Flatter, flatter, flatteratat!
Flatter, flatter, flatteratat!

Huch, noch ein Schutzengel?! Was machst du hier, abseits der Front? Bist du mit deiner Arbeit nicht mehr zufrieden?

Glaubst du noch daran, daß sie etwas bewirkt? Und - hast du nicht auch den Eindruck, daß wir uns verflogen haben?

Ja, hab ich – ich bin noch ganz betäubt von den Liebesliedern, die allerorts in der Atmosphäre schwingen.

Wo sind wir denn eigentlich?

Keine Ahnung, vorhin war ich jedenfalls noch im Zeitstrom. Er müsste da linksrum liegen.

Und was ist das da rechts?

Das ist, glaub ich, das Höllentor. Nach allem was man so hört, spuckt es unablässig kopfschüttelnde Zwitterwesen aus, weil Zweifel sich auf Satan reimt…harharr.

Du bist blöd!

Ja, danke. Das hab ich mir auch schon gedacht.

Von der Hand zu weisen ist es nicht ganz, schließlich scheint nach vorne, geradeaus das große Fiasko zu liegen. Die leisen Schritte dorthin sind überall zu vernehmen.

Das hast du schön gesagt! Wollen wir da auch noch mit hin??

Ich weiß nicht recht, aber wenn du mir sagst warum.

Das weiß ich nicht. Vielleicht haben wir unsere Möglichkeiten überschätzt, unsere Wunderelexiere, verstehst du?

Ja, die haben derzeit genau die richtige Konsistenz um eine plötzliche Vergänglichkeit auszulösen. Mir gefällt das gar nicht!

Stimmt. Deshalb hat es uns wahrscheinlich auch aus dem Geschehen katapultiert. Ich glaube man braucht uns nicht mehr.
Schade – waren wir doch lange Zeit sehr gefragt.

Nun, früher konnte man sich auch noch ganz leicht von uns über die Wahrheit, sprich Wirklichkeit hinwegtrösten lassen. Das ist jetzt sehr schwierig geworden. Es lässt sich ja kaum noch etwas verheimlichen, außer im Rahmen der Bigotterie vielleicht, wozu ich übrigens auch die Technikgläubigkeit zähle.

Sind das eine geistige Behinderungen?

Soweit möchte ich gar nicht gehen, ich vermute darin eher eine verkappte Kriminalität, die es ihren Verfechtern erlaubt ungestraft absurde Taten vollbringen zu können.

Das kommt mir bekannt vor.

Ja?

Leider!

Derzeit finde ich es schwierig für uns, noch unseren Aufgaben gerecht zu werden, angesichts des hohen Bedarfs an nutzlosen Ansprüchen. Dabei möchte jeder beschützt werden, indem wir z.B. die Wahlen manipulieren, die Arbeitsplätze durch krumme Geschäfte sichern, Umweltkonferenzen zu Quatschvorstellungen machen, usw.

Was bleibt uns denn anderes übrig? Wir dürfen die Schritte des Schöpfers nicht ignorieren.

Eben, wenn alles so käme, wie es das „Volk“ wollte, dann wäre keiner mehr glücklich. Es ginge drunter und drüber! Wir müssen die Menschen vor sich selbst beschützen und gangbare Wege öffnen. Das heißt für uns „Verantwortung übernehmen“.

Haben wir das nicht viel zu oft getan?

Wenn man so will – andererseits können wir niemandem helfen, indem wir ideale Bedingungen voraussetzen. Dafür müsste es schließlich die geeigneten Protagonisten geben…

Genau! Wir können eventuell einen Liebhaber um die Ecke bringen, damit seine Angebetete frei genug ist, als Krankenschwester 1 000 Verwundete zu versorgen. Den Krieg können wir aber nicht verhindern. Damit bleibt zwar der Geschichtsverlauf mehr oder minder stabil. Aber was ist mit dem Gewissen? Wer fragt uns eigentlich danach?

Traurig, aber wahr!

Wie ist es nur dahin gekommen? Ist es der Überlebenskampf – die sogenannte „Natürliche Zuchtwahl? Ist der Zufall? Wer hat so entschieden? Wir fragen nicht – wir tun nur unsere Pflicht…soweit es in unserer Macht steht. Die Bräuche der Menschen zu verändern ist nicht unsere Aufgabe.

Daran bin ich auch gescheitert! Da heißt es immer, wer früher dies und das gemacht hat – sich also falsch entschieden hat – der ist heute ein Sowieso! Wer sich aber heute falsch entscheidet, noch im Bereich des Unwissens befindlich also, denn eines Besseren belehrt sind wir noch nicht definitiv, der ist natürlich kein Sowieso.

Das ist sehr praktisch. Die Elite der Mitläufer bekommt, wie immer, tolle Posten, hohe Gratifikationen, Kunst- und Buchpreise und das, obwohl man bereits mehr als ahnt, daß dieses Verfahren gleichermaßen altbekannt wie sinnbefreit ist. Richten kann man später über die Irrtümer und diejenigen, die sich fleißig geirrt haben. Wir aber müssen die schützende Hand über sie halten, damit kein Chaos ausbricht und alles beim Alten bleibt. Ich bin mir meiner Bestimmung nicht mehr so sicher, muss ich ehrlich sagen. Und auch nicht, ob das noch Gottes Wille ist.

So denke ich auch. Vor Jahrzehntausenden sah das vielleicht ganz anders aus. Zumindest scheint mir der Schutz des Status quo für sogenannte „natürliche Zustände“ angebracht. Seit aber die „Zivilisationen“ immer mehr um sich greifen, sind auch noch andere Schritte zu verzeichnen.

Die des Teufels?

Hmm. Ich weiß nicht. Sie sind einfach da.

Was meinst du denn jetzt genau?

Höre einmal genau hin! Hörst du sie, die unheimlichen Schritte?

Nein, aber wenn ich sie hörte, dann sagte ich dir: es sind die leisen Schritte der Treter. Sie tragen alle das gleiche Outfit, ohne es zu bemerken, sie benützen das gleiche Parfüm: „Aas 42“. Und sie singen! Sie singen das Lied vom Brot!

Warum sind sie denn so leise?

Weil sie keine Möglichkeit haben zu entkommen. Das haben sie gelernt. Und sie können nur was sie gelernt haben. Alles andere ist ihnen verboten – aus vielerlei Gründen. Von oben, aber auch genetisch. Das wissen sie zum Glück nicht. Und der Staat unterstützt sie dabei tatkräftig.

Schutz und Sicherheit im Zeichen der Burg?

Genau! Sie halten das für eine Trutzburg, was in Wirklichkeit ein Gefängnis ist. Das ist gerecht! Denn jeder, der nicht fliehen will ist frei. Und jeder, der dieser Art Freiheit widerspricht, tut ihnen unrecht. Auch das ist Gesetz – ungeschrieben, versteht sich.

Oder ein Ritual?

Das könnte auch sein. Wenn man sich die Welt nicht erklären kann, entwickelt man einen Glauben. Dafür braucht man Beschwörungsformeln. So entsteht die liebe Geborgenheit.

Klingt wirklich logisch! Gebetet wird schließlich lieber als gedacht.
Aber wie sehen sie aus, diese modernen Gebete? Kann man sie hören, sehen?

Natürlich! Die Werbung ist voll davon.

Welche?

Jede Form, von Zahnpasta bis Wahlplakate. An jedem Ende steht „Amen“ – nein, da steht: „Alles wird gut!“ Und wir sorgen dafür, daß es möglichst lange danach aussieht.

Damit streuen wir den Menschen solange Sand ich die Augen, bis sie glauben, daß es einfach immer irgendwie weiter geht. Bis jetzt haben sie alles überstanden. Warum sollte das in Zukunft einmal anders sein? Im Gegenteil! Alles wird immer besser, je öfter wir daran glauben. Wir müssen halt nur mitmachen…so argumentieren die armen Seelen.

Das ist eine süße Botschaft, die sogar von Therapeuten „vertrieben“ wird. Wer an sich glaubt, dem wird’s an nichts mangeln. Er ist sein Hirte. Er führet sich zum frischen Wasser.

Und das Gewissen?

…Wird, wie gesagt, in der Vergangenheit befriedigt.

Wie geht dasss?

Ganz einfach: Wenn man keine früheren Untaten begeht ist man unschuldig!

Harharr!

Doch doch. Durch ihr Nichtdenken und einem gewissen Phänomen, das in ganz vielen Menschen steckt, der Bosheit – aber pssst – kamen Unschuldige ums Leben. Darüber gilt es unaufhörlich zu berichten…

Was bringt das? Und für wen bringt es was?

Es bringt allen Glück, die gerne an das Gute glauben, also jenen, die meinen, es herrsche gerade eben jetzt. Und zweitens denen, die gegenwärtig am Ruder sind ohne, nein nicht nach- sondern zu denken, wobei wiederum Unschuldige umkommen – was aber heute wie damals nicht öffentlich propagiert werden darf. Dies würde die Vorschriften der jeweils „realistischen“ Gegenwartshandlungen verletzen.

Das gab’s immer schon – wobei es auch immer schon „gut“ war. Wo gehobelt wird fallen eben Späne…um sonstige einschlägige Allgemeinplätze unerwähnt zu lassen.

Richtig! Galeerensklaven, Kreuzigungen, Scheiterhaufen (die ja bekanntlich von der Steigerung „gescheit, gescheiter, gescheitert“ herkommen), Arbeitslager, politische Häftlinge, Arbeiter in Konfektionsfirmen, die in einstürzenden Neubauten umkommen, Angestellte in Supermarktketten, usw. So ist das, nicht anders!

Pssst! psssssst!

Nein! Ich habe keine Lust mehr zu schweigen! Das Dilemma ist mal wieder der Glaube, denn, wie jeder – ganz entgegen dem Glauben – instinktiv weiß, kann er sich nur über die anderen erheben, wenn er Gewalt ausübt und/oder betrügt. Nur sagen darf man’s halt nicht. Solche Rituale werden gebraucht, damit der Eindruck entsteht, hier könne man gefahrlos Kinder kriegen…

Ich verstehe – ich verspüre auch bereits dieses Jucken in der Leistengegend. Vielleicht höre ich doch besser auf mich zu fragen, unter welchen Umständen man sich Nachwuchs wirklich leisten kann. Noch vertrauenswürdigere Sachverhalte muss ich doch eigentlich nicht mehr suchen, als die bloße Hingebung an einen unartikulierten Irrsinn, oder?

Das trifft’s!

Uns bleibt demnach nichts anderes übrig, als die Flügel wegzuwerfen und Menschen zu werden. Ich fang schon mal damit an! – Ratsch!

Was machst du dann jetzt?

Ich gehe Igel bürsten – und du?

Ratsch! Ich werde auch Mensch und versuche dabei möglichst verrückt auszusehen. Vielleicht nimmt mich dann noch wer ernst!


© Alf Glocker


2 Lesern gefällt dieser Text.



Diesen Text als PDF downloaden




Kommentare zu "Zwei Schutzengel, die sich verflogen haben"

Re: Zwei Schutzengel, die sich verflogen haben

Autor: noé   Datum: 26.09.2014 19:56 Uhr

Kommentar: Möglich.
Er-sie-es könnte als Künstler durchgehen...
BiSi noé

Kommentar schreiben zu "Zwei Schutzengel, die sich verflogen haben"

Möchten Sie dem Autor einen Kommentar hinterlassen? Dann Loggen Sie sich ein oder Registrieren Sie sich in unserem Netzwerk.