Zuschauerin

Er war der dritte Mann, der mir in diesen zwanzig Minuten, die ich zu früh erschienen war, gehörig auf die Nerven ging.
Leider ließ er sich auch durch meine offensichtlich abweisende Art und die einsilbigen schroffen Antworten nicht vertreiben. Er hatte sich den Barhocker neben mir gesichert und schon einen Drink bestellt, als der Mann, dessen Foto ich von seinem Online-Profil kannte, endlich durch die Tür der Bar kam, in der wir uns zu unserem Blind Date verabredet hatten.
Er sah sich suchend um, sodass ich mich winkend zu erkennen gab und von meinem Sitzplatz an der Theke erhob. Lächelnd kam er herüber und blickte fragend zu meinem Sitznachbarn, der die Situation nun verstand und endlich abzog.
Ich tat, als bemerkte ich seine prüfenden Blicke nicht, die mich von oben nach unten und wieder zurück musterten. Entsprach ich seiner Vorstellung, die er aufgrund der wenigen Fotos, die wir per Handy ausgetauscht hatten, von mir hatte?
Zugegeben, bisher hatten wir nur schriftlich in kurzen Textnachrichten kommuniziert und zwei Mal wenige Minuten telefoniert, um uns hier zu verabreden.
Dabei war mir seine Stimme positiv aufgefallen. Was er gesagt hatte, war mir nicht in Erinnerung geblieben, aber wie er sich ausdrückte, gefiel mir.

Ich hielt nicht viel vom Austausch ellenlanger Textnachrichten oder wochenlangem Telefonieren. Ich war offen und neugierig.
Auf ein ernsthaftes Kennenlernen oder gar eine Beziehung war ich nicht aus, denn meine Interessen gingen eindeutig in eine andere Richtung – und das ließ ich auch recht schnell durchblicken.

Wir setzten uns und er bestellte ein Wasser – zumindest musste er sich mich nicht schöntrinken…
Diese Erkenntnis entspannte mich. Denn obwohl ich mittlerweile auf eine lange und turbulente Blind Dating-Vergangenheit zurückblicken konnte, war da immer noch dieses Kribbeln vor dem ersten persönlichen Treffen und die Frage, ob wir uns gefallen würden. Genau das machte den Reiz für mich aus!
Nach meiner Erfahrung war ich wählerischer als die Männer, mit denen ich mich traf. Obwohl ich nicht unattraktiv war, mich gut gehalten hatte und wohl über einen gewissen Charme verfügte, den ich an solchen Abenden erfolgreich spielen ließ, war ich gewiss nicht jedermanns Typ Frau. Trotzdem hatten wir immer Sex!
Ob diese Erkenntnis nun gerade schmeichelhaft war oder nicht, meinem Selbstbewusstsein gab es einen Schub, wenn ich merkte, dass ich den meist jüngeren Männern - zumindest für diese Nacht - gefiel.
Das gab mir Bestätigung, ich fühlte mich schön und sexy und konnte mich fallenlassen.

Mir war es wichtig, dass der Mann gut aussah, gepflegt war und angenehm roch.
Erfahrungsgemäß kann ich dem Stammtisch-Klischee „Dumm f…t gut“ absolut nicht zustimmen, sodass ich mir vor einem Blind Date nicht nur Fotos schicken lasse, sondern zumindest kurz prüfe, ob sich mein Gegenüber artikulieren und beim kurzen Small Talk bestehen kann. Grundsätzlich war ich nicht an wissenschaftlichen Diskursen zur Erderwärmung oder politischen Diskussionen über das Bedingungslose Grundeinkommen interessiert, aber ich ließ mich gern gut unterhalten und lachte gern.

Die Bar füllte sich schnell und das Getümmel um uns herum wurde immer lauter, sodass wir ohne mehrfach nachzufragen keine vernünftige Unterhaltung zustande brachten. Plötzlich ergriff er meine Hand und zog mich, nachdem er einen Geldschein auf den Tresen gelegt hatte, zur Tür und auf die Straße, wo wir uns durch die Raucher schoben, bis die Luft angenehmer wurde.
Er hatte sein Auto ein Stück die Straße runter geparkt und hielt mir die Beifahrertür auf, bevor er selbst um den Wagen lief, einstieg, den Motor startete und zielstrebig losfuhr. Nach ca. zehn Minuten, in denen wir noch witzelten, ob wir den Typen, der unser Date sprengen wollte, nicht auch hätten mitnehmen sollen, hielt er an und fuhr rückwärts in eine Parklücke.
Wir stiegen aus und gingen wie selbstverständlich auf ein Mehrfamilienhaus zu, dessen Eingangstür er aufschloss und mir aufhielt.
Seine Wohnung lag im zweiten Stock und war geschmackvoll eingerichtet. In der offenen Küche, die ans Wohnzimmer anschloss, schenkte er uns zwei Gläser Rotwein ein und wies in Richtung des Sofas, auf das wir uns setzten. Ich schlüpfte aus den Schuhen und zog die Beine an, sodass ich ihm gegenüber saß und direkt in die Augen blicken konnte.
Mein Glas stellte ich auf den kleinen Beistelltisch, nahm auch ihm sein Glas ab und setzte mich auf ihn. Wir küssten uns, wobei er bereits anfing meine Bluse aufzuknöpfen und meine Brüste durch den BH zu kneten. Er packte meinen Hintern und presste mich an sich. Zwischen meinen Beinen merkte ich, wie hart er war, und rieb mich an ihm. Ich erhob mich, ließ die Bluse von den Schultern gleiten, öffnete den BH, dann meine Hose und zog den Slip aus. So stand ich nackt vor ihm und stellte einen Fuß auf das Sofa, sodass er sehen konnte, wie feucht ich war.
Er öffnete lediglich sein Jeans, schob diese ein wenig hinunter und rollte ein Kondom über. Als ich mich wieder auf ihn setzte und begann ihn zu reiten, glitten seine Lippen von meinem Mund über meinen Hals zu meinen Brustwarzen, an denen er nicht zu zärtlich saugte und seine Zunge spielen ließ. Seine Hände krallten sich in meinen Hintern und hoben meinen Körper kurz an, um ihn sofort wieder hinunter zu drücken und immer tiefer in mich zu stoßen. Er stöhnte und war laut, als er viel zu schnell kam und mich dabei ansah. Ich stand auf, um ihm Zeit zu geben, das Kondom zu entsorgen und kurz im Bad zu verschwinden.

Ich wickelte meinen nackten Körper in die dünne Decke, die locker über die Lehne des Sofas hing, ging zum Fenster und öffnete die Balkontür. Nachts wurde es noch kühl.
Als ich auf den Balkon hinaustrat, der im Schatten eines Mauervorsprungs lag, fiel mir links eine dunkle Gestalt auf, die keine zehn Meter entfernt an einem offenen Fenster stand und bei schwachem Kerzenlicht eine Zigarette rauchte. Auch die Person schien mich trotz der Dunkelheit bemerkt zu haben, denn sie räusperte sich wie zur Begrüßung – eine Frau.

Von hinten spürte ich, wie er plötzlich an mich herantrat und seine Hände um mich schlang.
Ich dreht mich um und öffnete die Decke, hielt sie aber wie einen Umhang hinter meinem Rücken, während er mich küsste und seine Zunge an meinen Brüsten über meinen Bauch zwischen meine Beine wandern ließ, bis er vor mir kniete.
Er hatte nicht bemerkt, dass wir eine Zuschauerin hatten, die uns mit angehaltenem Atem von der Seite beobachtete.
Während ich vor ihm stand, mein Becken etwas nach vorn kippte und meine Beine ein wenig spreizte, begann er mich zu lecken. Da ich nur auf seine Rückkehr und eine Fortsetzung gewartet hatte und noch feucht war, schmatzte er dabei.

Ich lehnte den Kopf zurück, blickte über meine Schulter zum Fenster hinüber, ließ die Decke fallen und lehnte mich rückwärts an das Balkongitter.
Sie war noch da und konnte den Blick nicht von uns lassen, was mich freute und innerlich beben ließ.
Zwischen meinem Beinen trieb mich seine Zunge immer weiter. Ich genoss es, aber ich beachtete ihn gar nicht weiter.
Mit einem kurzen Nicken ließ ich unsere Zuschauerin wissen, dass ich sie bemerkt hatte, und wich ihrem Blick nicht aus, als ich schneller atmete und mit einem Zittern, das durch meinen Unterleib ging, und einem tiefen Seufzer kam.
Bevor ich mich fing, erhob er sich, drehte mich um und drang unvermittelt hart von hinten ich mich ein. Erst wollte ich protestieren und wehrte mich, indem ich dagegenhielt und mich mit beiden Händen am Balkongitter abstützte, aber dann sah ich, dass unsere Zuschauerin ihre Zigarette entsorgt hatte und eine ihrer Hände in ihre Hose, die sie geöffnet und ein wenig herunter geschoben hatte, gewandert war.

Sie sah zu, wie meine Brüste bei jedem seiner Stöße wippten und hörte das Klatschen seines Körpers gegen meinen Po, wenn er fest zustieß und immer wieder hart in mich fuhr.
Auch ich ließ meine rechte Hand zwischen meine Beine gleiten, während ich unsere Zuschauerin nicht aus den Augen ließ.
Erst als ich merkte, wie sie begann schneller zu atmen, zitterte und die Augen schloss, kam auch ich mit einem gedämpften Stöhnen, das im Innenhof widerhallte.
Dann war es still.
Mit einem Lächeln zog sie ihre Hand aus der Hose, leckte ihre Finger ab und schloss das Fenster.
Dass auch er inzwischen gekommen war, nahm ich zwar zur Kenntnis, schenkte dem aber nicht viel Beachtung, als ich mich an ihm vorbei ins Wohnzimmer schob.

Ich suchte meine Kleidung zusammen und zog mich an, während er, nun in die Decke gehüllt, die Balkontür hinter sich schloss.
Mir war nicht ganz klar, was er von mir erwartete, als er mich fragend ansah, sodass ich ihm einen kurzen Kuss gab und seine Wohnung verließ.


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