Das Begehen der Karriereleiter
ist ein Akt der Machtergreifung.
Bringt leider genau einen weiter,
anders als bei echter Reifung.
Die Bildung stellt die Leiter steiler,
als hätte sie zu allem Recht.
So werden Kletterer stets geiler,
was Dummerweise ziemlich schlecht.
Den meisten wär es ein Vergnügen,
wenn Gleichheit wirklich Wahrheit wär?
Weshalb sie selbst sich auch begnügen
und nehmen bloß ein bisschen mehr?

Dass unmenschlicher Irrglauben
um uns seit jeher mitgrassiert,
beweist der Stolz, mit dem wir rauben,
beweist Verstand, den wer verliert -
wollen wir's denn echt nicht wissen,
was Intelligenz wirklich bedeutet?
Wir können es nicht wirklich missen,
was wir dem Wesen ausgebeutet!
Tatsächlich heißt Verstand bekommen,
Entwicklung gibt uns etwas ab;
hab ich's erst in die Hand genommen,
dann muss ich fühlen, was ich hab.

Intelligenz heißt wollen müssen,
im Takt zu folgen, wenn sie führt,
Intelligenz heißt's Leben küssen,
es so zu küssen, dass es spürt.
Intelligenz heißt Mangel sehen,
und mit dem Feuer, aus dem Bauch
zu machen, wissend, es kann gehen -
denn alle Andern haben's auch.
Intelligenz heißt nicht gewichten,
zu feilschen, wer die Rechte hält -
die heiligste der Erdenpflichten
ist einzusetzen, ruft die Welt!

Komm, wir wollen uns ans Meer stellen,
wo Wind weht und wo Brandung rauscht,
komm, über das Meer, durch die Wellen.
Ich will, dass du der Ferne lauscht.
Und sagt sie dir, wie viel Millionen?
Und sagst du ihr, ich bin geschafft?
Und ohne Krampf und Diskussionen?
Und mit ganzer Zeit und voller Kraft?
Und ja, hier haben sie zwar Rechte.
Fühlen klug sich beim Gebrauch.
Die gewaltigste ihrer Mächte?
Ist leider somit Machtmissbrauch.

Ob diese Menschen Denkprozesse
gegen die sie tüchtig wettern,
durch ihre Herrenmenschfinesse
somit unbemerkt zerschmettern?
Sieh sie über keinen Schatten springen.
Niemals und nicht was Irres tun.
Es kann kein Umstand Neues bringen.
Was kommt, es muss auf dem beruh'n,
was toll sie Überzeugung nennen.
Es ist ihr kleiner Rest der Welt.
Deren Möglichkeiten sie gut kennen.
Weil stetes „Nein!“ stets Recht behält.

Warum kämpfst du also um die Würde?
Weil sie täglich dir dein Bein bespringt?
Warum beugst du also dich der Bürde?
Dem Lied., dass dir nach Abklang klingt?
Nein, gib die Welt niemals verloren!
Ein Schwachsinn, der seit Anbeginn!
Aus Irrtum wird einst Geist geboren,
gibt euer Geist dem Irrtum Sinn;
aus Sinn wird Neubeginn beschworen,
bringt Irrtum ihn zum Ende hin -
wär ich unter'm Eis nicht eingefroren.
Dann wäre auch kein Durchbruch drin.


© Sebastian Deya


0 Lesern gefällt dieser Text.

Diesen Text als PDF downloaden




Kommentare zu "An den Verstand"

Es sind noch keine Kommentare vorhanden

Kommentar schreiben zu "An den Verstand"

Möchten Sie dem Autor einen Kommentar hinterlassen? Dann Loggen Sie sich ein oder Registrieren Sie sich in unserem Netzwerk.