Die Suche nach dem letzten Menschen

© EINsamer wANDERER

Die Ruinen der Einrichtung waren eines der letzten Zeugnisse der Menschheit. Doch wie es schon prophezeit war, sollte ihr Reich nicht ewiglich währen und schließlich von den Tiefen der Hölle verschlungen werden. Wie es prophezeit, war ergoss sich das flüssige Feuer aus Qual und Pein über die jämmerlichen kleinen Würmer. Davon gespült vom Wahnsinn des Schlundes waren sie ausgelöscht worden. Nun herrschten die Dämonen über ihre Welt und nur ihre teils menschliche Erscheinung zeigte noch wie diese Kreaturen einmal äußerlich waren.
Wütend knurrend beschwor El Diabolo einen rotierenden Ring aus Flammen und warf ihn gegen einen leeren Behälter aus verrostetem Altmetall. Der Flammenring spaltete den Behälter schräg, so dass das obere Ende wegrutschte und krachend auf den Betonboden landete.
Hätte er nur für einen Moment sein Toben eingestellt, hätte er hören können, wie das Gebäude allmählich verfiel. Es verging kaum ein Augenblick, in dem kein rieseln oder ächzen zu hören war. Die dicke Staubschicht zeigte, dass seit ewigen Zeiten niemand mehr einen Fuß in das Gebäude gesetzt hatte. Aber die zerstörerische Wut des Dämons vernichtete die Ruhe und den Frieden dieser kleinen fast vergessenen Welt.
»Wie konnte mein Vater es nur wagen, mich auf diese mickrige Mission zu schicken! Mich!«
Zornig beschwor Diabolo eine Peitsche aus Flammen in seiner linken Hand herauf, an deren Ende ein Dreieck war. Mit dieser Peitschte – genannt Devil´s Tail – trennte er das Dach vom Gebäude. Er warf dem Dach auch noch einen großen Flammenball hinterher mit dem es aus seiner Sichtweise irgendwo in der lauten von smogverseuchten Stadt geschleudert wurde.
Der Himmel war wie immer pechschwarz ohne Sterne. So war er Tag und Nacht. Alles Licht war schon vor langer Zeit verloschen. Nur die alten Aufzeichnungen der Menschen hatten gezeigt, wie der Planet einmal gewesen war. Grün und hell. Widerlich grün und ekelerregend hell.
El Diabolo war der jüngste Sohn des Satans, des mächtigsten Dämonen.
In der Dämonenwelt war Satanas mehr ein Titel denn ein Name. Manche nannten ihn auch einfach Dämonenkönig. Dieser Titel gebührte stets dem mächtigsten und boshaftesten Teufel.
Wie es sich für einen Höllenprinzen geziemte, hasste El Diabolo seinen Vater aus tiefsten Herzen und er hätte ihn am liebsten tot gesehen. Das Blut des Vaters sollte an den Händen des Sohnes kleben, wie es sich für ihre Art gehörte. Doch noch war es nicht soweit. Eines Tages würde Diabolo seinen Vater töten und seinem Platz als Herrscher einnehmen. Aber viele der anderen Dämonen nahmen ihn nicht ernst, weil er es noch nicht geschafft hatte sich von seiner menschlichen Form in seine dämonische Gestalt zu verwandeln.
Die meisten anderen erlernten mit der Zeit ihre dämonische Natur zu zeigen, doch der jüngste Prinz des Satans vermochte es einfach nicht. Er hatte es oft genug versucht. Alle hatten sie über ihn gelacht, weil er kein `echter Dämon´ sei. Aber sobald er erst einmal seinen Vater erschlagen hatte, würden sie ihn akzeptieren müssen. Jeder würde vor ihm Respekt haben, dem mächtigsten Dämon der Welt.
Seine Tarnfarbenstoffhose war inzwischen schon ziemlich zerfetzt von all den Kämpfen die er mit anderen unverschämten Artgenossen hatte.
Bis jetzt hatte noch jeder Teufel ins Gras gebissen, der sich mit El Diabolo angelegt hatte. Sie hatten dem nackten Stahl seiner zeitlosen Schönheit Isabela schmecken müssen.
Isabella war ein Schwert im Stile der Samurai. Sie hatte eine makellos schöne Scheide aus schwarzem Ebenholz. Ihr Griff war aus den Knochen der Gefallenen geschnitzt, in dem kleine menschliche Gesichter eingeritzt waren, wie sie sich in Qual wanden.
»Wie konnte er mich losschicken! Mich!«, wiederholte der Prinz zum X-ten Mal.
Außer sich vor Wut, spuckte der Dämon wilde Flammen aus seinem Mund, die begierig darauf waren alles und jeden zu verschlingen. Bösartige Schatten tobten in ihnen. Von Mordlust getrieben, brüllten sie nach Blut. Gierig fraßen sie die Wände auf. Mit ihren widernatürlichen Flammenhänden hoben sie den zerstörten Behälter in die Luft um ihn sich in den wollüstigen Schlund zu stopfen.
Das Dämonenfeuer war die Gabe des Höllenprinzen. Mit ihr ließen sich dämonische Flammen von bösartiger Intelligenz heraufbeschwören, die alles und jeden vernichteten, besonders denjenigen der sie herbeirief.
In der endlosblutigen Geschichte seines Volkes hatte es noch nicht einmal ein paar Dutzend gegeben, die das Dämonenfeuer beherrschten, ohne von ihm verschlungen zu werden.
El Diabolos kurzärmliges Hemd mit wilden Flammen und chinesischen Drachen darauf, zeigten seine feurige Ader, die nicht minder heiß war als seine angeborene Gabe.
Das Feuer hatte schon seit jeher eine große Faszination auf ihn ausgeübt. Seine Gier, seine Macht und die unermessliche Zerstörungskraft, mit der es alles vernichtete. Das alles waren Dinge mit denen er sich identifizieren konnte. Die er liebte und kannte.
Unter dem Hemd trug er ein schwarzes T-Shirt auf dem ein leerer Toilettenpapierspender drauf war, über dem „Was würde MacGyver tun?“ stand. Auch wenn nur wenige es wussten, hatte der Höllenprinz doch einen sehr ausgeprägten Sinn für Humor.
Sein Look wurde von einer Baseballmütze und zwei fingerlosen Handschuhen komplettiert.
Um die sandfarbene Mütze war ein blutrotes Tuch gewickelt. Aus dem Tuch lugte eine Anstecknadel in Form eines gehörnten Teufelskopf aus Plastik hämisch grinsend hervor. Unter der Mütze lugten rebellische braune Haare heraus.
Durch die zwei dunkelbraunen Handschuhe konnte ihn seine Isabela nicht so leicht durch die Finger rutschen, wenn seine Hände mal schwitzig waren. Sie war sein ein und alles. Sie blieb bei ihm was auch geschah. Als einzige.
»So beruhigt Euch doch, Mylord«, meinte ein bedeutungsloser Dämon in der Gestalt eines Greises. Einer von jenen die den Prinzen hatten begleiten müssen, auf Geheiß seines Vaters versteht sich. Es gab Aufstände in der Bevölkerung und man trachtete nach dem Leben der Königsfamilie. Alle hatten Angst. Alle außerdem El Diabolo.
»Beruhigen! Ich soll mich beruhigen!«
Wutentbrannt wandte sich Diabolo an den Dämon und packte seinen Unterkiefer mit aller Gewalt. Er hob ihn hoch und ließ seinen schlaffen Körper in der Luft baumeln. Der Alte ertrug dies ohne einen Mucks von sich zu geben, obwohl sein Kiefer gefährlich unter dem Druck seines Griffes knackte. Die schwarzen Augen spießten den Gefolgsmann praktisch auf.
»Euer Vater …«, begann der Alte mühsam zu sprechen.
»Der alte Sack wird auch nicht ewig leben! Merk dir das, Pisser!«
Brutal warf der Prinz den Diener gegen eine der Metallwände. Das inzwischen sehr instabile Gebäude konnte die Decke nicht mehr halten und begrub den Alten mit einer Staubwolke und altem Plunder unter sich.
»Lasst euch das allen eine Warnung sein!«
Mit einem zerstörerischen Blick bedachte er seine Bediensteten. Seine `Aufpasser´. Sie waren nichts als Würmer. Würmer im Schatten seiner großen Macht.
»Ihr sucht jetzt diesen angeblichen Menschen! Wenn er noch lebt, bringt ihn zu mir!«
Ein diabolisches Lächeln umspielte die Lippen des Prinzen. Er würde es sich nicht entgehen lassen, als der Bezwinger des letzten Menschen in die Geschichte einzugehen. Vielleicht würde er ihn aber auch als lebende Trophäe behalten. Eine Trophäe als Beweis seiner unermesslichen Macht.
»Und was ist wenn er tot ist?«, fragte einer der Dämonen in seiner fetten Menschengestalt kleinlaut und riss El Diabolo somit aus seinen Gedanken.
Zur Strafe für diese ungewollte Unterbrechung riss der Prinz seinem Diener mit einem Ruck die Zunge heraus. Die bloße Wucht seines sehnigen Armes riss den niederen Dämon zu Boden. Blutspuckend und wimmernd kauerte er sich zitternd zusammen. Eine Lache seines Blutes breitete sich schnell auf dem rostigen Boden aus, während er versuchte sich ohne seine Zunge bei seinem Herrn aufs untertänigste zu entschuldigen.
El Diabolo setzte seinen linken Turnschuh auf den runden Kopf seines Untergebenen.
Der schwarze Stoff war mit Blutflecken gesprenkelt, welche der schweflige Regen nicht abgewaschen hatte. Der Höllenprinz verzichtete darauf sie wegmachen zu lassen, da er glaubte das Blut würde die Moral seiner Feinde senken, wenn sie sich vorstellten wie viele Schädel er schon mit diesen Schuhen zerquetscht hatte. Ebenso bestand er darauf, dass die Schnürsenkel eines Schuhes immer offen waren, damit er lässiger rüberkam.
Erbärmlich, war alles was Diabolo dazu einfiel, als er den Fuß auf dem Kopfe dieses Insektes hatte. Der Knochen gab spürbar unter dem Turnschuh nach. Seine Haut begann zu kokeln und der Geruch von verbranntem Fleisch stieg ihm in die Nase. Ein paar eindrucksvolle Rauchschwaden krochen unter der Schuhsohle hervor. Das Dämonenfeuer ließ sich nicht immer kontrollieren. Wenn es mit starken Gefühlen einherging konnte es schnell unberechenbar werden, wie in diesem Fall.
Die Frage des Wurms war berechtigt, deshalb ließ der Prinz ihm sein Leben. Vorerst. Widerspenstig knurrend nahm er seinen Fuß von dem Bediensteten.
Mit unverhohlener Ungehaltenheit in der Stimme antwortete er knurrend: »Egal. Ihr bringt ihn zu mir lebend oder tot. Wir werden uns aufteilen. Ihr alle werdet in den entlegensten Ecken suchen. Ich werde mich alleine umsehen.«
Ein anderer Diener trat nervös hervor. Sein Blick wanderte immer wieder zu seinen am Boden liegenden Vorredner, der einfach nicht aufhören wollte aus dem Mund zu bluten. »Die Unruhen werden schlimmer. Was ist wenn jemand einen Anschlag auf Euer Leben begeht?«
El Diabolo funkelte den kreidebleichen Dämon böse an. Dann brach er in schallendes Gelächter aus. »Sollen sie nur kommen. Ich fürchte niemanden! Und jetzt, geht mir aus den Augen!«
Mit diesen Worten wandte sich der Höllenprinz von seinem Gefolge ab, um sich allein auf die Suche zu begeben, denn er brauchte keine Beschützer. So schritt er einsam ins Dunkel.
Seine Augen durchschnitten selbst die tiefste Finsternis wie ein Schwert die Luft. Nicht einmal der Widerhall seiner Schritte war zu hören. Die Dunkelheit schien sie zu verschlucken.
Ein mulmiges Gefühl machte sich in dem Bauch des Prinzen breit. Ihm beschlich das seltsame Gefühl hier schon einmal gewesen zu sein. Aber das war unsinnig. Niemals war er an diesem Ort gewesen.
Er schritt gerade an einer Konsole entlang, als diese wie von selbst ansprang und eine holographische Videobotschaft abspielte.
Zu sehen war ein alter Mann mit einem ungepflegten Rauschebart. Seine runden Gläser waren gesprungen. Sein Kittel wie sein Hemd waren zerknittert und voller Flecken. Seine Augenringe waren stumme Zeugen ungezählter schlafloser Nächte. Die Stimme war heiser und von der Aufnahme etwas verzerrt. Seine Kräfte waren scheinbar vollkommen aufgebraucht, er konnte noch nicht einmal stehen, ohne sich auf der Konsole abzustützen.
Es gab immer wieder kleinere Ausfälle in Form eines Flackerns von einer Sekunde, so als wenn man Teile des Videos entfernt hätte. Vielleicht war die Aufnahme aber auch einfach sehr alt und daher defekt.
»Wir haben getan, was wir konnten. Du bist unser letztes Zeugnis«, es gab einen Ausfall. El Diabolo wusste nicht wie viel beschädigt war, jedenfalls zeigte der Mann auf einmal mit dem Finger auf ihn. »… letzter Mensch …« Wieder ein Ausfall, diesmal stand der Alte aufrecht, die Rede schien ihm neue Kraft gegeben zu haben. »Hast die Macht …« Schon wieder ein Ausfall, diesmal jedoch nur der Ton. Der Mann gestikulierte wild mit seinen Händen, während er scheinbar wie von Sinnen sprach, bis plötzlich der Ton wieder hergestellt war mit: »diese Dämonen … zu … bezwingen …« Diesmal gab es keinen Ausfall. Der Mann keuchte und spuckte Blut genau auf den Punkt, wo ein alter rostroter Fleck war. Was immer dieser Mann hatte, er konnte nicht verletzt sein. Es war keine Wunde zu sehen. Vielleicht war er Todkrank. »Sei dir deiner Herkunft und Verantwortung bewusst. Hinten … Antworten … Viel Glück, … mein Kind.« Der Mann brach nun vollends zusammen. Er schien tot zu sein.
Damit verschwand die Projektion ebenso rasch wie sie aufgetaucht war.
Mit einem Schulterzucken ging El Diabolo weiter. So wie es aussah hatte sein seniler, alter Herr doch recht gehabt. Der letzte Mensch war hier. Weiter hinten würde es Antworten geben, wenn er die verstümmelte Nachricht richtig verstanden hatte.
Das Skelett im dreckigen Laborkittel, welches hinter der Konsole lag, ignorierte er.
Dem Schutt aus rostigem Abfall weiter folgend, gelangte er in eine Kammer voller Kabel. Ganz hinten an der Wand stand ein gläserner Bottich. In ihm war etwas oder jemand. Der schemenhafte Schatten ließ eine Identifizierung nicht zu. Der Bottich war schon mit glitschigen grünen Algen oder ähnlichem bewachsen.
Einen Moment lang fragte sich der Höllenprinz mit was für einer Flüssigkeit der Bottich wohl gefüllt sei. Normales Wasser schien es nicht zu sein.
Dann aber beschleunigte Diabolo grinsend seine Schritte. Seine Suche nach dem letzten Menschen war schneller abgeschlossen als gedacht. Nun würde er endlich das Ansehen bekommen, welches er verdient hatte. Jetzt würden ihn alle respektieren müssen. Ihn – El Diabolo den Bezwinger des letzten Menschen, der …
Plötzlich gingen alle Lichter an. Verwundert woher der Strom auf einmal kam schaute der Prinz sich um. Alle Knöpfe begangen zu leuchten und zu blinken. An ausgerissenen Stellen wo einst Knöpfe waren gab es knisternde Funken.
Im Tank tauchten blubbernde Luftblasen auf. Die Kreatur im inneren war mit unzähligen Schläuchen verbunden.
»Haben wir dich endlich!«, sagte eine unmenschliche Stimme hinter ihm.
Auf einmal spürte El Diabolo wie sich zwei Augen in seinen Rücken brannten. Er hatte weder Furcht noch Angst. Nein es war pure Vorfreude. Am Anfang hatte er befürchtet, dass der Auftrag langweilig und ohne Action wäre, doch nun war jemand da. Jemand der kein Freund war und wenn doch wäre das Ergebnis dasselbe.
»Ich weiß nicht wer du bist und es ist mir auch egal. Du bist eh gleich tot.« Die Stimme des Prinzen war ruhig und beherrscht. Seine Hände ballten sich zu qualmenden Fäusten, die gleich auf seinen Gegner einhämmern würden.
»Du irrst. Du wirst sterben, Sohn des Tyrannen.« Die Stimme triefte vor Verachtung und Hass. Nichts Besonderes eigentlich. Typisch dämonisch.
»Willst du noch weiter labbern oder endlich kämpfen, Motherfucker.«
Er spürte wie der Gegner sich von hinten auf ihn stürzen wollte. Doch der Prinz hatte es schon dank seiner großen Kampferfahrung vorhergesehen. Er sprang zur Seite.
Durch eine Drehung in der Luft konnte er jetzt auch sehen wer mit ihm ein Tänzchen wagte.
Es war nur irgendein niederer Dämon. Niemand bedeutsames oder mächtiges. Aber in der Not fraß der Teufel bekanntlich Fliegen, dass wusste der Höllenprinz aus eigen Erfahrung.
Der feindliche Dämon war bepelzt. Hatte stumpfe, breite Zähne, die an Grabsteine erinnerten. Es waren seltsame Symbole in sie eingeritzt.
Viele Dämonen ließen sich somit die Zähne verschönern, auch El Diabolo Höchstselbst war drauf und dran gewesen sich so etwas machen zu lassen, aber seine Geschwister hätten ihn dann als Schwul bezeichnet, weil es damenhafte Kosmetik ist.
Aber die Zähne waren ein interessanter Hinweis über die Angriffsmöglichkeiten des Gegners. Er war wohl eher jemand, der gerne seine Feinde zermalmte, statt sie zu zerreißen. Seine Handflächen waren wie die von Maulwürfen eher schaufelartig und endeten in Krallen. Wahrscheinlich war er auch so in den Komplex eingebrochen ohne große Aufmerksamkeit zu erregen. Die Erdklumpen im dunkelgrünen Fell, sprachen für diese Annahme.
Seine schlaksige Erscheinung zeugte nicht gerade von großer Stärke. Also war er wahrscheinlich eher flink zu Fuß.
Da er keine Augen besaß – denn da waren nur zwei schwarze Löcher im Kopf – dafür aber große Nasenhöhlen, setzte die Kreatur wohl eher auf Geruch – vielleicht auch auf das Gehör – denn auf das Sehen. Was ihm einen Vorteil gegen El Diabolo verschaffte. Der Prinz war berüchtigt für sein Talent Lärm und Chaos zu verursachen. Er war vieles, aber ganz bestimmt nicht leise.
Der Brustkorb des blinden Dämons war gespalten und ähnelte mit seinen Dornen entfernt an ein großes Maul.
Das alles stellte Diabolo im Bruchteil einer Sekunde fest. Schließlich wollte er doch sehen, was er da tötete.
Noch in der Luft, winkelte er seine Arme an, bereit zum Zuschlagen. Kleine Tentakel aus roter Energie schlängelten sich aus seinen Fingerspitzen. Sie durchstießen den Brustkorb des Angreifers, dieser sprang vor Schreck zurück. Scheinbar überrascht keine Schmerzen zu spüren, versuchte er mit den Händen die Tentakel zu fassen zu bekommen. Aber sie waren so undurchdringlich wie Geister.
El Diabolo lächelte. Er streckte die Arme in Richtung des Gegners aus, die Hände zu Fäusten geballt und zog sich dank der Tentakel – die er fest im Griff hatte – mit rasender Geschwindigkeit zu ihn in. Wie zwei Dampframmen trafen die Fäuste den Brustkorb des Feindes. Der blinde Dämon wurde von der Wucht des Aufschlages von den Füßen geworfen.
Gerade als El Diabolo den Brustkorb des niederen Wurms aufreißen wollte, um sein Herz zu verspeisen, öffnete sich eben jener von selbst und unzählige schwarze Tentakel schossen ihm entgegen. Geschwind schlangen sie sich um seinen Hals und zerrten ihn in den Hohlraum der Brust zu einem kreisrunden Maul. Die Zähne bewegten sich schnell wie bei einem Reißwolf.
Mit festem Griff packte der Höllenprinz die Tentakel alle auf einmal. Seine Hand begann zu brennen.
Wie ein lebendes Wesen fraß das Dämonenfeuer die Tentakel auf. Die Fratzen hielten sich aber von ihren Herren fern. Der Höllenprinz hatte das Feuer fest im Griff.
Der feindliche Dämon schrie seinen Schmerz hinaus.
El Diabolo genoss es seiner Macht freien Lauf zu lassen und mit ihr Qual und Tod über seine Feinde zu bringen.
Er packte den Angreifer an der Gurgel und sprang mit ihm an die Decke. Seine Finger durchbohrten das Metall wie Butter und hielten sich daran fest. Mit roher Gewalt schleuderte er den augenlosen Angreifer gegen die Decke. Wieder und wieder krachte der Körper des niederen Dämons gegen die metallene Decke. Schließlich warf er den unwürdigen Wurm in die Ecke des Raumes. Wieder schossen die roten Geistertentakeln aus seinen Fingern und ließen ihn zu seinem Opfer fliegen.
Erneut packte der Prinz die Gurgel des Angreifers. Mit der freien Hand schlug El Diabolo seine Faust in die hässliche Fratze des Angreifers. Er schlug zu. Wieder und wieder, bis seine Hand blutig vom Lebenssaft des Feindes war. Das Herz hämmerte hart gegen den Brustkorb, als wenn es ausbrechen wolle. Sein Arm zitterte vor Anstrengung und Erregung. Sein blutbespritztes Gesicht war zu einer dämonischen Fratze verzerrt. Ein wahnsinniges Funkeln in seinen Augen ließ einen vagen Verdacht zu, wie es gerade in seinem Inneren aussah.
Es war einfach zu schön, wenn das eigene Blut durch den Körper raste, während der rote Saft des Feindes auf den Boden triefte. Es war die Schönheit des Gewaltrausches.
Fröhlich lachend warf er den besiegten Feind gegen die nächstbeste Wand.
Ein klirrendes Geräusch hinter ihn, ließ ihn vorfreudig lächeln. Dem Laut nach musste jemand mit seinem Fuß gegen eine Schraube gestoßen sein. Als El Diabolo sich umdrehte, fiel das Licht wieder aus und er blickte in hunderte rotleuchtende Augenpaare. Ein alter Trick den Dämonen nutzten um andere einzuschüchtern.
»Zieh dein Schwert, Prinz«, kam es ungeheuerlich aus dem Dunkeln.
Sie versuchten ihn einzuschüchtern. Aber El Diabolo kannte keine Furcht. »Wo bliebe dann der Spaß? Mit mir und Isabela zusammen könntet ihr es niemals aufnehmen.«
»Dein Hochmut wird dein Untergang sein.« Mit diesen Worten schossen tausend Tentakel aus dem Dunkel hervor.
El Diabolo ahmte mit Daumen, Zeige- und Mittelfingern seiner beiden Hände Pistolen nach. Er zielte mit ihnen auf die Angreifer, während er sich unbewusst mit der Zunge über die Lippen fuhr.
An den Fingerenden seiner `Pistolen´ tauchte jeweils ein kleiner Feuerball auf. In ihm tummelte sich wieder ein Flammendämon, der freudig kreischend die Angreifer herausforderte. El Diabolo ließ den Dämon in Form eines kleinen Feuerballs frei und mit einem Knall erleuchtete er nicht nur das Dunkel, sondern steckte auch etliche Angreifer in Brand, indem er Feuer auf sie niederregnen ließ.

Schwer Keuchend kämpfte El Diabolo um sein Gleichgewicht. Keine seiner Wunden hörte auf zu bluten. Diese schwarzen Tentakel mussten mit Gift durchtränkt gewesen sein, welches die Heilung verzögerte.
Überall lagen abgetrennten Körperteile verkohlt und qualmend herum. Teilweise zuckten sie noch.
Aber das Wichtigste war, dass er noch lebte. Er – El Diabolo – war der letzte noch stehende Kämpfer. Müde Grinsend dachte er bei dieser Tatsache: Eigentlich wie immer.
Schmerzhaft zischend setzte er seinen Fuß tumb nach vorne. Sein ganzer Körper war geschunden. Aber es waren nur noch wenige Schritte bis zum ewigen Ruhm. Der Bottich in dem sich der letzte Mensch befand. Schrittchen für Schrittchen arbeitete er sich vor. Kurz vorm Bottich knickten seine rechtes Knie ein. Reflexartig hielt er sich an dem schmutzigen Glas des Bottichs fest, um nicht zu fallen. Seine andere Hand stützte er am Knie ab. Für einen Moment verharrte er so. Keuchend. Erschöpft. Fast am Ende und dem Tode so nahe.
Ein schmerzhaft gleißendes Licht in seinem Schädel ließ ihn aufheulen und vertrieb jeden anderen Schmerz in den Schatten. Die Hand am Knie fuhr sofort an den Schädel.
»Schon viel zu lange hast du geschlafen. Jetzt erkenne dich selbst und erwache!«, sagte eine grauenvoll himmlische Stimme monoton in seinem Kopf.
Der Prinz sah zu dem Schemen in dem Bottich, der ihn aus weißleuchtenden Augen anstarrte. Der Schmerz im Kopf war verschwunden, als die Stimme geendet hatte.
Ein brennender Schmerz ließ ihn aber erneut schnaufen und gequält schreien. Der Bottich war brennend heiß. El Diabolo versuchte seine linke Hand von ihm wegzuziehen, doch sie schien wie festgeklebt. Sogar mit der zweiten Hand ließ sie sich nicht vom Bottich wegreißen.
Sein entsetzter Blick ging von der Gestalt im Tank hin zu seiner Hand, die er wegziehen wollte, und wieder zurück.
Schließlich bekam er die Hand doch noch frei. Ein brennendes Symbol stand in der Handfläche. Die Haut dort brannte wie Feuer. Der Handschuh drum herum war durchgebrannt worden und besaß nun ein kreisrundes Loch bei dem der Rand immer noch rot von der Hitze glühte. Das Symbol war ein blutrotes Pentagramm mit neun Zacken, welches von einem Kreis umschlossen war, um das seltsame Runen standen. Nach einem Moment änderte sich die Farbe des Zeichens in ein tiefes Schwarz.
»Erwache, mein Kind.«
El Diabolos Sicht verschwamm. Schwärze breitete sich an den Rändern seines Blickfeldes aus und verschlang alles. Das Blubbern im Tank kam ihm Hohl vor. Alle Geräusche verstummten langsam und wurden vom Dunkel verschluckt. Alle bis auf sein laut pochendes Herz. Sämtlicher Schmerz verschwand.
»Einen … wahren Teufel … kann nichts … nichts aufhalten«, sagte er schwach auf.
Es war ein altes Sprichwort der Dämonen, welches zu seinem Schlachtruf geworden war. Doch diesmal ließen sich mit ihm nicht seine letzten Kraftreserven aktiven.
Der Höllenprinz spürte wie Etwas die Augen aufschlug. Etwas das lange Zeit geschlafen hatte. Etwas das nie hätte erweckt werden sollen. Oder vielleicht doch?

Fortsetzung folgt...


© EINsamer wANDERER


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