ihnen entwickelten Raumgleiter versprechen Reisemöglichkeiten in die entferntesten Bezirke der Schöpfung. Überall, wo es bewegte Materie gibt, kann sich das Leben darin entfalten. Wir sind also nun auch wieder besorgt. Jeder von uns ist aufgerufen Lösungen zu erdenken, die für alle nützlich wären. Ach, hätten wir doch noch eine ausreichende Anzahl der von uns ausgerotteten, erfindungsreichen Urmenschen zur Verfügung!

Geschichtsunterricht in (nicht allzu) ferner Zukunft 5

© Alf Glocker


© Alf Glocker


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Kommentare zu "Geschichtsunterricht in (nicht allzu) ferner Zukunft 5"

Re: Geschichtsunterricht in (nicht allzu) ferner Zukunft 5

Autor: axel c. englert   Datum: 25.07.2015 21:37 Uhr

Kommentar: Auch Bertha Krause - zweifellos:
Ist Über - Mensch! (Die übt ja bloß...)

LG Axel

Re: Geschichtsunterricht in (nicht allzu) ferner Zukunft 5

Autor:   Datum: 25.07.2015 22:14 Uhr

Kommentar: In diesem Forum gibt es sehr viele Beführworter des organisierten Schweigens.
Sie denken sich dabei außergewöhnlich, im Schweigen der Lämmer, aber lassen
wir das.
Es ist das Verhalten das letztlich das stille Eingeständnis der Unfähigkeit
bestimmte Systeme entstehen lassen wird, die unausweichlich sind.

Die Thematik hier würde gut in die Maschinenträume passen, wobei ich eine andere
Lösung der Langlebigkeit kybergenetischer Art den Vorzug gab.
Interessiert eh fast niemand, wie du auch noch feststellen wirst.

Bei sich selbstprogrammierenden Einheiten, mit intuitiv angelegtem Interface
ist ein Eigenweg jenseits der urprünglichen Absicht anhand von ständig sich
reproduzierenden Generationen von Nanokolonnen bloß eine Frage der Zeit,
bis die sich konstant verändernde Entwicklung den Urheber ihrer Schöpfung
an dessen Grenzen bringt...

LG.
Waldeck!

Re: Geschichtsunterricht in (nicht allzu) ferner Zukunft 5

Autor: Alf Glocker   Datum: 27.07.2015 7:09 Uhr

Kommentar: seien wir mal gespannt

lg alf

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