Engeltod XIX – Sünden

© EINsamer wANDERER

Sofort machten sich Vergil, Witch und Dark kampfbereit. Kira versteckte sich schnell hinter der Theke. Als das Licht verschwand, standen drei weitere Personen in dem Raum. Zwei Frauen und ein Mann. Darunter die Frau aus der Kirche, welche die seltsamen Kräfte in Dark überhaupt erst geweckt hatte. Sie sah aber etwas anders aus, als damals. Hatte sie schon immer diesen Heiligenschein gehabt? Die beiden anderen kamen ihm bekannt vor. Er wusste aber nicht mehr woher. Der Mann wirkte sichtlich nervös, während die andere Frau mit der Sonnenbrille leise vor sich hinmurmelte. „Freund oder Feind?“, knurrte Dark. „Dasselbe könnte ich auch euch fragen“, erwiderte die weiße Frau. Alle schauten sich gegenseitig an. Nach ein paar Augenblicken ließen Witch und Vergil ihre Waffen sinken. „Was tut ihr da?!“, fragte Dark entsetzt. „Siehst du das nicht? Sie tragen Mäntel. Das sind Monsterjäger … und irgendein Penner“, er schaute dabei zu dem Mann der die weiße Frau als Schutzschild missbrauchte. „Hey!“, begehrte dieser auf, verkroch sich aber schnell wieder, als Vergil ihn einmal anblinzelte. „Und das bedeutet?“, fragte Kira. „Wir stehen auf derselben Seite“, sagte die weiße Frau und senkte ihre Waffe. „Wart ihr dass etwa, die eines der Höllentore geschlossen haben?“, fragte Witch. „Haben wir“, bestätigte der Mann. „Wieso fragt ihr?“ Witch lachte auf. „Haben diese Trottel von der Regierung also noch jemand anderen hergeschickt, um diese Scheiße zu erledigen. Na die werden was von mir zu hören bekommen.“ „Uns schickt keine Regierung“, sagte die weiße Frau. „Ich bin übrigens Lucy.“ Der Mann tauchte kurz aus seiner Deckung hervor und hielt verängstigt die Hand zum Gruß in die Höhe. „Markus“, sagte er vorsichtig. „Und das ist Sam“, Lucy deutete nickend auf die andere Frau. „Ich bin Vergil. Die da neben mir, ist das geldgeile Miststück Witch. Daneben haben wir den kleinen, weichgespülten Bruder von Jackie Estacado, genannt Dark. Und dahinten“, er zeigte auf die Theke, „haben wir seine Louise Lane, ihr Name ist Kira.“ „Schön euch kennenzulernen.“, sagte Lucy. „Also was treibt euch hierher?“

Und so fing jeder an zu erzählen, was ihm in der Stadt passiert war. Von Azrael, den Höllentoren, dem alten Mann und allem anderen. Und als jeder seine Geschichte erzählt hatte, machte Vergil ein grüblerisches Gesicht. „Und diesen Azrael kann man wirklich nicht töten?“, fragte er. „Nö.“, sagte Lucy. „Glaub mir, es haben schon ganze Armeen versucht. Was können wir da ausrichten?“ „Amon …“, sagte der Dämonenjäger grüblerisch. „Dieser Name verfolgt mich schon seit einiger Zeit.“ „Jetzt sag bloß nicht, du bist sein Nachkomme“, unterbrach ihn Witch gehässig. „Nicht das ich wüsste, aber … dieser Dämon … Immer wieder kriege ich zu hören, ich wäre nicht einmal halb so gut wie er. Und das geht mir tierisch auf den Sack. Könnte ich diesen „Todesengel“ nicht einfach im Zweikampf töten? Dann könnte ich allen zeigen, dass ich der größte Dämonenjäger aller Zeiten bin. Wer sollte das auch sonst sein?“, er zuckte mit den Achseln und schaute lächelnd in die Runde. „Vergiss es!“, fuhr Witch ihn an. „Wenn du dabei krepierst, muss ich dir noch in die Hölle folgen, um meine Schulden einzutreiben. Und du weißt, wie schnell ich einen Sonnenbrand kriege!“ Vergil hob beschwichtigend die Hände. „Schon gut, schon gut.“ „Ich hätte da eine Idee“, mischte sich Kira ein. „Wir könnten ihn erneut einsperren.“ „Und wie?“, fragte Lucy. „Sein altes Gefängnis ist nicht mehr sicher genug.“ Kira schüttelte den Kopf. „Nein, ich meinte ein neues Gefängnis. Ich könnte ein Portal in die Welt der Dämonen öffnen und dann können wir ihn mit vereinten Kräften durch das Portal schubsen oder so ähnlich.“ Lucy hielt sich nachdenklich das Kinn. „Das könnte funktionieren. Ein Gefängnis, das eigentlich ein Paradies für Azrael sein müsste. Und wenn wir Glück haben, wartet Amon auf der anderen Seite.“ „Ich unterbreche ja nur ungern euren Größenwahn, aber wie soll das bitte schön gehen? Ich versteh einiges über Portale. Seht her.“ Witch holte eine Karte der Stadt heraus und legte sie hin, so dass alle sie sehen konnten. An einigen Stellen machte sie mit einem Stift, welcher auf der Theke lag, vier Punkte auf ihr. „ Das hier sind die geschlossenen Portale. Und hier irgendwo“, sie kreiste einen bestimmten Bereich fernab der anderen Punkte ein, „ist das fünfte und letzte Tor zur Unterwelt.“ „Und was ist damit?“, fragte Vergil. Witch stöhnte. „Also, die Portale sind eigentlich nur ein einzelnes Portal. Sams Vater hat sie allein mithilfe der Macht des bösen Herzens spalten können. Außerdem waren die kleineren Tore sehr instabil, wie man bei unserem ersten Portal richtig sehen konnte. Und jetzt sind einige geschlossen worden. Sollten wir das Ursprungsportal in dieser Stadt öffnen, fliegt es uns um die Ohren. Es werden Risse zwischen den Welten entstehen, durch die jeder Schweinepriester der Hölle durchmarschieren kann. Mit seiner Armee im Schlepptau, versteht sich.“ „Klingt doch ganz lustig“, meinte Vergil. Witch stierte ihn böse an. „Wir müssen also zuerst das Ursprungsportal reparieren, um es benutzen zu können. Dafür müssen wir aber alle Tore versiegelt haben.“ „Und wie finden wir das letzte Portal?“, fragte Dark. „Das da“, Lucy tippte auf den Kreis, „müsste das Gebiet des grünen Nebels sein.“ „Das erschwert die Sache noch zusätzlich. Diese Halluzinationen“, Mark fröstelte es. „Und meine Nadel kann dieses verdammte Portal nicht auftreiben“, erklärte Witch wütend weiter. „Kann es auch nicht“, erwiderte Lucy. „ Man müsste schon sehr nahe rankommen, um es orten zu können. Und es befindet sich ständig in Bewegung. Auf den Rücken irgendeines gewaltigen Tieres.“ „Zum Beispiel einer Schildkröte?“, fragte Dark. Lucy hielt sich nachdenklich das Kinn. „Einer Schildkröte? Hm. Ja. Ja, ich glaube, das könnte passen.“ „Toll. Und wie spüren wir diese tolle Schildkröte auf, du allwissendes Wesen des Lichts?“, fragte Witch sarkastisch. „Normalerweise müsste man so lange suchen, bis man es gefunden hat …“ „Also unmöglich“, Witch ließ die Schultern zucken. „Ich war noch nicht fertig!“, wies Lucy die Hexe zurecht. „Wir benutzen Sam“, sie drehte sich zu dem Zombie um, der in die Leere schauend im Raum stand. „Sie hat durch den Fluch eine besondere Beziehung zu dieser Form der Hölle. Sie kann euch führen.“ „Gut.“ Witch malte einen Punkt und verband dann alle. Heraus kam ein Pentagramm. „Jetzt müssen wir Azrael nur noch ins Zentrum locken, wo die Falle zuschnappen kann.“ „Sind wir da nicht bereits?“, bemerkte Dark. Er hatte recht. Genau im Zentrum befand sich das Engeltod. „Und er ist auch schon auf den Weg hierher“, bemerkte Lucy. „Ich kann ihn spüren.“ „Dann sollten wir uns beeilen“, meinte Witch. „Besser wir teilen uns auf. Wer geht mit wem?“ „Du und Sam werden auf jeden Fall zusammen gehen. Schließlich müsst ihr das Portal finden und schließen. Aber ihr braucht noch jemanden. Jemand der kämpft, während Witch das Tor schließt. Sam könnte nämlich mal wieder einen ihrer Aussetzer haben. Und schon wär alles vorbei. Deviloser, du gehst mit ihnen.“ „Was?! Warum denn?!“ Vergil war außer sich. „Ich wollte doch beweisen, dass ich der Beste Dämonenjäger bin“, meinte er eingeschnappt. „Schon, aber sie brauchen einen Beschützer und ich würde nie jemanden dabei haben wollen, der so einen peinlichen Beinamen hat.“ Blitzschnell zog Vergil sein Schwert und hielt es Lucy an die Kehle. „Pass auf, was du sagst!“ „Bin bereit.“ Lucy zielte auf die Stirn des Dämonenjägers. Kira stellte sich mutig zwischen die beiden. „Leute, Leute“, sie drückte vorsichtig die Waffen runter. „Wir sollten uns unsere Kräfte aufsparen. Wir haben noch einen harten Kampf vor uns.“ Knurrend ließen die beiden Hitzköpfe voneinander ab. „Gut. Ruht euch eine Stunde aus. Bereitet euch vor. Wir haben eine Schlacht vor uns.“

„Hey“, Witch lehnte sich neben der sitzenden Kira an die Wand. „Was hast du eigentlich vor, nachdem das ganze vorbei ist.“ Kira errötete. „Weiß noch nicht. Kommt darauf an, was Jackie will.“ Die Hexe gluckste, wurde aber plötzlich todernst. „Du solltest lieber zu einigen Magier gehen. Vertrau mir, ohne Übung wirst du mit deinen Kräften den Leuten in deiner Umgebung eher schaden, als helfen. Und wer weiß, vielleicht wird Dark irgendwann während eines Streites in ein Höllenportal gesogen.“ Kira wurde kreidebleich. „Ich sehe, du verstehst. Denk über mein Angebot nach. Ich kenn da einen der wen kennt“, damit ging Witch wieder und überließ die erstarrte Kira sich selbst.

Dark saß in einer dunklen Ecke. Unweit von ihm stand diese Zombie-Queen. Sie stand einfach nur rum. Es war schon fast unheimlich. Missmutig schaute der Junge immer wieder unter seinen Klamotten nach. An einigen Stellen seines Körpers traten die Adern schwarz hervor. Es wurde immer gefährlicher für ihn. Plötzlich stand Kira vor ihm. Sofort verbarg der Junge die Stellen vor ihr. Weinend fiel das Mädchen in seine Arme und vergrub den Kopf in seiner Brust. Ihre Fingernägel krallten sich schmerhaft in seine Schultern. „Hey, hey. Was ist denn los?“, fragte er. Kira wischte sich die Tränen ab und schluchzte. „Ach nichts“, sagte sie. Einige Minuten legte sie den Kopf einfach auf seiner Brust, während Dark seinen Gedanken nachhing. Plötzlich setzte sie sich auf. „Wir werden vielleicht nicht überleben. Ich möchte dir vorher etwas unter zwei Augen zeigen.“ Verwirrt wurde Dark von Kira fortgezogen. Wo sie ungestörter waren.

Witch untersuchte die Schallplatten, die in der Bar lagen. Ihr gefiel die Idee dieses Raphaels. Sie betrachtete gerade eine Rammsteinplatte, als der Journalist neben ihr auftauchte. „Lucy sagte, du hättest vielleicht eine Waffe für mich.“ „Hier“, sie warf ihm einen Revolver zu. Ungeschickt fing Mark ihn auf. „Und was soll ich damit später anfangen?“, er hielt den Revolver dabei mit zwei Fingern von sich haltend in die Höhe. „Dich selbst erschießen, sollte es problematisch werden“, antwortete sie todernst. „Was?!“, fragte er schockiert. „Das war ein Witz. Damit sollst du Kira beschützen. Die anderen beiden werden mit Azrael beschäftig sein und niemand weiß, was während des Kampfes noch alles auftauchen wird.“ „Und wie bedient man dieses Ding?“ Witch entriss es den Reporter. „Also. So entsicherst du. Wenn du nachladen willst …“

Vergil spielte an dem Spielautomaten der Bar. Pinball. Er liebte dieses Spiel. Die bunten Lichter. Die Geräusche die es immer wieder machte. Außerdem war es ein gutes Training für die Reflexe. Lucy trat neben dem Dämonenjäger. Sie rieb sich verlegen den Nacken. „Es … es tut mir leid. Das dein Name bescheuert ist und so.“ Vergil antwortete ohne aufzublicken. „Macht nichts. Ich bin daran gewöhnt“, die versteckte Beleidigung überhörte er einfach. „Also … ist zwischen uns alles wieder gut?“ „Alles bestens. Aber sollte der Plan nicht funktionieren, werde ich diesen Todesengel beseitigen. Das ist mein Job.“ Lucy ging lächelnd mit schüttelndem Kopf und ließ Vergil weiter zocken. Sie glaubte wohl nicht, dass Vergil es schaffen konnte.

Endlich hatte Azrael den Engel gefunden. Und er hatte seine Freunde versammelt. Für einen kurzen Moment war der Todesengel unschlüssig. Sollte er hier draußen auf den Kampf warten oder die Schlacht zu ihnen bringen? Aber er schätzte, dass Lucia letzte Vorbereitungen traf und dafür ließ er ihr ein wenig Zeit. Aber nicht zu viel!

„Okay. Alle bereit? Gut, dann lasst uns mit dem Finale anfangen. Witchs Team geht dahinten zur Karaoke Maschine und teleportiert sich dann von hier weg.“ Während Witch zu ihrem Punkt des Raumes schlenderte, sagte sie: „Ich habe eine Kleinigkeit für euch Vorbereitet. Ich hoffe ihr Engel“, sie sprach das Wort mit einer gewissen Ironie aus, „mögt Rammstein.“ Vergil und Sam sammelten sich um die Hexe, welche sie von Ort und Stelle wegteleportierte. Sie benutzte Sams Verbindung zum Portal, um sie möglichst nahe zum Zielort zu bringen. Die drei verschwanden durch eine blitzende Rauchwolke. „Gut“, sagte Lucy. „Mark und Kira. Ihr steigt den Turm hoch. Währenddessen kümmern wir uns um Azrael.“ „Wieso sollen wir den Turm hochsteigen? Was wenn dort Dämonen sind?“, protestierte Mark. Lucy gab ihm einen Klaps auf den Hinterkopf. „Da sind keine. Oder willst du lieber den ganzen Kampf über unten am Fußende verbringen, wo dich Azrael sofort sieht? Ihr steigt den Turm hoch, damit ihr lange genug Deckung habt, bis Kira das Portal öffnen kann. Also los!“ Lucy wendete sich zum Gehen. Dark und Kira sahen sich einen Moment lang an. Sie küsste ihn zärtlich auf den Mund. „Pass auf dich auf, Jackie.“ Sie hielt seine Hand. Er fühlte ihre wärme. „Das werde ich.“ „Komm schon Romeo, wir haben einen Job zu erledigen.“ Dark drehte sich nochmal sehnsüchtig um, dann gingen sie durch die Tür.

„So da wären wir“, meinte Witch. Sie waren in einem Schloss aus Glas und Stahl, welches in einem grünen Nebel getaucht war. Einst musste es ein Teil der Stadt gewesen sein, doch nun war es anders. Verformt und verzerrt durch den allgegenwärtigen Wahnsinn. Ständig schwankte es hin und her, wie ein Schiff im Sturm. „Das ist die Schildkröte. Jetzt müssen wir nur noch das Portal finden.“ Vergil glaubte eine Bewegung im Augenwinkel ausgemacht zu haben und drehte sich um. Aber da war nichts. Nur diese grüne Suppe. Mit einem unguten Gefühl folgte er den Frauen. Er gab ihnen Rückendeckung. Plötzlich sprang von oben ein Schatten dazwischen und trennte sie. Es war die seltsame Frau, der Vergil schon mal begegnet war. Sie richtete ihren Säbel auf ihn. Wahnsinn brannte in ihren Augen. Wer wusste schon, wie lange sie dieser Umgebung ausgesetzt war. „Du gehörst mir!“ Witch und Sam machten sich Kampfbereit. Doch Vergil bedeutete ihnen die Waffen zu senken. „Geht ihr schon mal vor. Das hier wird nicht lange dauern.“ „Vergiss es! Wir sollten uns nicht trennen!“, brüllte Witch ihn an. „Sieh dich doch mal um. Hier ist niemand außer uns. Und bevor ich mir beim Portal die Beine in den Bauch stehe, vertreibe ich mir lieber mit diesem Dämon die Zeit.“ „Wenn du unbedingt willst. Armer Irrer.“ Knurrend ging Witch weiter.

Witch und Sam waren nun auf sich allein gestellt. Stur folgte die Hexe ihren Kompass. Sie waren nahe genug, um das Portal zu finden. Schließlich standen sie vor einem gewaltigen Höllentor. Es war ein giftgrüner Strudel, welcher den Nebel einem Schlot gleich in den Himmel spuckte. Witch spürte, wie das Portal an ihrem Verstand zerrte. Ihn in die Länge zog und verzerrte. Sie atmete laut aus. „Also gut, lass es uns schnell hinter uns bringen.“ Sam tippte ihr auf die Schulter. Vielstimmiges Gestöhne drang an ihr Ohr. Ohne sich umzudrehen, sagte Witch: „Will ich es überhaupt wissen?“ Als sie den Kopf wendete, stand sie einer Armee Zombies gegenüber. „Na großartig. Hoffentlich können die anderen noch ein bisschen durchhalten, bis wir das Ungeziefer entsorgt haben.“

Lucy und Dark gingen auf die Straße. Auf dem Dach des Gebäudes gegenüber stand auch schon Azrael. Lucy zog ihren Revolver. Aus ihrem Rücken sprossen weißfedrige Schwingen. Dark tat es ihr gleich. Mit dem einzigen Unterschied, dass seine Flügel schwarz waren. Seine Augen begannen zu glühen. Die Adern traten schwarz hervor. Schreiend stürzte er sich auf den Todesengel. Lucy wollte ihn noch packen und zurückhalten, schließlich sollten sie den Kampf so lange wie möglich hinauszögern, aber der Junge war nicht zu bremsen. Azrael begann mit einem Sturzflug. „Scheiße! Die beiden sind sich einfach zu ähnlich!“, fluchte der Engel. Die Kräfte der drei mächtigen Wesen entluden sich. Eine schwarze Scheibe schob sich vor die Sonne, einer totalen Sonnenfinsternis gleich. Doch es wurde nicht dunkler. Eher begannen Licht und Dunkel lebendig zu werden und sich wie wütende Tiere in Fetzen zu reißen. Sie breiteten sich aus. Wichen zurück. Knurrten und zischten sich an. Aus dem Engeltod kam eine kalte Keyboard Melodie. Darauf folgten Gitarre und Schlagzeug. Das Lied schien wohl mit einiger Verzögerung zu beginnen. Die tiefe Bassstimme von Till Lindemann, dem Liedsänger von Rammstein folgte mit dem Lied Engel. „Wer zu Lebzeit gut auf Erden, wird nach dem Tod ein Engel werden. Den Blick gen Himmel fragst du dann, warum man sie nicht sehen kann.“ Unterdessen schoss Lucy aus allen Rohren, versuchte Azrael zu verlangsamen – ihn zu lähmen. Dark versuchte den Todesengel mit seiner Geisterklinge in den Rücken zu fallen. Es war ein wilder Kampf am Himmel. Azrael warf Caedes in weitem Boden. Um die beiden Gegner zu treffen. „Erst wenn die Wolken schlafen gehen“, sang eine Frauenstimme, „Kann man uns am Himmel sehen. Wir haben Angst und sind allein.“ Aber Lucy und Dark waren schnell genug, um auszuweichen. Dafür wurde einer der Wolkenkratzer zerstört. „Gott weiß, ich will kein Engel sein!“, sang Lindemann weiter. Der Gitarrenspieler schlug voll in die Seiten.

Witch streckte die Zunge etwas heraus und biss auf sie – ein Zeichen höchster Konzentration. Sie hatte noch nie so viele Solos und Riffs raushauen müssen, wie in diesem Kampf. Sam kämpfte wiedererwartend gut. Sie war zwar ziemlich sadistisch zu ihren Artgenossen, aber in einer Schlacht wie dieser zählte nur das Ergebnis. Mit der Schrotflinte schoss Witch gerade einen Zombie über den Haufen, der ihr zu nahe gekommen war. „Shit! Jetzt muss ich mit dem Solo nochmal von vorne beginnen! Wo bleibt dieser Versager bloß?! In Ordnung. Sam! Gib mir mal für ´ne Minute Rückendeckung, ich hab da eine Idee!“

Vergil hatte wiedererwartend viel Spaß. Diese Frau war ein würdiger Gegner, auch wenn ihr Stil noch etwas roh und ungeschliffen war. Sie gab sich eine Menge Blößen in der Verteidigung, aber ihre großen Regenerationskräfte machten das wieder wett. Sie lachte höhnisch. Einzig die Spitzen ihrer Klingen berührten sich. Funken sprühten. Schließlich trafen sie auf einander. Stahl traf auf Stahl. Rieben sich aneinander, wie zwei Geliebte. Der Stahl glühte durch die entstandene Hitze. Beide Kontrahenten lächelten freudig, endlich einen würdigen Gegner gefunden zu haben.

Dark spürte die Macht von Baal auf seiner Seele brennen. Hoffentlich würde er den letzten Pakt mit dem Dämon nicht bereuen. Inzwischen war die Macht von Baal schon, ohne die Einverständniserklärung von einen der beiden, auf dem zweiten Level. Seine langen schwarzen Haare wirbelten im Wind, wie wilde Flammen. Seine Geisterklinge war um einiges gewachsen. Auf seinem Rücken verzehrten sich die Mäuler nach dem Blut des Todesengels. Die Blicke von Baal, welche sich in den Augäpfeln des Jungen widerspiegelten brannten vor Hass und Abscheu. Unterdessen spielte das Lied weiter. „Sie leben hinterm Sonnenschein. Getrennt von uns, unendlich weit. Sie müssen sich an Sterne krallen“ Lucy schoss Azrael von hinten in das linke Knie, während Dark einen Angriff von oben startete. „Ganz fest“, sang ein Backgroundsänger. Azrael schwang aber Caedes im weiten Bogen, sodass Dark nach hinten geschleudert wurde und sein Angriff somit fehlschlug. „Wieso hältst du dich zurück?! Kämpfe! Kämpfe mit voller Kraft gegen mich!“, brüllte das Monster. Krachend landete Dark in einem Hochhaus. Schreiend drückte sich der Junge von der Hausfasade ab. Er schlug wie ein Berserker auf das Monster ein. „Damit sie nicht vom Himmel fallen.“, sang Lindemann weiter. Kira stieg auf das Dach und wartete darauf, dass das letzte Höllentor geschlossen wurde. Dark kehrte dem Feind den Rücken zu, nur um einen kurzen Blick auf sie zu erhaschen. Ein fataler Fehler. Der Junge spürte kaum, wie der Stahl von Caedes seinen Körper durchbohrte. Mit ausdrucksloser Miene zog er es heraus. Azrael schielte zu dem Mädchen. „Ah, vielleicht bringt dich das dazu, dass du mir endlich deine volle Aufmerksamkeit schenkst.“ Schneller als Dark oder Lucy reagieren konnten stürzte sich der Todesengel einem Raubvogel gleich auf Kira. Mark stand hilflos daneben und schoss mit seiner wirkungslosen Waffe auf den Halbdämon. Darks Herz machte einen Aussetzer. Nie würde er es rechtzeitig schaffen können. Er schloss die Augen, denn er war unfähig es mit anzusehen. Die Zeit schien für einen Moment einzufrieren. Wir könnten dir ein Angebot machen, flüsterte Baal verführerisch.

Dark öffnete die Augen. Wieder einmal stand er in dem gekachelten Raum. Er war fast vollkommen in Dunkelheit gehüllt. Ganze Platten lösten sich und begannen in der Luft schwebend zu vergehen. Unter ihnen war nichts als schwärze. Zitternd und quietschend fuhren die Gitter von Baals Käfig hoch. Du hast dich so lange gewehrt. Dark machte einen Schritt nach vorne. Hast uns so viele Jahre widerstanden. Unter den Strapazen der letzten Jahre war der Junge nicht mehr in der Lage aufrecht zu stehen, wodurch er nach vorne gebeugt war. Seine Arme hingen schlaff herunter und schwangen im Einklang mit seinen langsamen Schritten. Jeder einzelne Schritt hatte ihn hierher geführt. Hierher zu seinem Untergang. Hast uns hunderte Seelen geopfert, ohne uns diese eine begehrte zu schenken. Hinter Dark wurde es immer dunkler. Vielleicht stimmte es. Doch als du unserem echten Bruder gegenüberstandest, warst du machtlos. Vielleicht bildete er sich das alles nur ein. Also schlugen wir dir diesen Pakt vor. Alle Seelen, einschließlich des Geistervampiren, gegen unsere gesamte Macht. Darks Augen glühten rot im Dunkel. Sein Gesicht lag im Schatten. Es war nicht mehr wichtig, ob es real war oder nicht. Du hast nichts mehr, was wir noch begehren, außer dem Rest deiner Seele! Wenn er den Rest seiner Seele hergeben musste, um sie zu retten, dann würde er es tun. Und dafür bekommst du Macht von uns! Macht, mit der du Kira retten kannst! Die gesamte Macht eines schwarzen Teufelstitanen! Die Kraft eines Unterweltgottes! Er würde in den Schatten treten. Ohne klage und ohne bedauern. Komm zu uns! Er hatte für seine Sünden gebüßt und jetzt würde er sterben - für sie. Komm zu uns! Und nur für sie. Komm zu uns! Er überschritt die Linie zwischen Raum und Käfig. Die Dunkelheit umarmte ihn. Durchdrang ihn. Bohrte sich durch ihn. Fraß ihn auf. Ohne zu schreien ertrug er die Schmerzen und Qualen. Einzig und allein für sie.

Lucy merkte die Veränderungen an Dark. „Verdammte Scheiße! Was tust du da?!“ Aus seinem Mund ergoss sich eine zähflüssige, schwarze Masse. Sie kam aus seinen Ärmeln, Augen und Hosenbeinen. Umschmeichelte jeden Zentimeter seines Körpers. Seine Hände und Füße wurden zu schwarzen Krallen. Als er nur noch aus Dunkelheit war, begannen sich hunderte von Augen und Mäuler völlig willkürlich auf seinem Körper zu öffnen. „Erst wenn die Wolken schlafen gehen, kann man uns am Himmel sehen. Wir haben Angst und sind allein.“ Lucy erkannte die Situation. Dark hatte sich aufgegeben, um das Mädchen zu retten. Eine dumme Tat, aber dass waren heroische Handlungen immer. Schreiend verblassten die Mäuler und Augen und statt ihrer erschienen hellleuchtende Symbole. Die Augen bestanden aus purem Licht. Langsam öffnete er den Mund mit mehreren Reihen Reißzähnen aus Dunkelheit. Der Rachen war von dem Licht in seinem Inneren hellerleuchtet. Dieser Junge war mächtiger, als jeder Dämonenbändiger dem Lucy je begegnet war. Er konnte selbst einen Teufelstitanen kontrollieren. Schreiend holte er zu Azrael auf. Seine Geisterklinge war nun jetzt genauso wuchtig, wie Caedes. Mehrere leuchtende Symbole waren auf ihr zu sehen. Er schlug Azrael das Schwert aus der Hand. Die Klinge flog weg und traf Mark am Kopf. Soweit Lucy es beurteilen konnte, war er bewusstlos. Ihm würde später nur der Schädel dröhnen. Funkensprühend durchschnitten die Waffen der dunklen Wesen die Luft. Etliche Dinge wurden durch die entstandenen Druckwellen zerstört. Lucy hielt sich erst mal zurück. Dark und Azrael waren gleichstark und es war besser, wenn sie lieber auf Kiras Schutz achtete. Beeindruckt sah sie den beiden zu. Dark konnte seine gesamte Gestalt nach Belieben verändern. Aber Azrael hatte mehr Erfahrung mit seiner unglaublichen Kraft. Der Ausgang des Kampfes blieb vorerst offen. Aber Lucy war bereit das Gleichgewicht jederzeit zu kippen. Vorausgesetzt das Dark sie immer noch erkannte. Er war jetzt mehr Dämon als Mensch, sie hatte oft miterlebt, dass dann viele ihre menschlichen Züge einfach vergaßen und sich nicht mehr daran erinnerten einst Menschen gewesen zu sein. „Gott weiß, ich will kein Engel sein!“, wiederholte der Sänger gemischt mit den Gitarrenklängen. Was trieb das zweite Team? Wieso schlossen sie das Portal nicht? „Gott weiß, ich will kein Engel sein.“ Lucy biss wütend die Zähne zusammen. Es dauerte schon zu lange mit ihnen. Hoffentlich lebten sie noch. „Gott weiß, ich will kein Engel sein.“

Lachend sprang Vergil zurück. Der Kampf mit der Frau machte sehr viel Spaß, doch alles hatte mal ein Ende. Er hörte schon seit einiger Zeit Kampfgeräusche, die mit Gitarrenklängen gepaart waren. Die anderen brauchten seine Hilfe. Doch wie sollte er die Dämonin besiegen? Er zog schon sämtliche Register. Schließlich entsann er sich seiner mächtigsten Technik. Er benutzte sie nicht häufig, denn es war nie nötig gewesen sie anzuwenden, außer in Ausnahmefällen, wie diesen. Er steckte Gaara so weit in die Scheide, bis nur noch ein kleiner Teil der Klinge unbedeckt war. Sein Geist beschwor die Winde herauf. Sie wirbelten um ihn. Um sein Schwert. Immer schneller und schneller umspülten sie ihn. Die Windschneisen waren schärfer, als jedes Schwert. Unkontrolliert schlugen sie in die Umgebung ein. Der Boden bröckelte unter Vergil. Seine weißen Haare wirbelten wild umher. Die Dämonin rannte schreiend auf ihn zu. Näher. Er konnte schon das weiße in ihren Augen sehen. Noch näher. Kurz bevor sie in Schlagreichweite war, zog Vergil seine Klinge endgültig aus der Scheide. Die gesammelte Kraft der Luft entlud sich mit einem Schlag. Doch die Dämonin konnte seine mächtigste Attacke mit einem Abwärtshieb zerschmettern und gleichzeitig Vergils Brust aufschlitzen. Der Dämonenjäger taumelte nach hinten und verlor das Gleichgewicht. Mit der freien Hand hielt er sich die blutende Wunde. Im Sturz wurden ihm seine Gelenke an Füßen und Händen durchtrennt. Somit war er fast unfähig zu kämpfen. Aber vor allem war er erschöpft. Er lag nun kampfunfähig an der Wand eines zerstörten Gebäudes. Die Arme lagen Schlaf und nutzlos auf dem Boden. Seine Beine waren ausgestreckt. Entspannt lehnte Vergil sich gegen die Ruinen. Er atmete langsam aus. Ein Schatten legte sich in sein Gesicht. Es war die Dämonin mit einem mehr als zufriedenen Lächeln. „Endlich bin ich stark genug“, flüsterte sie wahnsinnig. „Du kommst zuerst. Als nächstes Meister Azrael“, kicherte sie. Ihr Säbel war bereit zum Zustechen. „Ich werde die einzige sein, die Überleben wird!“ Vor Vergils geistigem Auge zog nochmal sein ganzes Leben vorbei.
Wie sein Heimatdorf von Dämonen niedergebrannt worden war. Wie er heimatlos durch die Welt gereist war, bis ihn sein Sensei von der Straße aufgegabelt hatte. Er musste immer noch bei den Erinnerungen lächeln, die ihm von seinem Sensei geblieben waren. Zuerst hatte Vergil ihn gehasst, weil er gewesen war, was er war. Später schlug der Hass in eine ungewöhnliche Vater-Sohn-Beziehung um. Seltsam. An seinen echten Vater konnte Vergil sich nicht erinnern. Mutter hatte nie von ihm gesprochen. Er erinnerte sich, wie sein Sensei ihm das Kämpfen beigebracht hatte. Sogar der Moment, in dem Vergil seine erste Waffe bekommen hatte. „Ein Stock?!“, hatte er gefragt. „Aber ich will ein echtes Schwert!“, hatte er sich beschwert. Sein Sensei hatte ihn lachend versichert, dass es ein echtes Schwert sei und man nur wissen müsste, wie man richtig damit umgehe. Natürlich hatte Vergil es ihm nicht geglaubt. Zum Beweis hatte der kleine Junge gesehen, wie sein Sensei mit dieser „Waffe“ einen Fels gespalten hatte. Es folgte ein jahrelanges Training. Und später war sein Sensei getötet worden und hatte Vergil in seinen letzten Atemzügen alles vermacht. Nie wieder hatte Vergil einen Dämon wie ihn getroffen.
Der Dämonenjäger lächelte bei dem Gedanken, dass das einzige, was er konnte das Töten von Teufeln war. Schicksalsergebend ließ er den Kopf fallen. Er hatte ein gutes Leben geführt. Es gab nichts zu bereuen. Geduldig wartete er auf seinen Todesstreich, doch etwas regte sich in ihm. Uralt und mächtig. Im Gegensatz zum Rest seiner Seele, rebellierte es gegen die Kapitulation. Ein Käfig in dem es immer gewesen war, ohne das es Vergil je aufgefallen war, zerbrach einfach. Es sprang brüllend raus. Hungrig. Heiß. Das Feuer brannte seine Schmerzen und Wunden fort. Blitzschnell fälschte Vergil den tödlichen Säbel ab und warf seine Gegnerin zurück. Der Dämonenjäger war in eine feurige Aura getaucht. Alles wurde in dieses rote Licht getaucht. Seine Augen waren ein brennender Hexenkessel in der Schwärze. Jeder seiner Schritte hinterließ einen brennenden Abdruck im Boden. Glas und Stahl begannen unter der Hitze des Jägers zu schmelzen, wie Wachskerzen. Der Boden begann unter ihm zu bersten. „Was … was bist du?!“

Die dunklen Wesen hielten in ihren Kampf inne. „Amon!“, keuchte Azrael. Es kam aus dem grünen Nebel. Das Monster spürte es. Diese Aura war Amon der Höllenfürst. Herr des Feuers. Sein einzig würdiger Gegner. Er schaute zum Jungen. Einige der Zeichen verblassten bereits. Auf ihnen traten Augen und Mäuler hervor und schraubten sich mit der schwarzen Masse in die Höhe, als wenn die Gestalt des Jungen sich langsam zerlaufen würde. Jetzt musste Azrael ihn nur noch los werden und dann stand seiner Rache nichts mehr im Wege.

Vergil und die Dämonin kreuzten erneut die Klingen, doch diesmal schien sie den Kürzeren zu ziehen. Vergil wusste nicht was gerade mit ihm abging, aber auf einmal fühlte er sich energiegeladener, als jemals zuvor in seinem Leben. Diese Kraft schien schon immer in ihm geschlummert zu haben. Unbemerkt. Unsichtbar vor den Augen anderer. Diese Kraft war ihm so … vertraut. Wie wenn man einen anderen Menschen sieht und sofort weiß wer er ist und wo er herkommt. Schließlich machte Vergil Schluss mit dem Kampf. Er trennte der Dämonin beide Arme ab. Die Wunden, die er ihr zugefügt hatte, heilten nicht mehr. Ihr Schwertarm ließ die Waffe noch nicht mal im Tode los. Die Dämonin ging in die Knie. „Wie kann das sein?! Ich sollte doch unsterblich sein!“ Vergil lächelte. „So etwas wie Unsterblichkeit existiert gar nicht.“ Zischend fuhr Gaara in die Scheide. Langsam zog er Erlösung und Verdammnis. Klackend richtete er die Waffen auf sie. Er lud sie mit Magie auf. Die Namen auf den Waffen begannen stark zu leuchten. Die Dämonin war der stärkste Gegner in dieser ansonsten lahmen Stadt gewesen. Und immer wenn solche Endbosse besiegt wurden, gab es am Ende eines Spieles auf dem Titelbildschirm einen schönen Spruch. „Game Over!“ Einen blauen und roten Schweif aus magischer Energie hinter sich herziehend beendeten die Kugeln das Leben der Unsterblichen. Vergil steckte die Pistolen weg und wandte sich zum Gehen. Aber wieder wurde sein Weg blockiert. Sein Kampf schien etliche Dämonen angelockt zu haben. Sie flogen und stürzten sich auf ihn nieder. Wollten ihn überrennen und von unten angreifen. Seelenruhig nahm der Dämonenjäger dem abgetrennten Arm seiner Gegnerin die Waffe als Trophäe ab. Danach zog er Gaara. Jetzt hatte er zwei Schwerter, also den doppelten Spaß. „Das wird auch nie langweilig.“

Witch spielte unterdessen zum dritten Mal ihr Solo. Es war sehr komplex und nur ein kleiner Fehler reichte aus, um alles nochmal von vorne zu beginnen. Der Boden erbebte unter der mächtigen Magie der Klänge. Es wurde immer bremslicher. Lange konnten sie der Horde nicht mehr standhalten. Aber Witch verschwendete keinen Gedanken daran. Sie stand schon genug unter Druck und musste sich extrem konzentrieren. Schließlich gelang ihr das Solo. „Jetzt aber schnell auf Abstand!“ Schnell packte die Hexe Sam am Kragen und zog sie von der Horde fort. Durch den Boden stieß eine gewaltige, rote Hand. Sie war ab dem Handgelenk abwärts stark behaart. Die Fingernägel ähnelten Krallen. Flammen umspielten sie - Wirbelten herum. „Das ist die rechte Hand des Teufels, ihr Wichser!“, schrie Witch mit erhobenen Mittelfingern. Auf der Handfläche standen die meisten Zombies. Die Hand ballte sich zur Faust. An einigen Stellen trat das Blut der zerquetschten Zombies heraus. Schnell versank die Hand des Teufels wieder in die feurigen Tiefen der Hölle. Einige Zombies fielen ihr in den feurigen Schlund der Unterwelt hinterher. Schließlich stiegen die Gesteinsbrocken, die hinunter gefallen waren, aus der Tiefe empor und bildeten wieder den ursprünglichen Boden. Einzig ein in den Boden gebranntes Pentagramm war Zeuge des höllischen Szenarios. „Das hat viel zu lange gedauert“, stöhnte Witch. Schnell ging sie zum Portal und machte sich daran es zu schließen. „Wir dürfen keine Zeit mehr vertrödeln. Lange halten die anderen nicht mehr durch.“

Dark nahm alles wie durch einen Schleier wahr. Das Licht in dieser Welt war nur noch ein Schimmer. Allerdings hatte die Dunkelheit sich in ihrer Umgebung gespalten und kümmerte sich mehr darum, sich gegenseitig zu töten. Dark und Azrael störte das nicht. Aber der Junge spürte immer noch das Licht in sich. Es wurde jedoch schwächer. Bald würde seine Seele vollständig aufgefressen sein. Es blieb keine Zeit mehr. Der Junge hatte alles auf eine Karte gesetzt. Jetzt hieß es kämpfen! Und er würde nicht aufgeben, egal wie hart es sein würde. Brüllend machte Dark einen Sturzflug auf Azrael. Der Todesengel durchbohrte seinen Rumpf. Dark packte sein Handgelenk. Von dort breitete sich die Verderbnis auf der Haut des Mischlings aus. Ob er nun zur Hälfte Teufelstitan war, interessierte nicht. Er war kein vollständiges Exemplar und der Verderbnis von Darks Berührung nicht gewachsen. Das Monster schlug mit der freien Hand auf das Gesicht des Jungen. Der Schlag konnte die Kälte seiner Haut nicht durchdringen. Wieder erlosch ein Zeichen auf Darks Körper. Wieder verlor sein Körper etwas an Form. Wenn das letzte von ihnen verschwand, war alles vorbei. Vorbei und umsonst. Dark brachte Azrael mit seinen Klauen ein paar Kratzer im Gesicht bei. Selbst seine Heilkräfte kamen gegen eine solche Wunde nicht an. Mit einem Ruck riss sich der Todesengel los. „Ich wusste immer, dass du etwas Besonderes bist“, schrie der falsche Engel über den Schlachtenlärm hinweg. Dark war zu keiner menschlichen Antwort mehr fähig. Stattdessen schnappte er nach der Kehle des Monsters. Doch in letzter Sekunde wich Azrael aus. Er schleuderte Caedes auf seinen Hals zu. Die Klinge konnte den Kopf aber nur zur Hälfte trennen. Ab da blieb das Schwert hartnäckig stecken. Azrael zog an der Kette und rief somit sein Schwert zurück. Die Wunde verheilte schnell wieder. Dumpf drang eine Frauenstimme durch den Nebel von Darks Verstand. „Es ist soweit!“ Die schwarze Sonne begann zu brennen. Ein gewaltiger, brennendheißer Sog ging von ihr aus. Dark und Azrael konnten ihm nicht widerstehen. Die beiden Frauen und der bewusstlose Journalist dagegen schienen nichts von der Anziehungskraft mitzubekommen. Der Sog wollte sie nicht. Sie waren Rein. Waren unberührt von der Sünde. Im Gegensatz zu den dunklen Geschöpfen. Azrael und Dark steuerten dem Strudel entgegen. Mit einem dämonischen Brüllen versuchte Dark den Strudel davon zu überzeugen, dass er nicht Schuldig war. Aber er hörte nicht auf ihn. Der Junge beschwor die Zeichen herauf. Sie brannten zischend auf seiner Haut. Der beißende Geruch von verkohltem Fleisch stieg ihm in die Nase. Doch es wirkte. Der Strudel erkannte sein Licht an. Sein Licht welches im Dunkel gefangen war. Er sah Azrael nach, wie er ihn wütend anstierte. Das Lied lief immer noch im Hintergrund. Brüllend warf der Todesengel Caedes nach ihm, welches sich in Darks Magengrube fraß. Ächzend zog sich der Todesengel zu Dark hinüber. „Erst wenn die Wolken schlafen gehen“, sang die Frauenstimme. Seine Hände bluteten unter den spitzen Klingen der Kette. „Kann man uns am Himmel sehen.“ Der Sog wurde stärker. Azrael kämpfte dadurch aber nur verbissener. „Wir haben Angst und sind allein.“ Ein Knall. Ein Schuss. Eine Kugel traf die Hand von Azrael. Instinktiv sah Dark in Richtung Lucy. Aus dem Lauf von Dreifaltigkeit kam eine Rauchfahne. Schreiend ließ der falsche Engel los und streckte die zischende Hand nach Dark aus. „Gott weiß, ich will kein seeeeeiiiiiinnnnnnnnn!“, sang Lindemann weiter. Gitarre, Schlagzeug und Keyboard vermischten sich. Die Klinge flutschte aus seinem Körper hinaus. „Gott weiß, ich will kein Engel sein.“ Schreiend wurde das Monster in die Hölle gezerrt. „Gott weiß, ich will kein Engel sein.“, sangen Lied- und Backgroundsänger zusammen. Am Tor angelangt zerrten Azrael hunderte von Händen in die Welt der Sünden. „Gott weiß, ich will kein Engel sein.“ Wütend brüllend schloss sich das Portal hinter dem Todesengel. „Gott weiß, ich will kein Engel sein.“ Damit endete das Lied. Die schwarze Sonne zog sich zurück. Licht und Dunkelheit hörten auf zu kämpfen. Sie wurden wieder zu leblosen Bestandteilen dieser Welt. Einige Momente bewegte sich niemand. Niemand wagte etwas zu sagen oder gar zu atmen. Wer wusste schon, ob Azrael nicht wiederkehrte. Jeden Moment konnte sich das Tor erneut öffnen. Doch als sicher war, dass der Todesengel nicht wiederkehren würde, entspannten sich alle. Kira begann Tränen der Freude zu weinen. Lucy zeigte ihm den erhobenen Daumen. Dem Jungen war dies egal. Er wollte nur noch seine geliebte Kira in die Arme schließen. Er flog auf sie zu und kam einen Meter vor ihr in der Luft schwebend zum Stehen. Das Dunkel zog sich langsam wieder in sein Inneres zurück. Du gehörst jetzt mir!, zischte Baal freudig. Das Portal öffnete sich plötzlich wieder, bloß das es diesmal eine Hölle aus Finsternis zeigte. Die Dunkelheit sprang von Darks Haut, packte ihn und zerrte ihn weg von seiner Geliebten. Sie wollte ihn greifen, aber Dark spürte nur einen Lufthauch. Sie streckte die Hand nach ihm aus. „Neeeeeiiiiiinnnnn!!!“, schrie sie. Dark sah ihr zum letzten Mal in die Augen. So war der Pakt gewesen. Sein Leben gegen das von Kira. Das obere Ende des Dämons hatte eine schwarze höhnisch lachende Kira erschaffen. Selbst in diesen Moment quälte der Dämon ihn. Kurz bevor er durch das Portal geschleppt wurde, erwachte sein Kampfgeist. Er zappelte, trat nach dem Dämon, versuchte alles um ihn loszuwerden. Schließlich übertrat Dark die Schwelle. Er war nun in einer Welt aus Dunkelheit, die schwärzer als die Nacht selbst war. Das Portal schloss sich vor seinen Augen. In einem letzten Akt der Verzweiflung bot er all seine Kräfte auf. Das Licht entlud sich und erhellte die Dunkelheit dieser fremdartigen Welt.

Lucy landete mit hängendem Kopf vor Kira. Die Schwingen verblassen einfach und verschwanden. Tröstend klopfte sie ihr auf die Schulter, wissend dass es nichts bringen würde. Kein Wort kam über ihre Lippen. Es hätte auch nichts gebracht. Dark – ihre Liebe - war tot. Nichts konnte etwas daran ändern. Der Engel begleitete das Mädchen die Treppe herunter. Mark erwachte stöhnend aus der Bewusstlosigkeit. Kira vergoss keine Träne. „Ist … ist Dark tot?“, fragte sie mit einem Kloß im Hals. Ihre Stimme hallte leicht durch den Raum. „Hoffen wir es mal“, meinte Lucy und setzte schnell hinterher, „Die Welt der Teufelstitanen ist ein grausamer Ort. Niemand kann dort überleben, egal wie mächtig er ist. Selbst wenn Dark … wenn er überlebt hätte, würde man ihn bis in alle Ewigkeiten foltern.“ Aber das Mädchen schüttelte nur den Kopf. „Nein … nein er lebt. Ich weiß es. Er wird irgendwann zurückkommen.“ Lucy wollte ihr nicht widersprechen und hoffte inständig, dass sie nicht ihr Leben lang einem Geist hinterherjagen würde. Derlei Aktionen hatten schon zu viele Leben zerstört.

Mark folgte Lucy und Kira im gebührenden Abstand. Er konnte Frauen nicht weinen sehen. Also blieb er außer Hörweite. Unten am Turm stand der Rest. Sie alle sahen etwas mitgenommen aus. Alle waren erschöpft. Jeder war verwundet. Der eine mehr, der andere weniger. Mark wandte sich an Lucy. „Also was sagst du zu, …?“ Aber da wo eben noch der Engel gestanden hatte, waren nur eine Sonnenbrille, ein iPod und ein paar weiße Federn die zu Boden segelten. Vom Engel selbst war keine Spur zu sehen.

Fortsetzung folgt…


© EINsamer wANDERER


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