Wie der Fluss, der ungebremst und wild von
höchsten Gipfeln stößt, sich breit und duldsam
ins Land ergießt, so sollte meine Liebe groß sein.
Quicklebendig, wie sein Wasser, das, wie du es
berührst, gleich ein anderes ist, wach sich wandelnd
in jedem Augenblick, so sollte meine Liebe groß sein.
Das alchimistische Urelement einer Lebendigkeit,
die nie verklingt in ihrem Rausch aus wahren weichen
und ewig süßen Tönen, so sollte meine Liebe groß sein.
Das vollkommenste Abbild der Natur, zur Natur entformt,
in wahren wortlosen, endlos strahlenden Farben, mit
wahren wilden Gerüchen, so sollte meine Liebe groß sein.
Der Tempel, in dem Erde, Wolken und Himmel Reigen
tanzen, um niemanden zu ehren, um niemanden zu
belehren, formlos zu sein, so sollte meine Liebe groß sein.
Es kamen Nächte, die zu Tagen sich dehnten und Tage,
die verblassten im verbissenen Stakkato der Jugend, um
ewig zu sein, ewig zu lieben, um herauszufordern das
Unausweichliche, im Angesicht karmischer oder kosmischer
Kräfte, augenblicklicher Erkenntnisse, die meinen Geist
gierig im Rot des neuen Tages blähten, irre, wirre Verirrungen,
wundersame Verstrickungen des Blutes, verurteilt, verlacht,
verhöhnt, beschämt, ach, wie verblassten sie so schnell!
Es kamen die Honignächte, ihre ungeduldigen Tänze,
maßlos lüstern, ohne jemals Frieden zu finden,
die Tänze auf dem Marmor erhabener Säle,
auf dem blanken Parkett der fremden Blicke,
der Blicke der Übermächtigen, der Anderen,
jene, die in der Erde verfaulten, irrend zwischen
Himmel und Hölle, Wahnsinnige, die sich suhlten
im Schattenreich der Seele, geschaffen für Kirchen
und Liturgien, ach, wie verblassten sie so schnell!
Es kamen die Tage mit Konto, Kind, Kegel,
kostenloser Klubmitgliedschaft in der Vereinigung
der glücklichen Eltern, der glücklichen Hausbesitzer,
der glücklichen 3 mal jährlich in den Urlaub Flieger,
der glücklichen Dauerkarten Besitzer auf gepflegten
Vorstadtkinderspielplätzen, wo das Wichtige im Leben
trainiert wird von mehrsprachigen Kindermädchen
mit wichtigen Smartphones im ständig gierigen
Blickkontakt, ach wie verblassten sie so schnell!
Es kamen Stunden im durchgetanztem Schuhwerk
der Sehnsüchte, in verstohlenen Hotelzimmern,
Hinterzimmern, Clubzimmern, atemlos, wortlos,
gefühllos oder vom Rausch vernebelt. So schlief
ich oder wachte ich inmitten wundersam verzückter,
dampfender Leiber, ihrem Schreien, Stöhnen,
inmitten von toten Masken, schönheitsverschnittenen
Botoxfratzen mit ihrem affektierten Entsetzen, ihrer steinkalten
inwendigen Wüste, ach, wie verblassten sie so schnell!
***
Am Ende ließ ich alles liegen,
alles los, alles, alles, alles,
Tränen, Träume, Termini,
verschmolzen mit den Wassern,
die ungebremst und wild
aus meinem Herzen verströmen,
groß erwuchs sie, meine Liebe,
erwachsen erwacht, ein Nebel,
der sich lachend über die Welt legt
und heiter alles enthüllt.
Endlich
wurde das Große der Liebe klein,
und das Kleine der Liebe groß.
Kommentar:Ja, durch das wirklich und willig Gelebte und aus ihm heraus wird die Liebe groß. Ich glaube, sie braucht Leben, um zu wachsen, weil das Leben braucht sie..
Es ist beglückend, dies zu erkennen (und zu können) und du lässt es so sehr spüren in deinem Gedicht!
L.G. Ree
Gefühlsduseleien
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