Leben in der ewigen Nacht

© EINsamer wANDERER

My name is Silent. Night is my mother. Darkness my father. And hell is my home.

Er rannte, mit nichts weiter als einen Kittel am Leib. Endlich nach all den Jahren hatte er es geschafft aus der Zelle im Keller zu entkommen. Instinktiv war er nach oben gerannt. Die Sicherheitskräfte verfolgten ihn hartnäckig. Sie hatten nicht die Erlaubnis bekommen scharfe Munition zu benutzen. Sollte er ernsthaft verletzt werden, würden Köpfe rollen. „Sackgasse! Jetzt haben wir ihn!“, hörte er sie hinter ihn sagen. Aber das stimmte nicht. Er war zwar im sechsten Geschoss, aber weder die Glasscheibe, noch der Sturz schreckten ihn, wenn es um seine Freiheit ging. Kalt, mit ausgebreiteten Armen, sprang er aus dem Fenster, den bodenlo-sen Abgrund umarmend. Kein Sicherheitsmann würde diesen Sprung wagen. Und so ließ er sich von der Schwerkraft zu Boden ziehen. Der Boden rückte näher und näher. Er war froh, über die frische Luft. Jetzt konnte er sogar die Einzelheiten des Teers sehen. Er war froh, über den Regen. Krachend versanken seine nackten Füße in der Straße. Er war froh, über seine Freiheit. Das Licht von Scheinwerfern erhellte seine blassen, hageren Züge. Hupend versuchte der Fahrer ihn von der Fahrbahn zu drängen. Aber er machte keine Anstalten sich zu bewegen. Erst in letzter Sekunde machte er einen gewaltigen Sprung in die Höhe und ließ den Wagen unter sich vorüber ziehen. Er sollte jetzt von hier verschwinden, bevor es noch hell wurde. Bald würden sie ihn finden. Und das wollte Silent nicht.

„Wie konnte das nur passieren?“, fragte der General. „Wir haben nicht aufgepasst.“, sagte ein Assistent. Er stank förmlich vor Angst. „Sollte heraus kommen, dass das Ihre Schuld war, werden sie Ihres Lebens nicht mehr froh.“ Der Assistent lockerte nervös seinen Kragen. „Wie sollen wir ihn einfangen?“ „Informiert die Medien, dass wir die Schatten frei lassen.“

Silent war in ein Geschäft eingebrochen. Mit normalen, schwarzen Klamotten würde er weni-ger auffallen. Ein paar Jugendliche kamen auf ihn zu. Sie bildeten einen Kreis um ihn und grinsten ihn frech an. Was wollten die? Einer griff ihn in den Genitalbereich und sagte: „Die gehören jetzt mir.“ Schnell packte Silent sein Handgelenk und brach ihn in schneller Reihen-folge die Finger. Jetzt zogen die anderen Messer und bezeichneten ihn als Spinner, bloß weil er sich gewehrt hatte. Mit schnellen und gezielten Schlägen sahen die Kinder recht alt aus. „Wo ist er?“, fragte Silent. Seine Stimme war rau und wie das leise Wispern des Windes. „Wer?“, fragte der Jugendliche bloß, der als letzter stand und dessen Arm Silent in der Mange hatte. Wenn er es für nötig erachtete, würde er ihn dem Jungen brechen. Was für eine Frage, wer er war. Wo hatte der Jugendliche die letzten Jahre gelebt, dass er das nicht wusste? Er log, das war eindeutig. Es konnte nicht angehen, dass er nicht wusste, wer er war. Also muss-te Silent dem Jungen den Arm brechen, was er dann auch sofort tat. Danach rannte Silent die Wand hoch. Er sprang von einem Dach zum anderen. Wo sollte er jetzt hin? Das Militär wür-de ihn überall suchen. Ohne sie war das Projekt sinnlos. Milliarden von Steuergelder, umsonst ausgegeben für Experimente mit Menschen. Kaum einer hatte es geschafft. Die meisten star-ben, fielen dem Wahnsinn anheim oder schlimmeres, nur er war als einziger übrig geblieben. Was sollte er jetzt machen? Untertauchen? Fliehen? Kämpfen? Sich rächen? All diese Expe-rimente mit ihm, das war nicht gerade die beste Zeit seines Lebens gewesen. Wie war es nur zu all dem gekommen? Er wusste es nicht mehr. Er hörte den Schrei einer Frau. Sofort hielt er inne. Er sah nach unten und sah, wie die Frau von mehreren Gestalten umringt war. Einem Instinkt folgend, sprang er runter. Sofort machte er sich daran die Gegner Außergefecht zu setzten. Und genau so schnell, wie er wieder aufgetaucht war, verschwand er auch schon wie-der in die Nacht. Ohne ein Wort. So wanderte er durch die Straßen, den Schwachen helfend. Es war ihm ein wichtiges Bedürfnis. All diese gequälten Seelen erinnerten ihm an seinen ei-genen Schmerz, den er in der Zelle zurückgelassen hatte. Sie hatten so etwas nicht verdient. Hatte überhaupt jemand so etwas verdient? Er raste gerade über den Fußgängerweg, als ihm ein Fernseher in einem Schaufenster seine Aufmerksamkeit erregte. Interessiert näherte er sich der Röhre. „Vor zwei Stunden ist ein gefährlicher Terrorist aus der Sicherheitsverwahrung ausgebrochen.“ Silent staunte nicht schlecht, als sein Gesicht eingeblendet wurde. „Er gilt als äußerst gefährlich. Sollten Sie ihm begegnen meiden Sie jegliche Annäherung oder Kontakt. Sein Zustand soll psychisch sehr instabil sein. Der Regierung hat veranlasst die Schatten auszusenden. Meine Damen und Herren. Wir sind hier Zeugen einer Seltenheit. Die überaus gefährlichen Schatten, sind bis dato nur einmal eingesetzt worden. Diese blutrünstigen Bluthunde werden dem Verbrecher in wenigen Minuten haben.“ Silent wandte sich ab. Er hatte von den Schatten gehört. Ein weiteres gefährliches Regierungsprojekt. Er hatte nicht viel Zeit. Ohne Waffen würden ihm sogar seine Kräfte nicht helfen. Einsam zog er weiter durch die Straßen. Es war nur eine Frage der Zeit, bis die Schatten eintrafen. Es musste etwas pas-sieren. Gerade sah er, wie ein ihm unbekannter Mann, von einer Gruppe anderer Männer ver-folgt wurde. Er nahm sofort die Verfolgung auf. Vor einem Supermarkt kam der Verfolgte ins Stolpern. Er überschlug sich mehrmals. Die Männer schlugen gnadenlos auf den am Boden-liegenden ein. Silent zog einen zu sich und schlug ihn ins Gesicht. Ein Knacken verriet, dass er ihm das Nasenbein gebrochen hatte. Aus dem Augenwinkel sah er einen Teenager, der ver-suchte dem Kampf aus dem Weg zu gehen. „Hey du! Hol die Polizei!“, sagte er zu dem Jun-gen. Jemand versuchte ihn hinterrücks in die Kniekehlen zu treten. Silent spürte die Attacke im Voraus und schlug ihn den Ellenbogen in die Magengrube. Der hinter ihm stöhnte vor Schmerz. Silent wandte sich wieder dem Kampf zu. Seine Fäuste verschwammen, als sie einen Gegner erfasst hatten und auf ihn mit roher Gewalt einschlugen. Ein paar gebrochene Gliedmaßen später, sahen die Typen ein, dass sie verloren hatten und suchten ihr Heil in der Flucht. Silent sah den Kerlen hinterher, dann wandte er sich wieder dem Mann zu, wegen dem er diese Prügelei angefangen hatte. Er half ihm hoch. „Danke, man.“, sagte er und schlug in Silent ´s Hand ein. „Wow! Das war der Wahnsinn!“, schrie der Junge, der Silent lieber auf Handy aufgenommen hatte, anstatt die Polizei anzurufen. Jetzt, wo er darüber nachdachte, war es sogar besser. Die Polizei konnte ihn eventuell identifizieren und lästige Fragen stellen. Stumm ging Silent wieder, aber der Junge verfolgte ihn. „Wer bist du, man?“, fragte der Jun-ge, ohne das Handy wegzulegen. „Mein Name ist Silent. Die Nacht ist meine Mutter. Dunkel-heit mein Vater. Und die Hölle ist mein Zuhause.“ „Cool!“, der Junge hörte nicht auf ihn zu filmen. „Und was machst du jetzt?“ „Ich suche Waffen. Am besten Schwerter.“ Der Junge lächelte, wie ein richtiges Schlitzohr. „Da weiß ich genau den richtigen Laden.“

„Das soll er sein?“ Silent war skeptisch. Diese unauffällige Putzfirma sollte an irgendwelche Waffen kommen? Lachhaft. „Yeah, das sind sie“, meinte der Junge. „Besser du bleibst drau-ßen. Fremde mögen sie nicht.“ Der Junge öffnete die leere Tür und verschwand für einige Minuten. Silent hatte währenddessen Zeit nachzudenken. Das Militär musste schon verzwei-felt sein, die Schatten einzusetzen. Aber wenn man sich in ihre Lage versetzte, hatten sie keine andere Wahl. Im Moment war er tot wertvoller, als lebend. Die Lebenden hatten die unan-genehme Eigenheit sich zu rächen. Doch wollte er diese Rache? Wer weiß. Eigentlich wollte er nur seine Ruhe. Aber die musste er sich erst einmal erkämpfen. Also musste er die Regie-rung oder zumindest das Militär zerschlagen. Laut scheppernd kippte eine Mülltonne in der Gasse um. Sofort stand Silent in seiner Kampfhaltung. Miauend tauchte eine tiefschwarze, streunende Katze aus dem Schatten auf. Schnurrend schmiegte sie sich an sein Bein. Silent kniete sich nieder und streichelte sie sanft. „Na, Kleiner. Hast du kein Zuhause? Ich auch nicht“, redete er zu der Katze. Er hob sie sanft hoch und schaute sie sich an. Seltsam war, dass das Ende ihres Schwanzes im Gegensatz zum Rest ihres Körpers schneeweiß war. Silent setzte die Katze wieder und begab sich zu den Mülltonnen. Er holte einige Reste heraus und gab sie der Katze zu fressen. Während sie sich über ihr kleines Mahl hermachte, saß Silent im Schneidersitz und machte ein nachdenkliches Gesicht. „Wie soll ich dich nennen? Ich hatte noch nie eine Katze. Was wäre wohl geeignet? Eine schwarze Katze. Wie wär´s mit Ahriman?“ Die Katze miaute. „Der Name scheint dir zu gefallen.“ Silent grinste. Ruhig schaute er zu, wie Ahriman sein Mahl beendete. Er fragte sich, wo der Junge so lange blieb. „Ziel erfasst. Codename:04823. Befehl: Sofortige Eliminierung. Genehmigung sämtlicher Mittel gestattet.“ Aus den Schatten traten viele Männer mit Gasmasken. An ihren rechten Oberarmen war eine Nummer eingraviert. Jeder hatte eine andere Seriennummer. Der Kreis, welcher um die Nummer rum war, zeigte die Einheit an. Das waren sie, die Schatten. Sie wa-ren die tödlichste Eliteeinheit der Regierung. Die Experimente hatten ihnen übermenschliche Stärke und Schnelligkeit verliehen. Sie besaßen keinen eigenen Willen, sondern wurden von einem Controller, einer Art übersinnlich begabten Medium, kontrolliert. Unbewaffnet hatte Silent keine Chance, aber er musste es versuchen. Sofort rannte er auf den Schatten, der ihm am nächsten war und sprang ihn mitten ins Gesicht. Schließlich blieb Silent an der Wand kle-ben. Er blickte zu seinen Gegnern. Sie gehörten alle derselben Einheit an. Sie alle waren eher einfache Soldaten, Standartmodelle halt. Schnell teilte Silent Tritte und Schläge aus. Schließ-lich stand er keuchend, umringt von den Leichen seiner Feinde, in der Morgendämmerung. Er blickte zum Sonnenaufgang und fluchte. Wo blieb der Junge. Die Zeit verrann zu schnell. Langsam und knackend begannen die Schatten sich wieder aufzurichten, Silent fluchte erneut.

Als der Junge mit den Waffen für Silent wiederkam, fand er die Gasse leer vor. Niemand war zu sehen, nur eine schwarze, streunende Katze schaute ihn verdutzt an.

To Be Continued…


© EINsamer wANDERER


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Beschreibung des Autors zu "Leben in der ewigen Nacht"

Hier mal ein gescheiterter Version am Superhelden-Genre.

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