3.

„Ich wünsche dir noch alles Gute und viel Glück.“, sagte der Officer noch vor der großen Tür des Waisenhauses und stellte mir meinen Koffer ab.
„Dankeschön, Officer.“
„Vielleicht wirst du noch was von der Polizei hören, aber ich hoffe, du kommst schnell aus dieser Stadt hier raus. Ich kann mir vorstellen, dass du nicht länger hier sein möchtest.“
„Wissen Sie, es gibt Schlimmeres.“
„Ähh... Wie...“, er wollte gerade noch etwas dazu erwidern, da öffnete sich die große Tür und eine alte Frau kam raus.
„Ahh, du bist bestimmt Makena Johnson, richtig? Mein Name ist Mrs. Vallay. Ich bin die Eigentümerin dieses Waisenhauses für Mädchen.“
Sie streckte die Hand aus und während ich sie schüttelte, sagte ich: „Guten Abend.“
„Eigentlich nehmen wir abends keine mehr auf, aber ich habe gehört, was dir zugestoßen ist und erstmal mein herzliches Beileid.“ Sie sah zum Officer.
„Sie sind dann wohl der Officer, der sie netterweise hier zu uns gefahren hat. Vielen Dank!“
„Ach, kein Problem. Das Kind muss ja irgendwo untergebracht werden. So, ich hoffe, du findest so schnell wie möglich eine passende Familie für dich. Ich muss jetzt los.“
„Vielen Dank, Officer.“, sagte ich, als wir uns die Hand gaben. Er verabschiedete sich auch von Mrs. Vallay und ging zurück zu seinem Wagen.
„So, wir gehen erstmal rein und ich zeige dir dein Zimmer. Du teilst dir eins mit zwei anderen Mädchen in deinem Alter. Gleich hier um die Ecke, Zimmer 23.“
„Dankeschön, Mrs. Vallay. Muss ich noch irgendetwas ausfüllen oder so?“
„Nein nein, pack erstmal deine Sachen aus. Das Abendessen ist eigentlich schon vorbei, aber ich kann dir noch etwas aus der Küche besorgen, wenn du hunger hast.“
„Nein, schon gut. Ich pack nur noch meine Sachen aus und geh dann schlafen. Ich bin völlig fertig von dem Trubel der letzten Tagen.“
„Das kann ich verstehen, Schätzchen. Gute Nacht.“

Ich ging in das Zimmer rein, in dem es stockdunkel war. Ich machte mein Handy an, um zu sehen, wo ich hintritt. Leise ging ich an das leere Bett und setzte mich. Auf dem kleinen Beistelltisch neben dem Bett stand eine Lampe, die ich anmachte. Dann schaute ich zu den anderen Betten. Dort schliefen eine Schwarzhaarige und eine Brünette mit kurzem Haar. Wie es aussah, schliefen sie tief und fest, was ich ehrlich gesagt nicht verstehen konnte. Es war immerhin erst halb elf.
Ach stimmt, die mussten ja morgen in die Schule, fiel mir ein. Ich holte meinen dunkelroten Bettbezug raus und bezog die Decke und das Kissen, zog mein Nachthemd an, was ich eigentlich nicht wollte, denn es war ziemlich heiß und ich schlief meistens nur in Unterwäsche, und kniete mich auf mein Bett. Dort machte ich drei Kerzen an, legte mein Ouija-Brett auf das Bett und sprach leise ein Gebet. Ich beschwor die Dämonen des Teufels herauf. Als ein Dämon auf meine Frage, ob jemand da sei, mit 'Ja' antwortete, fragte ich, wie viele da sind. Das Glas schob sich auf die Zahl '3'.
„Bitte, kann ich mit dem Teufel sprechen? Ich hab eine wichtige Frage an ihn.“
Die Dämonen antworteten nicht. Ich fragte sie noch einmal, diesmal etwas lauter. Doch ich musste vorsichtig sein, damit ich die anderen Mädchen nicht aufweckte.
„Könnt ihr den Teufel zu mir holen? Ich muss ihn etwas wichtiges fragen!“
Diesmal hörten sie mich wohl. Das Glas bewegte sich zwar nicht, aber ich spürte plötzlich einen kalten Schauer über meinen Rücken laufen. Meine Hände fingen an zu zittern und es fühlte sich so an, als würde jemand auf sie rauf pusten.
„Oni, bist du da?“
Das Glas schob sich auf 'Ja'
„Oni, hier ist Makena. Bitte verrate mir, warum ich es machen musste? Sollte ich es machen? Oder war es ein Fehler? Ich habe sie gehasst und du hast nichts getan. Doch ich wusste, dass sie es verdient hatten. Warum hast du es nicht getan? Ich bin doch nur eine Botschafterin.“
Das Glas schob sich lange über das Brett auf die einzelnen Buchstaben, bis der Satz 'Du hast das Richtige getan' raus kam.
„Es hat mir Spaß gemacht. Ich war sehr stolz darauf, was ich getan hab. Ich tue alles, damit ich dir helfen kann.“
Diesmal sagte er nur ein Wort. 'Töte'. Das war das eindeutige Zeichen dafür, dass ich mehr Menschen eine Lektion erteilen sollte. Ich war sehr froh und verabschiedete mich von Oni, dem Teufel. Das Brett klappte ich wieder zusammen und schob es in meine Tasche. Dann blies ich die Kerzen aus und legte mich ins Bett. Jetzt konnte ich mit gutem Gewissen einschlafen.

Sophies Sicht
Ich wachte auf. Es war mitten in der Nacht und ich fragte mich, was das für ein Lärm ist. Als ich bemerkte, das jemand im Zimmer ist, blieb ich weiter liegen und lauschte. Ich hörte irgendjemanden flüstern. Wer war das? Eine Aufseherin? Um diese Zeit? Aber es hörte nicht auf. Es war keine Aufseherin. Sie wäre schon längst wieder aus dem Zimmer verschwunden. Vielleicht eine Neue? Aber doch nicht um diese Uhrzeit. Ich war schon ziemlich lange in diesem Waisenhaus und es passierte wirklich äußerst selten, dass ein Kind mitten in der Nacht zu uns kam. Aber vielleicht war es dieses Mal wirklich so. Ich strengte mich an, um zu hören, was diese Person sagte, doch ich hörte nicht mehr als 'Teufel' und 'Fragen'. Ich hörte auch, wie ein Gegenstand auf etwas hartem herum geschoben wurde. Oh man, wahrscheinlich so eine Geister- und Teufelbesessene, dachte ich. Wahrscheinlich beschwor sie gerade irgendetwas mit ihrem Hexenbrett herauf. Ich konnte leider nicht ganz hören, was genau sie sagte. Aber es war schon ziemlich interessant, so live dabei zu sein, wie jemand einen Geist oder sowas heraufbeschwor. Ich hätte es aber auch gerne gesehen. Wahrscheinlich würde sie mich mit ihren Teufelskräften töten wollen, wenn ich auf einmal aufstehen würde, dachte ich mir und musste schmunzeln.
Ich lass sie mal weiter ihren Geister-Scheiß machen. Emily bekam wahrscheinlich gar nichts mit. Sie hatte echt den tiefsten Schlaf, den ein Mensch haben kann.
Ich fragte mich, welches Mädchen hinter so einer Sache wohl steckt. Ich würde ja morgen sehen, dachte ich mir.

Makenas Sicht
Ich wachte auf, als irgendjemand laut loslachte.
„Emily, Schnauze halten!“
„Oh, verdammt...“
Ich machte langsam meine Augen auf und die Sonne schien mir ins Gesicht. Ich freute mich so, dass der Sommer kommen würde. Endlich wieder kurze Sachen anziehen und schwimmen gehen. Ich drehte mich auf die andere Seite zum Nachttisch und sah auf mein Handy, um zu gucken, wie spät es ist. Fünf vor sieben. Ich setzte mich auf und sah zu den anderen beiden Mädchen, dessen Namen ich noch nicht kannte. Ihre Betten waren genau gegenüber von meinem.
„Shit, hab ich dich aufgeweckt? Tut mir Leid!“, sagte die Kurzhaarige.
„Schon in Ordnung, jetzt wo ich schon mal wach bin, kann ich auch gleich meine restlichen Sachen auspacken.“
Dann sprach das andere Mädchen mit den schwarzen, langen Haaren: „Ich heiße Sophie und das ist Emily. Du bist wahrscheinlich letzte Nacht gekommen. Passiert sehr selten.“
„Ich heiße Makena. Tut mir Leid, wenn ich einfach so gekommen bin.“
„Ist schon gut. Muss wohl irgendwie ein Notfall gewesen sein, wenn du so mitten in der Nacht gekommen bist.“ Diese Emily hatte eine sehr kindliche Stimme. Sophie hatte eine etwas tiefere, aber trotzdem noch weibliche Stimme.
„Ja, war es wohl irgendwie. Meine Pflegeeltern sind gestorben. Und jetzt bin ich hier und muss schon wieder auf eine Neue warten.“ Ich verdrehte die Augen, als ich das sagte.
„Oh.“, kam aus Emily und sie hielt die Hände vor ihrem Mund. Sie wirkte allgemein etwas kindlicher, nicht allein wegen dem rosa Pyjama und der Herzchen-Bettwäsche.
„Das tut uns Leid. Aber ehrlich gesagt siehst du nicht ganz so traurig aus, wie man es eigentlich sein sollte, wenn die Eltern ums Leben kommen...“
„Das kommt wohl daher, dass ich nur ein halbes Jahr bei ihnen gelebt hab. In dieser Zeit sind sie mir nicht sonderlich ans Herz gewachsen...“
„Okay, da kann man das irgendwie verstehen...“
„'Schon wieder auf eine neue Familie warten'. Warst du schon öfters im Waisenhaus?“ Emily war ziemlich neugierig, dafür, dass sie so süß und schüchtern aussah.
„Ja, ziemlich oft sogar. Die eine Familie wollte mich nicht. Hielt mich für verrückt, obwohl sie es waren und schon die dritte Familie, bei der ich wohnte, ist ums Leben gekommen. Als wär ich verflucht oder so, voll komisch.“, erzählte ich und stand auf, um meine Sachen in den leeren Schrank zu räumen.
„Hört sich ein bisschen so an wie in solchen Psycho-Filmen oder so.“
„Emily, übertreibs nicht.“, warnte Sophie.
„Schon gut, ich finds ja selber irgendwie komisch. Ich hoffe, ich werde irgendwann in eine richtige, normale Familie, ohne Kriminalität gesteckt.“
„Kriminalität?“ Offensichtlich wollte Emily mehr darüber wissen, vielleicht hätte ich es ihr auch erzählt, aber Sophie hielt sie mit irgendwelchen Zeichen davon ab, weiter nachzuhaken.
„Ähm, also ich bin hier jetzt schon fast ein halbes Jahr und Emily schon anderthalb Jahre, oder?“
„Jap. Einmal war ich zur Probe für ein paar Wochen bei einer Familie, aber bei der war's echt schrecklich! Verdammt, wir müssen uns fertig machen und essen gehen, sonst kommen wir zur spät!“
„Was ist mit dir? Kommst du mit uns zur Schule?“, fragte Sophie, während sie blitzschnell aufstand und sich Klamotten zum anziehen aus ihrem Schrank holte.
„Nein, ich bleibe wohl noch ein paar Tage oder Wochen hier, beziehungsweise ich muss. Meine 'Familie' ist ja gestorben und ich muss das alles ja noch verarbeiten.“
„Naja, kannst ja mal mit Mrs. Vallay sprechen, ob sie dich vielleicht früher in die Schule lässt.“
„Du denkst, ich gehe freiwillig in die Schule?“ Alle lachten ein wenig und dann fragte ich, wo hier der Waschraum ist. Als sie mir sagten, wo ich lang müsste, machte ich mich auf den Weg dorthin.

Sophies Sicht
Wir mussten uns echt beeilen, damit wir noch frühstücken konnten und rechtzeitig in der Schule waren. Als Makena aus dem Zimmer war, redeten ich und Emily ein wenig, während wir uns fertig machten.
„Echt nett, das Mädel. Zwar ein bisschen komisch wegen ihren Pflegefamilien-Geschichten, aber dennoch ganz nett.“, fing ich an.
„Stimmt. Sie sieht echt hübsch aus. Sie hat so wunderschöne lange Haare und ihren Klamotten-Stil mag ich auch, zumindest den, den ich gesehen hab, als sie ein paar ihrer Sachen ausgepackt hat.“
„Ja, echt ein Wunder, das so eine Hübsche auf so ein Dämonen- und Teufelskram steht. Sieht man ihr gar nicht an.“
„Was?“, aus lauter Verwunderung rutschte Emily auf einer ihrer Socken aus und fiel hin
„Dämonen und Teufel? Woher weißt du das?“, fragte sie, als ich ihr aufhalf.
„Naja, bin letzte Nacht aufgewacht und hab mitbekommen, wie sie irgendwas beschworen hat. Hat was mit Teufel und sowas gelabert. Naja, ihr Ding.“
„Genau, man sollte ja nie zu früh urteilen. Außerdem scheint sie ja, wie gesagt, ganz nett zu sein. Aber diese Familien-Sache interessiert mich schon echt ein wenig. Was ist überhaupt mit ihren echten Eltern passiert?“
„Tja, das werden wir wohl nie erfahren.“, sagte ich und zog sie mit aus dem Zimmer.


© DebakelchenJess


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Beschreibung des Autors zu "Wenn dich der Teufel regiert #3"

Eigentlich sind die Sichten der anderen Charaktere in dicker Schrift, damit man noch besser unterscheiden kann, aber hier sieht man's nicht. Trotzdem viel Spaß. ^.^

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