…Herrn Zimmermanns Stimme fängt sich nun wieder:
„Noch sechs Minuten im Stadion zu Bern
Und keiner wankt –Regen prasselt hernieder…“
Der Abpfiff er scheint ihm noch gar zu fern.

„…Jetzt Schäfer für Deutschland, auf der linken Seite,
das Zuspiel zu Morlock ist abgewehrt…“
und Bozsik, der Ungar, nutzt diese Weite,
es scheint, als laufe das Spiel nun verkehrt.

„…Doch verliert er den Ball an die deutschen Recken,
und Schäfer hat ihn nach innen geflankt…“
Die Köpfe der Spieler zum Himmel sich strecken,
dass es doch noch zu einem Torabschluss langt.

„…Aus dem Hintergrund Rahn, er müsste nun schießen…“,
stößt Zimmermann beinahe keuchend hervor.
Doch Rahn will den Augenblick scheinbar genießen,
mit links zieht er ab auf des Gegners Tor.

„Toor! Toor! Toor!“ überschlägt sich die Stimme
im Radio, die es selber nicht glaubt.
Dann hält sie für einen Augenblick inne,
sie ist der eigenen Sprache beraubt.

„…Halten Sie mich für verrückt oder übergeschnappt,
doch sollten sie jetzt die Daumen drücken…“
Wenn der nächste Angriff der Ungarn nickt klappt,
könnte heute für Deutschland das Wunder gar glücken.

„…Und Aus! Aus! Aus! Das Spiel ist aus! ...“,
krächzt mit letztem Atem der Sprecher,
nun gehen wir alle fröhlich nach Haus,
und leeren vor Glück so manch´ vollen Becher.


© Mark Gosdek


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Beschreibung des Autors zu "Herr Zimmermann"

Mein Beitrag zum Jahr der Fußballweltmeisterschaft. Ich habe versucht, Originalzeilen der Reportage mit einzuarbeiten. An manchen Stellen habe ich sie ein klein wenig abgewandelt; 1954 hat Herr Zimmermann scheinbar noch nicht darüber nachgedacht, dass seine Reportage nach Möglichkeit reimbar sein sollte. :-)

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Kommentare zu "Herr Zimmermann"

Re: Herr Zimmermann

Autor: Picolo   Datum: 12.01.2014 18:58 Uhr

Kommentar: Und er wußte auch nicht, dass seine Reportage unsterblich wird. Sehr schön...
LG Micha

Re: Herr Zimmermann

Autor: axel c. englert   Datum: 12.01.2014 23:22 Uhr

Kommentar: Ein toller Einfall, auch die Umsetzung ist sehr gut gelungen!
Was bei Zimmermann natürlich – in dem Fall – ins OHR sticht,
ist, dass er seine journalistische Ausbildung während der Nazi – Zeit absolviert hatte. Eine pathetische Ader konnte er wohl nie ganz
ablegen.(Macht seine Reportagen aber irgendwie auch packend).
Dafür, dass Zimmermann den überragenden deutschen Torhüter
Toni Turek nach einer seiner unzähligen Glanzparaden als
„Fußball – Gott“ bezeichnet hatte, wäre er wegen „Blasphemie“
übrigens beinahe gefeuert worden!

LG Axel

Re: Herr Zimmermann

Autor: Mark Gosdek   Datum: 13.01.2014 9:21 Uhr

Kommentar: Hi Axel, ja, dann haben sie aber wohl die Parade gegen Hidigkutis Hammer gesehen und sind wohl der Meinung gewesen, dass der Ausspruch gerechtfertigt sei

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