Der Schlaraffenlandmensch geht geduckt
An den Häusern einer südspanischen Gasse entlang,
Mit wirren Schlaraffenlandgedanken,
Die er loswerden will, indem er:

Sein gebügeltes, schweißweißes Oberhemd
Gegen den bröckelnden Kalk einer Hauswand hält -
Seine modischen Markenschuhe wischt,
Denen der Straßenstaub längst schon den Glanz gestohlen -
Kinder bedauert, die in diesem Staube
Lärmend und zankend mit Steinen spielen -
Schließlich sein aalglattes Aftershavekinn
Gegen die Falten einer uralten Greisin drückt,
Die schwarzgekleidet auf einem Schemel
Allein in der Mittagsglut hockt und noch lebt.

Da scheinen sich die Gedankenknoten zu lösen,
Aber die Schlinge bedrohlich bleibt.

Und am Ende der Gasse kein Portal:
Ein Fenster nur aus verwitterndem Holze,
Das mit müden, hängenden Läden
Dennoch endlich seine Hoffnung erfüllt:

Ein Mädchen
Legt kunstvoll langes, schwarzes Haar in Formen
Und blickt - kurz nur -
Über die Schulter in die Gasse hinaus
Und lächelt einfach das Schlaraffenland an.

Und der Mensch lächelt glücklich zurück,
Denn ihre Zähne sind weißer als sein Hemd.


© Pedda/gog


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Kommentare zu "Kurzes Glück des Schlaraffenlandmenschen"

Re: Kurzes Glück des Schlaraffenlandmenschen

Autor: Karwatzki,Wolfgang   Datum: 20.04.2012 17:45 Uhr

Kommentar: Hi Pedda,
beim ersten Lesen rätselhafte Zeilen.
Im zweiten und dritten Anlauf finde ich hier den Dicher, der keinen kurzen "Blick ins Paradies" wirft, sondern so als Touri mit schlechtem Gewissen und auch eitel elitär unterwegs ist. Liege ich jetzt total deneben?
Also,
für diese wenigen Worte habe ich jetzt fast 10 Minuten gebraucht!
Gruß
Wolfgang

Re: Kurzes Glück des Schlaraffenlandmenschen

Autor: Pedda   Datum: 21.04.2012 14:48 Uhr

Kommentar: Hallo Wolfgang,
Das finde ich ja ganz toll, dass du dich so lange mit dem Werk auseinander setzt. Ein frühes Gedicht von mir. Ich hatte im Spanienurlaub als Student Stress mit meiner damaligen Freundin und irrte allein durch die Gassen des Dörfchens. Du hast recht, ganz andere Impressionen als am Lago. Eitel ja, denn damals Anfang der 80er Jahre war der Unterschied im Lebensstandard zwischen Deutschland und Südspanien doch noch recht groß. Dennoch hat mich das einfache Glück der spanischen Menschen (Kinder die mit Steinen spielen nicht mit iPhone und PCh oder besonders auch diese junge Friseurin) damals sehr beeindruckt.
Danke für deinen Kommentar
Ich hoffe, dass es bald klappt und wir bei einem Bier fachsimpeln können. heute muss ich aber ins Stadion und hoffentlich die 8. BVB-Meisterschaft feiern.
Gruß Pedda

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