Es war in einem der vielen kleinen und großen Tempel der Erde. Die Tempel, die ich meine, liegen quasi alle wie auf einem Berg – einem imaginären Berg. Ich weiß nicht mehr, ob der Tempel nun zwei schlanke Türmchen mit einem Sereve hatte, eine dicke Kuppel und Glocken, oder ein Stufendach. Ich weiß nur noch: er war verhext! Tagsüber gingen seltsame Gestalten ein und aus und am Abend verströmte er Unheimlichkeiten. Ein ungewisser Zauber lag über seinen Mauern, Kuppeln und Türmen- so es zwei oder mehr waren, oder über dem Stufendach. Denn ganz viele Seelen interpretierten mindestens eine weitere in das Gebäude hinein.

Nun, das mochte bisweilen wohl auch stimmen. Aber nur bisweilen, denn solche magischen Plätze mit zusätzlichen Seelen gibt es tatsächlich auf der Welt (ob sie nun einen Tempel beherbergen oder nicht). Eine weitere Tatsache scheint mir zu sein, daß dieser Umstand den pragmatischen „Betreibern“ der Tempel weitestgehend egal ist. Sie beziehen sehr gerne alle Magie auf ihre, oft eher innerlich nur bescheiden anmutende Person, um sie sich zunutze zu machen, oder um sie gar bei anderen auszutreiben, da sie zumeist (von wenigen Ausnahmen abgesehen) keine Magier, sondern vielmehr Marktschreier sind. Das und nichts anderes haben sie schließlich gelernt, wo sie auch sind und wie sie sich auch zu nennen pflegen!

Magie haben und hatten sie nie gelernt, denn sie ist nicht erlernbar, wenn sie einem nicht innewohnt, wenn man nicht selbst so etwas ist, wie ein magischer Platz, ein Auffangbecken galaktischer Urströme. Aber die innerlich eher bescheiden anmutenden Personen hatten und haben, werden stets behaupten zu haben, jedoch de facto niemals gehabt haben, wo sie doch den Vogel sonst haben, oder Ähnliches zu haben glauben: eine sichere Bank! Dennoch sind sie sich sicher, erfüllt glaubend sowie wunderlich tätig. Und dies ist zurückzuführen auf etwas Bestimmtes, das nicht etwa „Vielfalt“ heißt, sondern das, angesiedelt ist noch unter der Zwiefalt, wo es unbeirrt weiter ertönt, wenn das Unaussprechliche, ausgesprochen wird, weil es an der tief empfundenen Magie fehlt.

Und sie (ver)sprechen: Seht, die Hilfe ist nah, je fältiger man ist, aber nicht zwie- tri- oder vielfältig, sondern leider genau ein- ! So sei es verkündet mit allerlei Rufen, aus „berufenen“ Mündern, vor allem aus solchen, die sich dafür halten, dafür gehalten werden wollen oder wirklich dafür gehalten werden. Doch niemals werden die in Wahrheit Berufenen sich auf derlei Rufer berufen, die nur hervorrufen, was leicht in Verruf geraten kann, wenn man falsche Worte am richtigen Platz verwendet. Allein schon deshalb: lasset uns raten! Wer oder was entzündet die Welt? In den Kathedralen des Geistes, die meist nicht viel größer als eine kleinste Hütte (wo es Raum gibt) sind, brennt das ewige Feuer! Man darf es auch „Licht“ nennen, so man dies unbedingt möchte.

Dort führet man sich zum frischen Wasser. Nirgendwo sonst! Alles andere sind – und das sollte in aller Freiheit besonders stark betont werden – nur morbide Sammel-Surien! Aber nicht wie ich will, sondern wie es uns eine feine Stimme sagt, die auf Ideologien-Bergen, in kleinen, romantischen, oder in großen, ehrfurchtgebietenden Tempeln, mit einem oder mehreren Türmen, mit Kuppeln, sowie auch mit mehrfach übereinander gestapelten Dächern, bedrückt schweigt. Nicht, weil sie sich, vom Respekt davor vergewaltigt, den äußeren Eindrücken ergibt, sondern weil sie sich die Mechanik vorherrschender, auswendig gelernter Strukturen nicht andauernd vorbeten möchte, wenn sie schlicht und ergreifend keine Lust dazu hat. Wer diese feine Stimme für sich (er)hört, muss bemüht sein nicht vorwitzig zu walten.

Als ich dies dachte, in einem der vielen kleinen und großen Tempel der Welt, in denen ich körperlich anwesend oder nur virtuell vorhanden war, da erkannte ich meinen Frevel! Ich hatte scheinbar gesündigt! Wo aber würde ich nun den echten Trost finden? Im Geschwafel vermutete ich das Glück der Erleuchtung nicht. Und also blickte ich um mich – mich um – und ich erkannte die ganz speziellen, beinahe erotischen Geheimnisse der Mühsal. Ihnen galt mein Respekt. Ich anerkannte die andere, die wahre Magie der Gebäude und begann mit meiner Verehrung! Viele Köpfe voller kreativer Zauberkraft, behaftet und/oder geschlagen mit oder von der Herrlichkeit der lebendigen Schöpfung, hatten dazu beigetragen, Orte zu schaffen an denen zwar nicht der Geist/die Geister wohnten, die sich, von offizieller Seite verordnet, dort aufzuhalten hatten, doch das Wirken der Mühen und Gedanken war noch mysterienhaft spürbar in all dem wertvollen Tand.

Und versöhnt ging ich von dannen! Von diesem Tag an wandelte ich praktisch nur noch in Tempeln, in Tempeln von hohem Grün, lichtem Blau, oder von funkelndem Schwarz, Spitzbögen hin, Arabesken her. Ich hörte vor allem ihr Rauschen, ihr Plätschern, den schmetterlingsgleichen Flügelschlag von Millionen Fantasien im Ablauf aneinandergereihter Augenblicke. Und ich war nicht mehr gänzlich allein! Die Schönheit umgab mich in vielerlei Ausführungen, als Menschen, Tiere und Pflanzen, als Winde und Gewässer. Aber auch und nicht unbedingt zuletzt als Zierrat und Werke! Geläutert wusste ich nun auch wer sie warum vollbracht hatte und wer sie schamlos nützte für seine schamlosen Zwecke, denn ich hörte auf das Flüstern des Urstroms der Zeit. Nur manchmal schrecke ich noch auf, aus meinem Wachsein und registriere, wie sie in ihrem Alp-Schlaf röhren, die Dämonen der Einfalt. Dann suche ich (m)einen Tempel auf!


© Alf Glocker


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Kommentare zu "Mit allem versöhnt"

Re: Mit allem versöhnt

Autor: noé   Datum: 16.08.2014 10:59 Uhr

Kommentar: Der einzig wahre!
Der Anfang erinnerte mich ein wenig (stimmt nicht, sehr viel sogar) an eines (welches?) der vielen Bücher von Terry Pratchett. Darin ging es u. a. um die Macht, die ein jeweiliger der jeweiligen Götter hat. Die bezieht er nämlich nur aus der Anzahl und Glaubensfähigkeit der jeweils an ihn Glaubenden. Wenn also nur ein einziger an ihn glaibt, ist er ein winziges Figürchen mit Fistelstimmchen, fast nicht sichtbar. An Umfang und Einfluss gewinnt er zusehends (wörtlich), je mehr Lebewesen sich entscheiden, an ihn zu glauben und ihn dadurch verehren...
Sehr schön geschrieben, Craz Bro, Kompliment!
Big Sis

Re: Mit allem versöhnt

Autor: Alf Glocker   Datum: 17.08.2014 10:46 Uhr

Kommentar: Dank!
vielen sogar.

LG Alf CraBro

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