Krimigedicht Nr. 94: Dr. Watson macht Yoga

Und Sherlock sagt zu Dr. Watson:
„Ich muss jetzt mal mit Ihnen motzen.
Sie lesen – es ist schon ein Fluch –
seit Tagen nur noch dieses Buch.
Ich finde das schon allerhand.
Ist es denn echt so int’ressant?“

„Das Buch ist fesselnd, ganz gewiss,
auch wenn für Sie ein Ärgernis.
Gestatten Sie, dass ich erzähle,
es handelt von der Menschenseele.
Die alten Gurus kannten schon
die indische Meditation,
Yoga, wie die Technik heißt,
schult unser’n Körper und den Geist.
Mit Übungen, die sind nicht leicht,
wird höchste Harmonie erreicht.“

„Watson, ich brauch’ nicht so 'nen Kack,
mein Geist ist immerzu auf Zack,
und Körper schult in jedem Fall,
auch Golf und Spiele mit dem Ball.“

"Ach Holmes, Sie sind ein Ignorant,
das ist doch hinlänglich bekannt.“
Und Watson sucht allein sein Glück,
zieht sich beleidigt nun zurück.

Doch bald hört Holmes aus Watsons Zimmer
Schreie, Stöhnen und Gewimmer.
Er stürzt herein, um nachzuseh’n
und seinem Freunde beizusteh’n.
Er glaubt, weil es so schrecklich klingt,
dass Watson mit 'nem Schurken ringt,
doch sieht er – was ihn wirklich schockt –
wie Watson da am Boden hockt,
verknotet wie ein Postpaket.
Holmes wundert sich, wie so was geht.

Ein Fuß steht hoch, ein Bein steht quer,
den Kopf, den sieht man gar nicht mehr,
die Arme ganz und gar verschlungen,
ja, wem ist das denn nur gelungen?

„Wo ist der Kerl“, ruft Holmes spontan,
„der Ihnen dies hat angetan?“
Und Holmes, der staunt, als Watson blafft,
das habe er allein geschafft.
Der Anblick ist dem Holmes ein Gräuel,
denn schließlich fleht doch dieses Knäuel:
„Oh Holmes, gleich brechen alle Dämme,
befreie'n Sie mich aus dieser Klemme.“

Als Watson endlich aufrecht steht,
fragt Holmes ironisch wie’s ihm geht:
„Lieber Watson, nur nicht weinen,
ist ihre Seele jetzt im Reinen?“

„Ach Holmes, ich sehe es nun ein,
ein Yogi muss gelenkig sein.
Wir Europäer – ich begreif –
sind für Yoga wohl zu steif.“

© Pedda/gog 27.07.2015

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axel c. englert
arwen
possum
Karwatzki,Wolfgang

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