Auf dem Müll sitzt Müllmann Huber,
wühlt, derweil die Tränen triefen,
in einem dicken Aktenschuber
voll mit alten Liebesbriefen.

Sollen sie im Müll vergammeln,
unerkannt und unbeachtet?
Briefe, die von Liebe stammeln
und Sehnsucht, die längst ausgeschmachtet?

Im Müllamt dreh’n sich Vorschriftsmühlen,
doch diesmal wagt man, sich zu sträuben,
um einmal nur mit mehr Gefühlen
die Amtsgeschäfte zu betreiben.

Drum hat man Huber auserkoren,
weil er geeignet für den Job ist,
und weil ihm Zartheit angeboren,
und weil er niemals kalt und grob ist.

Er soll, entgegen den Gesetzen
die Liebesbriefe noch mal lesen
und sie mit heißen Tränen netzen,
bevor sie auf dem Müll verwesen.

Und so liest Huber fast besessen
die Briefe, die wir oftmals meiden,
bis er die Welt um sich vergessen.
O Huber, was musst du erleiden

bei all den Schwüren, Liebesnöten,
die wir – schon lang damit im Reinen –
heut’ lieber in die Tonne treten,
statt längst Vergang’nem nachzugreinen?!

O Huber, lies! Wir wollen beten,
dass du es schaffst, es gibt sonst keinen,
der so enthemmt wie du kann weinen.


© by Peter Heinrichs


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Beschreibung des Autors zu "Hubers letzter Job"

Ein biederer Müllmann wird damit beauftragt, all den weggeworfenben Liebesbriefen die letzte Ehre zu erweisen, indem er sie noch einmal liest.

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