114. Schritt

Apropos „Feld“. Als ich gerade mitten im richtigen Lernen war, rief es mich: das „Feld“. An sich hatte ich nichts gegen Felder, besonders dann nicht wenn sie weit waren. Aber dieses spezielle Feld, das sich da erfrechte nach mir zu rufen, hielt ich für absolut pervers! Sein Ruf betitelte sich als „Einberufung“. Das klang zwar schön, aber ich wusste ja nicht was man darunter verstand und als ich es schließlich wusste, da begriff ich, daß es, was mich betraf, mit „Berufung“ herzlich wenig zu tun hatte, denn ich fühlte mich praktisch gar nicht dazu berufen vor Leuten zu kriechen, die offensichtlich nicht besonders viel Gehirnschmalz mitbekommen hatten.

Natürlich hatte ich mich wieder geirrt. Das wenigste Gehirnschmalz von allen Erdenmenschen hatte nämlich wieder einmal ich! Denn ich konnte mir auch diese Stütze des Staates nicht zunutze machen. Daß es sich bei allen Armeen der Welt um Ritualgemeinschaften handelt, wollte ich absolut nicht einsehen. Noch mehr als innerhalb der Kirche kam es hier auf den gespielten Zusammenhalt, im Rahmen einer improvisierten Pflichtübung an. „Kameradschaft“, so nannte sich das oberste Gebot, welchem durch die Anwendung von Befehlen rührend Gestalt verliehen wurde. Wieder schwankte ich in meiner Bewunderung zwischen den Gestalten in den Bereichen, Leidenschaft, Praxisbezogenheit und Gewinnstreben und wieder konnte ich nichts davon imitieren…

Nicht, daß ich mich außerstande fühlte andere Geschlechtsgenossen, also Männer und solche, die sich dafür hielten, mit einer geradezu zärtlichen Solidarität zu bedenken – und das ohne auch nur im Entferntesten schwul zu sein –,aber innerhalb einer militärischen Gesamtordnung sah ich einfach keinen Anlass dafür: Wieder hielt ich meine Mitbürger, diesmal die in Uniform, für hinterkünftig und falsch. Aber darin erschöpfte sich mein insgesamter Irrtum, dem Leben im Allgemeinen und der Armee im Besondern gegenüber noch nicht. Schäbigerweise sah ich gar keinen Anlass, mein Land, das meines nicht war, da es mich bis jetzt nichts als verraten hatte, gegen Feinde von außen verteidigen zu sollen.

Mir fielen vielmehr die Feinde von innen auf. Daß sie sich sogar mit den Feinden von außen, die es wohl durchaus zu geben schien, wie ich mit der Zeit erfuhr, gegen Bürger, wie beispielsweise mich, verbündet hatten, wusste ich damals noch gar nicht. Kurz gesagt: mein Handeln war durch und durch schizophren! Hochgradig schizophren war es denn auch mich aus dieser edlen Zusammenrottung unterschiedlichster Elemente befreien zu wollen, was mir aber – leider, muss man wohl sagen – recht bald gelang. Mein nichtswürdiger Freigeist triumphierte zu allem Überfluss, erneut gegen die erprobten Verfahrensweisen der dominierenden Allgemeinheit, die ich als zwar erprobt, aber stets als Fehlschlag bezeichnete.

Der beginnende Wahnsinn in 365 Schritten / Leseprobe

© Alf Glocker


© Alf Glocker


3 Lesern gefällt dieser Text.




Diesen Text als PDF downloaden




Kommentare zu "Der beginnende Wahnsinn in 365 Schritten / Leseprobe"

Re: Der beginnende Wahnsinn in 365 Schritten / Leseprobe

Autor: axel c. englert   Datum: 07.05.2015 20:03 Uhr

Kommentar: Ewig ruft das „Feld der Ehre“!
(Wenn’s doch bloß die Ähre wäre…)

LG Axel

Re: Der beginnende Wahnsinn in 365 Schritten / Leseprobe

Autor: possum   Datum: 08.05.2015 1:25 Uhr

Kommentar: Danke dass ich bei deinen Gedanken kurz anhalten durfte! LG!

Re: Der beginnende Wahnsinn in 365 Schritten / Leseprobe

Autor: Alf Glocker   Datum: 08.05.2015 16:36 Uhr

Kommentar: Meinen Dank liebe Leute

LG Alf

Kommentar schreiben zu "Der beginnende Wahnsinn in 365 Schritten / Leseprobe"

Möchten Sie dem Autor einen Kommentar hinterlassen? Dann Loggen Sie sich ein oder Registrieren Sie sich in unserem Netzwerk.