Wir verstecken uns hinter Namen und Nick’s
lassen unseren Persönlichkeiten freien Lauf,
schreiben, was wir uns nie zu sagen trauen,
handeln auch einmal neben der Etikette,
wir sind anonym.

Wir schreiben unsere Gefühle, unseren Frust von der Seele,
niemand kennt uns, wir sind das was wir vorgeben,
kaum einer wird den waren Menschen hinter den Zeilen erkennen
sind zerbrechlich, frustriert, ängstlich, einsam,
wir sind einsam - in einer virtuellen Welt voller „Freunde“

Wir moralisieren, wo wir gewöhnlich schweigen,
verurteilen, wo wir eigentlich immer wegsehen,
lassen die Sau raus, dabei werden wir sonst kaum bemerkt,
schimpfen nörgeln, pöbeln und diskriminieren,
wir sind gerecht und mutig.

Versteckt hinter Monitoren, in den eigenen vier Wänden,
lassen wir unser Bedürfnis nach Macht heraus.
Verurteilen den Pranger des Mittelalters und prangern an,
heute ist es ein lebenslänglicher Pranger.
wir sind zivilisiert

Niemand kann uns dabei sehen,
wie wir, mit Worten, die Persönlichkeit anderer Menschen herabsetzen.
Niemand bemerkt unsere Selbstgerechtigkeit,
wenn wir Menschen, für ihr Anders sein, verurteilen.
wir sind anonym

Es lebe das Internet


© Michael Jörchel


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Beschreibung des Autors zu "Schmierzettel zum Thema Internet"

Das Internet, gelobt und gescholten.
Ein Instrument unserer Zeit.

Der Vorteil dieser Errungenschaft:
Jeder Mensch, ganz gleich welchen Standes, welcher Herkunft
und welchen Geschlechtes hat die Möglichkeit seine Meinung zu äußern.
Er kann sie in die Welt hinausrufen. Er kann sein Leben, seine Gedanken und Erlebnisse mit allen Menschen dieser Erde teilen.

Aber diese Errungenschaft birgt auch viele Nachteile.
Denn jeder Mensch, ganz gleich welchen Standes, welcher Herkunft
und welchen Geschlechtes hat die Möglichkeit seine Meinung zu äußern.

...

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Kommentare zu "Schmierzettel zum Thema Internet"

Re: Schmierzettel zum Thema Internet

Autor: Karwatzki,Wolfgang   Datum: 07.03.2013 2:20 Uhr

Kommentar: Guten Morgen Michael,
bei Lektüre deiner Anmerkungen zum Thema Internet heute ist mir als Nachkriegsgeborenem - 1949- spontan ein Buch aus meiner Jugendzeit eingefallen:
Der Aufstand der Massen.
Autor: Ortega y Gassets

Zitat aus Wikipedia:
Ausgehend von einer aristokratischen Ordnung beschreibt er den „Aufstieg der Massen zu voller gesellschaftlicher Macht“. In ihm sieht er eine grundlegende Änderung der Gesellschaft des 20. Jahrhunderts.
Die Erklärung der Gleichheit aller Menschen sei ein Grund dafür gewesen, dass die moderne Zivilisation sich in eine „ungerichtete Aggressivität“ gewandelt habe, die im Faschismus zum Ausdruck gekommen sei.
Das zeige sich auch im Ausgrenzungsmechanismus:
„Anderssein ist unanständig. Die Masse vernichtet alles, was anders, was ausgezeichnet, per-sönlich, eigenbegabt und erlesen ist. Wer nicht 'wie alle' ist, wer nicht 'wie alle' denkt, läuft Gefahr, ausgeschaltet zu werden.“
– José Ortega y Gasset: Der Aufstand der Massen, Hamburg 1956, S. 12

Die Kritik von Ortega y Gassets fußt auf aristokratischem Menschenverständnis.
...
Lassen wir das mal so stehen.
...
Für mich ist z.B. "Shitstorm" im Netz
eine moderne Variante faschistischer Gefühlsausbrüche.

Re: Schmierzettel zum Thema Internet

Autor: micha221b   Datum: 07.03.2013 10:34 Uhr

Kommentar: Ja, leider ist es so, dass viele Menschen aus der Masse heraus oder aus der Anonymität oder auch unte einfluss von Substanzen ein anderes, meist negativeres Verhalten an den Tag legen als im "normalen" Tagesablauf.
Wir kennen sicher die typische Situation in der jemand als Gewlattäter erwischt wurde und die Nachbarn dann sagen.
"Er war doch immer so ein netter Mensch."
Einerseits liegt sowas auch an einer gewissen Gruppendynamik, von der man sich schnell mitreißen lässt und, in der Gruppe, das Gefühl bekommt "stark" zu sein. Auch die Geschichtsbücher sind voll von Ereignissen wie Kriege, Inquisitionen, Hinrichtungen bei denen eigentlich ganz normale friedliche Menschen als, unsichtbarer,Teil einer gesamten Gruppe/Armee zu einem mörderischen Mob werden.
Genau so ist es manchmal auch mit dem Internet Keiner sieht mich, keiner kennt mich und trotzdem kann ich Macht ausüben und die Gefühle anderer manipulieren was ich mir im wahren Leben oder alleine, von Angesicht zu Angesicht,vielleicht niemals getraut hätte. Dadurch erfahre ich Aufmerksamkeit und mein Bedürfnis nach Beachtung wird auch befriedigt.
Aber soetwas gibt es ja überall, Menschen lachen dir ins Gesicht und wenn du nicht da bist dann wird über dich hergezogen. Ob es nun Privat, Beruflich oder im Medienbereich stattfindet, wo eigentlich freundliche Reporter einen Bericht so Formulieen oder schneiden, das der Betreffende zu positiv oder zu negativ dargestellt wird. Es ist eben die Macht, die manche Menschen benötigen, dass sie nur aus einer gewissen Anonymität heraus agieren können.

Liebe Grüße
Michael

PS.: Es geht auch anders herum. Ich kenne einen, der sich als coolen, aggressiven Macho darstellt aber im Internet unter einem Pseudonym, erfolgreich, Liebeslyrik veröffendlicht.

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