Nie wieder Schule



Ideal

Ein junger Lehrer braucht seine Schüler,
um seine pädagogischen Talente zu üben.
Und er braucht auch eine Schule
als festen Halt für seine Seele.

Mit missionarischem Eifer und voll Elan,
führt er jede Bildungsoffensive an,
vermittelt Wissen und Kultur,
schaut nie gelangweilt auf die Uhr,
ob der Unterricht denn bald vorbei.

Selbst die Pausen sind ihm einerlei,
hat er doch so viel zu lehren
den Schülerbildungsstand täglich zu mehren.
Ist der Unterricht vorbei,
hetzt er in die Bücherei,
um sein eigenes Wissen aufzufrischen
und den Schülern aufzutischen.
Selbst der faulste Bösewicht
freut sich auf den Unterricht.

Alle lechzen geil nach Wissen,
möchten keine einzige Stunde missen.

Real

Nun ja, wie sieht es denn wirklich aus?
Ist Schule nicht doch viel eher ein Graus?
Unser Lehrer hat s wahrhaft nicht leicht,
bis er endlich sein Pensionsalter erreicht.

Täglich kämpft er gegen Dummheit
und Null -Bock-Mentalität
vieler Schüler in seinem Klassenhaufen.
Er könnte sich täglich alle Haare raufen.

Selbst beim Laberfach, wie Politik,
arbeitet kaum ein Dusseldepp noch mit.
Nur dann, wenn er begeistert erklärt,
wie man rasant einen Porsche fährt,
ja, da spitzen sie die stumpfen Ohren,
statt gelangweilt in der Nase zu bohren.

So welkt ganz langsam unsere Lehrkraft dahin,
versucht s verzweifelt mit harter Disziplin,
um doch noch Substanz für s richtige Leben
den Schülern mit auf den Weg zu geben.

Irgendwann frustrieren die pädagogischen Eiertänze,
er möchte gar selbst nur noch Schule schwänzen.
Ab diesem Zeitpunkt ist es soweit:
Unsere Lehrkraft ist zur Pension bereit.

Pension

Doch spürt unser Pauker sein Rentenalter,
beginnt der Entzug vom stressigen Alltag.
Ein Pädagoge ohne seine Klasse
mutiert zum Henkel ohne Tasse,
abgeschoben auf Pension
dem Schulalltagsmilieu entfloh n,
wie ein Junkie ohne Drogen
wie ein Buch ohne jedes Wort,
wie ein Kommissar ohne täglichen Mord.
Gerad, wie ein Esel ohne Ohren.
Ja, wozu war man überhaupt mal geboren?

Trost

Genau deshalb schreibe ich hier,
überlege, beratschlage und rate dir,
die kommenden Jahre einfach zu genießen,
locker zu verbringen
und sollte dir das
– wider Erwarten – nicht gelingen,
halte ich mich jetzt schon und freudig bereit,
opfere für dich jede Freiminute Zeit,
im Konzert, in der Kneipe oder beim Sport.

Nur über Schule, bitte nie wieder ein Wort.






Wolfgang 22.7.2011


© Wolfgang Karwatzki


2 Lesern gefällt dieser Text.




Beschreibung des Autors zu "Nie wieder Schule"

Einem lieben Freund gewidmet.

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Kommentare zu "Nie wieder Schule"

Re: Nie wieder Schule

Autor: Karwatzki,Wolfgang   Datum: 16.11.2011 3:46 Uhr

Kommentar: Die Zeilen sind einem lieben Freund gewidmet.

Re: Nie wieder Schule

Autor: Pedda   Datum: 05.01.2012 18:52 Uhr

Kommentar: Hallo Wolfgang,
Sprichst du aus eigener Erfahrung? Ich gehörte auch mal zu dieser Sippe (siehe meinen Autorennamen) bevor ich in die "freie" Wirtschaft wechselte. Aber auch dort kann man die Rentenzeit mit Sehnsucht erwarten. Doch du hast recht: der tägliche Frust mit (einigen) Jugendlichen, die absolut keinen Bock auf Schule haben und das auch offen zeigen, würde mich fertig machen. Aber Schule ist auch ein Teil unserer Gesellschaft und kämpft gegen neuere Phänomene wie iPhones, Internet, MP3, Gewaltbereitschaft, Mobbing... wie gegen Windmühlen. Leider.
Liebe Grüße vom Peddagog

Re: Nie wieder Schule

Autor: Karwatzki,Wolfgang   Datum: 08.01.2012 20:56 Uhr

Kommentar: Hallo Pedda,
Meine Zeilen sind einem lieben Freund zum "Vorruhestand" gewidmet,haben keine eigene Erfahrungen aus Pädagogensicht mitzuteilen.

Re: Nie wieder Schule

Autor: Zum idealen Himmel   Datum: 10.07.2012 22:39 Uhr

Kommentar: Nicht sehr aufbauend für jemand, der gerade sein Referendariat angefangen hat. :-/

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