Es war vor einigen Millionen Jahren auf einem fernen Planeten (er ist so fern, daß ich gar nicht mehr hinsehen kann), in einer fernen Vergangenheit, als wir anfingen aufzuhören Säugetiere zu sein.

Die Weltbevölkerung hatte die kritische Grenze von 8 Milliarden überschritten! Es herrschte akute Trinkwassernot, Epidemien hatten sich ausgebreitet und die Ernten konnten – der häufigen Unwetter wegen – nur noch sporadisch eingebracht werden.

Der Golfstrom war zusammengebrochen und die Atemluft war so schlecht geworden, daß viele allein davon schon erkrankten. Einige Quasi-Zivilisationen strebten immer noch, durch pure Vermehrung die Weltherrschaft an – und zwar um jeden Preis! Und der Glaube, der schon beinahe überwunden schien, hatte sich allerorts wieder zurück geschlichen, in die Seelen der hilflosen Erdenbewohner, da es nichts Konkretes mehr gab, was eine Erlösung aus der Misere versprach. Für Begriffe wie Dow Jones oder Dax interessierte sich in dieser Phase allerdings keiner mehr.

Auf dem gesamten Globus tobten schreckliche Kriege und gelegentlich fiel auch schon mal eine Atombombe, obwohl dies eigentlich völlig unnötig war, denn aus Mangel an engagierten Fachkräften, erlebte ohnehin ein Atomkraftwerk nach dem anderen seinen Super-Gau.

Man schrieb das Jahr 2045 und die Lage erschien äußerst prekär. Nachdem sämtliche Antibiotika ihren Dienst versagten, begann die Atmosphäre zu stinken. Die Anzahl der Toten überstieg jedes bisher gekannte Maß! Kaum einer konnte noch ordnungsgemäß beerdigt oder verbrannt werden und die einzige, halbwegs bei Sinnen gebliebene Regierung sah sich zum sofortigen Handeln gezwungen.

Die Genome der Lebewesen waren längst hinlänglich bekannt und wir suchten fieberhaft nach geeigneten Mitteln zum Überleben. Daß wir uns dabei verändern mussten war uns klar!

Wir hatten inzwischen die Qual der Wahl! Echsengene kamen, nach genauer Prüfung, nicht mehr in Betracht. Wussten wir doch, daß diese urzeitlichen Wesen, durch eben auch eine globale Katastrophe ausgestorben waren (wer immer sie verursacht haben mag – und damit ist nicht letztendlich einfach der Meteorit gemeint). Am Ende schier endlos anmutender Forschungsreihen – denn die Zeit drängte – standen noch Insekten und Arthropoden zur Debatte.

In diesem Bereich galt es etwas zu finden das uns, auch in einer verwandelten Existenzform noch einen hohen Grad an Individualität ermöglichen sollte. Nicht einmal auf die, auf Einzelwesen bezogene Geschlechtlichkeit, wollten wir verzichten. So fielen Ameisen, Bienen und Termiten aus. Den größtmöglichen Leistungsumfang und die Toleranz, menschlichen Talenten gegenüber, glaubten wir bei den Arachniden gefunden zu haben.

Sie konnten fast alles atmen, sie waren weitestgehend strahlungsresistent und sie besaßen eine wundervoll ausbaufähige Gehirnstruktur, die mit Hilfe eines gewissen „Tunings“ zur Gedankensprache fähig erschien. Ihre Sinnesleistungen erkannten wir als enorm an. Und besonders ihre Fähigkeit, Umgebungen praktisch zu fühlen, machte uns zuerst neugierig, dann sicher, daß wir uns auf dem richtigen Weg befanden.

Mit unserem neuen, dreiteiligen Großhirn würden wir über einen unglaublichen Geist verfügen, der sogar zu Telekinese imstande sein sollte. Last not least würde uns der grazile, aber äußerst widerstandsfähige Körperbau zu Höchstleistungen mit geringstem Aufwand befähigen! So gingen wir also ans Werk!

Ganz im Geheimen vollzog sich der erste Regierungsauftrag höchstnotpeinlicher Genmanipulation überraschend gut, Das erste, seltsame Kind wurde noch ganz normal von einer „handelsüblichen“ Mutter geboren und als es – selbstredend mit Kaiserschnitt zur Welt kam, machten wir die ersten, erstaunlichen Entdeckungen! Das Kunstgeschöpf konnte bereits „laut und verständlich denken“. Es verfügte über einen beachtlichen Wortschatz. Sein Allgemeinwissen empfanden wir als imposant. Es musste die ganze Zeit seines Heranwachsens bereits unsere Gedanken gelesen und unentwegt freiwillig gelernt haben. Uns bereitete dies eine Gänsehaut (das einzige was man ohne Genmanipulation von einem anderen Lebewesen bekommen kann).

Natürlich beließen wir es nicht bei einem Einzelfall, sondern riefen gleich mehrere solcher Superwesen ins Leben, um ihnen die Möglichkeit zum Teamwork zu geben.

Auffällig war von Anfang an, die ebenmäßige Schönheit der Neuen. Sie hatten keinerlei Hautunreinheiten, keine Haare, keine Augenbrauen, keine Wimpern, sehr große, ganzschwarze Augen, anstatt der Ohren eine Hörfalte und ihre Nasen waren durchweg klein und gerade. Ihre Schädel hatten vergleichsweise riesige Ausmaße, so daß man das Anwachsen der Schädelkapazität auf 3,2 Liter prognostizieren konnte. Ihre Kiefer waren sehr klein. Wie sich herausstellte benahmen sie sich anderen gegenüber ausnahmslos freundlich, hypersensibel und sie zeigten sich hochtalentiert in alle Richtungen. Was anfangs ein wenig störte war, daß sie sechs Finger an jeder Hand und sechs Zehen an jedem Fuß aufwiesen.

Wir ließen ihnen zukommen was wir nur konnten. Uns fiel jedoch auf, daß sie sich eklatant vor uns ekelten. Wir wurden von ihnen zwar rücksichtsvoll aber auch sehr distanziert behandelt! Und das änderte sich nicht mehr! Ihre Zahl nahm ständig zu, wobei sie in relativ kurzer Zeit alle unsere Systeme perfektionierten, wie auch revolutionierten und schließlich auch eine Methode erfanden, Nachwuchs zu zeugen, die auf einer künstlichen Gebärmutter beruht.


© Alf Glocker


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Kommentare zu "Hintergründe - 1. Teil"

Re: Hintergründe - 1. Teil

Autor: noé   Datum: 28.08.2014 21:54 Uhr

Kommentar: Das ist sicherlich er erste Teil Deiner "langen" Geschichte, von der du gesprochen hast... Donnerwetter, die ist es wert, dass Du so viel Zeit investiert hast!
Ich "giere" nach der Fortsetzung, liebes Bruderherz!
BiSi noé

Re: Hintergründe - 1. Teil

Autor: noé   Datum: 28.08.2014 22:23 Uhr

Kommentar: P.S.:
Die Fehler können wir dann ja mal 'rausmachen, wenn der gesamte Text vorliegt. Da warst Du wohl so in Schöpferlaune...
BiSi

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