Als ich dich traf – du warst so geschickt – da war ich restlos begeistert von dir…

Starke Männer, starke Frauen traf ich in dieser Vision aus verkörperter Energie im Schwingungsfeld kosmischer Strömungen, im Bereich der sichtbaren Materie. Und ich habe viel Liebe dabei verbraucht. Meine Seele trieb ab im Fluss der Ereignisse. Die scharfkantigen Hindernisse im Strom haben ihre empfindliche Haut geritzt und so mancher Fels, dem ich begegnete hat es beinahe zerschmettert, das virtuelle Gefühlszentrum, das sich hier im Leben verzweifelt zu behaupten versucht. Mein Ich, das Passepartout meiner Seele wurde so schwer verletzt, daß der Untergang sehr oft greifbar schien. Und dabei ging doch alles so „gut“…

Die Welt folgte nur ihren Prinzipien, ihre Gestalten waren – aus eigener Sicht – so liebenswert wie sie nur konnten. Aber „konnten“ sie denn? Kein Verstand ist – innerhalb seiner Horizonte – begrenzt! Jeder neue Mensch ist aber ein neuer Horizont. Alles folgt der Natur. Nur Gott ist eben offensichtlich pervers. Was hier entsteht, ist ein Ergebnis aus Kampf und Wahnvorstellungen.

Damals – als ich dich traf – habe ich ihn noch nicht geübt (war ich der Besessenheit durch ihn noch nicht ausgesetzt), den „Mikroskopischen Blick. Und so habe ich Ewigkeiten damit verbracht fasziniert zu sein von den Denkleistungen des engagierten Fleisches. Was für eine Illusion!

Du hast mir mit Esprit, den Hintergrund aller Wettbewerbe gezeigt. Ich erkannte wie man die List benützt um etwas zu bewahren, das ich nicht für bewahrenswert gehalten habe: die Falschheit als Mittel zum Guten – aber nur sich selbst gegenüber. Doch ich habe dir verziehen, denn ich schien mir zu voreingenommen, für eine gerechte Beurteilung von Umständen, die ich nicht vollständig durchschauen konnte. Ich analysierte was mich umgab nur mit dem Gefühl. Mit meinem spärlichen Geist negierte ich das sogenannte „Böse“ zugunsten der Weltmacht des Optimismus. Ich respektierte und vor allem, ich registrierte nur deine positiven Seiten – deine Fassade aus Witz und scharfer Logik, hinter der sich die Schlange des Überlebenswillens verbarg. Und leider bemerkte ich auch, daß wir uns nicht ganz unähnlich waren. Ich lernte! Mit der Zeit gelang es mir zu unterscheiden, daß du genau wusstest was du tust, ich aber nicht. Ich wollte fühlen…

Und dann traf ich dich…

du Instrument aus Signalen und meine Verblendung überschritt alle Grenzen. Sie okkupierte mein ganzes Sein. Keinen Augenblick zweifelte ich mehr an der Reinheit der Schöpfung, denn du brachtest das Licht! Luziferisch versponnen kam es auf mich zu, kokettierte mit mir, durch sein Hervortreten um mir unmissverständlich, doch augenscheinlich unbewusst aufzuzeigen, daß es einmalig sein wollte. Das täuschte mich schließlich erneut über die Dringlichkeit der Härte hinweg, die uns ausmacht. Ich schwebte!

Deine Zeichen logen mir eine Wahrheit vor, die ich nicht übersehen konnte: du hattest Brüste! Deine Augen strahlten! Dein Mund lächelte, als wolle er mit seiner Freundlichkeit die Weltnachrichten aus meiner Erinnerung verdrängen! Alles zusammen ergab jene Sinfonie des entzückenden Grauens, dem ich erlag um meine Bestimmung zu erleben. Ich erlebte sie intensiv!

Wir schlenderten in ein Tal, das angefüllt war mit süßen Früchten, mit leidenschaftlichen Melodien und vor allem mit unerklärlichen launischen Gefühlsaubrüchen am Wegesrand, die wie Attentate mein Herz erschütterten. Denn es sollte zerstört werden, wie ich viel später erfuhr. Zerstört werden um der Erhaltung des deinen wegen, das schon seit langem im Fegefeuer einer göttlichen Absicht schmorte, die sich in deinen Zwangsvorstellungen und deiner unwillkürlichen Hinterlist ausdrückte. Mein Streben galt der Vervollkommnung!

Das Gute schien groß zu sein, denn es gab mir Mittel zur Hand, von denen ich mir versprach, daß sie Lösungen seien: Hoffnung, Fleiß, wachsendes Verständnis für die „Wunder des Lebens“, wie auch gesteigerte Selbstkritik. Einem menschlichen Vertreter der Fähigkeiten sind keine Grenzen gesetzt, sagte ich mir. Damals, als ich noch nicht wusste, nicht akzeptieren wollte, daß es in jedem Theater Rollen gibt – und daß keiner weiß, was er da wirklich spielt. Zugegeben, die Charaktere finden, den Rollen gemäß, ihre geeignete Verwendung, aber dahinter steht doch ein hilfloses Geschöpf, das es verdient hat so zu sein wie es ist…?

Heute sagt mir der „Mikroskopische Blick“ Spinnen sind wundervolle Fabeltiere, Skorpione töten weil es ihre Natur ist und ein Lächeln besteht aus tausenden von Hautzellen, die, aus der Nähe betrachtet, alptraumhaft und unküssbar sind. Aber dafür haben wir ja ein „Bewusstsein“ und mit dessen Hilfe den Unverstand, die Nichtakzeptanz aller Wahrheiten. Wir wenden es an um dieses Flämmchen am Flackern zu erhalten, das, sorgsam erdacht, aber gleichzeitig das Ergebnis angewandter Brutalität ist: die Hässlichkeit, schön verpackt, in der verlockenden Vorstellung, alles habe einen erbaulichen Sinn…

Dabei bin ich der Produzent der Erbaulichkeit selbst. Ich erschaffe sie aus Abermillionen Lügen – nur um glücklich zu werden!


© Alf Glocker


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Kommentare zu "Ich traf dich"

Re: Ich traf dich

Autor: noé   Datum: 17.08.2014 12:43 Uhr

Kommentar: Kindern gibt man bittere Medizin auf Zucker, damit sie sie ohne Gegenwehr schlucken.
Wenn der Teufel eine hässliche Fratze hätte und einen sichtbaren Pferdefuß - niemand würde auf ihn hereinfallen (außer im Dritten Reich, aber da war eh alles zu spät).
Und: Skorpione gehören ebenfalls zur Gattung der wundervollen Fabeltiere...
BiSi

Re: Ich traf dich

Autor: Alf Glocker   Datum: 17.08.2014 17:54 Uhr

Kommentar: So ist es - in allen reichen...und es ist immer alles zu spät... :-))

CraBro

Re: Ich traf dich

Autor: Alf Glocker   Datum: 17.08.2014 17:54 Uhr

Kommentar: reichen groß bitte = Reichen

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