Prolog

„Lauf! Schnell! Ich versuche sie aufzuhalten“, wies Malian seine Frau an. Arika blickte ihm lange und traurig in die Augen, da sie wusste, dies würde das Letzte mal sein, dass sie ihn sah. „Jetzt mach schon, beeile dich!“, drängte Malian sie. Mit schwerem Herzen nahm Arika ihre knapp drei Wochen alte Tochter auf den Arm und floh aus dem Schloss. Schockiert beobachtete sie das Szenario vor ihr. Ganz Union lag in lodernden Flammen. Es erhellte die finstere Nacht, doch die dicken Rauchwolken verdeckten den Himmel mitsamt seiner Sterne und Monde. Am Morgen wird alles in Schutt und Asche liegen. Eine ganze Stadt zerstört und ein ganzes Königreich vernichtet, all das in nur einer Nacht. Traurig zwang sie sich weiter zu gehen, sie konnte nichts mehr tun. Doch für ihre Tochter war es noch nicht zu spät. Arika würde alles tun um sie zu retten.
In kürzester Zeit erreichte sie den umliegenden Wald und flüchtete in den Schutz der Bäume. Immer wieder blickte sie zurück, in der Hoffnung Malian hätte den Kampf überlebt und wäre ihnen gefolgt. Doch das war er nicht. Mit schmerzenden Herzen blieb Arika stehen. Tränen kullerten an ihren Wangen herunter und tropften auf den harten Waldboden.
„Du wirst doch nicht vor deinem Feind Schwäche zeigen, oder?“ Mit vor Schreck weit aufgerissenen Augen drehte sich Arika um. Ihr Herz setzte für einen kurzen Moment aus, vor ihr stand der Ursprung des Übels welches diese Nacht über Union kam. Erst jetzt bemerkte sie die Aura die von ihm ausging. Sie war stak, finster und vor allem tödlich. Nur die Angst um Union und Malian hatten Arika unaufmerksam werden lassen. Sie machte einen Schritt zurück. „Versuch es erst gar nicht, ich werde dich nicht entkommen lassen. Dein Schicksal ist besiegelt.“ Die Gestalt trat einen Schritt auf sie zu. Arika wusste, dass seine Drohung der Wahrheit entsprach. Sie würde sterben, doch ihre Tochter würde sie beschützen. Die Aura der Gestalt umhüllte sie. Seine roten schlangenartigen Augen, begannen rötlich zu leuchten. Er konzentrierte seine dunkle Energie und stürmte auf Arika zu. Sie drückte ihre Tochter fester an sich und wich seinen Schlägen aus. Arika entfachte ihr Licht und setzte zum Gegenschlag an. Sie traf. Der Schlag hinterließ eine versenkte Wunde quer über sein Gesicht. Für die Gestalt war ihr Licht wie Feuer. Es verbrannte ihn. Er keuchte auf und stolperte rückwärts.
„Ich habe dich unterschätzt“, brachte er durch zusammen gebissenen Zähnen heraus. Er atmete einmal tief durch, konzentrierte sich und tränkte die Luft mit Dunkelheit. Arika merkte zu ihrem entsetzten, wie ihr Licht und ihre Kraft schwanden. Ihre Tochter fing an zu weinen. Auch ihr entzog die Dunkelheit Energie. Arika musste etwas tun, sonst würde ihr Kind sterben.
Sie gab ihrer Tochter einen letzten Kuss auf die Stirn. Dann versuchte sie die Dunkelheit mit ihrem Licht zurück zu drängen, was ihr nicht so recht gelingen wollte. Es war zu stark. Er stürmte wieder auf sie zu und setzte zum Schlag an. Arika wich aus. Ein zweiter Schlag folgte. Sie reagierte zu spät und schaffte es gerade noch sich so zu drehen, dass ihr Kind nicht verletzt wurde. Keuchend sank sie zu Boden. Ihr Herz schlug unregelmäßig. Der Schlag war tödlich. Doch noch war es nicht vorbei, es gab noch eine Möglichkeit ihre Tochter zu retten, eine die ihr eigenes Leben beenden sollte. Doch da sie so oder so sterben würde, nahm sie es in kauf und startete ihren letzten Gegenschlag. Mit letzter Kraft setzte sie ihr ganzes Licht frei. Die Dunkelheit wurde zurück gedrängt und der Wald erstrahlte. Arikas ganzer Körper leuchtete, er schimmerte in einem purem Weiß. Ihr Haar und ihre Augen verloren ihre Farbe.
Die Gestalt schrie auf vor Schmerz. Er versuchte näher an sie heranzutreten aber es gelang ihm nicht, das Licht war zu mächtig. Er floh, musste dem Licht entkommen. Je länger er warten würde desto eher würde es seinem Leben ein Ende setzen.
Erleichtert darüber das die Gefahr für ihre Tochter, zumindest vorerst gebannt war, machte Arika ihre letzten Atemzüge bis ihr Licht erlosch und ihr Körper aufhörte zu leuchten.


Kapitel 1
Pflichten

Auf einer riesigen Wiesenlandschaft erstreckte sich ein kleines Dorf. Die Strahlen der Sonne, die als erstes den Morgen erblickten und doch die Schönheit des Augenblicks mit ihrem viel zu frühen Tod zu vernichten drohten, tauchten die friedliche Landschaft in wundervolles rotes Licht. Doch dies war nichts weiter als ein Trugbild, eine Illusion. All die Schönheit der Natur schien nicht real neben der Zerstörung des ganzen Landes, der ganzen Welt. Von Tag zu Tag, verschlang die Dunkelheit mehr und mehr. Sandroa würde schon bald in vollkommener Schwärze versinken. Vor 16 Jahren fiel Union in die unendliche Dunkelheit, in dessen Schloss sich das absolute Böse eingenistet hatte. Es war ein Wunder, dass das Dorf in Frieden gelassen wurde. Trotz der lauernden Gefahr, die sich in den Schatten verbarg, folgte das Leben dort seinen gewohnten Lauf.
Gähnend trat ein junges Mädchen, Josephine, in das Licht der gerade erst aufgehenden Sonne. Die Morgenstrahlen entfachten ihr schulterlanges rotes Haar in feurige Flammen. Schlaftrunken, sie war gerade erst aufgestanden, rieb sie sich ihre Augen, da diese noch nicht an das Licht gewöhnt waren. Sie ging zu dem alten Stall, direkt neben ihrem Haus. Ihr Großvater hatte ihn erbaut als er noch jung war und ihr Vater hatte ihn in Schuss gehalten. Wehmütig dachte Josephine an ihn. Er war gestorben, als sie gerade einmal sechs Jahre gewesen war. Wie genau ihr Vater starb wussten weder ihre Brüder noch sie. Ihre Mutter gab ihr die Schuld, jedoch ohne jegliche Erklärung.
Josephine schüttelte den Kopf um ihre trüben Gedanken zu vertreiben. Sie wollte nicht an den Tod ihres Vaters denken. Beim öffnen der schweren Stalltür, knarzte das ganze Gebäude. Vorsichtig spähte sie hinein. Irgendetwas hatte in der Nacht ein riesiges Loch in das Dach gerissen, durch das nun Sonnenstrahlen traten und das Innere in gleißendes Licht tauchte.
>Edward und Leonardo werden das Dach reparieren müssen<, dachte Josephine und trat zögernd in den Stall. Wie gewohnt fing sie an die Tiere zu füttern, Stroh und Getreide für die Kühe und das Pferd, und Körner für die Hühner. Die Milch und die Eier würden am Sonntagsmarkt, in dem noch immer fast komplett zerstörten, Union verkauft werden. Die Stadt, die den Namen des Königreichs trug, war nach der schicksalhaften Nacht von vor 16 Jahren noch immer ein Trümmerfeld. Sie selbst war noch nie dort gewesen doch aus Erzählungen heraus, wusste sie wie elend das Leben dort sein musste, dennoch hatten die Bewohner sich die Mühe gemacht, zumindest einen Wiederaufbau zu versuchen. Die Dunkelheit ließ sie gewähren, es schien sie nicht zu interessieren. Nachdem er sich in dem Schloss eingenistet hatte, war er wohl damit zufrieden eine Königsfamilie nach der anderen auszurotten, dessen Reiche unter seine Herrschaft zu bringen und die Bevölkerung zu manipulieren. Doch der Wiederaufbau scheiterte an zu wenig Ressourcen und Geld. Die Trümmer der alten Gebäude schienen nicht mehr zu gebrauchen zu sein und obwohl die Stadt von einem riesigen Wald umgeben war, rührten die Bewohner die Bäume nicht an. Häuser aus purem Holz waren ihnen zu unsicher, sie brauchten Stein und konnten es nicht herbei schaffen.
Dies jedoch war ein Problem mit dem sich Josephine noch nie befasst hatte, sie hatte eigene, wie das es viel zu wenig zum verkaufen gab. Nicht mehr lange und sie hätten nur noch eine Kuh die Milch geben konnte. Die Andere war krank und würde schon bald sterben. Ihre Familie besaß zwar viel mehr Hühner als Kühe, doch es war ja nicht so das eine Henne jeden Tag ein Ei legte.
Nach getaner Arbeit ging Josephine zurück ins Haus. Es herrschte absolute Stille. Ihre Brüder, Edward, Leonardo und Nickolas, waren schon früh in den Wald gegangen um Holz für den Winter zu hacken. Ihre Mutter lag noch im Bett, schon seit mehreren Tagen fühlte sie sich nicht wohl. Also blieb die komplette Hausarbeit an ihr hängen. Sie sammelte die Wäsche, die gewaschen werden musste, ein und warf sie in einen Korb. Dann suchte Josephine sich ein Band, um sich die Haare festzubinden, damit es sie nicht bei ihrer Arbeit störte. Doch da ihr Haar nicht besonders lang war, vielen einige Strähnen aus dem Zopf zurück in ihr Gesicht.
Das war einer der Momente, in denen Josephine überlegte, sich die Haare wachsen zu lassen. Schnell verwarf sie den Gedanken jedoch wieder. Langes Haar, so war ihre Meinung, war nur was für adlige Frauen, Frauen die nicht arbeiten mussten. Haare die zu lang waren, waren unpraktisch für die Arbeit.
Sie nahm den Wäschekorb auf und trat abermals aus dem Haus, um sich auf den Weg zum Bach am Dorfrand zu machen. Dort traf sie auf einige weitere Frauen die lautstark miteinander tratschten.
Josephine seufzte. Sie waren so laut, dass es glatt eine ganze Meute hätte sein können. Die Jüngste von ihnen war knapp ein Dutzend und acht Jahre. Ihr Name war Malinda, sie hatte rotes Haar, es war eher orange als rot und hatte nicht so eine kräftige Farbe wie das von Josephine, welches oft mit Flammen verglichen wurde. Malindas Augen waren hellblau und auf ihrer hellen Haut zeigten sich hunderte von Sommersprossen. Sie konnte keine Geheimnisse für sich behalten bis auf eines, ihr eigenes. Sie war heimlich in Josephines ältesten Bruder Edward verliebt, was Josephine schnell bemerkt hatte.
Die Frau die neben ihr stand war schon etwas älter. Ihr Haar war schlaff und strähnig und sie war so dürr das man schon ihre Rippen unter ihrer Kleidung erkennen konnte. Hätte Josephine es nicht besser gewusst, hätte sie vermutet das Bienda, so hieß die Frau, todkrank wäre. Doch sie war schon seit ihrer Geburt so. Josephine hatte gehört das es in ihrer Familie lag. Die dritte der Runde war eine pummelige Frau mittleren alters, mit dickem braunem strohigem Haar. An ihren Namen konnte sich Josephine nicht mehr erinnern. Neben der pummeligen Frau, stand ihre frisch vermählte Tochter, die ihrer Mutter wie aus dem Gesicht geschnitten war. Auch an ihren Namen konnte sich Josephine nicht mehr erinnern. Die letzte im Bunde war Niana, eine schwarzhaarige Schönheit, mit großen braunen Rehaugen.
„Ich würde auch so gerne Heiraten...“, träumte Malinda gerade, als Josephine am Bach ankam. Sie musste Lächeln, da sie genau wusste, wen Malinda an ihrer Seite haben wollte.
„Ja, jetzt schwärmst du noch von der großen Liebe und dem Prinzen der dich hier heraus holt“, krächzte Bienda. „Doch dein Prinz wird niemals kommen. Es würde sich noch nicht einmal einer bis hier her verirren, sich schon gar nicht für ein einfaches Bauernmädchen, wie du eines bist, interessieren.“ Die pummelige Frau, schüttelte mit dem Kopf. „Aber aber, sei doch nicht so. Lass die Jugend doch träumen, sie sind die einzigen von uns die noch träumen können.“
Bienda schnaubte. „Es ist besser für sie, wenn sie ihre Zeit nicht mit solchem Schwachsinn verplempern würde. Die Jugend soll nicht träumen sondern der Realität ins Gesicht sehen!“ Josephine hegte schon die Hoffnung das man sie vielleicht übersah, denn sie wollte nicht in ein Gespräch verwickelt werden welches sie gar nicht führen wollte, doch da blickte Niana sie bereits an und sagte: „Das größte Glück von uns allen hat wohl Josephine. Sie bekommt das, was von den Männern die uns zur Verfügung stehen, einem Prinzen am ähnlichsten ist. Immerhin wird sie den Sohn des Arztes heiraten. Sie kommt aus diesem einfachen Dorf heraus und wird ein gutes Leben haben, nicht war Josephine?“
Alle Augen richteten sich auf sie, obwohl sie eigentlich nur in Ruhe die Wäsche waschen wollte. „Ich...“, stammelte sie, es war ihr sichtlich unangenehm.
„Mit dem Sohn eines Arztes“, sagte die Tochter der pummeligen Frau, mit funkelnden Augen. „Wie ist das so? Das muss doch toll sein.“ Bienda schnaubte wieder. Ihr gefiel es wohl nicht das die Nächste anfing zu träumen.
„Naja...“ Josephine wurde nervös. Sollte sie die Wahrheit sagen oder den Frauen vorschwärmen das ihr noch nie etwas besseres geschehen war? Sie schüttelte den Kopf, sie würde die Wahrheit sagen. „Also... Ich wünschte ich wäre ihm nie begegnet.“ Pure Verblüffung spiegelte sich in den Gesichtern der anderen wieder.
Niana blinzelte ein zwei mal bevor sie spitz fragte: „Warum? Ist er dir nicht gut genug? Reicht dir der Sohn eines Arztes etwa nicht?“
„Das ist es nicht“, versuchte Josephine die Gemüter zu besänftigen. „Was dann?“, hackte Niana nach. Aus irgendeinem Grund mochte sie Josephine nicht, doch das war nicht allzu schlimm, denn Josephine mochte sie genau so wenig. Alle warteten gespannt auf eine Antwort.
Ein Schrei rettete sie aus dieser unangenehmen Situation. Auf der anderen Seite des Bachs und nur wenige Fußlängen entfernt, lag eine blonde Frau, die ihre Schönheit im laufe der Jahre nicht verloren hatte, auf dem Boden umgeben von Wäsche. Vergeblich versuchte sie wieder auf die Beine zu kommen, aber sie schien sich bei dem Sturz verletzt zu haben. Die Frauen am Bachufer sahen dem Geschehen schweigend zu.
„Wollt ihr ihr nicht helfen?“, fragte Josephine. Zur Antwort wurde sie mit großen Augen angestarrt. „Ihr seit doch unglaublich.“ Sie ließ ihre Wäsche dort stehen wo sie war und watete ans andere Bachufer hinüber. Die gestürzte Frau war Tine, die Frau des Henkers und nur deswegen verachtet. Josephine konnte die Menschen nicht verstehen. Ihr gefiel die Tätigkeit des Henkers auch nicht, immerhin beendete er Leben, aber deswegen musste man doch nicht seine Familie meiden und komplett aus der Gesellschaft ausstoßen.
Und schon gar nicht sollte man ihnen Hilfe verweigern wenn sie welche brauchten. Sie waren doch schließlich Menschen, genau wie alle anderen auch. Am anderen Ufer angekommen, rannte Josephine so schnell sie konnte zu Tine, die noch immer verzweifelt versuchte aufzustehen.
„Kann ich helfen?“, fragte Josephine als sie bei der armen Frau angekommen war. Tine blickte sie überrascht an. Sie hatte wohl nicht damit gerechnet das ihr jemand zur Hilfe kam. Josephine lächelte freundlich. „Was ist eigentlich passiert? Ich hab einen Schrei gehört und da lagst du schon auf dem Boden.“
„Ich bin gestolpert“, sagte die Frau mit einer schön anzuhörenden Stimme, „ und habe mir dabei wohl den Fuß verknackst.“
„Kann ich irgendwas tun?“ Tine lächelte dankbar. „Ich muss am Wasser die Wäsche waschen. Ich komme nur hier her wenn es wirklich notwendig ist. Daher wäre es wirklich lieb von dir, wenn du mir helfen würdest das Ufer zu erreichen.“ Josephine nickte und legte einen von Tines Armen um ihre Schulter, um sie zu stützen. Langsam gingen sie in Richtung des Bachs. Dort angelangt setzte Josephine die Frau ab und lief zurück um ihre Wäsche einzusammeln. „Danke“, sagte Tine als Josephine ihre Wäsche neben ihr abstellte.
„Tine, nicht wahr? Wie kommst du wieder nach Hause?“, fragte Josephine besorgt.
„Ich werde wohl warten müssen, bis es meinem Fuß wieder besser geht.“ Tine lächelte schwach und schien sich nicht zu wundern, dass eine Fremde der sie nie zuvor begegnet war ihren Namen kannte.
Josephine konnte es nicht ertragen sie einfach so sich selbst zu überlassen. „Soll ich jemanden holen der dich und die Wäsche nach Hause bringt?“
Die Frau nickte. „Du könntest meinen Mann holen.“ Josephine konnte nicht verleugnen, dass sie einen Schock bekam, nur bei dem bloßem Gedanken, dem gefürchteten Henker gegenüber zu stehen. Tine musste es ihr angesehen haben. „Du musst das auch nicht tun. Das du mir geholfen hast, ist schon mehr als ich erwartet hätte.“
>Ihr Mann ist zwar der Henker, derjenigen der den Verurteilten das Leben nimmt, aber dennoch ist er auch ein Mensch. Genau wie ich<, dachte Josephine und lächelte dann. „Gut, ich hole deinen Mann. Mach dir keine Sorgen, es macht mir nichts aus.“ Mit diesen Worten, lief sie los. Josephine brauchte gar nicht zu fragen, wo Tine wohnte, jeder wusste wo sich das Haus des Henkers befand, um ihm ja nicht über den Weg zu laufen. Sie hatte keinen langen Weg vor sich bis sie ein schnuckeliges Steinhäuschen entdeckte, wo Ebenholz, Verzierungen an der Tür und den Fenstern bildete. Das musste das Haus des Henker sein. Es war nicht schwer zu erkennen, dass man als Henker nicht schlecht verdiente.
Schon ironisch dass die Weiber im Dorf sich nach einen wohlhabenden Mann sehnten, jedoch einen weg stießen der, zwar nicht viel, aber mehr Geld besaß als sie. Zögerlich klopfte Josephine an die Tür und wartete. Es dauerte etwas bis ein kleines Mädchen, vielleicht neun oder zehn Jahre, die Tür einen Spalt breit öffnete.
„Hallo?“, fragte sie schüchtern. Josephine beugte sich vor, damit sie der kleinen näher war und nicht mehr so bedrohlich wirkte. Wahrscheinlich bekamen sie nicht oft Besuch. „Hallo“, sagte sie, mit einem freundlichem Lächeln im Gesicht. „Ich muss mit deinem Vater sprechen.“ Das Mädchen nickte und schloss die Tür.
Es dauerte nur wenige Herzschläge bis Josephine vor einem hoch gewachsenen muskulösen Mann stand, der sie finster an funkelte. Das kleine Mädchen hatte sich hinter ihm versteckt und lugte, mit großen Augen, hinter seinem Rücken hervor. Ein kleiner Junge, der dem Mädchen sehr ähnlich sah, tat es ihr gleich und versteckte sich ebenfalls hinter seinem Vaters. Josephine musste schmunzeln.
„Ja?“, fragte der Henker mit einem eisigen Tonfall in der Stimme. Josephine zuckte unwillkürlich zusammen. „Also“, begann sie. „Es geht um Ihre Frau.“ Sie versuchte so höflich wie möglich zu sein.
Besorgnis trat in die Augen des Henkers. „Was ist mit ihr?“
„Keine Sorge“, beschwichtigte Josephine ihn schnell. „Es ist nichts schlimmes. Sie hat sich auf dem Weg zum Bach den Fuß verknackst und braucht Hilfe um wieder nach Hause zu kommen.“ Der Henker sah sie lange an. „Du scheinst ehrlich zu sein“, sagte er langsam. „Nun gut, ich glaube dir.“ Josephine führte ihn und seine Kinder, die ihren Vater überreden konnten mitzukommen, zu Tine, die seelenruhig ihre Wäsche wusch.
„Tine?“ fragte der Henker besorgt. Seine Frau unterbrach ihre Arbeit, drehte sich um und lächelte sanft. „Alles ist gut Endres.“ Der Henker, Endres, setzte sich neben seine Frau und nahm ihre Hand. Nach einem liebevollen Blickaustausch, wandte sich Tine Josephine zu. „Danke. Es ist schön zu sehen das Menschen auch gutherzig sein können.“ Josephines Wangen färbten sich vor Verlegenheit leicht rosa. Tine kicherte. „Ich glaube du hast auch noch etwas Arbeit zu erledigen.“ Sie deutete mit ihrem Kopf auf den einsamen Korb mit Wäsche am anderen Bachufer.
„Ja, ich denke du hast recht“, überlegte Josephine. „Hoffentlich sehen wir uns irgendwann mal wieder.“ Mit diesen Worten machte sie sich auf den Weg ans andere Ufer. Doch Tine hielt sie auf: „Warte, ich würde gern den Namen von der Person erfahren, die als einzige auf die Idee kam mir zu helfen.“ Josephine lächelte. „Ich bin Josephine.“
Tine nickte freundlich. Nun machte sich Josephine wirklich auf den Weg.
„Sag mal, spinnst du?“, wurde sie von Niana begrüßt. „Ich hatte mir ja schon länger gedacht das mit dir nicht alles in Ordnung ist, aber das? Du hast nicht nur der Schnepfe des Henkers geholfen, du hast ihn, den Tod persönlich, hier her gebracht!“ Josephine ignorierte sie. Es interessiertere sie kein Stück was Niana von sich gab.
„Sie hat recht“, mischte sich Malinda ein. „Was hast du dir dabei gedacht?“ Josephine funkelte sie wütend an, es reichte ihr. „Was ich mir dabei gedacht habe? Ich habe mir gedacht, dass eine Frau die am Boden liegt Hilfe brauchen könnte. Und da ja keine von euch herzlosen Tratschweibern auch nur mit der Wimper gezuckt hat, hab ich ihr halt geholfen. Ich will nicht so enden wie ihr!“ Den Frauen klappte der Unterkiefer runter. Nicht in der Lage auch nur ein Wort zu erwidern, starrten sie Josephine mit weit aufgerissenen Augen an. Diese wusch nun schweigend ihre Wäsche. Josephine musste sich beeilen, sie war schon spät dran. Ihre Mutter würde sich schon fragen wo sie blieb und ihr zur Strafe, dass sie getrödelt hatte, noch mehr Hausarbeit aufzwingen.
Josephine war mit ihrer Wäsche schneller fertig als die anderen Frauen, die wieder angefangen hatten zu tratschen, sie dabei jedoch ignorierten, was ihr nur recht war. Sie blickte zu Tine und ihrer Familie hinüber. Tine bemerkte ihren Blick, sah sie an und lächelte. Josephine lächelte zurück und winkte zur Verabschiedung noch kurz. Dann entfernte sie sich von dem Bach und machte sich auf den Weg nach Hause. Ihre Mutter saß mit einer alten Decke auf einem harten Holzstuhl und wartete bereits auf sie.
„Warum hat das so lange gedauert?“, fragte sie ungeduldig. Doch sie ließ Josephine keine Zeit zu antworten. „Das Wasser um das Essen zu kochen ist auch noch nicht da. Willst du etwa das deine Brüder, wenn sie nach Hause kommen, auf ihr Essen warten müssen? Na los, beweg dich, hohl Wasser und vergiss nicht die Wäsche aufzuhängen, damit sie trocknen kann.“ Ohne ein weiteres Wort stand Josephines Mutter auf und schlürfte zurück in ihr Bett. Sie war extra aufgestanden um ihrer Tochter eine Standpauke zu halten. >So schlecht kann es ihr also nicht gehen<, dachte Josephine verbittert.
Schnell hing sie die Wäsche auf, damit sie sich auf den Weg zum Dorfbrunnen machen konnte. Das Königshaus von Union, als es noch existierte, hatte ihn inmitten des Dorfes bauen lassen. Dessen Wasser war von der Quelle aus dem der Bach entsprungen war, abgeschnitten. Es sollte Krankheiten vor allem Seuchen vorbeugen. Wenn eine Wasserquelle unrein war, konnte die andere sauber sein und somit Leben retten.
Unterwegs traf sie auf Mora, ihre Freundin. Sie war einer der liebsten Menschen die Josephine kannte und wieder sah man die Ignoranz der Dorfbewohner. Soweit Josephine wusste kam Moras Familie der Stadt, kurz nach dem sie gefallen war. Die Dorfbewohner waren der Meinung das sie Spione und Handlanger der Dunkelheit waren, da sie wie diese rote Augen besaßen. Josephine empfand dies als das Lächerlichste von all dem Schwachsinn der bis jetzt im Umlauf war. Mora hatte weder was mit der Dunkelheit zu tun, noch konnte sie so grausam wie diese sein. Sie kam mit einem strahlenden Lächeln auf Josephine zu. „Hey, wo hin des Wegs?“
„Zum Brunnen, Wasser holen.“ Josephines Antwort war zu abweisend, sodass Mora bemerkte das irgendwas nicht stimmte.
„Hast du schlechte Laune?“, fragte sie. „Was ist passiert?“ Josephine seufzte. „Naja, erst reden die blöden Weiber am Bach darüber, wie toll es sein muss mit dem Sohn des Arztes verlobt zu sein.“ Sie klang verbittert. Josephine mochte ihren verlobten überhaupt nicht, er war ihr unsympathisch. Gut, durch ihn würde sie ein Leben bekommen, von dem alle im Dorf nur träumten. Er würde sie hier herausholen, ihr ein besseres Leben geben können, aber das Opfer ihn zu heiraten, wollte sie nicht bringen.
Josephine mochte ihr Leben, so wie es war, bei ihren Brüdern und bei Mora. Außerdem war ihr Verlobter ein eingebildeter Schnösel, der meinte jede Frau zu bekommen die sich unter seinem Stand befand. Josephines Mutter bestätigte ihn auch noch in seinem Irrglauben, zumindest war Josephine der festen Überzeugung das es einer war. Eines Tages kamen er und sein Vater durch das Dorf, sie waren unterwegs nach Union, da entdeckte er Josephine als sie aus dem Stall zum Haus lief. Sie gefiel ihm sofort und er wollte sie zur Frau. Josephines Mutter war natürlich begeistert. Es war auch eine Chance für sie und ihre Söhne, obwohl diese gerne darauf verzichten würden damit ihre Schwester glücklich war, dem Leben im Dorf zu entfliehen. In kürzester Zeit war Josephine schon verlobt, ohne das man sie überhaupt gefragt hatte.
„Dann haben die mich auch noch zusammen gestaucht, wie ich es denn wagen könnte des Henkers Frau zu helfen. Zu guter Letzt hält mir meine Mutter eine Predigt darüber, dass ich getrödelt hätte und dies und das noch nicht erledigt habe.“ Sie war verzweifelt über die ganze Ungerechtigkeit. Mora legte eine Hand auf ihren Arm.
„Beruhige dich“, sagte sie sanft. „Es bringt nichts sich darüber aufzuregen.“ Josephine sah ihre Freundin an und lächelte schwach. Mora hatte schon recht, es brachte nichts. „Okay, ich versuche mich nicht weiter aufzuregen“, sagte Josephine. „Ich muss mich jetzt aber beeilen, sonst folgt noch eine Predigt.“ Mora bot daraufhin an, dass sie ihren Bruder holen könne. „Sori kann dir tragen helfen, wenn du willst. Dann musst du nicht die schweren Wassereimer nach Hause schleppen.“ Erst wollte Josephine ablehnen, doch dann nickte sie. Mora lief los und Josephine ging weiter zum Brunnen, denn dort wollten sie sich wieder treffen. Dieser war aus feinstem Stein erbaut wurden. Wenige Stufen führten an den Rand des Brunnens, wo man in die Tiefen das Wasser erblicken konnte. Eine Absperrung aus Holz verhinderte, dass man hineinfallen konnte. Überdacht wurde das ganze von einer Steinfläche, die an den Rändern mit Holz und Stein stabilisiert wurde, damit kein unreines Regenwasser hinein tropfen konnte. Der Brunnen war eigentlich recht schlicht, wirkte jedoch fehl in diesem Dorf ohne Geld.
Es dauerte etwas, bis Mora und Sori bei ihr ankamen, daher füllte Josephine schon einmal zwei Holzeimer, die sie von zu Hause mitgenommen hatte, und stellte sie auf den Boden. Sie blickte in Richtung Union wo sie später, mit ihrem zukünftigen Ehemann, leben musste. Bei dem Gedanken an ihren Verlobten, stellten sich ihre Nackenhaare zu berge. Sie verabscheute ihn. Doch sie konnte nicht bestreiten, dass sie irgendetwas nach Union zog. Sie fühlte sich mit der gefallenen Stadt, mit dem ganzen Königreich verbunden. Wie konnte das sein? Noch nie hatte sie auch nur einen Schritt aus diesem Dorf gemacht, wieso also wollte etwas in ihr in die Stadt?
Sie wusste es nicht, wollte jetzt aber auch keine Antwort darauf finden. Sie verdrängte alle Gedanken an Union und somit auch an ihren Verlobten. Josephine wollte sich auf das hier und jetzt konzentrieren, auf das Wasser holen. Dann tauchten Mora und Sori auf. „Hier sind wir“, sagte Mora fröhlich.
„Hey“, begrüßte Sori Josephine. Sie nickte und lächelte. Sori war nicht der Gesprächigste. Wenn sich Mora und Josephine unterhielten, hielt er sich meist zurück. Oft war er bei Antworten, die er von sich gab, kurz angebunden. Dennoch war er kein schlechter Kerl, sonst würde er Josephine nicht helfen die Wassereimer nach Hause zu tragen und sie hatte nichts gegen seine stille Art, sie mochte sie sogar. Es war eine willkommene Abwechslung zu den tratschenden Weibern am Bach. Auf den Weg zu Josephine plauderten die beiden Frauen fröhlich miteinander, während Sori still, mit den Wassereimern, hinter ihnen herlief.
Bei Josephine angekommen, bedankte sie sich bei Sori und verabschiedete sich dann von den Geschwistern. Sie ging ins Haus, nahm einen Teil des Wassers, schüttete ihn in einen Topf und fing an eine Brühe für ihre Brüder zu kochen. Kurze Zeit später kamen diese auch schon nach Hause.
„Verdammt, mein Rücken...“, beschwerte sich Nickolas. Er war gerade ein Dutzend und drei, und somit ein Jahr jünger als Josephine, dennoch klang er wie ein alter Mann dessen Körper langsam gebrechlich wurde. „Stell dich doch nicht so an.“ Das war Leonardo ihr ein Dutzend und sechs jähriger Bruder. Josephine schmunzelte über die beiden. Dann öffnete plötzlich irgendetwas ihr Band, mit dem sie sich ihr Haar zusammen gebunden hatte, und ihr Zopf löste sich in Luft auf. Eine Stimme erklang direkt neben ihrem Ohr: „Du solltest dein Haar offen tragen, dass steht dir besser als dieser öde Zopf. Obwohl ich zugeben muss das du mit Zopf auch nicht schlecht aussiehst.“
Erschrocken drehte Josephine sich um und sah sich ihrem ältesten, ein Dutzend und neun Jahre alten Bruder, Edward gegenüber. Er musste grinsen als er ihr Gesicht sah, das knallrot anlief. „Edward!“ Jetzt musste er lachen. Josephine verschränkte die Arme vor der Brust. „Ärger sie doch nicht“, wies Leonardo seinen Bruder mit einem breitem Grinsen zurecht. Edward konnte sich nur mit größter Mühe wieder beruhigen.
Dann ließ er seine Hand durch Josephines Haar gleiten, behielt eine ihrer vorderen Strähnen in seinen Fingern und sah sie liebevoll an. „Ich meine das ernst, offene Haare stehen dir besser.“ Josephines Gesicht bekam nur noch mehr Farbe, was Edward zum lächeln brachte.
„Meine Söhne sind wieder daheim.“ Josephines Mutter betrat den Raum. Sie blickte jeden ihrer Söhne freundlich an, dann schweifte ihr Blick zu Josephine und ihr Gesicht verdüsterte sich. „Ist das Essen fertig?“, fragte sie eisig. Josephine wandte sich schnell zum Topf um und prüfte die Brühe. Zur Antwort nickte sie. „Ist fertig.“
Beim Essen wandte sich Josephines Mutter nur ihren Brüdern zu und ignorierte sie vollkommen. Es verlief genau wie immer. Josephine war für sie schon seit sie denken konnte nur Luft gewesen. Ihre ganze Liebe gehörte ihren Söhnen. Josephine wusste nicht so recht warum das so war. Sollte eine Mutter nicht all ihre Kinder lieben? Doch sie kannte es nicht anders.
Sie stocherte in ihrem Essen herum und stand wenige Momente danach auf. „Ich habe keinen Hunger.“ Ihre Mutter schnaubte verächtlich. „Undankbares Kind! Sei froh darüber, dass du überhaupt was zu Essen bekommst.“
Josephine ignorierte sie, räumte ihre Schüssel ab und ging aus dem Haus. Hinter dem Stall, stand eine alte Weide, unter dessen dichten und tiefhängenden Blätterkleid sie oft Schutz suchte. So auch heute. Müde von dem Tag lehnte sie sich gegen den Stamm des alten Baumes. Es dauerte nicht lange, da hörte Josephine Schritte. Sie konnte sich schon denken wer es war. Edward kam immer zu ihr, wenn sie sich von ihrer Mutter zurückzog. Und sie hatte recht, es war ihr ältester Bruder. Edward setzte sich neben sie. „Wie geht es dir?“ In seiner Stimme hörte sie Spuren von Sorge heraus.
„Mir geht es gut, bin nur etwas müde.“ Um ihre Worte zu bekräftigen, gähnte Josephine. „Du solltest dich ausruhen.“
„Ja“, brummte Josephine. „Aber wenn ich mich nur ansatzweise hinlegen sollte, wird mich Mutter definitiv zurechtweisen. Wahrscheinlich wird sie sich über meine Faulheit beschweren und mir mal wieder vorwerfen ich sei nicht dankbar.“ Sie seufzte. Edward legte einen Arm um ihre Schultern. „Leg dich hin.“ Josephine sah ihn fragend an.
„Hier, bei mir, wird Mutter nichts zu meckern haben, dafür sorge ich.“ Josephine verstand worauf ihr Bruder hinaus wollte. Sie bettete ihren Kopf auf seinen Schoß und schloss ihre Augen. In kürzester Zeit schlief sie ein.

Als Josephine wieder erwachte, tauchte die Abenddämmerung alles was sie berührte in rote Flammen. Die letzten Sonnenstrahlen erstreckten sich für den heutigen Tag über die Erde. Es war traurig, wenn man bedachte das dieser Tag, kein zweites mal so einen schönen Anblick erleben würde. Josephine rührte sich, gähnte und setzte sich auf.
„Na, aufgewacht?“, fragte Edward, der sich kein Stück bewegt hatte.
„Hmm?“ Josephine blickte ihn verschlafen an. Edward stockte der Atem. Josephines Haar ging in lebendige Flammen auf, ein Phänomen welches immer im Licht auftauchte, und rahmte ihr schneeweißes Gesicht ein, das dadurch noch heller wirkte als sonst. Die Sonnenstrahlen spiegelten sich in ihren Augen wieder und ließen ihr grün aufleuchten. Das gleißende Licht des Abendrot umschmeichelte Josephines weiße Haut und ließ sie erstrahlen. Es umspielte sie, so als ob es schon immer zu ihr gehört hätte. Edward wusste schon immer das seine kleine Schwester schön war, doch so schön hatte er sie noch nie gesehen.
Wehmütig dachte er an ein Versprechen, ein Versprechen das er vor langer Zeit seinem Vater gab. Er durfte es niemanden verraten. Es war ein Geheimnis um seine geliebten Schwester und er konnte es ihr nicht sagen, egal wie sehr er es auch wollte. „Wir sollten langsam zurück“, sagte Josephine und riss so Edward zurück in die Wirklichkeit. „Ja, du hast recht“, bestätigte er. Langsam machten sich die Geschwister auf den Weg zu ihrem Haus.
„Wo warst du?“, ertönte Josephines wütende Mutter, als sie durch die Haustür ins innere trat. „Lass sie Mutter“, kam Edward seiner Schwester zur Hilfe. „Sie war bei mir, damit hast du doch kein Problem oder?“ Josephines Mutter schluckte. „Nein, natürlich nicht“, presste sie zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, gegen ihre Söhne würde sie nie das Wort erheben. Josephine lächelte Edward dankbar an. Doch dann huschte ein hämisches grinsen auf das Gesicht ihrer Mutter.
„Ach Josephine“, begann sie mit einer zuckersüßen Stimme. Josephine wusste sofort das das nichts gutes heißen konnte. „Du weißt ja, dass unsere Familie diesen Monat noch für die Abgaben, die unser Dorf an Union leisten muss, verantwortlich ist. Da ich mich noch immer schlecht fühle, habe ich entschieden, dass du statt meiner gehen wirst.“ „Was?!“, schoss es Josephine und Edward gleichzeitig aus den Mund. „Ihr habt richtig gehört“, bestätigte ihre Mutter.
„Das kannst du nicht machen. Ich kann doch gehen, immerhin bin ich der Älteste“, stellte Edward klar.
„Aber“, begann ihre Mutter, „eine Frau wirkt weniger bedrohlich, daher wird Josephine gehen. Es ist ihre Pflicht, keine weiteren Wiederworte!“

Unruhig saß Josephine auf ihrem Bett und schaute aus dem Fenster. Sie konnte klar und deutlich die beiden Monde, Parva, der kleine, und Magna, der große, erkennen.
„Hey, Josephine?“ Leonardo stand neben ihrem Bett, dahinter waren Nickolas und Edward. „Wir können einfach nicht zulassen, dass Mutter dich nach Union schickt“, sagte Nickolas und blickte dabei seiner Schwester fest in die Augen. Edward setzte sich neben sie. „Wir können mit Mutter sprechen und wir werden sie überzeugen das du hier bleibst.“
Josephine schüttelte den Kopf. „Ist schon in Ordnung. Ich möchte nicht noch mehr Streit. Mutter kann mich aus irgendeinem Grund nicht leiden und ich möchte nicht, dass das Gleiche auch euch passiert.“
„Aber -“ Nickolas wollte gerade widersprechen, doch Josephine unterbrach ihn: „Es ist wirklich gut so.“ Ohne sie umstimmen zu können, gingen ihre Brüder zu Bett. Josephine versicherte zwar das es ihr nichts ausmache, doch in Wirklichkeit stimmte das nicht. Ihre Brüder sollten sich keine Sorgen machen. Seufzend blickte sie wieder aus dem Fenster. Während sie in die Nacht hinaus sah schossen ihr unzählbar viele Fragen durch den Kopf. Sie waren so flüchtig das Josephine sie sich nicht merken konnte, bis auf eine: Würde sie den morgigen Tag überleben?


© Lighania


5 Lesern gefällt dieser Text.







Beschreibung des Autors zu "Lichtkristall-Aufflammender Funke"

Bei dieser Geschichte handelt es sich um eine Leseprobe, daher ist es für mich ganz wichtig ob es so wie es geschrieben ist, Lust macht weiter zu lesen. Ich brauche daher eure Hilfe und bedanke mich hier schon im voraus.
(Verbesserungsvorschläge sind erwünscht, da es schon eine Weile her ist das ich das geschrieben habe) :)

Kurze Zusammenfassung:
Sandroa steht am Rande der Dunkelheit, es versinkt immer tiefer in die unendliche Tiefe, jedes Licht droht zu erlöschen. Josephine, ein einfaches Bauernmädchen, geht ihrer alltäglichen Arbeit nach. Doch um sie verbirgt sich ein Geheimnis und ihre Welt droht auseinander zu brechen, als ihre eigene Mutter sie in Unions Schloss schickt, in das Herz der Dunkelheit.

Diesen Text als PDF downloaden




Kommentare zu "Lichtkristall-Aufflammender Funke"

Re: Lichtkristall-Aufflammender Funke

Autor: Mark Gosdek   Datum: 23.11.2013 14:51 Uhr

Kommentar: Die Leseprobe ist gut geschrieben. Man kommt einfach in die Geschichte rein und fühlt sich sogleich auf Josephines Seite. Die Umgebung und die Personen sind auch gut skizziert. Sind ein wenig viel Namen auf einmal. Da musste ich mich schon konzentrieren, aber sicherlich würde sich das im Fortgang der Geschichte klären. Alles in allem ein guter Anfang mit der Portion Spannung/Geheimnis, welche Lust auf das Lesen macht. Vom Schreibstil gut ausgewogen, vielleicht kannst Du bei den Dialogen noch ein wenig genauer werden. Das ist mir teilweise ein wenig zu sehr Umgangssprache (aber das ist nur mein Gefühl). Hoffe, das hilft Dir. Gruß Mark

Kommentar schreiben zu "Lichtkristall-Aufflammender Funke"

Möchten Sie dem Autor einen Kommentar hinterlassen? Dann Loggen Sie sich ein oder Registrieren Sie sich in unserem Netzwerk.