Personen
Jane Marjory Hallwood, 42 Jahre, Bankkauffrau, Single nach gescheiterten Beziehungen

Brian Dennis McLoan, 56 Jahre, Jurist mit eigener Kanzlei, Witwer seit 6 Jahren

Lisa Paulsen, 28 Jahre, Nachbarin und Freundin Janes

Frederic Shulz, 45 und Michael Dewhurst, 38, schwules Paar und enge Vertraute Janes, leben in Nachbarhaus

Dr. Jonathan Hofman , 35, Anwalt für Straf- und Arbeitsrecht in Brians Kanzlei

Gregori Pawlow, 57, Privatdetektiv mit eigener Detektei, ehem. Schulfreund Brians

David Morrison, 56, Abteilungsleiter und Janes neuer Chef, ehem. Schulfreund Brians

Betty Rose Miller, 63, Leiterin Sekretariat der Kanzlei und Brians rechte Hand

Giovanni, 43, Janes erste langjährige Beziehung, Börsenmakler, verheiratet und Vater dreier Kinder



Die Geschichte einer Liebe

Das Saxophon wurde leiser, die letzten Töne verklangen.
Jane lehnte sich begeistert in ihrem Sitz zurück und genoß die Stille eines ergriffenen Publikums, welches noch mit seinem Applaus wartete.
Dann brandete tosender Beifall auf.
Erneut wanderte ihr Blick nach rechts und diesmal blickte sie direkt in seine stahlgrauen Augen.

Hastig griff Brian in seine Innentasche, fand sein Ticket und reichte es dem Platzanweiser.
Langsam fiel die Anspannung von ihm, er hatte es doch noch rechtzeitig geschafft. Aufseufzend ließ er sich auf seinen Sitz fallen.
Endlich allein in einer fremden Menschenmenge, allein mit seinen Gedanken, für einen Abend befreit von Termindruck und Mandanten.
Ein Glas Wein hatte er sich noch schnell an der Bar bestellt.
Langsam glitt sein Blick durch den Jazzclub, registrierte die eher schmucklose Bühne, wo schon die Instrumente warteten, den bis auf den letzten Platz ausgebuchten Besucher-raum und die gedimmte Deckenbeleuchtung.
Eher desinteressiert öffnete er das kleine Programmheft, nahm einen Schluck Wein und mit dem Gefühl, beobachtet zu werden, blickte er auf und sah links in der Reihe vor sich eine Frau, die schnell wieder den Kopf nach vorn drehte.
Er widmete seine Aufmerksamkeit wieder dem Programmheft, bis einsetzender Applaus den Clubbesitzer ankündigte, der stolz und aufgeregt den Star des Abends vorstellte.
„Ladies and Gentlemen, ich habe lange gewartet, Sie haben lange gewartet, ich mache es kurz....haben Sie einen wunderschönen Abend mit
Courtney Pine and friends!“
Unter großem Applaus betraten die Künstler die Bühne, Pfiffe und Jubel ertönten.
Brian applaudierte, er liebte Jazz und zu lange hatte er sich dieses Vergnügen nicht mehr gegönnt.
Dann blickte er aus den Augenwinkeln zu der Frau und sah sie lächelnd heftig klatschen, sich zurücklehnen, sich dabei kurz zu ihm umdrehend.
Dann schaute sie schnell wieder nach vorn, als hätte er sie ertappt.

Der Applaus verebbte, die ersten Töne erklangen, er schloss die Augen und gab sich der Musik hin, ab und zu an seinem Wein nippend.
Nach den ersten beiden Stücken ergriff Courtney Pine das Wort, begrüßte launig sein Publikum und stellte seine Musiker vor, die mit einem kurzen Solo ihrer Instrumente antworteten.
Brian lehnte sich tief in seinen Sitz und schaute wieder zu der Frau. Hochgesteckte dunkle Haare, ein schmaler Hals und ein schönes Profil mit zierlicher Nase...dazu ein Lächeln im Gesicht, das freundlich war und ihre Begeisterung für die Musik und die Künstler ausdrückte. Eine sehr schöne Frau, wie er bewundernd feststellte.

Als zwei Stunden später das Saxophon leiser wurde und die letzten Töne verklangen, saß er zufrieden mit seinem leeren Glas, abwartend, bis die Gäste den Raum verlassen hatten.
Plötzlich drehte die Frau den Kopf wieder in seine Richtung und für einen kurzen Moment blickten sich beide direkt in die Augen.
Dann stand sie auf, nicht ohne sich mit einem Lächeln still von ihm zu verabschieden.
Bedauernd, dass der Abend vorbei war, stand er auf und verließ als einer der letzten Gäste den Saal.


„Scheiß Bullen, wir machen euch platt“
Die Straße war hell erleuchtet, an der Ecke brannte ein Müllcontainer, Blaulichter und Sirenen verkündeten eine Massenschlägerei in der Querstraße links des Jazz Clubs.
Erschrocken hatten sich viele Konzertbesucher nach rechts gewandt und flohen vor der bedrohlichen Situation Richtung City.
Als Jane aus der Damentoilette kam und ihren Mantel geholt hatte, stellte sie erschrocken fest, dass sie einer der letzten Gäste im Club war und zudem an der aggressiven Menschenmenge vorbeigehen mußte, um zu ihrem Wagen zu gelangen.
Zögerlich stand sie am Ausgang und hoffte, dass der Tumult sich bald auflösen würde.
Sie war kein überängstlicher Typ, mußte aber auch keine unangenehmen Begegnungen provozieren. Und als Frau allein in der Nacht wollte sie sich keinen Gefahren aussetzen.
Kurz überlegte sie, Lisa anzurufen.

„Du gehst ganz allein zum Konzert? Hättest doch was sagen können. Ich hätte dich begleitet.“
Lisa beobachtete, wie Jane schnell etwas Wimperntusche auftrug.
Erst nur Nachbarinnen, hatten sie sich im Laufe der Zeit angefreundet. Nun saß Lisa auf dem Badewannenrand und war etwas enttäuscht, nicht gefragt worden zu sein.
„Lieb von dir, aber ich habe einfach das Bedürfnis, alleine bei einem Glas Wein gute Musik zu hören und meinen Gedanken nachzuhängen. Ich wußte auch nicht, dass du Jazz magst.“
Jane trug etwas Lippenstift auf und schloß den Spiegelschrank.
„Nee, Jazz ist nicht so meins. Aber du sagst doch, dieser Courtney Pine wäre ein Weltstar, ein toller Saxophonist. Wieso nicht. Naja, dann werde ich dich mal in Ruhe lassen. Vielleicht denkst du das nächste mal an mich. Wie kommst du übrigens heim?“
„Ich versuche, in der Nähe einen Parkplatz zu bekommen, nachts will ich nicht mit der Subway fahren und ein Taxi ist teurer als ein Stellplatz.“
„Das ist auch vernünftig. Hoffentlich findest du was. Dann viel Spaß und grüß mir Courtney.“
Lisa stand auf und ging in ihre eigene Wohnung, nicht ohne demonstrativ die Tür lauter als notwendig zu schließen.
Portemonnaie, Schlüssel, Kleinkram und Ticket in ihrer Handtasche verstauend, machte Jane sich auf den Weg zu ihrem Auto, froh, die manchmal etwas aufdringliche Lisa abgewimmelt zu haben. Dieser Abend gehörte ihr allein und sie freute sich auf das Konzert.

Ungeduldig schaute Brian auf seine Uhr. Eben dachte er noch, die meisten Gäste wären längst verschwunden und plötzlich schienen sich alle vor der Garderobe versammelt zu haben.
Aufgeregte Unterhaltungen um ihn herum informierten ihn über Vorkommnisse vor dem Club, schnell nahm er seinen Mantel entgegen und ging neugierig Richtung Ausgang.

Tatsächlich zeugten Blaulichter noch von der Randale, vereinzelt war Gebrüll zu hören, ein Rettungswagen schoß mit jaulender Sirene davon.
Plötzlich sah er eine kleine zierliche Person im Schutze der Tür stehen und warten.
Erfreut erkannte er die Frau, die in der Reihe vor ihm gesessen hatte, und betrachtete sie ausgiebiger. Leichter Mantel über einem schwarzen Kleid, hohe Pumps an schlanken Füßen, schmales Gesicht, die Handtasche fest umklammert.
Eine wirklich schöne Frau, die jetzt in dem nächtlichen Tumult beunruhigt wirkte.
Er fragte sich, ob sie jemand abholen würde oder ob er vielleicht abwarten sollte, um ihr behilflich zu sein.
Die meisten Besucher hatten mittlerweile das Foyer verlassen, die aufgeregten Stimmen wurden leiser.
Da blickte sie sich um, sah ihn leicht erschrocken an und lächelte unsicher. „Ich dachte schon, ich sei jetzt die letzte.“ Ihre Stimme klang leise und dunkel, eine sehr angenehme Altstimme.
Er nickte ihr zu und stellte sich zu ihr. Beide beobachteten den Polizeieinsatz und die abschließenden Löscharbeiten.
Sie blickte zu ihm hoch und meinte leise lachend „Hier wird einem ja wirklich was geboten. Nur hätte ich das alles gern in den Nachrichten verfolgt und nicht live vor Ort.“
Er sah sie an und verlor sich für einen Moment in dunklen, sanften Augen, die jetzt schwarz und riesig wirkten.
Was für eine schöne und sympathische Frau.
Dann deutete er mit dem Kinn kurz zum Ort des Tumults und fragte ruhig „Erlauben Sie mir, Sie ein Stück zu begleiten?“
Etwas erleichtert lächelte sie ihn an „Das ist freundlich. Sehr gern, vielen Dank“.
Gemeinsam gingen sie an dem Kampfplatz vorbei, wo die letzten Randalierer und Betrunkenen noch den Aufstand probten, von der Polizei jedoch abgeführt wurden.
„Vielleicht erfahren wir ja, worum es eigentlich ging.“ versuchte Jane, ein Gespräch anzufangen.
„Davon gehe ich aus. Wo steht denn Ihr Wagen? Ich würde mich gern überzeugen, dass Sie sicher losfahren können.“

In angenehmem Schweigen gingen sie nebeneinander durch die nächtlichen Straßen. Im Licht der Straßenlaternen glitzerten erste Regentropfen und sie beschleunigten ihre Schritte.
Als der Regen stärker wurde, erreichten sie Janes Wagen, der einsam auf dem großen Parkplatz stand.
Schnell suchte sie ihren Wagenschlüssel und rief ihm zu „Setzen Sie sich rein, Sie werden sonst nass.“
Im Wagen beobachteten sie die dicken Tropfen, die auf die Windschutzscheibe fielen und jede Sicht nach draußen unmöglich machten.
„Das war ein gutes Timing, nicht wahr. Wo steht denn Ihr Wagen? Oder wie kommen Sie heim?“ Sie merkte, dass sie anfing zu plappern und verstummte.
„Mein Wagen steht in der Merryl Road. Wenn ich noch ein paar Minuten hier warten darf, gehe ich nachher zurück.“
Sie sah ihn überrascht an. „Dann stehen Sie ja in der entgegengesetzten Richtung. Es war sehr liebenswürdig von Ihnen, mich zu begleiten. Und ich werde Sie selbstverständlich zu Ihrem Auto fahren.“
Mittlerweile war aus dem Regen ein Wolkenbruch geworden, die Scheibenwischer bewegten sich hektisch hin und her.
„Ich glaube, im Moment ist es sinnlos. Wir sollten noch warten, bis der Regenschauer vorbei ist.“
Er blickte kurz zu ihr und schaute dann aus dem Fenster. „Wie hat Ihnen das Konzert gefallen?“ fragte er sie leise.
„Ich war begeistert. Das Saxophon ist so ein wunderbares Instrument. Das neue Album von Courtney Pine hat mir schon sehr gut gefallen, aber schön war, dass er auch viele alte Stücke gespielt hat. Wie hat es Ihnen gefallen?“
Jane schaltete den Motor aus, die Scheibenwischer hielten still. Wassermassen liefen die Scheiben hinab.
„Oh, mir hat es auch sehr gut gefallen. Das neue Album kannte ich nicht. Ich bin nicht auf dem neuesten Stand.“ Er schwieg kurz. „Der ganze Abend hat mir gutgetan. Ich hatte das Bedürfnis, einmal ganz allein bei einem Glas Wein einfach nur Musik zu hören und meinen Gedanken nachhängen zu können.“
Sie sah ihn an. „Was haben Sie da gesagt? Es ist unglaublich, aber exakt die gleichen Worte habe ich vor ein paar Stunden auch benutzt.“ „Nicht Ihr Ernst.“ Er blickte sie freundlich an.
Sie lächelte ihn strahlend an. „Dann sind wir beide voll auf unsere Kosten gekommen.
Na gut, wenn man von der Randale absieht.“
„Das sehe ich anders. Ohne die würde ich nicht hier sitzen.“
Beide schwiegen und sahen sich an.
Was für ein interessanter, distinguierter Mann, stelle sie fest. Kein schöner Mann, schon etwas älter, vielleicht Mitte 50, die Haare braun mit grauen Schläfen, ein sehr markantes Gesicht mit buschigen dunklen Augenbrauen, durchdringendem Blick aus stahlgrauen Augen, gerader Nase, schmalem Mund, tiefem Grübchen im Kinn, Furchen auf Stirn und Wangen.
Er hatte eine ruhige, autoritäre Ausstrahlung, wirkte zurückhaltend aber selbstbewußt und sprach mit leiser, tiefer Stimme.
Verlegen starrte Jane aus dem Fenster. „Jetzt scheint der Regen schwächer zu werden. Wenn Sie möchten, fahre ich schon mal los.“
Langsam fuhren sie Richtung Merryl Road. Die Straßen waren mittlerweile menschenleer.
„Sehen Sie, dahinten steht mein Wagen.“
Sie hielt an und reichte ihm die Hand. „Herzlichen Dank nochmal für Ihre Hilfsbereitschaft und das schöne Gespräch. Ich....es war sehr schön, Sie kennenzulernen.“
Seine große, warme Hand drückte ihre kurz.
Dann griff er zögernd in seine Manteltasche und holte ein kleines silbernes Etui und einen Stift heraus.
Aus dem Etui nahm er eine Visitenkarte, schrieb auf die Rückseite seinen Vornamen und seine Handynummer und reichte sie Jane.
„Ich will mich nicht aufdrängen, aber ich würde mich sehr freuen, Sie einmal wiederzusehen. Vielleicht zu einem weiteren Konzert..... also wenn Sie mögen.“
Sie nahm erfreut die Karte, las seinen Namen und steckte sie in ihre Handtasche.
„Ich würde mich auch freuen...Brian.“
Er nickte ihr kurz zu, stieg aus und ging schnellen Schrittes zu seinem Wagen.
Jane sah ihm noch hinterher, fasziniert von diesem markanten und kultivierten Mann.
Er war nicht sehr groß, vielleicht 1,80 m und hatte eine eher kräftige Statur mit breiten Schultern.
Nein, ein Schönling im herkömmlichen Sinne war er nicht. Sie seufzte leise und startete den Wagen.
Überrascht sah sie dann, wie er sich nochmal umdrehte und zurück zu ihrem Wagen kam.
Sie drehte ihr Fenster runter und sah ihn erwartungsvoll an. „Entschuldigen Sie, ich habe Sie gar nicht nach Ihrem Namen gefragt.“ Er lächelte kurz.
„Ich heiße Jane“. „Passen Sie auf sich auf, Jane.“ Er ging zurück zu seinem Wagen und fuhr los.




Kaum jemand mochte Gregori Pawlow wirklich. Mit seinen sechzehn Jahren überragte er nicht nur alle seine Mitschüler, sondern auch einen großen Teil der Lehrer im CATS, der renommierten Privatschule mitten in London.
Er war der unangefochtene Boss der Schulgang und erste Ansprechperson, wenn es um Alkohol, Zigaretten oder den Schutz der nächtlichen Partys ging.
Die Familie Pawlow war in den Wirren nach der bolschewistischen Revolution in Russland als Flüchtlinge nach England gekommen.
Gregoris Urgroßvater hat sich in kürzester Zeit durch gnadenlose Brutalität und einen messerscharfen Verstand vom Türsteher zum erfolgreichen Inhaber einer Security Firma hochgearbeitet. Einer Firma, die unter den beiden nachfolgenden Generationen prächtig gedieh.

Brian McLoan, Gregoris Freund und Klassenkamerad, war der Seitenspross eines schottischen Adelsgeschlechts. Ihn erwartete väterlicherseits ein Erbe, dass ihn in die Lage versetzen würde, auch ohne eigenen Broterwerb auskommen zu können.
Diese finanzielle Stellung war es allerdings nicht, die Gregori dazu bewog, Brian als seinen Freund zu betrachten.
Vielmehr war es der Ehrgeiz Brians, es ganz ohne sein Erbe an die Spitze der Gesellschaft zu schaffen, aus eigenem Antrieb und durch eigene Arbeit.
Brian bewunderte Gregoris direkte, unverblümte Art, Dinge beim Namen zu nennen, was ihm seine eigene elitäre Erziehung verbot.
Gregori, völlig unbeeindruckt von Brians gesellschaftlicher Stellung, nutzte jede Gelegenheit, ihn laut mit „Mylord“ anzusprechen, nicht ohne ironischem Unterton. Der Freundschaft tat das keinen Abbruch.

David Morrison hatte sehr viel versucht, die Freundschaft Brians und Gregoris zu erlangen. Er war einer der wenigen Schüler am CATS, die mit einem Stipendium ihre Schulgebühren zahlten. Seine Familie hätte sich diese Schule für ihren Sohn nie leisten können – aber David war klug und fleißig, was jedoch die einzigen positiven Attribute waren, die ihm zugeordnet werden konnten.
Neben einem sehr unscheinbaren Äußeren mit dürrem Haar, rotwangigem, breiten Gesicht und hervorquellenden hellblauen Augen, das kein Mädchen wirklich anzog, besaß er eine gewisse hinterhältige Art und die Gewohnheit, mit Geld aus dubioser Quelle zu prahlen. Woher dieses stammte, wußte kein Mensch.
Weder Brian noch Gregori legten großen Wert auf seine Freundschaft. Sie duldeten ihn in ihrer Gruppe.

Nach der Schulzeit verloren die drei sich aus den Augen.



„Mr. McLoan, es wurde ein Brief für Sie abgegeben. Für...Brian. Kein Absender“
Betty Rose, Brians rechte Hand und langjährige Sekretariatsleiterin, kam in sein Büro, einen hellgrauen Umschlag in der Hand.
„Danke, Betty“
Als er allein war, öffnete er den Umschlag und entnahm ihm ein einzelnes Konzertticket. Ein Jazztrompeter, den er nicht kannte, Termin Samstag Abend in zwei Wochen, Waldbühne Prince Wood. Keine Nachricht, kein Name. Erfreut lächelte er und wählte Bettys Kurzwahl.
„Bitte alle Termine übernächsten Samstag verschieben oder stornieren, ich habe meine Pläne geändert.“
Schnell übertrug er den Termin in seinen Kalender und dachte an Jane. Sie wollte ihn also wiedersehen. Die Flügel eines Schmetterlings flatterten kurz durch seinen Bauch, ein Gefühl, das er nicht mehr kannte.

Gedanklich abwesend nahm Jane ihr Handy und schaute, wer anrief.
Es hatten sich personelle Änderungen in ihrer Abteilung ergeben, die viele Überstunden erforderten, die letzten Wochen waren arbeitsintensiv und anstrengend gewesen, sie wurde mit ihrem neuen Vorgesetzten David Morrison nicht warm. Sie konnte ihre Abneigung nicht wirklich begründen, hatte aber insgeheim das Gefühl, es mit einem inkompetenten Blender zu tun zu haben.
Mit Bedauern dachte sie an ihren ehemaligen, nun pensionierten Vorgesetzten, der die Geschicke der Abteilung mit Umsicht und Humor geleitet hatte.
„Jane, Brian hier....ich wollte mich nochmal bedanken für den schönen Abend neulich. Ich hab mir tatsächlich eine CD von diesem Till Brönner bestellt.“
„Gern geschehen, Brian. Das freut mich. Ich hatte irgendwie das Gefühl, der Musiker könnte Ihnen gefallen.“
„Oh ja, hat er. Sagen Sie, haben Sie kommenden Samstag etwas vor? Ich würde Sie gern zum Essen einladen.“
„Ich bin nachmittags in der City verabredet, habe aber am Abend nichts vor. An welche Location haben Sie denn gedacht? Ich würde sehr gern mit Ihnen essen gehen, Brian.“
„Kennen Sie Myers in der Harlington Avenue? Die Küche ist hervorragend. 20 Uhr?“
„Ich werde pünktlich da sein. Ich freue mich.“

„Wow, Myers....nobel geht die Welt zugrunde. Hast du mal die Preise angeschaut? Was ist denn das für ein Typ, mit dem du dich da neuerdings immer verabredest?“
Lisa nahm noch einen Schluck Wasser und setzte sich mit gekreuzten Beinen auf Janes Sofa, sie neugierig anblickend.
„Er ist ein sehr interessanter Mann. Wir reden und lachen sehr viel und er hört die Musik, die ich auch mag.“ „Was weißt du denn von ihm?“ „Nicht viel, wir haben uns bis jetzt nur dreimal getroffen, zwei Konzerte und eine Ausstellung dieser modernen Malerin, von der jetzt alle sprechen. Wir hatten sehr schöne Abende. Ich glaub, er ist Anwalt in irgendeiner Londoner Kanzlei. Er redet nicht allzuviel über sich selbst.“
So ganz konnte Lisa nicht verhindern, dass sie leisen Neid empfand. Janes Wangen glühten und sie sah in ihrem Etuikleid sehr hübsch aus. Und dann hatte sie sich noch einen Juristen angelacht.
Da sie Jane aber sehr gern hatte, drückte sie sie zum Abschied. „Pass auf dich auf, hab einen schönen Abend und ich will morgen alles wissen.“

Leise klirrend stießen Jane und Brian ihre Weingläser lächelnd an. Das Restaurant hatte gehalten, was Brian versprochen hatte, die Location intim, leise Musik, Gespräche und Gelächter im Hintergrund, Gäste und Bedienung eine gepflegte, entspannte Atmosphäre verströmend und das geschmorte Kalbsherz, für das beide sich entschieden hatten, köstlich.
„Jane, was halten Sie von einer Nachspeise?“ Zufrieden legte Brian seine Serviette neben den Teller.
„Puuh, nein danke, ich bin wirklich satt. Es war hervorragend, der Koch versteht sein Handwerk.“
Das Gespräch verstummte. Dann blickten sie sich lange in die Augen.
Sanft berührte Jane dann den Ehering an seiner rechten Hand.
„Brian, warum sitzen wir beide hier?“
Er schaute runter zu ihren Fingern und sagte eine Weile nichts. „Meine Frau starb vor 6 Jahren. Krebs. Ich trage den Ring aus sentimentalen Gründen. Ich... hatte auch bis jetzt keinen Grund, ihn abzunehmen.“
Sie zog ihre Hand zurück. „Das tut mir sehr leid, Brian.“
„Was ist mit Ihnen, Jane? Erzählen Sie mir mehr von sich.“
„Viel gibt es da nicht zu erzählen, ich arbeite in einer Bank, wie Sie wissen und ich lebe allein. Mein erster langjähriger Partner hat mich verlassen und sich eine andere Frau gesucht. Wir waren viele Jahre zusammen.
Mein zweiter fester Partner hat leider getrunken. Erst nur am Wochenende, später täglich. Ich mußte ihn gehen lassen, es ging nicht mehr.
Dann habe ich niemanden mehr kennengelernt, der...“ Sie zuckte die schmalen Schultern und sah ihn an.
Behutsam nahm Brian ihre Hand und strich mit dem Daumen über ihren Handrücken. Dann führte er ihre Hand zu seinem Mund und küsste sie sanft.

„Ich wünsche Ihnen und Ihrer Begleitung noch einen schönen Abend. Vielen Dank und beehren Sie uns bald wieder.“
Nachdem der Oberkellner beide verabschiedet hatte, traten sie auf die Straße und schlenderten schweigend Richtung Parkplatz.
Der Vollmond schien über die Häuser, deren beleuchteten Fenster den Bürgersteig erhellten.
Janes Herz klopfte laut in ihrer Brust, sie fühlte noch seine Lippen auf ihrer Hand.
Viel zu schnell war der schöne Abend vorbei. Bedauernd sah sie in der Ferne ihren Wagen stehen und fragte sich, wie es nun weitergehen würde.
Brian war zu sehr Gentleman, um nicht ihr die Führung und das Tempo zu überlassen, zu kultiviert für plumpe Annäherungsversuche.
Nachdenklich ging sie neben ihm und suchte in der Handtasche ihren Wagenschlüssel.
„Alles in Ordnung? Du bist so still.“
Brian schaute sie aufmerksam an, etwas nervös, ob er womöglich zu weit gegangen war. Der Abend mit Jane war wunderschön gewesen, ihr Gespräch intimer und persönlicher.
Ihre Empfindsamkeit hatte ihn berührt, ihre Schönheit und ihr Intellekt ihn beeindruckt. Nicht eine Minute hatte er sich mit ihr gelangweilt, sie war belesen, interessiert an vielen Dingen und hatte nicht nur Humor, sondern auch einen unerwarteten Hang zu Ironie und Sarkasmus, der seinem sehr ähnelte.
Nach dem Tod seiner Frau hatte er keine feste Beziehung gehabt, es gab eine kurze Affaire mit einer Anwältin für Familienrecht, die er auf einer Konferenz kennenlernte, aber er war nicht wirklich verliebt und beendete sie schnell. Danach stürzte er sich in die Arbeit, vergrößerte seine Kanzlei, war zufrieden mit seinem Leben, aber nicht glücklich.
Nun hoffte er auf ein baldiges Wiedersehen mit dieser faszinierenden Frau.
„Alles in Ordnung, ich bin nur etwas müde.“ Sie lächelte ihn sanft an. „Danke für einen weiteren wunderschönen Abend, Brian.“
Zögernd legte sie ihre Hände auf seine Brust, stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ganz sachte seinen Mundwinkel, ließ ihre Lippen zart über seine streichen, küsste den anderen Mundwinkel, dann seine Lippen. Ihr Mund öffnete sich leicht und ihre kleine Zungenspitze strich zärtlich über seine Unterlippe.
Ein leises Stöhnen kam aus seiner Kehle, ein Arm schlang sich um ihre Taille, eine Hand legte sich auf ihren Hinterkopf. Sein Mund öffnete sich ebenfalls und ihre Zungen begegneten sich zart umspielend, forschend und sanft für eine gefühlte Ewigkeit.
Mit einem kaum hörbaren Geräusch lösten ihre Lippen sich dann langsam voneinander.

„Das ist doch nicht normal, du mußt zu einem anderen Arzt als zu deinem Kurpfuscher.“ Giovanni sah ungeduldig zu Jane, die mit starken Schmerzen verkrampft auf dem Sofa lag und sich eine Wärmflasche auf den Bauch drückte.
„Alle Ärzte und Berichte im Internet sagen das selbe. Entweder starke Schmerzen jeden gottverdammten Monat, oder Operation. Ich kann mich nicht jeden Monat krank melden und ich will nicht von Schmerztabletten abhängig werden.“
„Aber du weißt, dass die Gefahr groß ist, keine Kinder bekommen zu können nach so einer Operation. Ich versteh dich nicht, Jane. Ich will eine Familie.“
Jane schloß die Augen und fragte sich zum wiederholten Male, ob Giovanni in ihr mittlerweile eine wandelnde Gebärmutter sah, die seiner Mutter den Wunsch nach Enkeln erfüllen würde.
Nach Jahren starker Schmerzen und der Diagnose Endometriose, sah sie keine Möglichkeit außer dem Versuch einer Operation.
Nach drei Jahren hatte sich dann Giovannis Befürchtung bestätigt, Jane wurde nicht schwanger, und beide hatten die Mitte 30 hinter sich gelassen.
Rosalie, eine energische Italienerin und Matriarchin der Familie, hatte wiederholt spitze Bemerkungen gemacht, dass sie nun die einzige in ihrem Literaturkreis war, die keine Enkel hatte.
Auch Giovannis Schwester Antonella hielt sich mit Kindern zurück und gab der Karriere den Vorzug, als ob sie ewig fruchtbar bleiben würde, porca miseria.
Die Trennung erfolgte ein weiteres Jahr später, sie gingen freundschaftlich auseinander, Giovanni mit neuer Freundin, die dann auch schnell schwanger wurde, Jane sich nun auf ihre Arbeit, ihre Hobbys und den kleinen aber feinen Freundeskreis konzentrierend.


Jane stützte das Kinn auf ihre Faust und starrte blicklos auf ihren Monitor. Die Geräusche aus den umliegenden Büros waren verstummt, jeder Gedanke richtete sich auf Brian.
Eine Woche war vergangen, seit klar war, dass sich zwischen ihnen eine Beziehung anbahnte. Mit Herzklopfen dachte sie an den Kuss und seine Hand, die ihre Wange gestreichelt hatte.
An Schlaf und Konzentration war kaum zu denken, jede freie Minute telefonierten sie. Diese Minuten waren jedoch selten, die personellen Veränderungen in ihrer Bank forderten sie und auch Brian war in der Kanzlei sehr angespannt.
„Jane, Morrison will dich in seinem Büro sprechen.“ Angela, Sekretärin von David Morrison, dem neuen Abteilungsleiter, verdrehte die Augen nach oben, grinste Jane an und ließ beim Gehen die Tür offen. Seufzend stand Jane auf und begab sich in sein Büro.

David Morrison stand auf den Füßen wippend am Fenster und schaute hinaus auf die Straße. Auf Janes Klopfen drehte es sich um und schaute sie mit einem Lächeln an, von dem er glaubte, es sei charmant. „Nehmen Sie Platz, Jane. Ich darf Sie doch Jane nennen?“
Sie nickte kurz und setzte sich vor seinen Schreibtisch, ihren Widerwillen verbergend.
Von Anfang an verspürte sie eine tiefe Abneigung gegen diesen leicht schmierigen Mann mit seinen erkennbar gefärbten Haaren, dem grobschlächtigen, roten Gesicht und den leicht hervorstehenden hellblauen Augen, die sie nun unverhohlen von oben bis unten musterten. Dieser Mann verbarg sein mangelndes Selbstbewußtsein hinter einem unangenehmen Auftreten.
Von ihren Kolleginnen hatte sie schon von seinen aufdringlichen Blicken und unangebrachten Bemerkungen gehört.
„Mr. Morrison, Sie wollten mich sprechen?“
„Jane, um es kurz zu machen, ich habe mir Ihre Daten angeschaut und mir sind einige Ungereimtheiten aufgefallen. Ich sage es ungern, aber ich habe schwerwiegende Fehler gefunden, die unter Umständen dem Ruf dieser Bank gefährlich werden und Sie den Arbeitsplatz kosten könnten.“
Überheblich lächelte er sie an, ihre Bestürzung auskostend.
Jane starrte ihn an. „Wovon reden Sie, was für Ungereimtheiten?“
„Ich will gar nicht ins Detail gehen. Überprüfen Sie ihre Daten. Ich habe einen gesonderten Ordner in Ihrem persönlichen Postfach hinterlegt. Morgen Nachmittag erwarte ich Ihren Bericht.“
Jane stand auf. „Ich werde mir den Ordner sehr genau durchlesen, Mr. Morrison. Aber ich bin davon überzeugt, dass sich diese Ungereimtheit aufklären wird.“

Leise lächelnd sah Morrison ihr hinterher. Die halbe Nacht hatte er gebraucht, um ihre Arbeit zu manipulieren, nun wollte er die Früchte ernten.
Er hatte seinen Augen nicht getraut, als er sie das erste Mal gesehen hatte. Sie war eine zierliche Person, kaum 1,60 m groß mit weiblicher Figur. Sie strahlte Verletzlichkeit und eine Sinnlichkeit aus, die ihm den Atem raubte. Dennoch spürte man ihre starke Persönlichkeit. Sie würde sich nie mit ihm abgeben, das war ihm bewußt.
In Begleitung der Geschäftsführung die Treppe Richtung Besprechungsraum hochgehend, hatte er eine angenehme dunkle Frauenstimme hinter sich rufen hören „Entschuldigung, bitte lassen Sie mich kurz vorbei, ich habe einen Kunden in der Telefonleitung“ und sie dann leise lachend an ihnen vorbeirauschen sehen, mehrere Aktenordner tragend.
Er hatte ihrem wohlgeformten Po hinterhergeschaut und gewußt, dass er sie nie haben könnte, sie aber besitzen und ihren Willen brechen wollte.

Im Vorraum der Damentoilette stand Jane fassungslos am Waschbecken und wusch sich die Hände. Ihr war leicht übel von dem Schock der mit Sicherheit ungerechtfertigten Vorwürfe und die große Abneigung gegen ihren neuen Vorgesetzten.
Langsam ging sie dann in ihr Büro und schloß die Tür.
Zögernd öffnete sie den angekündigten Ordner in ihrem Postfach und las stirnrunzelnd völlig absurde Tabellen und Zahlen, falsche Währungsumrechnungen und Beträge, die nicht nachzuvollziehen waren.
Mit hochroten Wangen wählte sie dann Morrisons Durchwahl. „Mr. Morrison, ich weiß nicht, woher Sie diese Tabellen haben, aber das ist nicht meine Arbeit.“
„Jane, ich habe gleich eine Besprechung, bitte kommen Sie doch danach in mein Büro, ich müßte um ungefähr 19 Uhr fertig sein.“
Zufrieden legte er den Hörer auf, fuhr seinen Rechner runter und rief seiner Sekretärin Angela ein fröhliches „Goodbye, bis morgen“ zu.
Die paar Stunden konnte er woanders schöner verbringen als im Büro.

Kurz vor 19 Uhr klopfte Jane nervös an Morrisons Bürotür. Die meisten Kollegen waren schon im Feierabend, nur Angela ordnete noch ihren Schreibtisch und der freundliche Raumpfleger Tony leerte die Papiereimer.
„Morrison hatte eine Besprechung? Das wüßte ich aber. Der ist um 15 Uhr nach Hause gefahren.“
Angela verstummte, als sich die Aufzugtür öffnete und Morrison zielstrebig auf die beiden Frauen zuging.
„Angela, Sie fleißiges Bienchen, es wird Zeit, dass Sie Feierabend machen. Jane und ich haben noch Dinge zu besprechen, wir schließen dann alles ab.“

„Mr. Morrison, ich weiß nicht, wessen Daten Sie mir geschickt haben, aber diese stammen ganz gewiss nicht von mir.“
Er stand auf und ging zu Jane, legte ihr seine schweißnasse Hand auf die Schulter, streifte dabei ihren Brustansatz und sagte leise „Das werden Sie aber nicht beweisen können. Ich habe natürlich Kopien erstellt und alles deutet auf Ihre Arbeit. Aber ich will Ihnen helfen, Jane. Niemand muß etwas erfahren. Wenn Sie verstehen.“
Jane sprang auf. „Das höre ich mir nicht an.“
Morrison hielt sie am Arm fest und wollte sie zu sich ziehen. Wütend stieß sie ihn von sich und stürmte aus dem Büro.

„Ich wußte nicht, dass Gerard Richer auch fotografiert. Ich dachte, er sei Maler.“ Ergriffen standen Jane und Brian in der großen Ausstellung berühmter Fotografen und bewunderten die Landschaftsaufnahmen Richers.
„Die Landschaften finde ich wunderschön, besonders die Küstenaufnahmen. Nur mit diesen verschwommenen Frauenportraits kann ich nicht viel anfangen, die gefallen mir nicht.“ Brian lächelte sie an. „Ich bin offensichtlich ein Kulturbanause.“ Er zog sie zu sich und küsste kurz ihre Schläfe.
„Nein, bist du nicht. Jeder betrachtet Kunst aus seinem individuellen Blickwinkel. Man muß doch nicht alles mögen.“
Liebevoll blickte Jane hoch zu Brian. Wie schön, dass sie ihn für diese Ausstellung begeistern konnte. Überhaupt wirkte er an allem interessiert, das ihr gefiel.
Nachdenklich blickte sie aus dem Fenster. „Ich wünschte, ich könnte meine Kamera einpacken und an der Küste auch so schöne Aufnahmen machen.“
„Du fotografierst? Das hast du mir noch gar nicht erzählt.“
„Ja, das ist meine Leidenschaft. Ich habe vor einigen Jahren Kurse besucht und mir dann eine gute Kamera, eine Leica, geleistet. Ich glaub, ich sollte tatsächlich mal wieder anfangen, dieses Hobby zu pflegen.“
Sie küsste sein Kinn und murmelte „Zum Beispiel eine Großaufnahme dieses umwerfenden Grübchens machen.“ Brian grinste und freute sich insgeheim über diese zärtliche Geste.
Später saßen sie im Museumscafe, tranken Tee und blätterten durch die Kunstbücher, die Jane unbedingt hatte kaufen müssen.
„Jane, ich hatte gehofft, dass dir etwas auffällt.“ Sie blickte hoch und betrachtete ihn. Er hob seine rechte Hand, wo deutlich erkennbar etwas fehlte.
„Du hast deinen Ring abgenommen“ flüsterte Jane, etwas unsicher, wie sie reagieren sollte.
„Ja, ich hatte jetzt einen Grund, ihn abzunehmen.“
Er schwieg kurz und sah sie an. „“Jane, ich möchte dich noch näher kennenlernen und dich viel öfter sehen. Ich....bin sehr gern mit dir zusammen. Möchtest du das auch?“
Für einen kurzen Moment durchströmte sie ein Glücksgefühl, sie strahlte ihn an und sagte schüchtern „Ich bin auch sehr gern mit dir zusammen, Brian.“


Gregori Pawlow saß in dem großen Eckbüro eines beeindruckenden viktorianischen Gebäudes im Zentrum Londons. Anfang des Jahres hatte er das Haus gekauft und es als Firmensitz der „Pawlow-Secure ltd.“ herrichten lassen.
Das repräsentative Erdgeschoss und die beiden Obergeschosse waren luxuriös hergerichtet.
Nur die Räume im Keller mit den weiß gefliesten, kahlen Wänden und der spärlichen Möblierung würden seine Klienten natürlich nie zu Gesicht bekommen.
Das laute Rasseln des antiken schwarzen Telefons auf Gregoris Schreibtisch erschreckte ihn mehr, als er sich eingestehen wollte.
Er nahm einen tiefen Zug aus seiner Zigarre und nahm den Hörer ab.
„Ja, Priscilla?“
„Mr. Pawlow, ein Mr. Brian McLoan möchte Sie sprechen, er hat darauf bestanden, mit Ihnen persönlich verbunden zu werden.“ „Schon gut, Priscilla, stellen Sie durch.“
„Mylord, lange nichts von dir gehört, wie ist das werte Befinden?“
Brians angenehmes Lachen klang durch den Hörer.
„Gregori, alter Rabauke, wir haben tatsächlich sehr lange nicht miteinander gelacht.“
„Geh ich recht in der Annahme, dass Du mich nicht im Büro angerufen hast, um mit mir zu lachen?“
Die Stimme am anderen Ende wurde ruhiger und sachlicher. „Ich habe ein Problem. Nun nicht ich, einer meiner Mandanten.“
„Du bist Anwalt geworden! So wie Du es wolltest, Glückwunsch. Aber wie kann ich Deinem Mandanten helfen. Ich gebe einen lausigen Anwalt ab und kann mich ganz sicher nicht mit Dir messen.“
„Ich kannte in der Schule einen Gregori Pawlow, der konnte viele Probleme lösen, ohne selbst in Probleme zu geraten.“
„Nun, vielleicht kann ich Deinem Mandanten helfen, dazu müsste ich aber erstmal wissen, worum es geht.“
Er hörte Brian tief durchatmen. „Das erste Problem ist die Vertraulichkeit, ich kann Dir nicht allzu viel sagen.....Anwaltliche Schweigepflicht!“
„Nun, auch ein geübter Seefahrer sticht ungern bei Nebel in unbekannte Gewässer.“

Brians Lachen löste die angestaute Spannung etwas, dann sagte er „Vielleicht sollten wir Samstag gemeinsam essen gehen? Warst Du schon mal im „Le Gavroche“?“
„Ich habe davon gehört, soll das beste Restaurant in ganz Europa sein – exquisiter Geschmack, Mylord. Bekommst Du dort einen Tisch?“
„Samstag halb Sieben, ich freu mich auf Dich!“

Brian nippte an seinem Martini und schaute zum wiederholten Male auf die Uhr, Punkt halb sieben. Sein Blick glitt zum Eingang und tatsächlich, die Haare grauer, sonst aber nahezu unverändert, betrat Gregori Pawlow das Restaurant und steuerte auf ihn zu, die Arme erhoben. „Mylord!“
Nach einer herzlichen Begrüßung („Du bist noch genauso häßlich wie früher, Mylord.“) setzten die Männer sich an den Tisch, bestellten die Gerichte und begangen leise eine eindringliche Unterhaltung.
Brian wusste, dass er sich jetzt auf dünnes Eis begab. Er würde ohne Auftrag und ohne Wissen seines Mandanten einen der skrupellosesten Menschen Englands mit der Lösung seines Problems beauftragen.
In kurzen Worten schilderte er Gregori den Fall, die Erpressung seines Mandanten durch einen Konkurrenten und die äußerst unangenehmen Folgen, die eine offizielle Untersuchung nach sich ziehen würde, da auch Gregori schnell klar war, dass an den Anschuldigungen des Erpressers etwas Wahres dran war.
„Man muss einem Erpresser die Werkzeuge nehmen.“ Brain blickte Gregori verwirrt an.
„Nun“ fuhr dieser fröhlich fort „ein Erpresser, der verbal erpresst, braucht eine Zunge. Ein Erpresser - wie Deiner hier - der schriftlich erpresst, braucht seine Finger.“
Brain wurde bleich.
„Ich glaube, ich habe kein Interesse an den Einzelheiten, solange die Erpressung endet.“

Eine Woche später betrat Brian morgens den Aufzug zu seiner Kanzlei in der 14. Etage, als sein Handy vibrierte und eine unbekannte Nummer anzeigte. „Ja?“
„Mylord, das Problem ist gelöst.“

„Brian, ich muß wirklich mal raus aus London. Die Arbeit erdrückt mich, es war sehr viel los die letzten Wochen und ich will zur Ruhe kommen, nachdenken, spazieren gehen, fotografieren..... ich werde nächstes Wochenende an die Küste fahren und mich in einer kleinen Pension einmieten. Sag...möchtest du nicht mitkommen?“
Das Handy mit der Schulter ans Ohr geklemmt, durchwühlte Jane ihre Kommode. Irgendwo mußte doch das Weitwinkelobjektiv sein.
„Das klingt wunderbar. Ich wünschte wirklich, ich könnte dich begleiten. Spaziergänge an der Küste, mein Gott, wie lange habe ich das nicht mehr gemacht.“
„Warum kommst du nicht mit? Was hindert dich?“
„Gute Frage. Aber ich habe am Freitag vormittag noch ein Mandantengespräch und am späten Nachmittag eine Telko in die Staaten.“
„Klingt interessant. Hmm, ich habe dich nie wirklich nach deiner Arbeit gefragt, stelle ich fest. Nun, Brian, du könntest doch am Samstag gleich morgens losfahren und wärst um die Mittagszeit da. Dann hätten wir den Samstag und den Sonntag. Was meinst du?“
„Ich meine, dass das eine sehr gute Idee ist. Dann nenn mir mal den Namen der Pension, ich versuche, dort auch unterzukommen. Und bitte fahr vorsichtig.“

Die Wellen der Nordsee rollten schäumend und krachend auf die Küste zu, der Wind wehte Sandkristalle durch die Luft, am Ufer sammelten sich Muscheln, Seegras und Strandgut.
Jane spazierte allein am Strand, den Möwen etwas Brot hinwerfend.
Mit Bedauern erkannte sie, dass sie den Sorgen nicht weglaufen konnte.
Ihren Antrag, Freitag und Montag Urlaub zu nehmen, hatte Morrison süffisant grinsend genehmigt und sie beiseite genommen „Jane, Sie denken noch an unsere kleine Vereinbarung?“
„Es gibt keine Vereinbarung, es steht Aussage gegen Aussage und ich bin keine leichte Beute. Zur Not lasse ich es auf eine Untersuchung und eine Gerichtsverhandlung ankommen.“
Darauf verschwand das Grinsen aus seinem Gesicht und er blickte sie wütend und erregt an. „Wir werden sehen.“
Das Grübeln brachte sie nicht weiter, sie brauchte Hilfe.
Verärgert über sich selbst fragte sie sich, ob Brian der richtige Ansprechpartner wäre oder ob sie ihn lieber nicht in dieser frühen Phase der Beziehung mit Problemen belasten sollte. Ob er als Anwalt für Wirtschaftsrecht überhaupt helfen konnte....nun, sie beschloss, das Wochenende mit ihm zu genießen und erst in der kommenden Woche entweder ihn zu fragen oder sich wenigstens einen Fachanwalt empfehlen zu lassen.

„Wie schön, dass du da bist. Wie war die Fahrt?“ „Angenehmer als erwartet.“ Sie küssten sich sanft.
Dann beäugte Brian kritisch die kleine, von außen etwas heruntergekommene Pension, die sich innen jedoch als behaglich und gepflegt herausstellte und einen herrlichen Blick aufs Meer bot.
Seine Wahl wäre eine luxuriösere Unterkunft gewesen, aber das behielt er für sich.
Jane wirkte zufrieden und das zählte.
„Sie haben leider kein Glück, die Doppelzimmer im Erdgeschoss sind alle belegt, jedoch im Dachgeschoss sind alle Zimmer frei, ich kann Ihnen zwei schöne Einzelzimmer nebeneinander geben.“ Die freundliche junge Pensionsangestellte überreichte Jane und Brian die Schlüssel und verabschiedete sich.

Nach einem harmonischen Nachmittag mit langem Spaziergang Hand in Hand, Gesprächen und Schweigen an der stürmischen See erwartete sie ein überraschend gut besuchtes Restaurant, eine ansprechende Speisekarte und ein brennender Kamin.
Brian leistete gedanklich Abbitte, der Gastraum war wirklich gemütlich und ihr Tisch befand sich in einer lauschigen Ecke, wo sie ungestört waren.
Jane öffnete ihr Laptop und verband diesen mit ihrer Kamera. Kritisch betrachteten beide die vielen Fotos und fanden sie gelungen.
„Die Wolkenbilder sind beeindruckend, Jane, du hast die Stimmung gut eingefangen. Oh, das bin ja ich....das mußt du wieder löschen.“ Brian grinste und scrollte weiter.
„Nein, ganz bestimmt nicht. Das wird nicht gelöscht!“
„Jane, warum ich?“ fragte er dann leise und tauchte in ihre braunen Rehaugen.
„Fishing for compliments, Brian?“ Er lachte auf. „Ja, ein wenig.“
„Du bist mir aufgefallen, weil ich selten ein so markantes, männliches Gesicht gesehen habe. “
Verlegen blickte sie auf ihre Hände, die ihr Weinglas hielten.
„Ich weiß nicht...manchmal kann man nicht beschreiben, was genau einen so fasziniert an einem anderen Menschen. Jedenfalls mußte ich dich immer anschauen.“
Sie blickte auf und sagte ruhig „Noch nie hat jemand mir so freundlich und so subtil seine Hilfe angeboten. Du bist ein ganz besonderer Mann, Brian.“

„Lisa, ich bin´s, Frederic. Sag mal, ich hör nichts von Jane und ihr Handy ist ausgestellt. Weißt du, wo ich sie finde?“
Er lächelte kurz zu seinem Lebensgefährten Michael, der mit einer Gabel gestikulierte und ihn in die Küche winkte. Frederic hob kurz die Hand und lauschte dann Lisa, die zu einem Monolog ansetzte.
„Hallo Frederic, wie geht es euch beiden? Du glaubst es nicht, aber Jane hat sich wohl verliebt. Ist ständig unterwegs mit diesem Typen. Keine Ahnung, ich hab ihn noch nicht kennengelernt. Älterer Typ, Anwalt, soweit ich weiß. Sie hat überhaupt keine Zeit mehr für ihre Freunde, wie es scheint. Dabei wollten wir...“
„Sie hat einen neuen Freund? Das ist ja interessant, das ist mir neu. Michael, hast du gehört, unsere kleine Jane ist verliebt. Lisa, ich muß auflegen. Solltest du von ihr hören, grüße sie.“
Frederic ging in die Küche, wo Michael riesige Berge Spaghetti auf zwei Teller häufte und diese in selbstgemachter Tomatensoße mit Oliven, Basilikum und Chili ertränkte.
„Na, was ist mit deiner Freundin, verliebt? Und nicht in dich?“ Michael grinste und zwinkerte seiner großen Liebe zu.
Nach vielen Jahren als Ehemann und Vater zweier nun erwachsener Töchter hatte Frederic eines Tages beschlossen, seine Neigung nicht mehr zu verheimlichen.
Nächtelang hatte es Gespräche, Tränen und Vorwürfe gegeben, zum Teil von seiner Frau, zum Teil von Michael, der sich in den attraktiven, intelligenten Mann unsterblich verliebt hatte.
Heute war Frederic geschieden, hatte seiner Frau Haus und Hund überlassen und ihr eine großzügige Abfindung ausbezahlt.
Nach Monaten des Schweigens stand sie eines Abends an seiner Tür, nahm ihn und Michael in die Arme und wünschte beiden eine glückliche gemeinsame Zukunft, sie wolle nicht mehr hadern und habe zudem einen -glücklicherweise heterosexuellen- Mann kennengelernt.
Frederic und Jane lernten sich eines Abends in einer Bar kennen, wo er mit Michael verabredet war und sie ihren Kummer über die gescheiterte Beziehung mit Giovanni ertränken wollte.
Etwas wein- und rührselig hatten sie sich erst zugeprostet, um dann die halbe Nacht zu dritt über Liebe, Trennung und Herzschmerz zu philosophieren.
Es war Michael, der sie davon überzeugte, ihren Lebensgefährten Steven, den sie auf der Arbeit kennen- und liebengelernt hatte, aus der Wohnung zu werfen. Dessen alkoholbedingten Ausfälle und seine zunehmende Aggressivität veranlassten ihn und Frederic, Jane die Situation vor Augen zu führen und ihr jede Hilfe anzubieten.
Steven war Vergangenheit, Jane, Frederic und Michael enge Freunde und gegenseitige Kunst- und Kulturbegleiter.
Nun war Frederic etwas verwundert und besorgt, von diesem neuen Mann noch nichts gehört zu haben. Nun, er würde es später noch einmal versuchen und ihr vielleicht eine Nachricht schicken.

Jane trank ihr Glas leer. „Ich liebe Fisch. Und das Gemüse war noch schön bissfest. Wer hätte gedacht, dass so eine kleine unscheinbare Pension einen so guten Koch hat.“
„Ich habs nicht für möglich gehalten, aber hier ist alles perfekt. Das liegt aber nicht nur am Essen, das liegt an meiner Begleitung.“ Brian sah sie an. „Ich bin froh, hergekommen zu sein.“ Unsicher lächelte er Jane an. „Zu dir...“
„Gehen wir bald hoch? Es war ein langer Tag.“
Vor Janes Zimmertür blieben sie unschlüssig stehen. Nach einem langen, zärtlichen Kuss flüsterte sie „ich bin noch ziemlich sandig vom Sturm, ich muß unter die Dusche“ öffnete schnell ihre Tür und verschwand lächelnd in ihrem Zimmer.
Brian schaute einen Moment auf die verschlossene Tür und beschloss dann, ebenfalls duschen zu gehen.
In Boxershorts und T-Shirt legte er sich dann auf das Bett und blätterte unkonzentriert durch das Prospekt, welches die Sehenswürdigkeiten des Küstenortes anpries.
Als es leise klopfte und die Tür aufging, schlug sein Herz höher. Schnell stand er auf.
Vor ihm stand die Frau seiner Träume in einem Bademantel, die noch feuchten Haare nach hinten gekämmt, das Gesicht blank und ungeschminkt.
Ruhig blickte sie ihn an.
Sachte fuhren seine Finger über ihren vollen Mund, die Wangen und Augenbrauen, dann nahm er ihr zartes Gesicht in seine Hände und küsste sie innig auf ihre Lippen, die sich langsam öffneten. Ihre Zungenspitzen streichelten einander, während er seine Arme um sie schlang und sie eng an sich zog.
Für einen Moment standen sie dann da, beide erregt und nervös. Jane streichelte sein Gesicht, fuhr die Kontur seiner Lippen nach, schaute ihm tief in die Augen und flüsterte „Schlaf mit mir.“

Langsam öffnete Brian ihren Bademantel und streifte ihn über ihre Schultern.
Nackt stand Jane vor ihm, noch ein paar Wassertropfen zwischen überraschend vollen Brüsten. Sie hatte eine schlanke Taille, einen kleinen Bauch mit tiefem Nabel und einen weiblich-runden Po.
Wieder fanden sich ihre Lippen. Janes Hände glitten unter sein T-Shirt, streichelten seinen leichten Bauchansatz und die breite Brust. Unter ihren Fingern spürte sie sein Brusthaar. Dann zog sie ihm das T-Shirt aus. Seine Hände strichen an ihren Armen hoch zu den Schultern und dann sanft über ihre Brüste. Ein ganz leichtes Kitzeln in seinen Handflächen sagte ihm, dass sich ihre Brustwarzen aufrichteten.
Aufstöhnend zog er sie küssend zu seinem Bett, wo sich beide auf die Matratze nieder ließen.
Nach zärtlichen Küssen auf seinen Mund, sein Kinn und seinen Hals zwang Jane ihn auf den Rücken und setzte sich neben ihn, die Hände auf Entdeckungsreise. Ihre Finger kraulten sein Brusthaar, streichelten über seinen Bauch und fuhren dann über seine Boxershorts. Er stöhnte auf und hoffte, sie würde ihn endlich ganz ausziehen. Aber ihre Finger ertasteten seine Erektion noch über dem Stoff.
Seine Hände streichelten über ihren Körper, verliebt und sehr erregt blickte er in ihre Augen.
Jane beugte sich zu ihm und küsste ihn wieder, erst sinnig langsam, dann leiden-schaftlicher und zog seine Shorts über seine Beine.
Bewundernd betrachtete sie seinen Schwanz, der steif und groß auf seinem Unterleib lag und sich zuckend bewegte. Zärtlich umfasste sie ihn, ertastete jede Ader, fühlte seine Härte.
„Oh Gott, ich will dich so!“ Brian richtete sich auf, zog sie an sich und zwang sie nun auf den Rücken. Das Blut sang in seinen Adern, das Herz dröhnte in seinem Schädel.
Nach einem leidenschaftlichen Kuss ließ er seine Lippen an ihrem Hals und biss sanft die hochempfindliche Stelle zwischen Schulter und Ohr. Ihr leises Stöhnen und ihre Hände, die sich in seine Haut krallten, ließen ihn erschaudern.
Seine Lippen glitten zu ihren Brüsten und umschlossen eine Brustwarze, die er sanft saugte, während seine Hand die andere Brust streichelte.
Wie im Rausch lag Jane da, eine Gänsehaut über ihrem Körper, ein heftiges Pochen in ihrem Kitzler, ein Prickeln in ihren Schenkeln und Pobacken. Stöhnend flüsterte sie „ich will dich auch so...ich will dich spüren, Brian....Liebster....“
Aber Brian war noch nicht bereit, sie oder sich selbst zu erlösen, er wollte ihre Erregung auskosten, sie schmecken und das Vorspiel hinauszögern. Kurz hoffte er, das auch aushalten zu können. Seine Eichel pochte, sein Schwanz zuckte und er wußte, dass er bald kommen würde. So erregte ihn diese wunderschöne Frau in seinen Armen, die sich wandt und wimmerte vor Lust.
Andächtig betrachtete er ihren Körper und ihr Gesicht, dann spreizte er mit der Hand ihre Knie auseinander. Sein Mund wanderte über ihren Bauch, seine Zunge bohrte sich in den Nabel, dann glitt sie über ihren Venushügel zwischen ihre Beine und strich zart über den feuchten Spalt, der ihren Kitzler nicht mehr verbarg. Aufreizend langsam leckte er diesen und ließ dann seine Zunge in ihre warme Feuchtigkeit gleiten.
Jane seufzte mit geschlossenen Augen auf.
Wieder leckte er ihren Kitzler, bis sie leise aufschrie, denn seine Zunge hatte den richtigen Rhythmus gefunden. Wimmernd gruben sich ihre Hände in seine Haare, ihr Unterleib bebte und dann stöhnte sie laut auf und erschlaffte nach einem intensiven Höhepunkt.
Mit geschlossenen Augen lag sie da, ihre Brustwarzen waren steife Türmchen, ihre Haut war von einer Gänsehaut überzogen. Fasziniert beobachtete Brian sie. Dann öffnete Jane langsam ihre Augen.

Sanft zog sie ihn hoch und zwang ihn wieder auf den Rücken. Noch erregt und leise keuchend bedeckte sie seinen Körper mit Küssen und setzte sich dann langsam auf seinen Schwanz, ihn zärtlich anschauend.
Immer tiefer ließ sie ihn in sich gleiten, bis er sie ganz ausfüllte. Fast tat es weh, so hart und groß war er.
Dann beugte sie sich zu ihm runter, und während sie ihn intensiv mit zärtlicher Zunge küsste, fuhr ihr Unterleib an seinem Schaft hoch und runter, glitt sein Schwanz fast raus aus ihr und dann wieder tief in sie. Er kam ihr stöhnend entgegen, bewegte seinen Unterleib und stieß langsam von unten in sie hinein. Es war wunderbar. Nach jedem Kuss schaute sie ihm tief in die Augen, während ihre Körper sich in einem gemeinsamen Rhythmus liebten.
Dann warf Brian seinen Kopf zur Seite, keuchte laut auf und in heftigen Stößen ergoß er sich in ihren Körper.

Zitternd lagen sie eng umschlungen, ermattet und sprachlos. Sie spürte seinen Saft aus sich herausfließen, seinen erschlafften Schwanz an ihrem Bauch, seinen noch heftigen Atem auf ihrer Haut, seinen Herzschlag an ihren Lippen.
Langsam öffnete er die Augen und schaute sie an. „Mein Gott, Jane, was tust du mit mir.“ Seine Hände strichen über ihren Rücken.
Lange lagen sie da, schauten sich an und sagten nichts. Draußen rüttelte der Wind an den Fenstern, ansonsten war alles still. Haut an Haut schliefen beide ein, erschöpft von dem langen Tag und ihrer intensiven Liebe.

Verwirrt schlug Brian die Augen auf, noch in einem Traum gefangen, in dem er mit seinem alten Schulfreund Gregori einen absurden Dialog führte.
Dann bemerkte er Jane, die ihn aufmerksam beobachtete. „Liebes, wie spät ist es?“ „Gerade drei, wir können noch liegen bleiben.“
Er streckte sich kurz und zog sie dann in seine Arme. „Warum bist du wach, hast du gar nicht geschlafen?“ „Doch, ich habe kurz geschlafen, aber ich bin vom Sturm aufgewacht und dann mußte ich dich anschauen.“ „Ich bin aber lange nicht so sehenswert wie du.“
Sie küssten sich lange und innig, streichelten ihre Körper, konnten nicht mehr aufhören, sich zu berühren und anzusehen. An Schlaf wollte jetzt keiner denken.
Brian rollte Jane auf den Rücken, drängte sich zwischen ihre gespreizten Beine und legte seinen Arm um sie, dass ihr Kopf in seiner Armbeuge lag. Mit sanfter Hand streichelte er ihre Schamlippen und spürte ihre Feuchtigkeit. Eine zarte Hand krallte sich in seine Pobacke, eine streichelte sein Gesicht. „Brian...“
Dann führte er seinen Schwanz zwischen ihre Schamlippen und drang langsam tief in sie ein, seine Augen in ihren gefangen, ihren Namen immer wieder flüsternd.

Träumend saß Jane auf einem großen Felsen und beobachtete die Wellen. Möwen flogen dicht über sie hinweg und kreischen laut.
Brian hatte sich sehr unwillig von ihr verabschiedet und sie lange umarmt. Das Gesicht an seine Schulter gelehnt, überlegte sie kurz, ihm von ihren Problemen mit David Morrison zu erzählen.
Da löste er sich aus ihren Armen und ging zu seinem Wagen. „Brian....“ rief sie ihm hinterher. Er dreht sich zu ihr um und lächelte. „Fahr vorsichtig“.
Die Gelegenheit war verstrichen. Ihr Blick folgten dem grünen Jaguar, bis er hinter dem Wäldchen abbog.

Langsam fuhr Jane in ihrem Mini Clubman hinter einem LKW Richtung London, Alltag, Büro...und Morrison. Sie drehte das Radio leiser und überlegte angestrengt ihr weiteres Vorgehen.
Morrisons Anschuldigungen waren lächerlich und würden keiner Untersuchung standhalten. Dennoch hatte sie ein äußerst ungutes Gefühl. Ihre Reputation stand auf dem Spiel, da ein Teil jedes Gerüchts und jeder Anschuldigung an einem selbst haften bleibt.
„Vielleicht sollte ich Brian doch in der Kanzlei aufsuchen.“ Sie nickte sich zuversichtlich im Rückspiegel zu.

Später saß sie an ihrem Küchentisch, rührte versonnen in ihrem Tee und besah sich immer noch unschlüssig Brians Visitenkarte. Eine schlichte weiße Karte.
McLoan & Partners, Adresse, Telefonnummern und email-Adresse. Ob Brian einer der Partner war? Bis jetzt hatten sie das Thema Arbeit recht beiläufig erwähnt, im Grunde hatte er nur kurz erwähnt, Jurist für Wirtschaftsrecht zu sein. In ihrer Freizeit wollte Jane auch nicht zu viel über ihre eigene Arbeit reden. Schon gar nicht jetzt, wo sie sich morgens überwinden mußte, ins Büro zu fahren.
Die goldene Schrift auf der Visitenkarte erschien ihr ein wenig aufdringlich, wahrscheinlich gehörte das aber zum guten Ton.
Entschlossen wählte sie die oberste Nummer.
„McLoan and Partners, mein Name ist Betty Miller, wie kann ich Ihnen helfen?“
„Guten Tag, mein Name ist Jane Hallwood. Ich würde mich gern in einer rechtlichen Angelegenheit juristisch beraten lassen.“
„Handelt es sich um eine privatrechtliche Angelegenheit oder ist das Problem eher beruflicher Art?“
„Das ist leider nicht ganz eindeutig, ich befürchte, dass die Grenze zwischen privat und beruflich hier überschritten wird.“
„Oh, in diesem Falle würde ich Dr. Hofman empfehlen.“ Jane hörte das leise Klackern einer Tastatur.
„Also, Mrs Hallwood, wäre es Ihnen möglich, schon heute vormittag in die Kanzlei zu kommen? Dr. Hofman hätte um 11 Uhr noch einen freien Termin.“

Beeindruckt stand Jane vor dem imposanten Hochhaus in Londons teuerster Gegend,
einem Ungetüm aus Stahl und Glas. Ein Messingschild neben dem Eingang wies auf mehrere Kanzleien hin, Arztpraxen und ein großes Versicherungsunternehmen.
Die Kanzlei McLoan & Partners befand sich ganz oben in der 14. Etage.
Als sich die Aufzugtür öffnete, schritt Jane langsam durch ein beeindruckendes Foyer, in dem sich linker Hand der Anmeldetresen in einer Art Glaskäfig befand.
„Guten Tag, mein Name ist Jane Hallwood. Ich habe um 11 Uhr einen Termin.“
Im Wartezimmer ließ sie das Formular zur Datenerhebung unausgefüllt und legte das Klemmbrett auf einen Beistelltisch.

„Darf ich Sie in mein Büro bitten, Mrs Hallwood.“ Sie schaute überrascht zu dem jungen Mann, der mit schwarzem Vollbart und langen, bis zur Hüfte reichenden Dreadlocks eher an einen Rockstar als an einen Anwalt erinnerte.
„Mein Name ist Dr. Jonathan Hofman. Bitte erzählen Sie mir von Ihrem Problem.“
Er lächelte leicht, natürlich war ihm bewußt, dass seine Mandanten sich erstmal von seinem Äußeren irritieren ließen.
Seine klugen Augen musterten Jane, die sich nervös aufrecht setzte und ihm dann detailliert von ihrem Vorgesetzten David Morrison erzählte, von der Bank, in der sie arbeitete und den lächerlichen aber beängstigenden Anschuldigungen.
„Hat er Sie belästigt, Mrs Hallwood?“ fragte Jonathan leise und machte sich eifrig Notizen.
„Ja, aber subtil. Er meinte, wir könnten uns einigen, ohne dass jemand etwas erfährt.“
Jonathan schnaubte verächtlich und schaute sie dann freundlich an.
„Machen Sie sich keine Sorgen, in der Tat klingt die ganze Sache lächerlich. Aber ich habe vollstes Verständnis für Ihre Beunruhigung. Unschöne Geschichten bleiben hängen und jeder dichtet etwas dazu. Nun, da sehe ich unter anderem den Fall von schwerwiegender Rufschädigung. Wir können.......“ Er stutzte und blickte zu der sich nun öffnenden Tür.

„Betty, wo ist Jonathan? Ist er endlich beim Friseur?“ Betty lachte und blickte von dem Schriftsatz auf, den Brian ihr lange diktiert hatte.
„Mr McLoan, Sie wissen, dass Jonathan eher kündigen würde, als sich von seiner Haarpracht zu trennen.“
Brian schnaubte, mußte dann aber auch lachen. Jonathans Mähne war zwar Ziel vieler Späße, aber er war froh, den äußerst kompetenten Fachanwalt für Straf- und Arbeitsrecht für sich gewonnen zu haben. Er sah ihn bereits als weiteren Partner. Aber gut, das hatte noch Zeit.
Nun schritt Brian Richtung Jonathans Büro, ein Dokument in den Händen haltend. Nach kurzem Klopfen öffnete er die Tür „Jonathan, ich würde gern mit.....“ und blieb wie angewurzelt stehen. Jonathan schaute ihn neugierig an „Mr McLoan, was gibt es denn?“
Langsam drehte Jane sich auf ihrem Stuhl um und starrte ihn an.
Brian hob kurz das Dokument in seiner Hand und schloß dann leise die Tür, nicht ohne noch einmal verwirrt zu Jane geblickt zu haben. Was zum Teufel machte sie hier in seiner Kanzlei?

Jonathan blickte entschuldigend zu Jane. „Mr Mcloan ist manchmal etwas ungeduldig.“
„Das war Mr McLoan?“ „Ja, der Geschäftsinhaber, allerdings Fachanwalt für internationales und nationales Wirtschaftsstrafrecht und zudem terminlich sehr angespannt. Aber ich denke, ich kann Ihnen auch helfen, Mrs Hallwood.“
Jonathan überflog seine Notizen und blickte dann hoch. „Wie fahren wir fort, möchten Sie anwaltlich vertreten werden? Ich bin optimistisch, dass sich die ganze Angelegenheit schnell lösen lassen wird. Vielleicht braucht es auch nur einen Brief an Ihren Vorgesetzten. Diesen Mr.... Morrison.“ Er grinste. „Und so etwas heutzutage. Unfassbar. Mich ärgert nur, dass Sie so besorgt sind.“

Jane war noch wie erstarrt und hatte Jonathan kaum zugehört.
Brian war McLoan. Der McLoan. Der Inhaber dieser renommierten Kanzlei in Londons teuerster Gegend.
Langsam stand sie auf.
„Dr. Hofman, ich danke Ihnen sehr, dass Sie sich Zeit für mich genommen haben. Aber ich muß noch einmal über die Sache nachdenken. Ich melde mich bei Ihnen.“
Überstürzt verließ sie die Kanzlei, Betty ignorierend, die mit dem nicht ausgefüllten Formular winkte. Sie lief durch die Straße zu ihrem Wagen und fuhr heim, beinahe eine rote Ampel mißachtend.

Jonathan starrte eine Weile auf die Tür, durch die Jane so schnell verschwunden war.
Achselzuckend speicherte er nochmal seine Notizen und machte sich auf den Weg zu seinem Chef.
„Jonathan, den Fall Anderson kann und will ich nicht übernehmen, die Verhandlungen in den Staaten reichen mir schon.“
„Sie möchten also, dass ich Anderson oberste Priorität einräume.“ Jonathan ging zur Tür und wurde nochmal von Brian zurückgerufen.
„Die junge Frau eben....was wollte sie denn?“
Jonathan erzählte in knappen Worten, was Jane bewogen hatte, sich rechtliche Beratung zu suchen.
Brian schüttelte mit verächtlicher Miene den Kopf. So eine dämliche Geschichte hatte er lange nicht gehört. Aber dass Jane sich sorgte, das machte ihn wütend. Warum hatte sie nichts erwähnt?
„Sie haben den Namen der Bank?“ „Ja, ich habe sogar den Namen ihres Vorgesetzten. Ein David Morrison. Sagt mir nichts.“
Brian nickte nachdenklich „Danke, Jonathan, das war´s erstmal.“
Eine Weile blickte er aus dem Fenster.
Für einen Moment sah er Janes zartes Gesicht in seinen Händen, ihre dunklen Rehaugen und ihr vollen Lippen, spürte ihre Küsse noch einmal.
„Morrison, du hast nicht die leiseste Ahnung, mit wem du dich eingelassen hast.“

„Wie kann eine intelligente Frau so naiv sein, ich kapiere es nicht. Du fährst mit einem Mann, den du nicht weiter kennst, mal eben so in eine Pension. Du weißt doch nichts über ihn. Vielleicht ist er ein Psychopath oder sowas.“
„So ein Quatsch, Lisa, nun übertreibe nicht. Er ist ein seriöser Anwalt, kein Irrer.
Leider hat er mir nie erzählt, wer er wirklich ist. Um ehrlich zu sein, haben wir kaum über unsere Berufe geredet. Ich bin mir nicht sicher, ob er überhaupt weiß, in welcher Bank ich arbeite. Wir hatten so viele andere Themen.“
Kurz kam Jane die wunderschöne Nacht an der Küste in den Sinn und sie errötete.
Lisa fuhr ihren Rechner hoch und öffnete Wikipedia. „So, also Brian McLoan. Dann wollen wir mal sehen.“
Die Frauen steckten die Köpfe zusammen und lasen den Wiki Artikel über Brian Dennis McLoan, Inhaber einer der Kanzleien, die dem sogenannten Magic Circle, dem Kreis der fünf umsatzstärksten Kanzleien Londons angehörte.
Sie lasen über das alte aber verarmte schottische Adelsgeschlecht, den Seitenarm, dem er angehörte, sein zu erwartendes Erbe, lasen über seine Vita als Fachanwalt für internationales und nationales Wirtschaftsstrafrecht, den Tod seine Frau, die geplante Fusion mit einer New Yorker Kanzlei. Es gab nicht wenige links zu Artikeln, die wenigstens seinen Namen oder seine Kanzlei erwähnten.
„Puuuh, das ist heftig. Jane...du hast dir einen Staranwalt geangelt. Er soll sogar im Wirtschaftsministerium als Berater tätig sein. Da wird man ja direkt neidisch.
Warte mal, hier ist ein link zur Sun. Was hat denn dieses Schmierblatt über ihn zu schreiben? Aaah, hab ich mir gedacht. Guck mal, Jane. Dein Liebster ist einer der begehrtesten Junggesellen Londons, wenn nicht gar Englands. Naja, George Clooney ist er aber nicht gerade.“
Jane starrte auf den Artikel und auf sein Foto aus deutlich jüngeren Jahren. Kein Zweifel, das war der Mann, in den sie sich unsterblich verliebt hatte.
Sie verbarg ihr Gesicht in ihren Händen und schüttelte den Kopf.
„Er hat nichts davon erwähnt, gar nichts. Er sagte nur, er sei Jurist und verwitwet. Ich dachte, er sei ein angestellter Anwalt in irgendeiner Kanzlei. Er wirkte so...so...normal, also den Staranwalt oder seinen Status hat er nie raushängen lassen. Wir haben kaum über die Arbeit geredet.
Wir haben uns immer in der City verabredet, ich war nie beim ihm zuhause und er nie hier.
Lisa, was soll ich tun? Ich bin wahnsinnig verliebt in ihn, aber ich bin nur eine kleine Angestellte.
Ich könnte gesellschaftlich nie mithalten, ich verkehre nicht in seinen Kreisen und kenne mich dort nicht aus. Mein Gott, er verkehrt im Wirtschaftsministerium!
Das ist mir alles eine Nummer zu groß. Wir spielen in sehr unterschiedlichen Ligen.
Und jetzt weiß ich noch nicht mal, ob ihm unsere Treffen und das Wochenende an der Küste soviel bedeutet haben wie mir.“
Jane seufzte und ging ans Fenster. Unglücklich starrte sie blicklos auf die regennasse Straße.

Ein leises Klopfen an seiner Bürotür riss Gregori Pawlow aus seinen Gedanken. Priscilla, seine überaus tüchtige und energische Sekretärin mit einschüchterndem Blick aus kalten blauen Augen und grauem Dutt auf dem Kopf, öffnete die Tür und kündigte seinen Besuch an. „Mr McLoan ist da.“
„Na, dann hereinspaziert, Mylord.“
„Dein Hausdrachen hat mir mitgeteilt, dass ich drei Minuten zu spät bin.
Respekt, Gregori, keine Söldnerarmee kommt an ihr vorbei, ohne dass sie es genehmigt, wie es scheint.“
Beide lachten und setzten sich an den Besuchertisch, wo Gregori sich eine kubanische Zigarre anzündete und Brian durch den aufsteigenden Rauch neugierig anblickte.
Nach wenigen Minuten wurde Brian klar, dass Gregori nicht bereit war, das Gespräch zu beginnen.
Er lehnte sich vor und sah Gregori fest in die Augen „Ich kann davon ausgehen, dass niemand von diesem Gespräch erfahren wird.“
Gregori starrte ihn wortlos an.
„Du erinnerst dich an David Morrison? CATS, siebte bis zwölfte Klasse?“
„Vage....was ist mit ihm?“
In knappen Worten berichtete Brian, dass Morrison eine ihm unterstellte Mitarbeiterin in der Bank mit manipulierten Daten erpresste. Die Einzelheiten zu Jane, sein Verhältnis zu ihr und den Umstand, wie er an dieses Wissen gekommen war, behielt er für sich.
„Der Morrison also?“ sagte Gregori knapp. „Der Morrison.“ erwiderte Brian ebenso kurz.
Grinsend schaute Gregori von seiner Zigarre hoch.
„Nun, das dürfte für meine Hacker kein allzu großes Problem sein. Und im Notfall muß man einem Erpresser seine Waffen wegnehmen. Du erinnerst dich?“
„Bitte keine Details, Gregori.“
„Worin besteht eigentlich Dein Interesse an diesem Fall?“ Brian erkannte, dass der Versuch, Gregori etwas zu verheimlichen, aussichtslos war und bemerkte, wie ihm eine leichte Röte aus dem Kragen kroch.
Auch Gregori blieb das nicht verborgen, er grinste. „Etwas persönliches also. Warum nicht. Ich kann Erpresser nicht ausstehen – natürlich übernehme ich den Fall.“
„Ich kann Erpresser nicht ausstehen“ das klang aus Gregoris Mund wie die Beteuerung eines Wolfes, vegan zu leben...aber sei´s drum.



Eine Woche hatte David Morrison sich zurückgezogen und Jane in Ruhe gelassen.
Nun saß er nachdenklich an seinem Schreibtisch, starrte auf seinen Monitor und träumte von einer nackten und ängstlichen Jane, auf einem weißen Laken liegend und ihn erwartend.
Mit einem energischen Kopfschütteln verscheuchte er die Bilder, noch war es ihm nicht gelungen, ihren Widerstand zu brechen.
Er sah auf den Monitor. Geschickt hatte er ihre Daten manipuliert, es würde viel Zeit und Können erfordern, diese Manipulation aufzudecken und auch dann wäre es fast unmöglich, die Spur bis zu ihm zurückzuverfolgen. Ein zufriedenes Lächeln legte sich auf seine feisten, roten Wangen.
Der Klingelton seines Telefons riss ihn endgültig in die Gegenwart. „Morrison“ meldete er sich knapp, auf die unbekannte Rufnummer blickend.
„David, ich weiß, was du getan hast. Und glaub mir, du wirst damit nicht durchkommen.“
David erschrak. „Wer sind Sie und was wollen Sie?“
„Das werde ich dir gleich sagen. Und sei sicher, dass Gregori Pawlow keine Scherze macht.“
„Gregori“ lachte David nervös „das ist ja eine Ewigkeit her. Wie geht es dir?“
„Nun, ich mache mir eher Gedanken, wie es dir gehen wird. Erpressung, David, das ist doch gar nicht Dein Metier.
Ich befürchte, Du hast hier mehr abgebissen, als Du kauen kannst.“

„Erpressung? Ich hab keine Ahnung, wovon Du sprichst“ sagte David und der erste Schweißtropfen rann über seine rote, herabhängende Wange.
„Ach so, nun, wenn Du in Deiner Bank keine Daten mit einem für meine Hacker leicht nachzuvollziehenden Quellcode manipuliert hast, um damit eine gutaussehende Mitarbeiterin zum Sex zu erpressen, dann hast Du ja nichts zu befürchten.“

Die halbe Nacht saß David in der Bank. Verschwitzt, ängstlich und hektisch machte er jede einzelne Manipulation rückgängig.


„Mr McLoan, hier ist wieder ein Brief für Sie. Kein Absender.“ Betty kam in Brians Büro und legte den hellgrauen Umschlag, den er gut kannte, auf den Schreibtisch.
Erfreut lächelte Brian Betty an. „Danke sehr, Betty. Übrigens steht Ihnen die neue Frisur sehr gut.“
Betty schmunzelte. Ihr Chef hatte sich die letzten Monate verändert. Der ernste, oft mürrische, aber immer höfliche Mann lächelte jetzt häufiger und wirkte locker und irgendwie glücklich. Na, da war wohl jemand verliebt. Sie gönnte es ihm von Herzen nach sechs langen Jahren als Witwer. Ihn fragen mochte sie nicht, ihr Verhältnis war rein beruflicher Art.
Nachdem Betty das Büro verlassen hatte, öffnete Brian den Umschlag, neugierig, was Jane sich wieder hatte einfallen lassen. Vielleicht wieder ein Konzert. Sie hatten zum Beispiel begeistert festgestellt, dass beide die Soulsängerin Randy Crawford sehr mochten. Er wußte zwar nicht, welche Events in London angekündigt waren, aber er vertraute auf Jane. Sie würde ihm einen wunderbaren Abend bescheren.
Dann las er fassungslos und schockiert ihren Brief.

„Brian,

ich habe mich nach langem Nachdenken entschlossen, dich nicht wiederzusehen.
Mein Besuch in deiner Kanzlei hat mir vor Augen geführt, dass wir aus sehr unterschiedlichen Welten kommen. Ich sehe für uns keine Zukunft.
Weder kann ich dir das bieten, von dem ich glaube, dass du es gewohnt bist, noch bin ich
bereit, nur eine Liebschaft zu sein. Ich hatte keine Ahnung, wer du wirklich bist.

Jede Minute mit dir war wunderschön und wird mir die kostbarste Erinnerung bleiben.
Du hast für immer einen Platz in meinem Herzen.
Ich bin verzweifelt.

Bitte rufe mich nicht an.

Jane“

Hektisch suchte Brian sein Handy und wählte Janes Nummer. „Bitte nicht, Jane, bitte tu mir das nicht an“ murmelte er vor sich hin, bis er mit wachsender Trauer sah, dass sie seine Nummer blockiert hatte.
Lange saß er an seinem Schreibtisch, starrte vor sich hin und registrierte nicht, wie die Sonne unterging und es dunkel wurde. Er sah nur Jane vor sich und wußte nicht, was er falsch gemacht hatte.


„Was zum Henker ist ein Seeschelm? Glaub ja nicht, dass ich das durchgehen lasse. Schon gar nicht auf dem dreifachen Wortwert.“ Frederic nahm die Buchstaben vom Scrabblebrett, während Lisa kicherte.
Sie und Jane waren zu einem Spieleabend mit Wein und Käseplatte eingeladen.
„Ich kann nichts dafür, dass ihr so ungebildet seid. Der Seeschelm ist natürlich ein Tiefseefisch, der ausgestorben ist oder noch nicht entdeckt wurde und nur mir und wenigen renommierten Wissenschaftlern bekannt ist.“
Grinsend legte Michael seine Spielsteine zurück und prüfte, ob er die Buchstaben anders legen konnte.
Jane legte ein falsch geschriebenes Wort, zuckte die Achseln und murmelte „Ich kann nichts legen.“ Sie schaute ihre drei Freunde an. „Ich kann mich nicht konzentrieren.“
Da Tränen in ihren Augen brannten, stand sie auf und ging zur Toilette.
„Was hat sie bloß, den ganzen Abend ist sie so still.“
Dann hörten Frederic, Michael und Lisa aus dem Bad ein lautes Schluchzen. Erschrocken sahen sie sich an und Frederic ging zur Badezimmertür. „Jane, Liebes, ich komm rein.“
Weinend saß Jane auf dem Badewannenrand, das Augen-Make up verschmiert und das Gesicht rot.
„Es tut mir leid, ich wollte euch den Abend nicht verderben. Ich weiß nicht mehr, was ich denken soll. Ich hab wohl alles falsch gemacht.“
Weinend ging sie ins Wohnzimmer zurück, eine Hand Frederics liebevoll auf ihrem Rücken.
Dann erzählte sie ausführlich von dem Mann, in den sie sich verliebt hatte und der ihr nicht mehr aus dem Kopf ging, von ihrer Sehnsucht nach ihm, der Kanzlei, dem Abschiedsbrief und ihren Zweifeln, das richtige getan zu haben.
„Jane, das haben wir doch besprochen“ sagte Lisa mitfühlend. „Er ist eine Hausnummer zu groß, und die Gefahr besteht doch, dass er dich nur als seine Mätresse haben will. Das willst du doch nicht.“
Michael verdrehte die Augen. Er war froh, nichts mit Frauen zu tun zu haben. Er schätzte die Freundschaft zu Jane sehr, aber um ehrlich zu sein, fand er sie wie alle Frauen kompliziert und etwas nervig. Immer mußten sie aus allem ein Drama machen, meine Güte.
„Moment mal, Lisa, was redest du da eigentlich. Du solltest dich mal hören. Du klingst, als gäbe es für diesen Brian keinen anderen Grund außer Sex, um mit Jane zusammen sein zu wollen. Vielleicht hat er sich ja auch verliebt. Und so wie es klingt, prahlt er nicht mit seinem Status, im Gegenteil. Er klingt eher sehr bescheiden. Als ob ihm alles andere unwichtig ist, wenn er mit Jane zusammen ist.“
Michael schaute von Lisa zu Jane und lächelte sie an. Jane und Lisa starrten ihn an.
Frederic füllte erneut alle Gläser.
„Ich glaub, Michael hat recht. Nach dem Wunsch, eine Mätresse zu haben, klingt die Sache wirklich nicht. Jane, ich sags ungern, aber du hast hysterisch und dumm reagiert. Du hättest ihm deine Befürchtungen erzählen können. Oder hattest du Angst, er reißt dir den Kopf ab?“
Lisa setzte sich aufrecht und machte den Mund auf, um Jane in Schutz zu nehmen.
Ruhig sagte Michael „Lass gut sein, Lisa. Entweder trägt Jane nun die Konsequenzen ihres Handelns wie ein erwachsener Mensch und jammert nicht rum – oder sie geht zu ihm und spricht mit ihm. Er hat es verdient. Ich kenne ihn nicht, aber der Mann ist mir sympathisch. Halt dich einfach mal raus.“
Lisa schaute ihn leicht beleidigt an und nippte dann stumm an ihrem Chardonnay.

In dieser Nacht lag Jane schlaflos in ihrem Bett, die Vorhänge geöffnet, den riesigen Mond betrachtend. Gedanken rasten durch ihren Kopf. Brief? Anruf? Auf ihn vor der Kanzlei warten?
Sie mußte ihn sehen und mit ihm reden. Wie hatte sie an ihm zweifeln können und warum hatte sie sich nicht getraut, mit ihm über die höchst verschiedenen Welten, die sie trennten, zu reden. Brian....
Langsam fuhren ihre Hände sanft über ihre Brüste, als sie an die wunderschöne Nacht in der kleinen Pension an der Küste dachte. Wie er sie im Arm gehalten und am frühen Morgen im ersten Dämmerlicht des Tages langsam und sehr ausdauernd ein zweites Mal geliebt hatte, sie mit den Augen verschlingend, ihren Namen flüsternd. Sie vermisste ihn so, seine ruhige und respektvolle Art, seine Stimme und jeden Zentimeter seiner Haut.
Langsam glitten ihre Hände den Bauch hinab zwischen ihre Schenkel. Sie wünschte sich so, die Finger, die sie nun streichelten, wären seine.
Nach einem intensiven Höhepunkt drehte sie sich auf die Seite und schloß die Augen. Bevor sie einschlief beschloß sie, Brian wiederzusehen und ihm alles zu erzählen – wenn er sie denn überhaupt noch anhören wollte.

„Lloyds Banking Group, Abteilung Bilanzen, mein Name ist Hallwood, guten Tag....“ stirnrunzelnd blickte Jane auf die unterdrückte Rufnummer. Normalerweise erreichten sie Anrufe aus der Zentrale.
„Jane, Sie kennen mich nicht, aber ich kenne Ihr Problem. Es hat sich erledigt. Guten Tag.“
Bevor Jane reagieren konnte, hatte Gregori schon wieder aufgelegt.

„Mylord, erst hört man Jahrzehnte nichts voneinander und nun hat es den Anschein, du bräuchtest eine Standleitung in mein Büro. Was kann ich für dich tun? Oder willst du hören, wie Morrison winselnd auf der Streckbank gestanden hat?“
Gregori lachte auf und redete dann weiter „nein, ich habe nur ein paar Andeutungen machen müssen, um seine Hose zu füllen wie die Windel eines Babys mit Durchfall.
Meine Hacker haben ein paar Minuten gebraucht, um alles wieder hübsch zu machen. Die Dame hat also nichts zu befürchten.“
„Wegen ihr rufe ich nochmal an. Ich brauche ihre Privatadresse.“ „Sag bloß....“
„Frag nicht, Gregori, gib sie mir einfach. Bitte.“

Es dauerte keine 15 Minuten, bis dieser anrief und Brian eine Adresse im Stadtteil Marylebone durchgab. „Keine schlechte Gegend. Passt zu ihr.“ Brian notierte sich die Straße und atmete tief durch. „Danke, Gregori.“
„Ich hab mal schnell geguckt....sie ist keine kleine Sekretärin, sie hat schon eine gehobene Stellung mit entsprechendem Jahresgehalt. Willst du noch mehr wissen, Mylord?“
„Nein danke, ihre Adresse reicht mir.“ Brian legte auf und eilte zu seinem Konferenzraum, wo die Belegschaft auf ihn wartete.

Spät abends zuhause in seinem Schlafzimmer suchte er über Google Maps Janes Adresse und las sich die Webside der Lloyds Banking Group durch, wo er jedoch weder Namen noch Durchwahl der Mitarbeiter fand.
Müde von einem weiteren arbeitsintensiven Tag klappte er dann den Rechner zu und legte sich zurück in sein Kissen. Er würde morgen in der Zentrale von Lloyd anrufen müssen.
Jane... Er schloß die Augen und dachte an ihre erste Begegnung, an die schüchternen Blicke, die sie ihm in dem Jazzclub zugeworfen hatte und an ihr strahlendes Lächeln. Dann schweiften seine Gedanken zu ihrer ersten und leider letzten Nacht in der kleinen Pension.
Er öffnete die Augen und starrte nachdenklich an die Decke.
Sie war ein stilles Wasser, das in der Liebe zu einem Strudel wurde und ihn mitgerissen hatte, bis er in ihrer Zärtlichkeit und Leidenschaft ertrunken war.
Was für eine sinnliche, aufregende Frau. Unglaublich, dass sie sich für ihn entschieden hatte.
Er konnte an nichts anderes denken als an ihren nackten Körper, die Wärme ihrer Haut, ihre Küsse und das himmlische Gefühl, in sie zu dringen. Er sah ihre großen sanften Augen vor sich, wie sie ihn so verliebt angeblickt hatte.
Beiläufig strich Brian die Decke zurück und berührte seinen erigierten Schwanz.
Als seine Faust gemächlich über seine Eichel streifte, und dann die Vorhaut gänzlich zurückzog, schloß er die Augen und stellte sich vor, wie sich Janes Schamlippen öffneten und er immer tiefer in sie drang. Seine Erregung wurde allein durch diesen Gedanken unerträglich gesteigert und keuchend spritzte sein Saft aus seinem Schwanz.
Bevor er einschlief, fasste er den Entschluß, Jane zurückzugewinnen. Koste es, was es wolle, egal, wie lange es dauern würde.
Er wollte sie in seinem Leben haben und nicht nur in seinem Bett.

Unsicher stand Jane ein paar Tage später an einem bewölkten Nachmittag auf der gegenüberliegenden Straßenseite der Kanzlei und beobachtete den Eingangsbereich.
Sie wollte Brian persönlich sprechen, sich erklären und ihn um Verzeihung bitten, auch wenn die Gefahr bestand, dass er sie abweisen würde. Vermutlich war ein Mann in seiner Position es nicht gewohnt, dass eine Frau ihn zurückwies.
Kurz sah sie zu der Gruppe gutgekleideter Männer, die zielstrebig zum Eingang des Hochhauses gingen. Dann stutzte sie. Der eine Mann sah aus wie der britische Wirtschaftsminister, zwei Männer wie die Men in Black, vielleicht Leibwächter, sie hatte keine Ahnung. Dann sah sie Brian, in ein angeregtes Gespräch mit einem weiteren Mann vertieft.
Kurz blickte er in ihre Richtung, sah wieder zu ihr und blieb wie erstarrt stehen. Über die Straße blickten sie sich in die Augen, sie konnte sehen, wie sein Mund ihren Namen formte, dann hörte sie ein ungeduldiges „Mr McLoan“ und der Augenblick war verstrichen. Brian eilte Richtung Eingang und blickte ein letztes Mal bedauernd zu ihr.
Jane seufzte kurz auf und ging langsam zurück zu ihrem Wagen.
Sie kam sich lächerlich vor. Herrgott, warum rief sie ihn nicht an, wieso mußte sie wie eine dumme Gans vor dem Haus stehen. Er hatte Verpflichtungen und konnte nicht einfach alles stehen und liegen lassen.
Allmählich bekam sie das Gefühl, nicht mehr klar denken zu können.
Ihre Hand griff nach ihrem Handy und sie machte die Blockierung seiner Telefonnummer rückgängig.

Brian hatte mit bewundernswerter Konzentration und gewohnter Kompetenz das wichtige Gespräch mit dem Wirtschaftsminister und zwei Delegierten des Ministeriums absolviert und die Männer dann zum Aufzug begleitet. Dann ging er aufatmend in sein Büro und schloß die Tür. Er goß sich einen Whiskey aus seiner Minibar ein und nahm einen großen Schluck.
Sein Herz klopfte laut in seiner Brust, nicht wegen des hohen Besuchs, sondern wegen der kleinen wunderschönen Person, die ihn vorhin auf der anderen Straßenseite so sehnsüchtig angestarrt hatte.
Jane. Sie suchte also seinen Kontakt. Er vergrub sein Gesicht kurz in seinen Händen, strich sein Haar zurück und sprang auf, Jacke und Autoschlüssel greifend. Laut rief er „ich bin weg“, ohne darauf zu achten, ob noch jemand in der Kanzlei war.
Im Wagen gab er schnell Janes Adresse in sein Navi und fuhr los, nahezu jede Verkehrsregel mißachtend. Zum Glück waren die Geschäfte geschlossen und damit nicht mehr viele Passanten unterwegs, die ihn zwingen konnten, an Zebrastreifen oder Ampeln zu halten, Herrgott nochmal.
Lange stand er dann vor dem gepflegten mehrstöckigen Mehrfamilienhaus, wo der oberste bronzene Klingelknopf ihm verriet, dass sie ganz oben unter dem Dach wohnte.
Er klingelte lange.
Dann starrte er die Hausfassade hoch, erkannte, dass in den obersten Geschossen alle Fenster dunkel waren.
Enttäuschung machte sich bei ihm breit. Sie war nicht da und er würde sie heute nicht mehr in die Arme schließen können. Langsam ging er zu seinem Wagen und fuhr nach Hause.

Stirnrunzelnd blickte Betty zu ihrem Chef. Mürrisch und wortkarg ging Brian am Sekretariat vorbei, nickte kurz und warf seine Bürotür zu. Die Nacht hatte er wach gelegen, enttäuscht, Jane nicht angetroffen zu haben.
Verdammt, sein Terminkalender war einfach zu voll. Er wählte Bettys Kurzwahl und bat sie in sein Büro.
„Betty, bitte seien Sie so gut und recherchieren einmal, welche Aufführungen im Royal Opera House stattfinden und besorgen mir zwei Tickets für eine Privatloge. Und bitte diskret. Was genau, ist mir egal, eine schöne klassische Oper und bitte zeitnah.“
Betty sah ihn äußerst überrascht an. „Mr McLoan...ich erledige das gern, aber ich kann doch nicht einfach irgendetwas buchen.“
„Warum denn nicht? Herrgott, die Termine wachsen mir über den Kopf und sämtliche Telkos können nur spätnachmittags stattfinden.“
Er sah seine langjährige Chefsekretärin erschöpft an in einem kurzen Augenblick Vertrautheit.
Betty schloß die Tür und sagte leise „Mr McLoan, wenn ich Ihnen irgendwie helfen kann...
Ich denke an Puccini. Große italienische Oper. Ich habe doch erst neulich in der Zeitung die Vorankündigungen gesehen.“ Sie schwieg kurz und blickte nachdenklich aus dem Fenster. „Mein verstorbener Mann hat mich vor ein paar Jahren in die Royal Opera geführt, wir saßen in einer Privatloge im 2. Rang. Es war wunderbar. Das könnte ich Ihnen empfehlen, man hat dort einen sehr guten Blick.“
Brian lächelte sie dankbar an. „Vielen Dank, Betty. Ich weiß nicht, was ich ohne Sie machen würde. Wenn Sie in Rente gehen, muß ich wohl auch gehen.“
Lachend schloß Betty die Tür von außen und machte sich an die Recherche.
Mit ihrer Hilfe würde Mr McLoan seine Begleitung beeindrucken können.

„Frederic, ich bin´s, Jane. Oh Gott, ich habe eben im Briefkasten einen Umschlag gefunden. Oh mein Gott, der muß einfach von Brian sein. Ich bin so aufgeregt. Ein hellgrauer Umschlag, wie ich sie benutze. Und drin eine Eintrittskarte....du ahnst nicht, wofür. La Boheme im Royal Opera House, Covent Garden, Privatloge 2. Rang. Ich....“
„Nun mal sachte, du bist ja ganz aufgeregt. Ein Umschlag ohne Absender und ohne Nachricht? Nur ein Ticket?“
„Ich habe immer auf diese Art Brian zu Konzerten eingeladen. Ich hab ihm einfach ein Ticket geschickt und er hat sich jedesmal sehr gefreut. Oh, Frederic.... ich weiß gar nicht, ob ich wirklich hingehen soll.“
Aus dem Hintergrund hörte Jane ein genervtes Aufstöhnen. Dann war Michael am Telefon.
„Ich höre gerade, dass die schwerverliebte Frau, die uns vor Sehnsucht neulich in die Weingläser geheult hat, von dem Mann ihrer Träume in die Oper eingeladen wurde und nun ernsthaft darüber nachdenkt, ob sie wirklich hingehen soll. Meine Güte, Jane.
Ich sag dir was. Freddy und ich werden dich fesseln, knebeln und dann höchstpersönlich vor der Royal Opera abladen. Vorher versohle ich dir noch den Hintern.“ Jane lachte leise.

Nervös band Brian seine Krawatte und beäugte sich kritisch im Spiegel. Schön war er noch nie gewesen, aber der Anzug stand ihm ganz gut und die letzten Nächte, in denen er wieder Schlaf gefunden hatte, hatten die Augenringe verschwinden lassen.
Betty war ein Engel. Sie hatte nicht nur die Eintrittskarten besorgt, sondern dazu die hellgrauen Umschläge, die für ihn jedesmal im Briefkasten gelegen hatten. Er würde sich noch überlegen, womit er ihr eine Freude machen konnte.
Nun zog ihn alles nach Covent Garden, er schnappte sich Brieftasche, Wagenschlüssel und sein Ticket und fuhr rechtzeitig los. Er konnte es kaum erwarten, Jane zu sehen.

„Wow, du siehst umwerfend aus.“ Lisa starrte Jane an. Wadenlanges, schmal geschnittenes Designerkleid von Jil Sander in dunklem Anthrazit, ärmellos, ein wenig Dekollete zeigend. Dazu passende Pumps mit hohem Absatz. An Hals und Armen Silberschmuck, an den Ohren silberne große Creolen.
Mit ihren lose hochgesteckten Haaren, von denen ein paar lange Strähnen herabfielen, altrosa Lippenstift und dezent geschminkten Augen, die das dunkle Bernsteinbraun betonten, sah sie sowohl angemessen festlich gekleidet als auch sexy aus. Nun, diesem Brian würden die Augen aus dem Kopf quellen.
„So kann ich dich losfahren lassen. Sei vorsichtig und hab sehr viel Spaß. Ich will morgen alles wissen.“ Lisa umarmte Jane kurz und verließ die Wohnung.

„Das gibt es doch nicht.“ Jane starrte fassungslos auf den langen Stau vor ihr. Dass die Straßen Londons am Wochenende abends noch voller waren, wußte jeder.
Aber zum normalen Verkehr gesellten sich nun zwei neue Baustellen, ein Unfall mit Rettungswageneinsatz und eine Umleitung über gefühlt hundert Meilen. Dazu Geschwindigkeitsbeschränkungen, die von einigen Autofahrern noch unterschritten wurden.
Jane schlug heftig aufs Lenkrad „Ich dreh durch!!“
Mit Blick auf die Uhr wußte sie, dass sie es nicht mehr pünktlich schaffen würde.
Ein weiterer Blick auf ihr Handy zeigte ihr den einen letzten Balken. Sie hatte vergessen, es aufzuladen.

Der letzte Gong. Noch zwei Minuten. Brian blickte auf seine Uhr und dann durch das imposante Foyer. Die letzten Besucher strömten zu den Rängen. Schnell schaute er auf sein Handy – keine Nachricht, kein Empfang. Nach weiteren Minuten des Wartens gab er auf.
Langsam ging er mit gesenktem Kopf zum Ausgang, die mitleidigen Blicke des Personals ignorierend. Sie war nicht erschienen.
Wie betäubt schaute er die Straße hoch und runter, überlegte, wo er hingehen sollte.
In der Nähe entdeckte er eine kleine Bar. Na schön, bevor er ganz allein eine Oper besuchte, würde er lieber mit ein paar guten Whiskeys seinen Kummer ertränken.
War es das gewesen? Hatte er sie jetzt endgültig verloren? Aber warum hatte sie vor seiner Kanzlei gestanden und ihn so innig angeblickt, verdammt.
Brian öffnete die Tür und betrat die kleine gemütliche Bar, wo am Tresen noch ein Platz frei war. Enttäuscht und desillusioniert bestellte er sich dann einen guten Single Malt und versank in traurige Gedanken.

„Mist, verdammter Mist“ Alle Parkplätze waren belegt und die Ordnungshüter unterwegs wie Wachhunde, bereit, jeden Falschparker gnadenlos abschleppen zu lassen.
Jane war verzweifelt. Die Aufführung hatte natürlich schon lange angefangen und sie fragte sich, ob Brian allein hineingegangen war. Irgendwie konnte sie sich das nicht vorstellen. Ob er nach Hause gefahren war? Oh Mann, alles, was schiefgehen konnte, war eingetreten.
Jane hielt die Tränen eisern zurück und parkte dann kurzentschlossen im absoluten Halteverbot. Egal, wenigstens war es keine Feuerwehrzufahrt.
Mit ihren hohen Absätzen kam sie nicht schnell genug voran. Fluchend zog sie die Pumps aus und lief barfuß zur Royal Opera.
Das Foyer war natürlich leer. Schwach hörte sie die letzten Takte der Ouvertüre aus dem Saal.
Ein Platzanweiser kam auf sie zu und lächelte freundlich aber bedauernd.
„Es tut mir sehr leid, aber Sie müssen bis zur Pause warten. Ich darf Sie nicht während der Aufführung rein lassen.“
Jane starrte ihn verzweifelt an. Dann ging sie zum Ausgang.
Vielleicht hatte Brian gewartet und stand nun irgendwo noch am Eingang oder an der Bar des Theaters oder war kurz zur Toilette gegangen oder stand draußen und versuchte, sie anzurufen.
Enttäuscht lief sie durch die Halle, in jede Nische blickend. Sie riss sogar die Tür zum Herren WC auf, was sie sich sonst nie getraut hätte, und rief ein zaghaftes „Brian?“ Richtung Toiletten.
Dann gab sie auf und verließ das Opernhaus. Die Pause würde in ungefähr einer Stunde eingeläutet werden.
Langsam ging sie durch die abendlichen Straßen, die im Bogen um das Opernhaus herum führten.
Kurz wünschte sie sich, Brian nie begegnet zu sein, so sehr vermisste sie ihn.

Leise pfiff der Gastwirt vor sich hin, zapfte ein Guinness und blickte aus dem Fenster.
Eine Frau in einem sehr hübschen festlichen Kleid war soeben barfuß, ihre Schuhe in der Hand, an seiner Bar vorbeigegangen, unendlich traurige Augen in einem sehr schönen Gesicht.
Er schaute zu seinem einsamen Gast, registrierte dessen schwarzen Anzug mit passender Krawatte, sah, dass er an seinem Whiskey nur genippt hatte und gedanklich sehr weit weg schien.
„Ich glaube, da wurde jemand versetzt. Haben Sie eben die hübsche Frau gesehen, die hier vorbeiging? Also wenn die nicht in die Oper wollte, dann weiß ich auch nicht. Zu schade, dass sie nicht auf einen Drink hereinkommt.“
Der Wirt lächelte Brian zu, nickte zum Fenster und wischte sorgfältig seinen Tresen ab.
Brian, aus seinen Gedanken gerissen, schaute erst den Wirt verwirrt an und blickte dann auf die Straße.
Auf der gegenüberliegenden Straßenseite ging eine zierliche Gestalt langsam barfuß Richtung Opernhaus, eine Gestalt, die er so sehr liebte.
Schnell sprang er auf, legte einen großen Schein auf den Tresen, nickte dem Wirt zu und verließ eilig die Bar.
Hastig lief er über die Straße, Jane hinterher, die fast die Straßenecke erreicht hatte. Den schmalen Kopf hielt sie traurig gesenkt, die Schuhe baumelten an ihrer Hand.
„Jane!“
Sie blieb stehen und drehte sich zu Brian um.
Schwer atmend stand er dann vor ihr und sah ihr flehend in die Augen.
Langsam hob sich ihre Hand und streichelte sein Gesicht, ihre tränennassen Rehaugen blickten sehnsuchtsvoll in seine stahlgrauen. Während ihr eine dicke Träne die Wange herabrollte, erhellte ein Lächeln ihr Gesicht.
Brian schloß die Augen und eine große Ruhe überkam ihn, als er ihre Hand fest in seine nahm.

Dann deutete er mit dem Kinn kurz zum Opernhaus und fragte ruhig „Erlauben Sie mir, Sie ein Stück zu begleiten?“


© Imogen M.


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Beschreibung des Autors zu "Die Geschichte einer Liebe"

Eine Geschichte von Verlust und Wiederfinden, Sex und Liebe

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Kommentare zu "Die Geschichte einer Liebe"

Re: Die Geschichte einer Liebe

Autor: Wolfgang Sonntag   Datum: 31.07.2023 12:14 Uhr

Kommentar: Hallo Imogen M.,
viiiiiel zu lang. Wenn ich mal Zeit habe, lese ich deine Geschichte.
Bis dahin und liebe Grüße
Wolfgang

PS Willkommen in unserem Forum. Die Meisten von uns sind lesefaul. Ich empfehle bei deiner Geschichte einen extremen Director's Cut.

Re: Die Geschichte einer Liebe

Autor: GTO   Datum: 21.08.2023 16:19 Uhr

Kommentar: Hallo Imogen M.,
mag sein, dass die Geschichte ein bisschen zu lang für ein Forum ist, aber sie ist ordentlich geschrieben und wirklich gut. Daraus ließe sich gewiss mehr machen.
Schöne Grüße,
GTO

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