Und Watson, der kommt angerannt
mit der Zeitung in der Hand:
"Holmes, lesen Sie - Schockschwerenot -
hier steht der Oscar Wilde ist tot,
einer uns'rer größten Dichter
steht nun vor seinem Himmelsrichter."

"Oh, ja, der war berühmt - weiß Gott -
für seinen Witz und seinen Spott,
für Skandale auch und Zoten,
manch' Werk von ihm ist gar verboten.
Doch sorry, dass ich insistiere,
ich denke wohl, der Mann war Ire
und auch ein fröhlicher Gesell',
war der nicht homosexuell?"

"Bekannte sich - wie's hier auch steht -
zur Homosexualität.
Trug Samthosen mit Seidenstrümpfen,
klar, dass Sie jetzt die Nase rümpfen.
Doch Wilde hat spöttisch aufgemuckt,
ein Beispiel ist hier abgedruckt:
Suchst du eine - der Mann war schlau -
schöne und auch kluge Frau,
die auch noch gütig ist dabei,
suchst du nicht eine, sondern drei."

"Sein Frauenbild ist allerhand,
ganz klar, dass der auf Kerle stand.
Ich selbst geriet schon in Verdacht,
weil ich noch kein Weib heim gebracht,
glaubt mancher doch in seinem Wahn,
ich wär' den Männern zugetan."

"Holmes, seltsam ist der Menschenglaube,
zum Glück bin ICH unter der Haube,
sonst spekulierten manche gar,
wir beide wären wohl ein Paar.

Der Oscar Wilde wurd' angeklagt
und nicht mal ordentlich befragt.
Das Urteil, das stand schon bereit:
Zwei Jahre Knast mit Zwangsarbeit,
weil er sich mit 'nem Stricher traf,
bei sowas ist Justicia scharf,
denn Homos will man umerziehen,
als sei ihr Faible nur geliehen.
Ich finde das ist allemal
doch wohl der größere Skandal.

Nach seiner Haft - ziemlich lädiert -
war die Gesundheit ruiniert.
Er ist dann nach Paris gefahren,
starb dort mit 46 Jahren,
ganz isoliert und bettelarm.
Schade, dass es so weit kam."

"Unrecht tat man ihm gewiss,
doch war es wohl die Syphilis,
die ihn letztendlich hingerafft,
die Unzucht hat ihn doch geschafft."

"Holmes, ich denke, dass auf Erden,
die Menschen toleranter werden.
D'rum müssen Homos nicht verdrießen,
sie werden einst auch Ehen schließen."

"Watson, jetzt übertreiben Sie,
so weit kommt es sicher nie.
Doch sollte jeder Mensch auf Erden
nach seiner Facon glücklich werden,
denn Liebe macht uns alle froh,
ob schwul, ob bi, ob hetero."


© Pedda/gog 20.07.2015


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Beschreibung des Autors zu "Krimigedicht Nr. 93: Sherlock Holmes, Oscar Wilde und die Homosexualität"

Man liest nichts über Sherlock Holmes' Beziehung zum anderen Geschlecht. War er vielleicht schwul?

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