Es musste uns also, innerhalb der nächstbesten Generationen gelingen, Kontakt mit dieser Urschwingung aufzunehmen, um endlich herauszufinden wie man ihr, vermutlich unendliches Wissen, anzapfen kann. Wir erhofften uns dadurch zu begreifen, was eine Schöpfung überhaupt ist! Denn sonst würden wir vergehen, wie alles Bisherige vergangen ist – alle Intervalle einer genial erdachten Existenz, die von sich selbst, in sämtlichen Zeiten stehend, behaupten kann, sie sei „real“. Das Problem war und ist groß! Die einzige Lösung musste nun lauten: unseren Werdegang zu revidieren, damit der Gleichklang mit dem zentralen Impuls aus dem Schöpfungszentrum hergestellt werden kann. Wir vermuteten dort neuerdings sogar Hinweise auf eine Art „lebendiges Wesen“ – dargestellt durch ein, in unendlich vielen Dimensionen, repräsentiertes Gehirn!

Uns war also nichts anderes übrig geblieben, als die Vergangenheit zu verändern! Besuchten wir sie jedoch selbst, dann würde uns das nicht einmal ansatzweise gelingen! Das hatten wir ja herausgefunden. Jeder, den wir ansprächen, könnte uns weder sehen noch hören. Er würde nur weiter seinen Lebensweg gehen, den wir mit verfolgen könnten. Natürlich gäbe es die theoretische Möglichkeit ihm (oder allen) zu sagen was geschehen wird. Aber das dürfte natürlich auch, logischerweise, niemand zur Kenntnis nehmen! Uns blieb demnach leider nur der umständlichste Weg von allen – das Avatar-Prinzip!

Wir mussten ein Individuum finden, das alle, von uns benötigten Anlagen zumindest insoweit besitzt, daß wir es für unsere Zwecke entsprechend manipulieren konnten und es musste, in der richtigen Zeit NICHT geboren werden, um uns zur Verfügung stehen! Wir brauchten ganz dringend eine geeignete Totgeburt. Wenn es uns darüber hinaus gelänge, unseren „Botschafter“ in ihm abzusetzen, der dann, entgegen dem allgemeinen Schöpfungsplan, das Licht einer noch nie dagewesenen Surrealität erblickte, dann hätten wir zwei parallele Wirklichkeiten (Gegenwarten) geschaffen!

Ab diesem Moment sollte alles möglich sein! Was nicht heißen will, daß auch alles gelingen musste. Wir wollten jedoch Sorge tragen, daß eine extrem genaue Planung von unserer Seite aus griff… Jedenfalls würde dieses perverse Zwischenwesen aus Realität und Irrealität ganz automatisch für Verwerfungen der gemeinsamen Zeitebene sorgen. Er würde Ungereimtheiten verursachen, die den Normalsterblichen unlogisch erschienen. Und so würde sich auch seine Gedankenwelt präsentieren: scheinbar mit der vorgefundenen Gegenwart nicht vereinbar. Aber er würde sein, wie ein Schmetterling, dessen lebendiges Beispiel, Flügelschlag um Flügelschlag, alles verändert.

Und ab hier ist es sinnvoll in die Ichform zu wechseln.

Denn man hatte gefunden was man zu brauchen glaubte: die geeignete Totgeburt, den Blankoscheck des Universums zur Entwicklung einer 2. Zeitschiene. Viel Auswahl stand nicht zur Verfügung. Ich scheute einerseits vor der Größe der Aufgabe und andererseits vor dem Individuum zurück, mit dessen Beschränktheit ich ans Werk gehen sollte. Von den Anlagen her kam es mir alles andere als meiner würdig vor, denn es versprach eingebildet, faul und, im Vergleich zu mir, mit einer sehr bescheidenen Intelligenz ausgestattet zu sein. Deshalb stellte ich Bedingungen und sie wurden erfüllt. Das „Unternehmen Vorlogik“ nahm seinen Lauf. Ich kam, als eben dieses Wesen zur Welt und hatte meine liebe Not mit ihm.

Doch, wie abgemacht, begann sofort das ausgesuchte Strafprogramm. Ich wurde, von Kindesbeinen an, in einem uralten Haus, das sich vorzüglich dafür eignete, fortwährend zu Tode erschreckt. Wenn einmal nicht der Holzwurm für ein knackendes Geräusch verantwortlich war, dann wurde es künstlich produziert. Wenn einmal nicht der Wind durch die Ritzen am Fensterrahmen herein blies und den Vorhang bewegte, dann wurde er eben künstlich bewegt. Dem Umstand entsprechend, daß ich in diesem Universum von Rechts wegen gar nicht vorkam, hörte ich Stimmen, über die Zwischenwelt, aus dem Totenreich und natürlich glaubte man mir nicht! In der Schule wurde ich, weil körperlich wegen leichter Unterernährung (ich konnte vor lauter Angst nicht mehr viel essen und ich rannte unentwegt um niemand gefährlichem zu begegnen) etwas zurückgeblieben war, andauernd von den Stärkeren verprügelt. Und weil ich irgendwie anders gestrickt war, entwickelte ich erst sehr spät eine Methode der Abschreckung zu meinem persönlichen Schutz.

Die Verfolgungen hörten deswegen aber noch lange nicht auf! Sie verlagerten sich nur auf andere Gebiete. Bald verachteten mich die Frauen, nein, sie verabscheuten mich! Das lag zum einen daran, daß mir die Erdeneltern den Umgang mit Mädchen frühzeitig verboten hatten, denn mir sei ja nicht zu trauen, meinten sie, und zum andern an meiner kindlichen Art die Welt zu interpretieren. Ich wollte nicht lernen, nichts annehmen, mich nicht fügen, beugen, anpassen. Ich war ich selbst und tat nur, wozu ich – von meinen echten Veranlagungen und meinen inneren Vorgaben her – imstande war. Was nicht heißen soll, ich hätte es nicht versucht. Doch jedes Mal wenn ich versuchte, scheiterte ich, trotz gutem Willen kläglich! Das blieb mir lange Zeit unerklärlich – andererseits wünschte ich mir ein solches Schicksal für großsprecherische, Unternehmer, damit sie endlich begreifen lernen, daß nicht immer der Wille zum Erfolg ausschlaggebend ist.

Mein Überlebenskampf war zwar dramatisch, aber vollkommen untypisch für ein Menschenjunges. Ich ähnelte eher einer Spezies, von ich bewusst gar keine Vorstellungen hatte. Ich ahnte nur dunkel wer ich wirklich war. Und was ich wirklich bin, zeigte mir kein Mensch, kein Lehrer, kein Vorgesetzter, kein Verwandter. Das zeigte mir die Zeit! Denn langsam wurde aus dieser meiner Realität, die nun langsam die legitime Wirklichkeit löscht, um eine neue Zukunft zu produzieren, eine Doppelwelt! Ich spürte noch die Wesen, die in meinem Dasein nicht mehr existieren, weil sie mich, in meinem erforderlichen Werdegang be-, nein verhindert hätten. Hier sind sie, aus Verzweiflung über mich erkrankt und verstorben, oder sie wurden von meinen Hintermännern, beispielsweise durch augenscheinliche Selbstmorde beseitigt. Vor mir aber, in der immer noch regulär ablaufenden Zeit sind sie alle noch da, ohne mich je kennen gelernt zu haben. Andererseits gibt es auch wen, den es eigentlich gar nicht mehr geben dürfte, weil er tatsächlich freiwillig aus dem Leben geschieden ist. Da er jedoch, nachvollziehbaren Gründen zufolge von der „Vorlogik“ gerettet wurde, ist dieser Mensch noch am Leben!

Um mich herum ereignen sich – besonders seit ich darauf aufmerksam gemacht wurde, wer ich zu sein habe – die seltsamsten Dinge! Bei sehr guter Stimmung lässt man es zu, daß ich Gegenstände durch Gedanken bewege, Wolken verschiebe, oder Raumfahrzeuge sichtbar mache, die eigentlich erst in Millionen Jahren starten werden. Für mich ist es manchmal ein Leichtes die Realität(en) auf den Kopf zu stellen! Dann bin ich von den Schatten aus 3 Welten umgeben, von den Lebenden, die nicht mehr da sind, von den Toten die wieder erscheinen und von den Schemen derer, die sich hier für lebendig halten und es doch nur zum Teil sind. Ich selbst schwebe als verkörperter Zweifel dazwischen und bisweilen amüsiert mich das sogar! Daß ich noch da bin, habe ich dieser Absicht zu verdanken, die mich unablässig vorwärts treibt, die mir einflüstert was ich tun soll, die mich aussaugt und anfüllt zugleich. So hoffe ich natürlich auch, es möge sich aus meinem Wirken eine Zukunft ergeben, die es eines Tages wahren Halbgöttern, oder wenigstens einem unter ihnen, ermöglicht, mit dem Großen Taktgeber, dem Gedankenzentrum des Universums in Verbindung zu treten – was wiederum hoch-wertvolle Seelen in den Zustand versetzt ein neues Universum zu betreten, ohne vorher verflüssigt worden zu sein. Glück auf!


© Alf Glocker


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Kommentare zu "Hintergründe 3. Teil"

Re: Hintergründe 3. Teil

Autor: noé   Datum: 30.08.2014 21:02 Uhr

Kommentar: Alle Wörter, die ich jetzt schreiben möchte, fangen mit "H" an:
"Heureka!", "Halleluja!", "Helau!" und - jaaa! - "Harharr!". Das noch am liebsten.
Ich bin wirklich gespannt darauf, was die Leser Deines Romans an dessen Ende sagen werden, den schon zu kennen ich das Privileg habe...
Sehr gut geschrieben, Crazy Brother, (fast) nachvollziehbar, selbst für uns aussterbende Spezies...
BiSi noé

Re: Hintergründe 3. Teil

Autor: noé   Datum: 30.08.2014 21:06 Uhr

Kommentar: P.S.: Dennoch bleibt da dieses - Problem? - mit der Rückversezung eines - irgendwie gearteten Individuums vom Rand des Ereignishorizonts in das Zentrum des Urknalls, wenn es sich doch unverrückbar bereits und stets dort aufhält... bzw. die Weg-Versetzung von dort erst einmal hin zum Ereignishorizont (s. Teil 2)
BiSi noé

Re: Hintergründe 3. Teil

Autor: Alf Glocker   Datum: 31.08.2014 11:21 Uhr

Kommentar: Das muss länger erklärt werden...die Bezeichnung "Zentrum des Urkanlls" wird nämlich von Dir nicht ganz richtig verwendet/verstanden. Da brauchts mehr Wort.

CraBro Alf

Re: Hintergründe 3. Teil

Autor: noé   Datum: 31.08.2014 12:32 Uhr

Kommentar: Ich lausche...?
BiSi

Re: Hintergründe 3. Teil

Autor: Alf Glocker   Datum: 01.09.2014 7:32 Uhr

Kommentar: Es gibt kein zentrum des Urknalls! Der Urknall ist immer um uns rum - egal wor wir auch stehen. Und überall vergeht die Zeit parallel! So gibt es nichts was "gleichzeitig" ist. Ein Kontinuum hat jeweils seinen eigenen Zeitablauf. "Gleichzeitlich" von einem Kontinuum zum nächsten gesehen, gibt es jedoch Ansatzpunkte einzusteigen - sofern man das kann. Und nur so haben weite Raumfahrten einen Sinn! Da wir den Urknall nie finden werden, weil er parktisch überall gleichzeitig ist(er ist das einzige gleichzeitige Ereigniss im Universum), nenne ich ich ihn "Zeitrauschen" (erhältlich bei Amazon. Von mir so benannt nach dem heute noch hörbaren sogenannten Nachhall: dem Mikrowellenrauschen.

Crazy Brother

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