Vor vielen Jahren war ein Mann
der fragte sich, wie es wohl kann
dass man den Wind mal hört mal riecht
doch man ihn nie zu fassen kriegt
so machte er sich auf von dannen
um den Wind einzufangen

Sein Weg, der führte ihn nach Süden
dort wo im Meer die Boote liegen
und Männer, bärtige Gesellen
den Meerestieren Fallen stellen
und Boote fahren wie wir wissen
wenn Seemänner die Segel hissen
der Wind war hier zum Freund geworden
und so ging unserer Mann nach Norden

Hoch im Norden gut zu sehen
sah er am Deich Windmühlen stehen
und Müllerburschen schleppten kräftig
Hafersäcke ganz geschäftig
zur Mühle rein und Mehl heraus
denn Bäcker machen Brot daraus
und wieder einmal sah der Mann
dass ohne Wind nichts klappern kann

So zog er weiter Richtung Ost
wo Winterstürme Schnee und Frost
den Menschen schwer zu schaffen macht
und in den Bergen in der Nacht
der Ostwind wilde Feste feiert
sich dann mit dem Schnee verschleiert
und heulend durch die Dörfer zieht

Dort zottelt er an Ziegenfelle
poltert durch die Pferdeställe
spielt fangen mit des Kirchturms Hahn
schlägt Purzelbäume wie er kann
benimmt sich toll und ausgelassen
und niemand kriegt ihn je zu fassen

Doch unser Mann in einer Nacht
sich heimlich auf dem Wege macht
hoch auf den Berg so klettert er
dem wilden Ostwind hinterher
doch der fegt über Stock und Stein
den Berg hinab ins Tal hinein

Dort hat der Mann mit aller Macht
ein Fischernetz so festgemacht
dass jeder der im Tal zufuss
sich in dem Netz verfangen muss
und auch der Wind so denkt der Mann
sich in dem Netz verfangen kann

Er reibt sich voller Freud die Hände
jetzt hat es sicher bald ein Ende
dass man den Wind mal hört mal riecht
doch man ihn nie zu fassen kriegt
so ruft er in die Nacht hinein
da sieht er in des Mondes Schein
ein Bild dass ihm der Atem stock
denn an der Leine angepflockt
das Fischernetz weit aufgebläht
hoch oben durch die Lüfte weht

Wie ein Ballon so sieht es aus
und hat doch wirklich ach du Graus
das halbe Dorf mit eingefangen
und unser Mann denkt voller Bangen
dass nur der Kirchturm halten muss
denn der ist an der Leine Schluss
fest angezurrt mit einer Schlinge
die niemand jemals offen bringe

So hatte er sich’s ausgedacht
da hört er aus dem Tal ein Krach
und schwups es kommt im hohen Bogen
der Kirchturm durch die Luft geflogen
auf der Spitze sitzt der Hahn
der sonst an sich nicht fliegen kann
sogar die Glocken in dem Turm
klingen lauter in dem Sturm

Der Vollmond der am Himmel steht
vor Lachen sich im Kreise dreht
denn solche schöne Zirkusnummer
die sieht er schließlich auch nicht immer

Der Wind heult noch mal durch die Nacht
und setzt dann leise und ganz sacht
all das was durch die Lüfte weht
zurück ins Dorf, wo es jetzt steht
dorthin wo es nicht stehen soll
denn Kirchturm auf den Hühnerstall
die Pferdekutsche in den See
die Sonnenblumen in den Schnee

Das ganze Dorf ist auf den Füssen
um die Flieger zu begrüßen
und mancher sucht sein Elternhaus
denn alles sieht jetzt anders aus
nur einer freut sich wohl total
der Wetterhahn im Hühnerstall
kein Wunder denn die Legehennen
ihn nur noch unseren Helden nennen

Der Mann, der alles eingebrockt
im Dorfe zu Gerichte hockt
doch weil die Nacht mit gutem Schluss
er nicht mehr ins Gefängnis muss
statt dessen soll er weiterziehen
und allen dieses Lied kundtun....

,,Wo immer wir auch gehen und stehen
wo wir im Meer Delfine sehen
wo Seeadler im Aufwind fliegen
und Boote still im Hafen liegen
wo Sonnenschein und Donnerhall
der Wind ist da, ist überall
und niemand hier auf dieser Welt
den Wind in seinen Händen hält''


© yes


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Beschreibung des Autors zu "Der Wind"

Falls jemand gerne illustriert, einfach melden.....bin für Projekte zu haben

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Kommentare zu "Der Wind"

Re: Der Wind

Autor: Michael Dierl   Datum: 31.12.2023 7:24 Uhr

Kommentar: Woooooooooowwwwwwwwwww............suuuuuuuuuper Gedicht! Zwar lang aber schön zu lesen! Habe es sogar 2. Mal gelesen.

lg Michael und guten Beschluss wünsche ich!

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