Die Mutprobe.
Zwei Zimmermanns-Gesellen sitzen an einem trüben Novemberabend im Gasthaus zum –Zum letzten Geleit-, es liegt in der Nähe eines Friedhofs.
Es ist ein älteres Gebäude , gemütlich eingerichtet und das gute Essen lockt stets hungrige Gäste an.
Die Beiden haben bereits gegessen und vor ihnen stehen zwei gefüllte Gläser mit goldleuchtendem Bier.
Es ist bereits spät geworden, draußen ist es ungemütlich, kalt und neblig.
Sie stehen auf und zahlen, ziehen ihre langen, weiten Mäntel an und verlassen das Gasthaus. Feuchtkalter Wind bläst ihnen entgegen, sie frösteln, langsam gehen sie auf der schwach beleuchteten Straße entlang. An der Friedhofsmauer bleiben sie stehen, Walter –einer der Beiden- zündet sich eine Zigarette an, bläst den Rauch in die Luft und fragt plötzlich: „ Sag mal Kurt, würdest Du es Dir trauen, jetzt –kurz vor Mitternacht- hier über den Friedhof zu gehen“? Kurt sah ihn überrascht an: „ Du meinst jetzt“?
Walter nickt, er zieht an seiner Zigarette und sagt: „ Ich glaube dass Du feige bist! Pass auf, hier-dabei griff er in seine Tasche und gab Kurt einen langen Nagel- , nimm Deinen Hammer und schlag diesen Nagel in den Baum, der am ersten Brunnen steht, dass wäre dann der Beweis dass Du wirklich dort warst. Von hier bis zum Brunnen sind es etwa 1oo Meter, der Baum steht direkt neben dem Brunnen“!
„ Machst Du das, oder hast Du Angst“!
Kurt sah auf den langen Nagel in Walters Hand, dann nahm er ihn und versuchte über die Friedhofsmauer zu klettern. Das war gar nicht so einfach, der weite Mantel war dabei schon ein Hindernis. Walter half so gut es ging.
Endlich war Kurt drüber. Walter blickte über die Mauer und sagte: „ Also geh jetzt immer gerade aus bis zum Brunnen, schlag den Nagel in den Baum und komm wieder zurück, das ist alles“! Kurt nickte, ihm war es hier nicht geheuer, aber das wollte er Walter nicht sagen.
Langsam ging er den Weg entlang, rechts und links standen große, alte Bäume, dazwischen waren lange Gräberreihen und ihre weißen Steine sahen im Nebel gespenstisch aus. Nach etwa 100 Meter erreichte er den Brunnen, er setzte sich auf den abgedeckten Rand und sah sich um, ja, da stand der Baum von dem Walter geredet hatte.
Neben ihm raschelte es plötzlich, Kurt erschrak heftig, sein Herz schlug wie wild, kalter Schweiß stand auf seiner Stirn. Jetzt schlug es vom Turm der alten Kirche zwölf Mal, es war genau Mitternacht.
Mit zitternder Hand nahm Kurt den Nagel aus der Tasche, nahm dann den Hammer und schlug schnell den Nagel in den Baum, ein Käuzchen rief , bleich schien der Mond durch die aufbrechenden Wolken. Er steckte den Hammer wieder zurück und hörte plötzlich entfernt seinen Namen rufen - KUUUURRT, KUUURRT- , jetzt wollte er nur noch schnell fort von hier, aber der Baum hielt ihn fest. Er wollte mit aller Kraft loskommen, aber er schaffte es nicht, der Baum war stärker.
Sein Herz begann zu rasen, er bekam plötzlich keine Luft mehr, er murmelte noch…bitte lass mich los!
Walter, der vor dem Friedhof wartete, wurde die Zeit zu lang, er dachte sich…wahrscheinlich hat Kurt den Friedhof auf der anderen Seite verlassen und sitzt schon zu Hause in seinem Zimmer.
Am anderen Morgen fand der Friedhofsgärtner Kurt tot am Boden liegend auf, er hatte sich den langen Nagel –in seiner Aufregung- durch den eigenen Mantel in den Baum geschlagen, das hielt ihn fest.


© GünterWeschke


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Beschreibung des Autors zu "Die Mutprobe"

Eine Mutprobe ddieser Art ist schon etwas schauerlich und für jemanden der sich leicht fürchtet ist sie nicht zu empfehlen.

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Kommentare zu "Die Mutprobe"

Re: Die Mutprobe

Autor: GünterWeschke   Datum: 17.11.2011 16:53 Uhr

Kommentar: Du sagst es !!!

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