„Ich möchte einmal Degeneral werden“ meinte Opa Ollenschläger verschmitzt. Heinz Ellmann, der 1. Pflegonaut auf der Einraum-Station – so nannte man die Gitterwochen-Suite - tröstete ihn. „Das schaffst du, da bin ich dir sicher!“

Sophia Haghia schrieb derweil in ihr Tagebuch: das wäre ja auch noch schöner als das linke Ei des Kolumbus. Vorher geht die Sonne im Norden ab - und zu über den Horizont. Strom ist ja auch nicht in einem Tag erschaffen worden! Dann fiel es ihr auf…

„Gott hat vor 5000 Jahren an einem Sechs-Tage-Rennen teilgenommen“ stand da, auf schiefer Tafel geschrieben. „Und was ist dabei herausgekommen? Fragte ein Niemand aus den hinteren Reihen des Auditoriums. „Eine Blondine und ein Warmduscher aus dem Neandertal“, lachte Hieronimus Glyph, der Hausmeister. Er war gerade vom Himmel gefallen!

Dr. Tuthanch Ammon-Jak hörte gelassen zu. Er würde ihnen allen den Jagdschein ausstellen, inklusive dem gesamten Personal. Damit konnten sie sich dann jederzeit auf den Mond schießen, oder auch sonst alles erreichen, wonach ihnen der Sinn, oder Sonstiges stand. Wer es hier schaffte, der schafft es überall!

Stolz blickte er um sich. Hier gab es einen Raketen-Bauer, einen Giraffen-Metzger, einen Stahl-Dieb und eine Winzer-Königin, die so winzig wie eine Mies-Muschel war. Mies-Muscheln sind nahe Verwandte der Lambda-Kröten aus dem Höllalaya!

Alle waren sie seine süßen Bälger, verlorene Über-Lebens-Bilder, derer er sich angenommen hatte, um sich selbst glücklich zu machen. In manche von ihnen hatte er schlechthin alles Verfügbare reingesteckt, besonders in die weiblichen Patienten. Aber er war auch ganz allgemein kein Kostverächter. Jeder, der sich nicht von jetzt auf gleich hinter einem Baum befand, wurde angegriffen und aufgemöbelt.

Das war seine Therapie: die Konfrontation mit der Liebe, Liebe und nochmals Liebe. Aber, hatten sie sie, hatten sie ihn auch verdient? Schließlich er sich verdient genug gemacht um sich alles leisten zu können. Seine Wirt-tuosität befähigte ihn zu leidenschaftlichen Höhenfügen bis in die zehnte Potenz! Und seine Schäfchen wussten jedes Stündchen mit ihm zu überschätzen! Sie ließen mit sich machen was er konnte…

Zu den O-Limbischen Spielen hatte er sie auch schon angemeldet. Der größte Trinker würde, zum Hochzeitsmarsch der einziehenden Bi- und Hereto-Athleten, die Fahne halten. Er selbst, der Dr. zog es vor sich zurückzuziehen. Ihm lag nichts Großes, nichts Artiges. Er ging lieber auf Nummer Unsicher und verkroch sich in die Pathologie.

Wenn man ihn für tot hielt, würde man sich dort akribisch um etwas kümmern, dem er nie Bedeutung geschenkt hatte: dem eigenen Körper. Daß der an seiner Seele festgewachsen war, schrieb er einem mysteriösen Umstand zu, der ihn nie so richtig glücklich werden ließ. Dr. Tuthanch stand, was dies betraf, quasi vor einer Pyramide aus Fragen, die er eigentlich zu verdrängen gedachte. Aber wie lässt sich eine Pyramide verdrängen?

Durch eine Sexbombe vielleicht? Würde sie in der Lage sein, bei ihm eine besondere Form von atomarem Geisteswinter auszulösen, nach dessen Abebben eine Saurier-Flut ungehobelter Gedanken über ihn käme? Er wünschte es sich so sehr. Hatte er nun nicht genug geforscht? Forsch zu sein, das war immer sein Motto gewesen, bis ihn die überwältigenden Eindrücke in der Anstalt als Opfer forderten!

Das brachte ihn schließlich auf die Idee, der Verstand könne so eine Art Verschleierungsfilter für Eingebungen sein. Aus diesem Grund wollte er früher mal Politiker werden. Aber da sollte man doch lieber ersatzweise, umgehend eine Anstalt aufsuchen. Hier lagen die Hoch- und Höchstbegabungen doch so erfreulich, wie der Dreck auf der Straße.

Sicher würde er bald die Quintessenz aus dem Satz „Es ist nicht weit vom Genie zum Wahnsinn“ finden, das Endprodukt aller reiflicher Überlegungen! Das würde ihm alle Umwege ans Ziel himmlischer Spaß-Vollkommenheit ersparen. Die Wahrheit und nichts als die Wahrheit würde – wie nirgends sonst – um ihn und wohl bald auch in ihm sein, so hoffte er inständig. Und nun hatte er den Beweis vor Augen: degenerierte Heinzelmännchen und Weibchen, die sich für die Geburtshelfer des Schicksals hielten. Und, waren sie das vielleicht nicht?!


© Alf Glocker


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Kommentare zu "Im Segensland"

Re: Im Segensland

Autor: noé   Datum: 23.02.2014 20:41 Uhr

Kommentar: Helau! Sehr gelacht. Deine phänomenale Wortfindungsfähigkeit habe ich ja unlängst schon erwähnt.
noé

Re: Im Segensland

Autor: Picolo   Datum: 23.02.2014 21:49 Uhr

Kommentar: Na Alf
Coole Geschichte und wahnsinnige Phantasie. Ich frage mich,in welche Richtung Du tendierst. Genie oder Wahnsinn? ;-)
Gruß Micha

Re: Im Segensland

Autor: Alf Glocker   Datum: 24.02.2014 9:32 Uhr

Kommentar: Wahnsinn natürlich...harharr

Grüße
Alf

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