Bei Laatzen wurden wir von Expo-Aliens verführt.
Verlockend leuchtete moderne Gegend.
Das Skyqwalk- Alien schien transparent.
Es spuckte uns heraus und ächzte lechzend.
All' Homo- Spezies zu diesem Ort gebracht.
Ein' Quintessenz von Sprachen und Nationen.
Die fremde Macht umwandelte uns all'
und schuf die Einigkeit der Gegensätze.

Mit uns geschah Metamorphosen-Streich,
sobald wir in die ersten Hallen traten.
"Ach, Liebling, bist du nun ein Sulu-Weib!
Du tanzt mit mir in Leoparden-Fetzten!"
"Und du, mein Liebster, stell dein Speer mal ab,
sonst ohne Übung triffst du dich noch selber..."
So sprangen wir in Afrikaner-Rausch
rundum der runden malerischen Hütten.
Sobald wir draußen - flog der Zauber weg.

Wir gingen sachte, stinknormal bekleidet.
Allee der vereinten Bäume zog entlang
so schnurgerade, künstlich, europäisch...
Steriler Sand und abgewischte Bank
lies keinen Spielraum für 'ne lockre Stimmung.

Wir eilten in das nächste große Haus
und wurden wieder angenehm verwandelt.
"Wer bist du, schöne unbekannte Frau?
Ich möcht' dich gern begleiten in den Garten."
"Ach mein Gebieter, mach doch was du willst!
ich bin verhüllt nur vor den fremden Blicken."
In Watte-Mantel ging ich neben ihr.
Ich pochte stolz und zupfte an mein' Schnurrbart.
Der Orient mit Teppichen belegt
schien keinen Sand zu haben für die Wüste.
Da weiter rückte näher Turkestan,
das war für uns schon mehr vertraulich.
"Weg mit dem Schleier, atmen möcht' ich frei.
Ich bin doch keine willenlose Sklavin!
Die Mittenasiaten kannte ich.
Sie sind doch nicht zurück ins Mittelalter.
Die Frauen waren frei und die Kultur
schoss hoch in alten Sowjetrepubliken!"
"Du irrst, mein Weib, die Zeiten sind vorbei!
Jetzt musst du dich den alten Bräuchen fügen.
Wag' kein' Alleingang - fürchte das Gesetz!
Oh! Schäme dich für deine frechen Worte!
Für mich bist du 'ne Blüte des Granats!
Du lebst nur für die Liebe deines Mannes.
Und kümmere dich nicht um Politik!
Das macht dich überhaupt nicht attraktiver."
Und während ich so klug und sachlich sprach,
verschwand bei dir die bunte Hülle-Kleidung.
Ich nahm auch meinen Mantel-Chalat ab.

Wir stiegen in die nächsten Hallen...
Die Mittagszeit brach an, es roch nach Fleisch,
gebratenes in russischer Kantine.
Wir nahmen es, dazu zwei Teller Bortsch
und noch Kompott aus nördlichen Moosbeeren.
Zwei blonde Mädchen schenkten dies uns ein
und sprachen so, wie wir mal früher sprachen.
du trugst dein allerschönstes, hübsches Kleid.
Ich war auch gut gelaunt und gar kein Macho.
Vor 25 Jahren klang von Mendelsohn
der Hochzeitsmarsch für uns in weitem Osten.
Am Abend lud ich dich zum Essen ein.
Hier neben Russen stand ein Italiener.
Da gab's Spagetti und ein' süßen Wein,
so rot wie unsere Liebe aller Zeiten!

Zwei Schritte weiter - Südpazifik-Lied
erklang von paradiesischen Atollen.
Ein dicker Häuptling sorgte für Verwirr:
Du warst entführt in seine Laubgemächer.
Im Kreis der Insulanern ich halb hackt
bewegte mich unsicher mit 'ne Keule.
Mir gegenüber wackelte der Chef
von dieser wilden buntbemalten Sippe.
Ich zitterte, doch hatte keine Angst.
Ich wollte dich befreien wie ein Ritter.
Mein Gegner brüllte fürchterlich und schrill.
Vor Schreck lies ich die Keule vor mir fallen.
Der Häuptling sprang ganz hoch auf seinem Fuß
und fiel zu Boden. Ich war nun der Sieger!
Der Mann stand auf und sagte in gut Deutsch:
"Sag mal, warum benimmst du dich so hektisch?
Du hast zerschmettert meinen großen Zeh!
Wie soll ich diese Szene nochmals spielen?"
Die Sippe lachte lustig. Trommelschlag
zu meiner Ehre donnerte noch lange...
Da kamst auch du, mein vielbegehrter Schatz
mit Palmenblättern an den straffen Hüften.
Des weiteres - nur Blumenkranz, sonst nichts!
Du warst so richtig stolz auf meine Taten!
Der dicke Chef kam zu sich und im Kreis
zur Bruderschaft floss Palmenwein in Strömen!

Globalisierung hat so seinen Preis.
Durch Video vertreten war der Westen.
An Decken, Wänden flackerte es grell.
Bewegte sich auf Schirmen flaches Leben.
Wir beide wurden auch da projiziert,
geschmückt mit roten Ahornblättern.
Betraten nun das Britisch-Kingdom-Haus.
Dann schauten von dem Eiffelturm nach Deutschland.
Da standen eng umschlossen vom Gerüst,
halbfertige Skulpturen - weiße Köpfe.
Der Steffis Riesen-Profil deckte ab
des alten Einsteins kleine Büste.
Als Schatten wanderten wir mühelos
durch irreale Elektronen-Welten.
Technifizierte Länder wirkten gleich,
obwohl ihr' Namen klangen unterschiedlich.
Nur Holland wollte etwas andres sein.
Es schoss Skelet gewaltig in die Höhe.
Die Decken aus massivem Stahlbeton,
gestützt von dickem Tropenholz aus Java.
'ne kleine Pfütze auf dem flachen Dach,
bewacht von sechs beweglichen Windrädern.
Es rauschte auf den Ebenen ein Wald
und strahlten Sonnengold die Wiesen.
Hier fühlten wir uns nicht mehr körperlos,
und atmeten tief auf und spürten Frische.
Die Geister unserer Ahnen hatten dies geschafft.
Sie stammten nämlich aus den Niederlanden.

Noch etwas weiter - Indien-Bharat.
Wir beide schmusten zwanzig Jahre jünger.
Du trugst ein Sari, auf der Stirn - ein Mal.
Ich - hohen Turban und ein weißen Dhoti.
Ich:
Alle, alle Lieder,
die ich singe, singe,
widme, widme
ich nur dir,
ich nur dir!
Bleibe, geh nicht fort,
sage nur ein Wort!
Deine Stimme
mag ich sehr...
Du:
Ach, mein Liebster,
du, mein Schicksal!
Komme, komme
schnell zu mir, schnell zu mir!
Bleibe, geh nicht fort,
sage noch ein Wort.
Deine Stimme
mag ich sehr..."
Beide:
Wir zusammen
haben Kama!
Hat vereint uns
Liebesgott,
Liebesgott!
Süß
ist jedes Wort!
Frühling geh nicht fort!
Lass uns schweben
in die Höh...
So sangen wir in unsrem Blumenzelt.
Ein heller Mond beleuchtete ganz Darjeeling.
"Das Licht mal aus!", befahl der Regisseur:
" Bis morgen Pause!" Und es wurde dunkel.
Wir gingen langsam aus der Halle raus,
in alter Kleidung, nur zum Trost - 'ne Flöte.
Was soll's! Die anderen wollten ja das auch
erleben, oder fleißig meditieren...

Akkordeon lud uns im Nu zum Tanz.
Auf engem Platz - das Tango-Argentino.
Im Smoking ich und du in Rüsch'.
Es rangen um das Glück zwei Gegenpole:
Tick, teck, tack
und wiederum
tick, teck, tack
und wiederum
tick, teck, tack
nun wiederholen wir das Spiel.
Bin immer für dich da!
Glaubst du nicht, dass ich dir treu bin.
Ich weiß es auch nicht, ob du treu bist.
In diesem Augenblick
entkommst du mit Geschick
aus meinen Armen ohne Trost!
Auf einmal nicht mehr da!
Tick, teck, tack
und wiederum
tick, teck, tack
und wiederholen wir das Spiel.
Bin wieder für dich da!
Glaube mir, dass ich dir treu bin.
Ich glaube auch, dass du mir treu bist.
Und wenn da auch was wahr,
nimm einfach das nicht wahr!
Von vorne fangen wir mal an!
Tick, teck, tack
und wiederum
tick, teck, tack
und wiederum
tick, teck, tack
nun wiederholen wir das Spiel!
Bin immer für dich da!
Ich bin das Eis und du die Flamme!
Bring es so weit, dass ich entflamme!
Erobere mich ganz,
zeig einfach was du kannst.
Dann wirst du spüren mein Gefühl!
Tick, teck, tack
und wiederum
tick, teck, tack
nun wiederholen wir das Spiel!
Bin immer für dich da!

"Ich wusste gar nicht, dass du tanzen kannst
und das ich mitmache vor so einer Menge Leute.
Ich hab es nicht erwartet in der Tat,
das in dir schläft ein feuriger Liebhaber!"
"Ach sei nicht bös', das war nicht so gemeint.
ich spielte Angeber, das war nur eine Rolle!"
"Na toll! Ich dachte, du fühlst wirklich so!
Als echter Mann wärst du für mich viel lieber!"

Kaum ausgesprochen - Japans Pavillon
nahm auf uns unter Altpapier-Membranen.
Mit Folie bestickt dein Kimono,
aus Pappe meine Samuraien-Kleidung.
Wir wurden hungrig: Gulasch aus Karton?
Im Notfall würde es schon passen...

Doch lieber schmeckte türkisches Kebab
vor Angesicht der Riesen-Tropen Blüte –
Venezuela hatte Blätterhaus erbaut,
das schützend wirkte für die Pflanzen, Tiere,
die sich geborgen fühlten wie zu haus.
die Blüte öffnete und schloss sich wieder.

Die Zukunft deutete Planet of Vision
vorerst mit einer Riesen-Warteschlange.
Das Paradies ward auf dem Kopf gestellt –
kopfüber fraß 'ne Stoff-Giraffe Plastik-Blätter.
Wir wurden hier auch künstlich dargestellt:
Auf leerer Ebene - zwei schlanken Androiden
bedienten ein ziemlich rostiges Werkzeug
und kümmerten sich nicht um ihren Nachwuchs.
Erzeugte es das Fließband sowieso!
Und über allem hing ein schwarzer Himmel...
Wir gingen mit Erleichterung hinaus.

Im Freien auf 'ne bühne gab's Konzert.
Da tanzten Äthiopen stundenlang.
Wir schauten zu. Es wehten kalte Winde.

Die Vorstellung am Expo-See-Flambee
gab einen Eindruck. Laserstrahlen-Freude.
Die Wasserfälle an dem Hermesturm
erzeugte von der Tagessschau die Bilder.
Es donnerte Musik. Ein kleiner Mann
fiel brennend schräg in abgekühlten Fluten.

Der letzte Expo-Abend floss dahin...
Ermüdet fuhren wir mit ICE nach Hause.
Die innerliche Stimme blieb in Takt
und trotzte der gefühllosen Prognosen.
Die Völker -Vielfalt auf so engem Raum
entfaltet sich in friedlichem Verständnis!
Ade! Ihr Expo-Aliens, ade!
Dank ihnen sind wir angenehm verwandelt!
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© Heinrich_Rahn


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