Es ist schrecklich, aber es bleibt mir nichts anderes übrig, als zuzugeben, daß ich eine europäische Seele bin. Doch ich fühle mich schuldig! Was ist passiert?

Irgendwer muss mich vergiftet haben! Ich glaube es war der Geist – wir haben uns selbst zugrunde gerichtet!

Damals, als sämtliche Seelen auf dem Globus sich gegen mich verschworen hatten und einstimmig meine Vernichtung forderten, war es noch leicht „vernünftig“ zu reagieren, denn die Vernunft ist keine Vernunft, wenn sie nichts weiter einbringt, als das nackte Überleben. Aber in Situationen der Angst schreit keiner nach der wahren Vernunft! Da rennt alles zu den Waffen!

Und, was soll ich sagen?! Wir waren erfolgreich! Die Seele, der Geist und das Fleisch, alles Diesseitige, arbeitete effizient zusammen – zumindest insoweit, als man sich, einfach gestrickt, wie man war, am Leben erhalten konnte.

Im Zuge des einfach gestrickten Überlebens, expandierten wir schließlich selbst. Aber während wir expandierten, veränderten wir unsere Mentalität – wir zivilisierten uns zusehends. Unter uns traten Menschen auf, die uns ermahnten, nicht so sein zu wollen wie diejenigen, die uns daran hindern wollten, ebenfalls zu sein, weil ihnen das die Erde aufgetragen hatte (wie die Erde allen Wesen aufträgt sich gegenseitig zu bekämpfen).

Die Ermahnungen machten Mode – auf der ganzen, von uns beherrschten Welt. Daß dies jedoch nicht wirklich die ganze Welt war, bemerkten wir nicht, denn wir nahmen – kindlich verblendet an – daß sich die übrige Welt mit uns entwickelt habe.

Auch gingen wir strikt davon aus, alle Menschen seien nun wie die einstigen Ermahner gestrickt, und alle Menschen wüssten nun ebenso viel wie sie, da man doch nachlesen konnte, was sie uns, zur sorgsamen Anwendung, hinterlassen hatten.

Leider ist die Annahme, alles wird gut, weil sich Mr. Smith vorstellen kann, daß alles gut wird, zum Scheitern verurteilt, nein, sie ist dekadent! Nur Engeln im Paradies ist es erlaubt, auf diese Weise zu existieren. Sie sind von den Teufeln der Hölle durch „viele Millionen Kilometer“ getrennt. Ihnen kann nichts passieren – uns aber wohl!

Wir sind immer noch dem Naturgesetz schutzlos ausgeliefert, vor allem dann, wenn wir uns einbilden, wir könnten unsere Zahmheit auch auf Schlangen und Wölfe übertragen. Richtig ist, daß sie die gleiche Erde bewohnen wie wir. Unrichtig aber ist, daß sie deshalb auch ebenso wie wir denken müssen. Das träumen wir nur!

Sich schuldig zu fühlen ist folglich sehr, sehr erstrebenswert – jemand Unbefugtem aber gleich auf die Nase zu binden, daß es so ist, ist der reine Selbstmord, denn verstehen kann uns immer nur der, der dieselbe (Gedanken-)Sprache wie wir spricht!

Die Seele des Staates 35

© Alf Glocker


© Alf Glocker


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Kommentare zu "Die Seele des Staates 35"

Re: Die Seele des Staates 35

Autor: axel c. englert   Datum: 12.12.2015 19:15 Uhr

Kommentar: Auch Toleranz muss Grenzen haben –
Sonst landet sie im Straßengraben…

LG Axel

Re: Die Seele des Staates 35

Autor: Uwe   Datum: 12.12.2015 19:49 Uhr

Kommentar: "Alf, Alf, Alf" - schreit nicht die Menge,
es liegt an ihres Geistes Enge.

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