Ich lieg am Boden, der Rücken zur Wand
hab kalten Schweiß im Stift in der Hand
ohne Gründe jetzt noch aufzustehen
mit Angst am Himmel schwarz zu sehen
mit Angst ich muss mir eingestehen
es ist an der Zeit zu gehen.
Für die Trinker schenk ich nochmal ein
leg für die Kokser eine Line
hab für Druffies eine Hand voll Pillen
wünsch Fixern einen starken Willen
für alle andern meine Hand
meinen Kopf durch eure Wand.

Lasst uns noch die eine Wahrheit nennen
wer drinne friert sieht’s draußen brennen
es knarrt und kracht im Erdenhaus
der Mensch, er räuchert sich heraus.
Drum lasst uns dieses Mal noch tanzen
wir trinken, feiern, rauchen Pflanzen
lasst für die noch unsre Häupter senken
für die nochmal die Fahne schwenken
für die, die wir zu früh verloren
für die, an die wir zu denken geschworen.

In der Küche stehen um den Brei
zu viele Köche, kochen Einerlei
das Grau noch mit Beton zu würzen
und Trümmern, die vom Dach abstürzen
so steh’n sie da und hoffen munter
der nächste Koch, er macht es bunter.
Das Fenster zum Garten steht offen
das Leben rausgejagt vom Hoffen
wird eingeholt und erlegt
aufgebrochen und zersägt
in Tupperdosen konserviert
liegt’s in Truhen und erfriert
weil der Mensch sich selbst verkannt
das Haus, das Haus. Es steht in brannt.

So geht mein letzter Fingerzeig
nach Hause Richtung Bürgersteig
auf einen Flug
auf einen Zug
auf ein Gläschen
auf ein Näschen
auf ein Stößchen
auf ein Röschen
auf ein Möschen
ohne Höschen
nochmal grillen
ein paar Pillen
noch ein Küsschen
auf mein Tschüsschen.

Als sich der Tag gen Ende neigt
ihr Blutdruck bis ans Limit steigt
die Köpfe sich nach unten neigen
grau gespiegelt in den Bürgersteigen
wein ich meine letzte Träne
für jeden, der mich bei sich wähnte
spucke meine letzten Tränen
auf dein, sein, ihr und euer Gähnen
und gehe zurück nach Hause
auf meine Suche ohne Pause.

Ich ziehe mit der Melodie
weg vom Sturm und flieh
hör noch wie die Stille schreit
“Mensch ich bleib gern unbefreit”
seh tot gesagte länger sterben
seh tot gesagte nichts vererben
hab im Gepäck noch ihren Schatten
vom Leben, dass sie niemals hatten

hab in Gepäck und Kämpferherz
Blut und Narben, Tränen und Schmerz
hab im Gepäck noch dieses Hoffen
das Ende sei vielleicht noch offen
das ich den Anfang finde dann
mit Mensch, der wieder denken kann
wo sein Wesen wurd der Raub von Flammen
will ich diese Fahne in die Asche rammen


© Sebastian Deya


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Kommentare zu "deathblow"

Re: deathblow

Autor: noé   Datum: 02.03.2014 15:45 Uhr

Kommentar: Die hilflose Verzweiflung ist groß. Und mancher verschließt genau darum Augen, Herz und Hirn vor dem Offensichtlichen. Tanzen wir, bis der Pest-Tod uns holt, noch vor dem Morgen-Grauen. Karneval in Venedig.
Ein sehr mitreißender Text, Sebastian.
(Kleine Anmerkung: Müsste es hier nicht "Brand" heißen?: "...Es steht in brannt..."
noé

Re: deathblow

Autor: Angélique Duvier   Datum: 02.03.2014 16:01 Uhr

Kommentar: Wirklich zutiefst ergreifend! Müsste es nicht in der zweiten Zeile "den Stift in der Hand" oder "einen Stift in der Hand"heißen, statt "im Stift in der Hand"?
Liebe Grüße,
Angélique

Re: deathblow

Autor: Pacaveli   Datum: 23.03.2014 2:33 Uhr

Kommentar: @noe Dieser Kommentar ist nicht wirklich fair, muss ich sagen. Verzweifelt? Manchmal (welcher klar denkende Mensch in dieser Welt ist das nicht hin und wieder, also zumindest am Verzweifeln?). Hilflos weniger.

Und das mit dem "Tanzen bis der Tod uns holt". So bin ich nicht, ganz sicher nicht. Wie auch? Selbst, wenn ich wollte... Es tanz ja keiner mehr...

Zu diesem Text hier gibt es leider neben dem "großen Ganzen" noch eine konkrete, traurige Vorgeschichte.

Re: deathblow

Autor: Pacaveli   Datum: 23.03.2014 2:34 Uhr

Kommentar: Achja: Der Brand muss selbstverständlich so heißen. Danke.

@Angelique: Danke dir! Aber der Stift, der ist tatsächlich so gewollt!

Re: deathblow

Autor: noé   Datum: 23.03.2014 2:42 Uhr

Kommentar: Würdest Du mir erklären, was ich missinterpretiert habe, Sebastian, bitte? Oder muss man das von selbst erfassen? Dann habe ich wohl schlechte Karten...
noé

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