Verrücktes Herz, tanzen, das willst du, immer nur tanzen,
Lachen, das willst du, immer nur lachen. Tanzen, lachen,
tausend Faxen machen. Tanzen vor Glück, lachen, entzückt,

Tanzen entrückt, im Augenblick, in jedem Augenblick,
In jedem Augenblick des Erwachens. Verrücktes Herz,
übermütig bist du. Und: mutig bist du. So mutig, wie

nur ein Herz sein kann: ein Herz, das liebt. Verrücktes
liebendes Herz, du, verrücktes Herz, in Liebe entflammt,
du, mit deinem Feuerschweif, du heiliges, wildes Pferd,

Galoppiere, renne, flüchte, flüchte weit, weit fort, fort
von der Geometrie der Wände, der Akkuratesse des
Verstandes, dem Gefängnis des spiegelsüchtigen Ego.

Finde sie, die Freiheit, nach der dein Wesen sich sehnt,
finde sie, tanze, bis deine Hufe zu Wolken wachsen,
Galoppiere über die Dächer der Städte, die Türme,

die Antennen, die Straßenschluchten, die Bahnhöfe,
die Startbahnen, die vollgestopften Straßen, die Welt
Der Worte an den Wänden, die Welt der Botschaften,

Die der Kisten, die Welt, die brummt und brüllt, säuft
und stinkt, die Welt der blechernen Atemlosigkeit.
Galoppiere mit deinen Hufen aus Wolken weit fort,

fort von alle den rasenden, rastlosen Menschen dort,
Dort unten, rasend rastlos, auf Wegen, die nirgendwo hin
führen, auf Wegen, die niemanden schützen als den

Augenblick, niemandem nützen mit all den Geschichten,
die eitel sich selbst vergewissern, tautologisch, dumpf,
monoton, niemals enden wollende Geschichten, von Neid

und Gier, von Zahlen und Buchstaben, von Geld und Waren.
Eitle Geschichten einer Welt von Helden und Heldinnen,
Aufgeblasen oder mühevoll kaschiert, aber stets großartig,

superhyperlative, niemals enden wollende Egos, besessen,
trunken, triefend, verloren, verzweifelt, krank im Gefängnis
Ihrer Geschichte von sich selbst, die sie erzählen, sich selbst

erzählen, ein Leben lang, auf Irrwegen taumelnd, immer auf
der der Suche nach einem Zuschauer. Gebete des Egos,
ewige Wiederkehr des Gleichen, der Sinn des Lebens,

der sich nur im Kreis bewegt, heute, morgen, ein Leben lang.
Wege, die nicht schützen vor dem Morgen, nicht schützen vor
dem Nichts, nicht schützen vor dem Tod, der Unendlichkeit,

die im Nebel liegt. Sie heilen nicht, nicht die Mauern, sie heilen
nicht die Steine, sie heilen nicht, die Geometrien, sie heilen
nicht die Spiegelungen, nicht der Erfolg, nicht die Versicherungen,

nicht die Bankkonten, nicht die brillanten Analysen, nicht die
Tempel der Worte oder die Tempel der Verblödung. Sie heilen
nichts, nicht das Gestern, nicht das Morgen, nichts, nichts,

und wieder nichts, heilen sie. Sind sie doch Illusionen, reinste
Illusionen, Fata Morgana eines Denkens, das so großartig sich
dünkt, und großartig Ist es nur in seiner Verstörung, in seiner

Beschwörung, in seiner Zerstörung, in seiner Trostlosigkeit,
in seiner Armut. So arm ist es, so unendlich arm, wie alles,
das dem Verstand aufscheint, in jedweder glamourösen Gestalt.

So groß, so groß-artig, so stolz, so eitel, all dieser Gewänder des
Ego-Verstands auch sein mögen, verdecken sie doch nur die
Nacktheit: verdecken sie voller Scham. Nackt gefangen in Mauern

seiner Eitelkeit, die er nicht überwinden kann. Diese Mauern des
Verstandes, der nichts versteht und sich seiner Herzlosigkeit rühmt.
Nur ein Herz, das brennt, tanzt im Licht der Ekstase, nur ein Herz,

das brennt, trägt das Licht Gottes in das Universum jenseits des
Denkens, nur ein Herz, das brennt, umarmt die Schöpfung in Mut
und Anmut. Darum tanze für dein Leben, du, brennendes,

verrücktes Herz! Tanze, liebe, verrückt, entrückt, tanze dich, liebe
dich, tanze dich um deinen Verstand, ganz und gar, du verrücktes
Herz, sei ganz und gar im Augenblick, liebe, lache, entzückt, verrückt.


© vkd


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Kommentare zu "VERRÜCKTES HERZ"

Re: VERRÜCKTES HERZ

Autor: noé   Datum: 04.01.2014 1:25 Uhr

Kommentar: Bei den ersten vier Strophen war ich vollkommen gefesselt von Deinem Schreibstil und dem Inhalt. Das war von eben diesem Herzen diktiert.
Ich glaube, danach hat sich der Verstand zwischengeschaltet, jedenfalls mir kommt es mir so vor.
Von dem, was das Herz weiter zu sagen gehabt hätte, davon hätte ich gerne noch mehr gelesen...
noé

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