Aus den Träumen steigen die Toten und aus den Toten die Träume. Die Szenerie ist schwefelgelb! Schwarze Briefträger mit schwarzen Zylindern bringen die Post. Ihre Fahrräder sind grünlich phosphoreszierend. Überall liegen fertige Ereignisse herum. Man muss sie sich nur (mit)nehmen.

Riesige Tore aus Garnichts öffnen sich ins Nirgendwo, aus dem die Melodie der puren Existenz dringt. Und irgendwo, auf irgendeiner Erde, wird es Frühling. Dort simuliert man die Wirklichkeit. Ein Mantel aus Illusionen hüllt die Seelen ein und der Gesang des Lebens beginnt.

Seine Tonleitern sind Schnüre, Doppelschnüre, mit Sprossen verbunden. Aus ihnen sprüht grelles Licht, in dem sich Theaterstücke abzeichnen, die wie glühende Kohlen im Feuer aussehen. Überall brennen die Scheiterhaufen! Geistwesen fliegen herum, um Öl zu vergießen.

Dann rotiert alles! Katastrophen-Karusselle schleudern Schreie in die Unendlichkeit, wobei der Magnetismus des Geschehens immer neue Impulse aus dem Hintergrund zieht, um sie orgiastisch zu verarbeiten. Glück entsteht! Glück entsteht! Glück entsteht!

Scheinbar überwältigend schickt es sich an, die Welt zu verzaubern. An all seinen Ständen werden betäubende Flüssigkeiten ausgeschenkt. Aber nichts ist umsonst! Die Preise sind in reiner Energie zu entrichten – und sie sind hoch!

Höher als ein unbeschriebenes Blatt sie bezahlen kann. Deshalb überschulden sich manche heillos, um mit dem Strom schwimmen zu können, an dessen Ursprungsturbinen seltsame Elemente den Antrieb bereiten, aus dem die Kräfte des Seins entstehen.

Und überall ist das Verderben. Es hat sich verkleidet, schön und galant. Die Figuren erinnern an den Karneval in Venedig! Doch, hat man eine Maske bewundert, verwandelt sie sich auch schon in ein stürmendes Loch, voller extremer „Sach“-Verhalte.

Aasgeruch entsteht über den Schlachtfeldern der Zeit – dieses nicht greifbaren Elements voller Trubilder und Erinnerungen. Was sich in Augen und Hirnen manifestiert, befindet sich plötzlich in Labyrinthen. Museen der Lust gaukeln Hauptgewinne auf die Titelseiten einer Schöpfung aus gesponnenem Schein.

Eine Eruption nach der anderen treibt den Alterungsprozess voran. Wieder und wieder hört man die Posaunen des Jüngsten Gerichts. Sie sind wie ein Tinnitus der Materie, wie eine Gebetsmühle im Fantasieland der Beteiligten. Und hinter den Vorhängen betreibt das Phantom eines Phantoms sein Kontor, angesichts unbegrenzter Un-Möglichkeiten.

Aber der Windhauch ist kühl, der seine Nüstern verlässt. Es muss aufpassen, nicht zu vehement ein- und auszuatmen, denn sonst besteht keine Gefahr mehr. Sonst überschüttet sich das Rollenspiel, das Geläut unendlicher Krümmungen, mit dem Extrakt der Bequemlichkeit, aus dem das tiefste Bedürfnis der Psychen gemacht ist.

Wohin wenden sich also die Nutznießer? Abgebrochene Studiengänge versperren den Weg, oder sie laden ein, über nichtvorhandene Schatten zu springen, auf Graten oder Graden zu balancieren, deren Wert der freien Interpretation unterliegt. Alles schweigt und alles schweigt nicht, alles steht still und alles bewegt sich. Nur eines ist wie ein fatamorganischer Fels in der Brandung: die heilige Gesamtkonstruktion!


© Alf Glocker


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Kommentare zu "Zwischenreich"

Re: Zwischenreich

Autor: noé   Datum: 01.10.2014 8:37 Uhr

Kommentar: Und das ist das Geschehen auf nur EINER der Erden:
"...Und irgendwo, auf irgendeiner Erde, wird es Frühling...."
Jetzt multiplizier' das mal mit der liegenden Acht.
BiSi noé

Re: Zwischenreich

Autor: axel c. englert   Datum: 01.10.2014 9:57 Uhr

Kommentar: Zwischenreich einfallsreich!

LG Axel

Re: Zwischenreich

Autor: Uwe   Datum: 01.10.2014 11:33 Uhr

Kommentar: ...und exorbitant zugleich.

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