Cats and the City

Frankenstein Teil II (Die Rückkehr)

Oh mein Gott, es ist überstanden! "Dantes Inferno" hat mich wieder ausgespuckt und ich steige, beladen mit insgesamt 10 kg lebenden Katzengewichtes (gefühlt sind es 100 kg, weil Quentin sich extra schwer macht) und wirklich allerletzter Kraft in den 5. Stock hinauf! Heimat, Erlösung, Zuflucht!
Ich stelle die Transporttaschen auf den Boden, ziehe die Reißverschlüsse auf und breche auf dem nächsten Sessel gepflegt zusammen.
Mina taumelt völlig verheult aus ihrem "Gefängnis" und beginnt sich sofort hektisch zu putzen. Natürlich, jetzt ist erstmal Fellpflege angesagt. Wahrscheinlich die nächsten zwei Tage ohne Pause, denke ich matt. Die Kleine hat auf dem tierärztlichen Stahltisch ihre damenhafte Zurückhaltung leider völlig aufgegeben und, angefeuert von Quentins Schlachtrufen: "Keine Schmerzen Tiger, keine Schmerzen! Zeig's ihm! Rechter Haken, linker Haken, Deckung"! (Das Resultat von zuviel Rocky Balboa-Filmen) um ihr Leben gekämpft. Nachdem Dr. K. und ich etliche Bisse, Tritte und Kratzer kassiert haben, verfällt Mina endlich in erschöpfte Resignation und weint verzweifelt vor sich hin. Mir zieht sich das Herz zusammen vor Mitleid: "Minchen, es ist doch wirklich nur ein kleiner Piekser und ganz schnell vorbei", versuch ich sie zu trösten.
"Gib nicht auf Tigerauge! Kämpf weiter!" Kommt es aus Quentins Tasche. "Halt du endlich mal die Klappe!" Kreisch ich zurück. Dr. K. sieht mich milde erstaunt an und ich lächle entschuldigend.
"Das ist es doch gar nicht..." piepst Mina."Vor der Nadel hab ich gar keine Angst". "Was denn dann??" Frage ich verständnislos. "Meine Haare!" Mina schluchzt jetzt laut los. "Ich habe mir heute Morgen so schön die Haare gemacht und jetzt ist alles kaputt. Ich werde tagelang stinken!" Erneut öffnen sich die Schleusen und ich reiche ihr schweigend ein Taschentuch. "Deswegen stellst du dich so an!? Wegen deiner Eitelkeit?" Frage ich verständnislos. "Jaha", schnüffelt Mina und schneuzt sich, "ich gebe mir jeden Tag ganz doll Mühe mit meiner Frisur." Ich muss sagen, die Kleine schafft es immer wieder, mich zu verblüffen.

Ich stemme mich schwerfällig aus meinem Sessel hoch und schlurfe Richtung Küche. Dabei muss ich über Quentin steigen, der platt wie eine Flunder auf dem Fußboden liegt und sich mit der Pfote Luft zufächelt. Ich schau finster auf ihn hinunter "Oh Darling, vielen Dank für diese 2 Stunden Fahrt, es war die absolute Hölle!" "Gern geschehen, gleichfalls!" Gibt Quentin pampig zurück, "eine Unverschämtheit übrigens, diesen Schrotthaufen als Auto zu bezeichnen, du könntest wenigstens Stoßdämpfer einbauen, die gibt es schon seit Jahrzehnten!" (Der Kater und ich zitieren gerade aus Agatha Christie's "Das Böse unter der Sonne").
"Du hast dich wie immer entsetzlich schlecht benommen Quentin!" Sage ich vorwurfsvoll. "Das will ich auch hoffen!" Erwidert Quentin, immer noch heiser. "Der Sadistendoc hat es bestimmt bereut, dass er je Hand an mich gelegt hat. Da mir im Gegensatz zum Spatzenhirn nicht schlecht war, musste ich mir was anderes einfallen lassen." Ich muss sagen, das ist ihm auch gelungen! Als der gute Dr. K. ihn mit den beruhigenden Worten: "Na du liebes Kätzchen!" über den Kopf streichen wollte, hat Quentin ihm, flegelhaft wie immer, volle Kanne ins Gesicht gespuckt!! Ich dachte, ich muss im Boden versinken vor Scham. Dr. K. hielt es Gott sei Dank für ein heftiges Niesen.
Ich schenke mir, in der Küche angekommen, mit immer noch zitternden Händen einen Obstler ein, den kann ich jetzt brauchen! "Krieg ich auch einen?" Quentin, der sich vom Boden aufgerafft hat und mir gefolgt ist, sieht mich hoffnungsvoll an. Ich zeige ihm schweigend einen Vogel und kippe das Zeug dann hinunter. Mein Kater tritt mir genauso wortlos mit einem seiner großen Bugs Bunny-Füßen ans Schienbein. Es tut natürlich nicht weh, aber ich verschlucke mich und muss husten. "Terror-Zwerg!" Würge ich mit tränenden Augen hervor. "Egoisten-Kuh!" Erwidert Quentin gewohnt schlagfertig.
"Kater bekommen keinen Alkohol, verflucht nochmal! Das wäre dann wirklich ein Fall für Amnestier, wenn es den blöden Verein geben würde!" Schließe ich höhnisch.
Quentin überhört das. "Die Katzen aus den Trickfilmen..." setzt er unbeirrt an..."du bist aber keine Comic-Figur" herrsche ich zurück. "Das ist das reale Leben!" Mir gehen jetzt wirklich die Neven durch. Meine Hände bluten immer noch vom Nahkampf mit den Mini- Tigern und inzwischen tut mir alles weh.
"Schrei nicht so!" Pampt Quentin, "ich bin..." er sucht nach dem richtigen Wort, "sensibel" meint er schließlich. Mina und ich brechen in unbeherrschtes Gelächter aus. Unser Kater guckt uns böse an. "Der war mal richtig gut," japse ich und schenke mir noch ein halbes Gläschen ein, bevor ich die Flasche außerhalb Quentins Reichweite verstaue.
Quentin beobachtet mich und ändert dann seine Taktik. Er setzt eine leidende Miene auf und massiert dann mit den Pfoten seine Schläfen. "Krieg ich dann wenigstens ein Aspirin? Mir brummt vielleicht der Schädel!"
Ich lasse mich auf den nächsten Stuhl fallen, lege die Füße hoch und schließe die Augen. "Hallo, bis du taub? Was ist jetzt?" Mein Kater baut sich vor mir auf und stampft mit seiner Hinterpfote auf. Er ist wie immer ein harter Verhandlungspartner. Ich schüttle den Kopf und versuche, meine völlig verkrampfte Schultermuskulatur zu lockern.
"Ich schlafe die nächsten Tage auf der Couch!" Schreit Quentin erbost. "Du undankbares Weib kannst lange warten, bis ich dir nachts wieder den Rücken wärme." Ich zucke zusammen, weil ich tatsächlich schlecht schlafen kann, wenn mein Kater nicht neben mir liegt, gebe aber nicht nach. "Katzen bekommen auch kein Aspirin!" Lehne ich kategorisch ab. "Sagt WER?" Kontert Quentin. "Du hast leicht reden, dir hat der Folterknecht auch nicht in den Weichteilen herumgegrabscht. Das war erniedrigend", sagt Quentin düster." "Aber man sieht sich immer zweimal im Leben." Sein Blick wird träumerisch. "Das nächste Mal halte ich ne 2 m-Nadel in der Pfote und rate mal, wo ich sie dem guten Doc hineinramme?!" Ich öffne gerade den Mund zu einer Erwiderung, da meldet sich Mina mit schwachem Stimmchen zu Wort: "Könnt ihr nicht endlich aufhören? Mir ist immer noch ganz doll schlecht. Hast du ein bisschen Riechsalz?" Fragt sie hoffnungsvoll und richtet ihre wunderschönen großen Augen auf mich." "Jetzt fängst du auch noch an" stöhne ich. "Habe ich einen Bauchladen oder was?" "Dann nehme ich ein wenig Melissengeist, wenn du welchenn hast" sagt Mina entgegenkommend", "ich könnte mir ein feuchtes Tuch in den Nacken legen." Sie ist wirklich etwas blass um das Näschen. "Du lebst im falschen Jahrhundert Süße," murmle ich. "Heutzutage kann man es sich als Frau nicht mehr leisten, umzukippen, man muss Ringkämpfe mit seinem 6 kg-Kater überstehen!" Sage ich laut und überdeutlich in Quentin's Richtung. Gegen zarte Andeutungen war dieses dickfellige Tier schon immer immun. Er massiert sich nur weiterhin theatralisch die Schläfen.
Minchen schaut mich flehend an und so erhebe ich mich wieder seufzend und schleppe meinen geschundenen Körper Richtung Schublade, um nach dem Melissengeist zu kramen. "Wenn das Zwergengehirn Kräuterschnaps kriegt, möchte ich ne Aspirin!" Quiekt Quentin empört. "Wieso darf sich die verweichlichte Zicke dopen und ich nicht?!" Seine Barthaare zittern vor Wut.
Ich werfe ihm einen Blick zu: "EIGENTLICH hättet ihr heute zur Belohnung Chicken-Wings bekommen, aber jetzt überleg ich mirs nochmal," sage ich und lege Mina eine feuchte Kompresse in den Nacken. Zufrieden trollt sich die Kleine, nachdem sie sich artig bedankt hat, in ihr Lieblingskörbchen. "Ach übrigens," meint sie, bevor ihr die Äuglein zufallen, "komme ich heute Nacht gern zu dir ins Bett, wenn der fiese Neandertaler nicht will." "Danke Mina, ich würde mich sehr freuen", sage ich gerührt, denn ich weiß, Mina schläft lieber allein. Die Kleine ist einfach ein gutherziges Mädchen und hat einen rüden Mann wie Quentin, wirklich nicht verdient.
Ich spüre, wie jemand mich energisch am Hosenbein zupft und gucke an mir herab. Quentin fixiert mich durchdringend und hält mir auffordernd die geöffnete Pfote hin. Ich seufze und lege eine kleine, weiße, unscheinbare Pille hinein. Quentin guckt misstrauisch und beschnüffelt die Tablette. "Das ist doch kein Aspirin?! Du willst mich reinlegen!" Zum zweiten Mal an diesem Tag kreuze ich rasch die Finger hinter dem Rücken. "Doch, das ist Katzen-Aspirin! Extra klein, damit ihr es leicht schlucken könnt," sag ich überzeugend. Quentin mustert mich noch einen Moment, dann schluckt er die Pille in einem Satz hinunter und zieht sich ebenfalls endlich zum Schlafen zurück. Gott sei Dank, mir fällt ein Stein vom Herzen! Was für ein Querulant, denke ich erschöpft.
Das war natürlich KEIN "KATZEN-ASPIRIN"! Es war eine harmlose homöopathische Pille zur Entgiftung. Aber das muss der penetrante Kater ja nicht wissen, denke ich, während ich mir ein heißes Bad einlasse. Ich werfe noch einen Blick auf meine fast schlafenden kleinen "Engel", die jetzt aussehen, als ob sie kein Wässerchen trüben könnten. Dann verpflastere ich meine Hände und lasse mich erleichtert ins heiße Wasser gleiten. "Es wirkt schon," ruft Quentin mir schläfrig zu. Es lebe der Placebo-Effekt, denke ich grinsend und tauche zufrieden ab.


© Mina


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Beschreibung des Autors zu "Cats and the City"

...Teil Zwei der vorher beschriebenen Tierarztreise...;.-)

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