Kindheit klasse, Jugend spitze,
fragt sich nur, wieso ich hier sitze.

Hab ich denn Themen für Gedichte,
ja die hab ich, anbei ich berichte:

Kindheit, Jugend alles toll,
Freundeskreis, Handy voll.

Schule klappt, hab Abitur,
womit verdien' ich das denn nur?

Das Leben verlief nur geradeaus,
leb in einem tollen Haus.

Eltern, die sind immer da,
machen viele Wünsche wahr.

Schöne Zeiten, viel zu lachen,
was kann das zunichte machen?

2011, ein Jahr wie keins,
durchzogen nur von Trauer und eins:

Vater erkrankt an Krebs im Mai,
schöne Zeiten plötzlich vorbei.

Verbringe die Zeit im Krankenhaus,
geh dort ein und geh dort aus.

Festgesetzt hat sich der Geruch,
und der ein oder andre Spruch:

Wir kommen demnächst mal vorbei,
ach da hab ich gar nicht frei.

Am Wochenende keine Zeit,
das tut mir ehrlich, wirklich leid.

Hab gehört er ist gestorben,
besuchen wollt ich ihn - allerdings erst morgen.

Hilft denn da,
kein Antibiotika?

(Vorwurf einer Verwandten)

"Warum ruft ihr uns nicht mal an?"

Würden wir ja, geht nur nie jemand dran.

9 Monate Chemotherapie,
die Verwandschaft sieht er kaum bis nie.

Keiner fragt oder bietet sich an,
ob er etwas helfen kann.

Zum Glück überlebte er das - auch wenn,
dann viele sagten:"Was hattest du denn?"

*ein Denkanstoß
*basiert auf einer wahren Begebenheit


© Seralgo Refenoir


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Kommentare zu "Und wenn man sie braucht, ist niemand da?"

Re: Und wenn man sie braucht, ist niemand da?

Autor: noé   Datum: 27.05.2014 22:49 Uhr

Kommentar: Der beste Jugendfreund meines Mannes hat sich bei ihm weder sehen noch hören lassen. Darauf angesprochen, wie sehr mein Mann auf seinen Besuch wartet, war die Antwort: "Das müsst ihr verstehen, ich kann Krankenhäuser nicht leiden."
Friedhöfe wahrscheinlich auch nicht, denn niemand hat ihn je wieder gesehen.
noé

Re: Und wenn man sie braucht, ist niemand da?

Autor: noé   Datum: 27.05.2014 22:54 Uhr

Kommentar: Ach ja, ein kleines P.S.:
Wenn er mal zuhause war, war ich die einzige Pflegeperson, 24 Stunden am Tag. Seine eigene Familie ist zweimal da gewesen, zum Kaffeetrinken, servieren, abräumen, abwaschen durfte ich alleine.
Das kommt noch hinzu.
Sechs Wochen nach seinem Tod existierte ich nicht mehr für sie, habe selbst von dem Trauzeugen-Bruder nie wieder etwas gehört.
noé

Re: Und wenn man sie braucht, ist niemand da?

Autor: Fone   Datum: 27.05.2014 23:56 Uhr

Kommentar: Solche Menschen glauben wohl, dass Krankheit und Tod nur andere betrifft.
Das wird sehr bitter für sie, wenn sie merken, dass sie sich in diesem Punkt getäuscht haben.

LG Fone

Re: Und wenn man sie braucht, ist niemand da?

Autor: possum   Datum: 28.05.2014 0:25 Uhr

Kommentar: Diese Zeilen gehen mir sehr nahe! Wie kalt werden so viele Menschen in unserer Welt! LG!

Re: Und wenn man sie braucht, ist niemand da?

Autor: Jan Peer   Datum: 28.05.2014 22:38 Uhr

Kommentar: In der schönen heilen Welt, die uns medial umgibt, werden Krankheit und Tod entrückt und ausgeblendet. Und manche Menschen glauben wohl wirklich, es ginge sie nichts an...
LG J.P.

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