Sie parkte direkt vor seinem Haus. Vier Stunden war sie gefahren, von Fulda nach Hamburg. Und jetzt war sie da und traute sich nicht, auszusteigen.
Sie starrte die Eingangstür an. So viele Klingelschilder. Hoffentlich konnte sie seinen Nachnamen entdecken. Hoffentlich war er zu Hause. Hoffentlich wohnte er überhaupt noch hier.
Als sie das letzte Mal Kontakt hatten, wollte er ja eigentlich ausziehen. Aber so wie Julia den Wohnungsmarkt in Hamburg einschätzte, konnte er eigentlich noch nichts gefunden haben.
Es war jetzt aber auch schon wieder drei Monate her, dass Maik ihr geschrieben hatte. Und eigentlich hatte er ihr auch deutlich gemacht, dass sie bei ihm verkackt hatte.
Aber Julia konnte es nicht sein lassen. Seitdem sie ihn vor fast drei Jahren kennengelernt hatte, war er fester Bestandteil ihrer Gedanken geworden. Kein Tag verging, ohne dass sie sich fragte, wie es ihm wohl ging und was er machte. Und seit sie sich vor einem halben Jahr getroffen hatten, war es noch schlimmer geworden.
Sie öffnete die Fahrertür ihres kleinen Corsas und stieg aus.
Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals. Was würde er denken? Wie würde er reagieren? Würde er ihr die Tür vor der Nase zuschlagen?

Sie fand das Klingelschild mit seinem Nachnamen sofort.
Kurz nachdem sie draufgedrückt hatte, erklang auch schon eine männliche Stimme. „Ja?“
Maik selbst war es jedenfalls nicht. Vermutlich sein Vater?
„Ähm, Hallo. Ist Maik zufällig da?“ Julias Stimme hörte sich zum Glück nicht so an, wie sie sich gerade fühlte.
„Ja, wer ist denn da?“
Was sollte sie darauf antworten? „Öhm... Sozusagen eine alte Freundin. Könnten Sie mich rein lassen?“
„Hm, ja, Moment.“
Das Summen des Türöffners ertönte und sie trat in das Haus ein. Weil sie nicht wusste, in welchem Stockwerk sich die Wohnung befand, nahm sie die Treppe.
Im fünften Stock war eine Tür geöffnet und ein Mann mittleren Alters stand erwartungsvoll im Hausflur. Die Ähnlichkeit mit Maik war erstaunlich.
„Sie sind Herr Hartmann?“
„Ja. Was wollen Sie denn von Maik?“ Er wirkte ein wenig misstrauisch.
„Ich würde gern mit ihm persönlich reden. Wäre das möglich?“
„Klar, Entschuldigung. Er duscht allerdings gerade. Wollen Sie vielleicht hier warten? Ich würde ihm dann gleich Bescheid sagen.“
„Natürlich. Vielen Dank. Ich setze mich einfach solange hier hin.“ Sie deutete auf die Treppenstufen.
„Alles klar, ich denke es wird nicht länger als 5 Minuten dauern. Wie heißen Sie denn eigentlich?“
„Julia. Julia Jürgens. Aber... Vielleicht sagen Sie Maik den Namen lieber nicht? Mir ist es wirklich wichtig, mit ihm zu sprechen.“
Der Mann grinste. „Was haben Sie denn bloß angestellt... Ich werd ihm sagen, dass eine junge Dame draußen auf ihn wartet. Den Namen hab ich natürlich leider schon wieder vergessen.“
„Vielen Dank. Das ist wirklich sehr lieb von Ihnen.“ Jetzt konnte auch Julia sich ein Lächeln nicht verkneifen.
Die Tür schloss sich und Julia war allein.
Ihr Kopf war so leer und doch voll mit Gedanken. Wie sollte sie ihm begegnen? Was sollte sie sagen? Sie hatte Angst, dass er sie zurückweisen würde, dass er sie einfach so wegschicken würde.

Bevor sie sich noch weitere Sorgen machen konnte, ging die Tür auf und Maik trat hinaus. Er sah noch genauso aus, wie Julia ihn in Erinnerung hatte. Eine Sekunde lang guckte er sich suchend um. Dann erblickte er Julia und sofort versteinerte seine Miene.
Julia stand auf und ging einen Schritt auf Maik zu.
„Hey.“ Sie wagte nur, es ganz leise zu flüstern, fast zu hauchen.
„Was willst du hier?“ Sein Blick wirkte, als wolle er sie damit umbringen.
Lange antwortete Julia gar nichts auf seine Frage. Sie sah ihn einfach nur an. Schließlich sagte sie: „Um ehrlich zu sein, ich weiß es nicht. Ich bin heute Morgen aufgewacht und wusste, dass ich dich sehen muss. Mit dir reden muss. Dann hab ich mich fertig gemacht und bin ins Auto gestiegen.“
Ihre Hände zitterten. „Hör mal, ich weiß, dass du eigentlich nichts mehr mit mir zu tun haben willst. Aber bitte... Ich möchte mit dir reden. Ich bin den ganzen Weg von Fulda bis zu dir gekommen, nur dafür. Du kannst mich nicht einfach wieder wegschicken...“ Ihre Stimme klang verzweifelt.
Maiks Stirn kräuselte sich kurz. „Von Fulda?“
„Ja, ich bin zum Wintersemester umgezogen. Studium und so.“
„Stimmt, da war was.“ Er war so kalt zu Julia. Aber das ignorierte sie grade.
Wieder sagte lange Zeit niemand etwas. Sie blickten sich nur gegenseitig an.
„Nun gut.“, Maik hatte das Schweigen gebrochen, „Ich ziehe mir schnell Schuhe an. Dann können wir kurz eine Runde um den Block gehen. Dann verschwindest du wieder.“
Das war zwar nicht viel, aber es war ein Anfang. In Julia keimte ein Fünkchen Hoffnung.

Es war komisch, so distanziert neben Maik zu gehen. Als Julia ihn das letzte Mal in Hamburg besucht hatte, war alles so vertraut und liebevoll zwischen den beiden gewesen.
„Okay, hör zu.“, Julia verlangsamte das Tempo ein wenig. „Ich weiß, dass ich mir Dinge geliefert habe, die nicht in Ordnung waren. Es stimmt, ich habe dir damals Hoffnungen gemacht, bei denen ich wusste, dass ich sie nicht erfüllen kann. Das war scheiße von mir und falsch. Das weiß ich alles. Und ich weiß auch, dass du das nicht verdient hast. Deswegen möchte ich mich aufrichtig bei dir dafür entschuldigen.“
Maik wollte etwas erwidern, aber Julia ließ ihn nicht. „Nein warte, du musst mir erst zuhören. Dann kannst du was dazu sagen. Ich habe dir noch nicht erklärt, wieso ich so gehandelt habe.“
Sie wartete eine Sekunde, bevor sie weitersprach.
„Du weißt, dass ich zu dem Zeitpunkt, als ich dich hier besucht habe, in festen Händen war.
Und zu meiner Verteidigung: Ich bin ja nicht nach Hamburg gekommen, um etwas mit dir anzufangen, sondern, um mit meinen Freunden hier Urlaub zu machen. Die Idee, dir zu schreiben, hatte ich erst spontan im Zug. Wirklich! Und selbst da konnte ich nicht ahnen, dass das Ganze so ausgehen würde. Das war echt nicht geplant!
Es ist einfach so entstanden, ohne, dass ich das vorher gewollt hätte. Das musst du mir glauben! Und wenn man Gefühle hat... Keine Ahnung, ich hätte sie, während ich hier war, vor dir verbergen können, damit du dich im Nachhinein nicht verarscht gefühlt hättest. Aber in solchen Dingen bin ich grottenschlecht. Also hab ich die Zeit mit dir genossen, so gut es ging.
Ich hab, während ich hier in Hamburg war, auch gar nicht wirklich realisiert, was ich tue und was das für Konsequenzen hat. Ich denke, ich habe mich einfach von der Situation leiten lassen…
Naja und als ich dann wieder zu Hause war, konnte ich nicht einfach mit Lars Schluss machen. Das ging nicht... Du wirst das nicht verstehen, weil du da anders bist als ich. Aber für mich war das unmöglich. Es waren ja immerhin auch schon zwei Jahre, die ich dann weggeschmissen hätte. Und Du weißt, wie ich über Fernbeziehungen denke…
Für dich fühlte sich das dann sicher so an, als würde ich nur mit dir spielen, aber so war es nicht. Alles, was ich dir gesagt oder geschrieben habe, war zu hundert Prozent ernst gemeint.“
Nun blieb Julia vor Maik stehen und sah ihn an.
„Und seitdem wir wieder keinen Kontakt mehr zueinander haben, denke ich sehr oft an dich. Also das hab ich auch schon vorher, aber ich meine, es hat nicht aufgehört, seitdem wir nicht mehr geschrieben haben.“
Als Maik merkte, dass Julia ihren Vortrag beendet hatte, setzte er sich auf eine kleine Mauer, die direkt neben ihm stand.
„Was soll ich darauf jetzt antworten? Erwartest du, dass ich dir um den Hals falle? Julia, du hast mich schon mal enttäuscht. Und das weißt du auch. Aber weißt du was? Das war mir egal, als du hier gewesen bist. Weil du mir so wichtig warst.“

„Mir ist klar, dass du nicht vor Freude in die Luft springst. Ich wollte dir einfach meine Sichtweise erklären. Und dich wiedersehen, wenn ich ehrlich bin.“

Maik ging nicht darauf ein. „Du kannst übrigens froh sein, dass ich überhaupt bei meinem Vater war. Eigentlich hab ich eine eigene Wohnung in der Stadtmitte. Aber gestern Abend war ich bei Sebastian und hab da auch gepennt, weil er seinen Geburtstag gefeiert hat. Und vorhin hatte ich keine Lust, stundenlang zu warten, bis bei ihm mal die Dusche frei wurde und bin deswegen zu meinem Vater gegangen.“
„Freut mich, dass du eine Wohnung gefunden hast. Ich hatte mich auch gefragt, ob du noch hier wohnen würdest, aber eine andere Adresse hatte ich ja nicht. Also musste ich quasi erst mal hierher kommen.“
Julia setzte sich neben Maik auf die Mauer. Er fragte sie, ob sie denn nun wirklich Kulturwissenschaften studierte, wie sie es geplant hatte, und als die das bestätigte, wollte er wissen, wie das Studium so sei.
Im Anschluss erzählte er ihr von seinem Studium und begann dann, über seine kleine Wohnung zu schwärmen.
So saßen sie längere Zeit auf der Mauer und unterhielten sich. Langsam konnte Julia sich etwas entspannen. Sie hatte zwar das Gefühl, dass Maik ihr nicht wirklich vergeben hatte, dass er aber auch nicht die ganze Zeit böse auf sie sein konnte, während sie bei ihm war.

„Du hast vorhin gesagt, dass du zu dem Zeitpunkt, als du das letzte Mal in Hamburg warst, noch mit deinem Freund zusammen WARST. Willst du damit sagen, dass ihr euch getrennt habt?“
Julia musste lachen. „Ich dachte schon, es wäre dir nicht aufgefallen. Ja das stimmt. Ich hab mich ca. einen Monat nach Semesterbeginn von ihm getrennt. Es lief sowieso schon Monate nicht sonderlich gut. Ich hatte einfach das Gefühl, dass ich mich zu sehr verändert hab. Wir passten einfach nicht mehr zusammen. Und von meiner Seite aus war auch die Liebe irgendwie verschwunden. Naja und dann kam noch die Entfernung durch das Studium dazu...“
„Jaja, dein Problem mit der Entfernung.“ Maik grinste sie an.
„Wie sieht es bei dir beziehungsmäßig momentan aus?“ Julia hoffte, dass sie nicht allzu interessiert wirkte.
„Beziehungsmäßig sieht es wie immer nicht sonderlich gut aus. Ich treffe mich ab und zu mit ein paar Mädchen, aber da wird nie was draus.“
Als Maik bemerkte, dass Julia nicht so recht wusste, was sie darauf antworten sollte, sagte er: „Wie sieht´s aus, letztes Mal waren wir auf einem Weihnachtsmarkt. Jetzt ist ja Sommer, also müssten wir wohl etwas Sommerliches unternehmen, meinst du nicht auch?“
Er sprang von der Mauer und hielt Julia die Hand hin. Sie sah ihn aber nur verwundert an.
„Glaubst du denn wirklich, dass ich ewig sauer auf dich sein kann? Du hast mich verletzt, ja. Aber du hast dich entschuldigt. Und wenn du schon mal hier bist, muss ich die Gelegenheit auch ausnutzen.“ Er lächelte.
Julia fiel ein riesiger Stein vom Herzen. Damit hatte sie nun wirklich nicht gerechnet. Zwar hatte sie es sich gewünscht, aber es war eher so ein Wunsch gewesen, wie der von kleinen Mädchen, wenn sie erzählen, dass sie Prinzessin werden wollen, wenn sie groß sind.
„Na komm, du bist doch mit dem Auto hier. Dann können wir doch ganz einfach damit an irgendeinen See fahren und da chillen. Was hältst du davon?“
„Sehr gern. Ich kann mir grad nichts Besseres vorstellen.“ Julia strahlte Maik an und sprang ebenfalls von der Mauer.

Unterwegs hielten die beiden noch kurz vor einem Rewe und kauften Eistee und zwei Brötchen, weil sie sich einig waren, dass ein Tag am See ohne Picknick schon etwas komisch wirkte.
Maik navigierte Julia zu einer nicht ganz so bevölkerten Stelle am See, wo sie auch direkt parken konnte.
Während sie auf der Decke lagen, die Julia in ihrem Auto gefunden hatte, fühlte sie sich so wohl, wie schon lange nicht mehr. Sie quatschten über alles und nichts, über ihr Leben und über das Wetter.
Mit Absicht versuchte Julia, Körperkontakt von ihrer Seite ausgehend erst mal zu vermeiden. Diesmal wollte wirklich nichts falsch machen. Doch sie spürte, wie langsam und unaufhaltsam die Gefühle für Maik wieder hoch kamen.
Als sie schließlich aufgrund der fortgeschrittenen Tageszeit ganz allein an dem See waren, setzte Julia sich an den Rand des Steges und ließ die Füße im Wasser baumeln. Gern wäre sie auch ganz hinein gesprungen, aber sie hatte keinen Bikini dabei und wollte nicht in Unterwäsche vor Maik herumturnen.

Sie hatte ihn überhaupt nicht kommen gehört, aber auf einmal stand er direkt hinter ihr und bespritze sie mit ein bisschen Wasser. Als sie aufstand, um sich zu wehren, grinste Maik sie nur an, nahm sie hoch und schmiss Julia in den See.
Das ganze ging so schnell, dass sie noch nicht mal schreien konnte. So schwamm sie also mit allen ihrem Klamotten im Wasser und bespritzte Maik, so gut es ging. Aber es ging logischerweise überhaupt nicht gut, weil er immer wieder auswich und sich dabei totlachte.
Also versuchte Julia, zwischen ihren Lachern einen vernünftigen Satz zustande zu bringen: „Du Arsch, komm sofort hier rein! Ich bin schließlich auch total nass!“
Zu ihrem Verwundern sprang Maik tatsächlich ins Wasser. Julia tat so, als wollte sie ihn runter drücken, aber auch das funktioniere natürlich nicht. Stattdessen hob er sie hoch und ließ sie dort oben ein wenig, bis sie anfing zu frieren.
Dann ließ er sie in seine Arme gleiten und sah ihr in die Augen. Julia erwiderte seinen zärtlichen Blick. Behutsam legte er seine Arme etwas enger um sie, bis sie sich richtig umarmten. Nun war er ihr schon so nah, dass sie seinen Atem auf ihrer Haut spüren konnte.
Als sie bemerkte, dass er seinen Kopf noch näher zu ihrem bewegte, schloss sie die Augen.
Schon spürte sie ganz leicht seine Lippen auf den ihren. Sie gab sich dem Kuss vollkommen hin.
Ihr Herz raste und ihr Körper presste sich wie von selbst so nah wie möglich an seinen.
Es war ihr, als hätte sie seit fast drei Jahren nur auf diesen Moment gewartet.

Als sie aus dem Wasser kamen, dämmerte es bereits.
„Wir sollten fahren. Bis zu mir brauchen wir bestimmt noch eine Stunde.“
Julia wunderte sich nicht im Geringsten darüber, dass sie nun noch so vollkommen ungeplant mit zu ihm sollte. Es war eine Selbstverständlichkeit. Das Band, was sie schon immer verbunden hatte, war nun noch stärker geworden.
Julia suchte in ihrem Auto nach einer zweiten Decke und wurde sogar fündig. Sie gab sie Maik und nahm sich selbst die Decke, die noch auf dem Boden lag.
Als sie sich umdrehte und ihr nasses T-Shirt auszog, spürte sie Maiks Blick auf ihr ruhen. Ihr Körper begann zu kribbeln.
In die Decken gewickelt fuhren sie zu Maik. Er wohnte in einem Hochhaus ziemlich nah an seiner Uni. Seine Wohnung bestand aus zwei Zimmern, sowie Küche und Bad. Der Flur war sehr klein, dafür war die Küche umso größer.
Maik hatte die Wohnung sehr geschmackvoll eingerichtet. Sie war in Weiß, Grau und Blau gehalten und überall hingen Fotos von seinen Geschwistern und Stiefgeschwistern, sowie von seiner Mama und ihrer neuen Lebensgefährtin. Auch Sebastian war häufiger auf den Fotos zu erkennen.
Maik nahm Julia ihre Decke ab, hing sie an einen Badezimmerhaken und brachte ihr zwei Handtücher, ein T-Shirt von sich selbst und eine Jogginghose. Selbst an eine Zahnbürste hatte er gedacht. Julia war ihm sehr dankbar, weil sie natürlich nichts zum Übernachten dabei hatte.

Nachdem sie geduscht hatte und ihre Zähne wieder frisch nach Minze schmeckten, fühlte sie sich wie neu geboren. Schnell schlüpfte sie in seine Sachen und ging in Maiks Wohnzimmer.
Er hatte Kerzen angezündet und Rotwein in zwei Gläser gefüllt. Als er Julia sah, grinste er sie an. „Meine Sachen stehen dir noch viel besser, als ich es mir jemals hätte ausdenken können. Dabei hab ich sogar ein Foto von dir in meinem Pulli. Aber live gefällt es mir noch mehr.“
Sie ließ sich in seine Arme fallen und küsste ihn. Er roch genauso angenehm, wie an ihrem ersten Treffen in Hamburg.
Nach kurzer Zeit drückte Maik ihr die Fernbedienung mit den Worten „Ich will mich auch noch schnell frisch machen.“ in die Hand und verschwand mit einem Zwinkern im Bad.
Julia sank auf das Sofa. Sie nahm sich fest vor, jetzt nicht über das Erlebte nachzudenken, aber zumindest ließ sie es nochmal unkommentiert an ihrem inneren Auge vorbei ziehen.

Das Erste, was Julia sah, als Maik aus dem Bad kam, war das Leuchten in seinen Augen. Das machte ihr einerseits ein bisschen Angst, gleichzeitig stieg auch Vorfreude und Lust in ihr auf. „Rutsch mal ein bisschen. Hast du Lust auf einen Film?“, Julia richtete sich wieder auf, damit Maik sich setzten konnte.
„Klar, wieso nicht? Was hast du denn so im Angebot?“
„So ziemlich alles. Liebeskomödie, Action, Doku, Horror...“
„Alles, nur keinen Horrorfilm. Ich weiß, wie süß Männer es finden, die Frau während des Filmes zu beschützen, aber ich hab dann wirklich tagelang Albträume. Das geht gar nicht bei mir.“
„Echt jetzt? Haha, wie geil.“
„Wie mies du bist. Lach mich doch nicht aus.“ Julia spielte die Beleidigte und Maik begann, sie zu kitzeln, bis sie vor Lachen nicht mehr konnte und auf dem Boden lag.
Daraufhin beugte er sich über sie und küsste sie. Ganz langsam fuhr er mit einer Hand unter das Shirt, was sie anhatte. Von ihrer Hüfte wanderte seine Hand zu der Taille und von da aus zu ihren Brüsten. Er spürte, dass sie keinen BH mehr trug. Als er ihre hart gewordenen Nippel berührte, zuckte Julia zusammen. Ihre Atmung wurde schwerer und sie intensivierte den Kuss.
Nun schnappte sie sich das Shirt, was Maik trug, schaute ihn fragend an und als er keinen Widerspruch erhob, zog sie es ihm langsam über den Kopf.
Maik hob Julia hoch und trug sie in sein Schlafzimmer. Auf dem Bett angekommen, zog er auch ihr das Shirt aus. Nun presste er ihren Oberkörper an seinen.
Julia wusste nicht mehr, wie ihr geschah. Noch nie zuvor hatte sie so verspürt. Sie war vollkommen erregt und spürte trotzdem diese tiefe Zuneigung und Verbundenheit zu Maik.
Als er in sie eindrang, hatte sie das Gefühl, zu explodieren. Ihre Emotionen überrollten sie. Sie ließ sich ganz und gar auf das ein, was er tat und genoss mit jeder Faser ihres Körpers. Doch auch ihm schien es so zu ergehen, was sie noch mehr in Rage brachte.
Sie kamen schließlich gemeinsam und sanken erschöpft in die Kissen zurück. Keiner von beiden sprach ein Wort. Sie betrachteten sich gegenseitig, küssten sich, streichelten sich und kuschelten. Julia genoss es sehr, in seinen Armen zu liegen.
„Man kann wirklich tausendmal über Sex und seine persönlichen Vorlieben reden. Wenn man es dann wirklich tut, ist es nochmal was komplett anderes, findest du nicht?“ Maik riss Julia aus ihren Gedanken.
„Seh ich genauso. Aber es war wunderschön.“ Sie schwiegen wieder eine Weile.
Auf einmal begann Julia zu lachen. „Sag mal, wollten wir nicht eigentlich einen Film gucken?“
„Stimmt, da war was. Naja, ich glaube, wir haben die Zeit auch anders ganz sinnvoll nutzen können.“ Maik zwinkerte ihr zu.
Nachdem sie sich erneut geküsst hatten, fragte er: „Darf ich dich jetzt eigentlich wieder Liebling nennen?“
Julia lachte. „Ich glaube, das Recht dazu hast du dir vor ein paar Minuten erarbeitet.“
„Da bin ich aber sehr geschmeichelt.“

Bevor sie einschliefen, redeten sie noch lange miteinander. Er schilderte ihr seine Gedanken und Gefühle, die er über die letzten Jahre in Hinsicht auf Julia so angesammelt hatte. Zwischendurch küsste er sie immer wieder, so dass sie wusste, dass das jetzt der Vergangenheit angehörte und er ihr vergeben hatte.
Sie schämte sich für das, was sie Maik angetan hatte. Sie schämte sich sehr. Und sie schwor sich, das wieder gut zu machen. Irgendwie.
Julia wusste zwar nicht, was die Zukunft bringen würde, aber sie wusste ganz genau, dass diese Zukunft, wie auch immer sie aussehen mochte, nicht mehr ohne Maik stattfinden würde.
Auch Maik war bewusst, dass er diese Frau nicht noch einmal gehen lassen wollte. Und er würde alles daran setzen, sie bei sich zu behalten.
Doch er hatte das Gefühl, dass er sich diesmal gar nicht dafür anstrengen musste. Sie wollte nicht mehr weg. Das wusste er nun. Und das machte ihn glücklich.


© Julia


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