Zwei Paare, die die Jahreswende als auch den Karneval – zu bayrisch Fasching, sporadisch gemeinsam verbrachten, trafen auch dieses mal wieder zusammen. Am Heilig Abend zur Christmette.

Vor der rustikalen Doppeltür des Domes zur „heiligen Schar“ wurden Uhrzeiten wie das Domizil bestimmt, wo man die Jahreswende verbringen würde. Die Entscheidung fiel auf Mausi Speck und Hänsel Wurst. Beide waren seit Jahrzehnten ohne Ringe liiert, sich treu und ergeben. Hänsel musste Mausi, gemäß ihres Nachnamens stets mit Speck ködern um zu bestehen. Es klappte! Hänsel´s Leibspeise waren seit ihrem Kennenlernen, „trockene Speckknödel in aufgewärmter Hühnerbrühe“.

Bine Duft verströmte gelegentlich ein Aroma, aphrodisierend (oda so ähnlich) wie Kleopatra. Das mochte Otto Flott, der Herr mit dem schmachtendem Blick. Bine war meist hin und weg. Zu Geselligkeiten ging sie meist hin, und war bald wieder weg. Nicht dieses mal, dachte sie, sie würde bleiben, bis zum Schluss.

Was und wo würden sie dinieren, was trinken? Sollte es festlich wirken wie im weißen Haus oder eher bieder, leger und salopp wie aus Urzeiten? Die Entscheidung fiel nicht leicht.
Nach einem aggressiven Wortgefecht und belangloser Schubserei einigten sich alle zusammen auf „Festlich und bieder“. Als gesellige Räumlichkeit diente das Kinderzimmer von Hänsel Wurst.

Die Uhrzeit des Treffens fiel auf 19 Uhr.
Silvester war da.
Er ist gekommen, nach 364 Tagen, a´ 24 Stunden.

Mausi Speck hantierte in der, in „puccimuster“ tapezierter Kochnische, bereitete fertige Dips, die in Miniaturschüsseln gefüllt wurden, und in die man kleine viereckige gegarte Fleischstücke nach belieben tunken durfte, vor. Baguette wurde nach französischer Art abgebrochen, in einen Korb geschichtet und dazu gereicht. Pappteller waren gerichtet und Polyethylen- Besteck fein säuberlich rechts, auf zweilagige Servietten dazugelegt.

Mausi hatte ihr liebreizendes babyrosa Cocktailkleid aus Organza/Tüll an, eine Federboa um den Hals, und für die spätere Stunde Moonboots parat. Ihre graue Lockenpracht bändigte sie mit den Haargummis ihrer alten Barbiepuppe.
Der smarte Hänsel trug eine abgewetzte schwarze Satinhose, ausgeliehen von seinem Busenfreund. Das weiße Hemd schien sein eigenes zu sein. Es fehlte ein Knopf zwischen Hals und Hüfte. Es ist wurst, dachte sich Hänsel Wurst. Die Fliege aus Jugendtagen fand er in einer alten Kommode.

Es war 19 Uhr, pünktlich wie der Papst läutete es; es waren Bine Duft und Otto Flott. Bine legte ihr Kaschmircape ab, zum Vorschein kam ein knieumspielendes „handmade“ Kleid, bedruckt mit gerollten internationalen Speckscheiben. Bine musste, ebenso wie Mausi kaschieren, ablenken ihres eigenen Speckes wegen. Dazu trug Bine naturfarbige Netzstrümpfe mit Naht und ebensolche Schuhe mit Keilabsatz.
Herr Flott trug neben der Handtasche von Bine einen Blockstreifenanzug von Versace anno 1966.
Otto Flott stand auf die flotte modische Flotte der, seinerzeit flotten Herren. Seine Schuhe waren schwarz/weiß, ebenso seine Krawatte. Ein Kaugummiautomatenring schmückte seinen kleinen flotten Wurstfinger.

Das Kinderzimmer war mäßig warm, mittig stand ein Beistelltisch aus Buchenholz mit kräftigen Gebrauchsspuren. Machd nix, beim essn wead eh badzd!

Rund um den Beistelltisch gab es vier Träger mit vollem, No Name Bier.... ma deaf ja koa Weabung macha; und zwei Rotkäppchen ohne Körbchen standen auf Abruf bereit.
Die vollen Bierträger dienten als Sitzgelegenheit.
Bei fortlaufend, planmäßigen Durst darf jeder der vier Konsumenten sich zwischen die Beine greifen, und sich ein Bier aus dem Träger nehmen, öffnen und trinken. Gegebenenfalls darf man auch bei vorgerückter Stunde zu seinem Bierträgersitznachbarn greifen.

So, g´essn und drunga wead... Brosd!

Mausis Blick ging durch das Kinderzimmer, allerhand Spielzeug stand da noch herum. Legosteine, Playmobilfiguren, Bauklötze und Matchboxautos. Die Vorhänge waren blassgelb und mit blauen Enten bedruckt. Links neben ihr stand ein aufblasbarer Osterhase in Mannsgröße. Hinter Otto Flott lümmelte eine weiße Plüschrobbe in der Ecke, Längenmaß ca. 45 cm.

Bine Duft machte den Anfang, nahm so ein Metallauto zur Hand und kurvte zwischen den Dips und Papptellern umher. Otto Flott bediente sich der Playmobilfiguren und ließ sie neben Kronenkorken und Aschenbecher Versteck spielen. Hänsel Wurst verkündete lautstark, welche aufblasbaren „Dinger“ es so gibt... es wurde still. Alle horchten den weisen Worten, nur Otto Flott saß inzwischen auf der Robbe und versuchte voranzukommen.

Irgendwann kam die Mitte der Nacht.

Erst wurde das Rotkäppchen mit der roten Zipfelmütze geöffnet, Plopp ...zisch ... Brosd midnand.
Um fünf nach Zwölf musste das zweite Rotkäppchen mit den roten Bäckchen dran glauben …Plopp... zisch … Brosd …

Sie gingen allesamt nach draußen …

Mausi: Oh, kuck doch mal,
Otto: wos issn des
Bine: Isch säh nischd
Hänsel: ham wa Silwäsda?

Na ja, 2015 hoid ….

© T.R. Dez. 2015


© Teresa Ruebli


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Kommentare zu "Jahreswende"

Re: Jahreswende

Autor: Uwe   Datum: 30.12.2014 11:06 Uhr

Kommentar: Oaber nu Brosd, ne? Un in 366 Tagen ooch widder, so Godd will.

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