Vorgestern schlich er um Mitternacht auf dem Gang herum. Am anderen Ende öffnete sich eine Tür, der Mann trat ins Zimmer, die Tür schloss sich hinter ihm. Dann legte er sich aufs Bett. Eine Frau legte sich neben ihn. Beide umarmten sich und weinten. Die ganze Nacht. Am frühen Morgen schlich der Mann in sein Zimmer zurück.

Gestern, als er wieder barfuss um Mitternacht unterwegs war, öffnete sich in der Mitte des Ganges eine andere Tür. Der Mann ging weiter, am Ende des Ganges öffnete sich die Tür der Frau, bei der er letzte Nacht geweint hatte.

Diese Nacht wird der alte Mann bis in die frühen Morgenstunden barfuss auf dem Gang hin- und hergehen. Und das auf dem Holzboden. Und das vor so vielen Türen, die alle nur einen Spalt weit geöffnet sein werden.


© René Oberholzer


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