(Aus: Schizophrene Texte)


Aus einem winzigen Stück Seife haben sich entwickelt: eine Waschorgie, ein Putzfimmel und eine Ordnungshysterie erster Güte. Damals, als das Gewitter nicht aufhörte und die komplikationslosen Übereimer aus dem Himmel fielen
erschien der Engel der Reinlichkeit, mit und ohne Schulterklappen, direkt vor dem Gewissen und sagte: "Hilf mir, ich bin ein Sieger!"

Damit anfangen konnten zunächst nur die Hausmeister der 13. Etage etwas. Sie schnürten uns ein Bündel, aus dem die Verzeihung quoll – aber nicht für die Unschuldigen aus Irrtum, sondern für die Schuldigen aus Hingabe an sich selbst, die deswegen überdimensionale Ohren bekamen, weil sie nicht ablassen wollten von ihrem Spruch: "Ohne uns geht gar nichts!"

Der dadurch erfrorene Einbahngott kam über Nacht wieder aus der Mode, etablierte sich jedoch nicht über den Wolken, sondern er nistete sich dort ein, wo er niemals gebraucht werden würde: in der Unvernunft (die das Maß aller Dinge war, ist und sein wird). Überregionale Errungenschaften verheißen das Beste von 7 bis 7, von 8 bis 8, von 9 bis 9, usw.

Kleinigkeiten sind das nicht, man darf sie nur nicht ignorieren, wie man überhaupt nichts ignorieren darf, wofür man allen Grund hätte es zu ignorieren. Unpässlichkeiten wirken, von Ewigkeit zu Ewigkeit, immerfort, immerdar, immer mehr! Nur wir, wir sind nicht darauf eingestellt. Wir verpassen uns einen Freifahrtschein in die H...tralalalala.

Wir erlauben uns keine Nachlässigkeiten, wenn es darum geht nachlässig zu sein. Die Ignoranz der Ignoranten steigt über alle uferlosen Ufer hinaus und sie dringt ein, wo es vorher keine Eingänge zu geben schien: mitten ins Herz der Zivilisation! Die Zivilisierten sagen dazu: "Nichts". Die Unzivilisierten: "Her damit! Wir wollten sowieso heute noch fremdgehen!"

Die Sonne bringt alles an den Tag – Menschen färben sich schwarzbraun, bemerken es aber nicht. Hühner verlieren sämtliche Federn, auch die etwas Klügeren. Und alle zusammen kommen mit den Gänsen, dumm oder akademisch, in einen Kochtopf aus Schwachsinn, in dem keine goldenen Eier mehr gelegt werden dürfen.

Alles brutzelt frischfromm vor sich hin, solange wir hinter uns her sind, wie Nachbars Lumpi hinter der armen Seele. Wer uns das übelnimmt ist selbst etwas ganz besonders Schönes, auf der Bühne der Einfalt Kaputtistans – der Vorhölle zum Insausundbraus solange der Vorrat reicht! Aber bitte nicht so genau hinsehen!

Danach – manche behaupten das gäbe es – kommt die Liebe auf uns zu. Sie reißt das Maul auf, nach Knoblauch stinkend, und ist so freundlich, daß einem verflucht schwindlig werden könnte, wenn man nicht aufpasst und aus Versehen denkt: "Mein Gott, warum hast du mich verlassen?" Aber das macht nichts – eine andere Mutter hat auch ein schönes Stück Seife fürs Wischiwaschi.


*

Das Festival


Komasaufen ohne Schnaps,
Fetischtreiben nur mit Straps,
der noch übern Kopf gezogen,
alles zudeckt – ungelogen!

Wellenreiten auf dem Brett,
das man vor dem Kopfe hätt',
würde man sich nur besinnen
und in aller Würde spinnen!

Zugegeben? Garnichtsmehr!
Wo kommt denn die Seife her,
die uns alle Münder wäscht
und voraus ins Unglück prescht?

Nein, nein, nein und ja, ja, ja,
juchheißa oder hoppsassa -
wir sind selig eingepennt,
weil man uns nicht anders kennt.

Her mit all dem Dreck der Welt!
Wem das eben nicht gefällt,
der soll beten, saufen, huren -
wir verwischen seine Spuren!


© Alf Glocker


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Kommentare zu "Sauberkeitswahn"

Re: Sauberkeitswahn

Autor: axel c. englert   Datum: 15.06.2016 10:41 Uhr

Kommentar: Speziell doch Zivilisation
Spricht sich gerne selber Hohn ...

LG Axel

Re: Sauberkeitswahn

Autor: possum   Datum: 16.06.2016 3:35 Uhr

Kommentar: Toll ...! Eilige Grüßchen!

Re: Sauberkeitswahn

Autor: Alf Glocker   Datum: 17.06.2016 6:58 Uhr

Kommentar: Vielen Dank liebe Freunde!

LG Alf

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