Am Stadtrand entsteht ein neues Betonungeheuer
mit engen Räumen wie in Legebatterien
und ich frag mich, ob in dies Gemäuer
tatsächlich einmal Menschen ziehn.

Eine Grünfläche wird vom Koloss umschlossen,
auf der wohl niemals etwas blüht,
und ich betrachte verdrossen,
wie darauf eine Zigarettenkippe verglüht.

Noch steht der Moloch am Stadtrand alleine,
doch bald schon schart er um sich die Vasallen.
Auf das sein schrecklich Heer sich vereine
und die Schatten schwer über die Vorstadt fallen.

Der Sturm treibt die Zigarette zum Zeitungshaufen,
gleich neben den Maschinen am Baugelände.
Plötzlich höre ich Geschrei und Schritte laufen
im Feuer findet das Ungetüm ein Ende.

In den Flammen seh ich den Giganten verrauchen
und es ist seine gerechte Entlohnung,
weil Menschen ein Zuhause brauchen
und nicht bloß eine Wohnung.


© Karsten Stapelfeldt


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Kommentare zu "(a)sozialer Wohnungsbau"

Re: (a)sozialer Wohnungsbau

Autor: MF   Datum: 30.01.2014 19:59 Uhr

Kommentar: "weil Menschen ein Zuhause brauchen und nicht bloß eine Wohnung"...besser kann man es nicht ausdrücken. Wirklich sehr gelungen das Gedicht!

Re: (a)sozialer Wohnungsbau

Autor: noé   Datum: 30.01.2014 21:59 Uhr

Kommentar: Meine Güte, hast Du eine tolle Satzmelodie! (nur die letzte Strophe holpert etwas)
Das zu lesen - egal, welcher Inhalt - ist allein schon ein sinnliches Erleben.
Aber der Inhalt ist auch nicht ohne einen solchen. Das mit den Legebatterien kann sogar gewollt sein, wenn man an die steigende Kopfzahl der Rentenempfänger denkt. Ob es aber zuende gedacht ist, wage ich zu bezweifeln, denn WER kommt heraus aus solchen gestapelten Aufbewahrungsboxen?
noé

Re: (a)sozialer Wohnungsbau

Autor: Karsten Stapelfeldt   Datum: 31.01.2014 23:30 Uhr

Kommentar: Vielen Dank für die positiven Kommentare. Ich als "Hobby"-Dichter bin recht stolz darauf, wenn es anderen gefällt, oder sie sogar zum nachdenken anregt. ;)

lG Karsten

Re: (a)sozialer Wohnungsbau

Autor: noé   Datum: 31.01.2014 23:54 Uhr

Kommentar: Karsten, ab wann ist man kein "Hobby"-Dichter mehr? Wenn man seinen Lebensunterhalt mit Schreiben bestreiten kann? Dann, glaub' mal, birst dieses Schreiber-Netzwerk in mikroskopisch feinen Sternenstaub auseinander, in weniger als der Zeit von einem Wimpernschlag.

In dem Moment, in dem Du gerne schreibst, in dem "es" einfach raus muss aus Dir, in dem Dir etwas so sehr auf den Nägeln brennt, dass Du es einfach niederschreiben MUSST, weil es Dir keine Ruhe lässt, und wenn Du so ein tolles Gedicht wie oben mit einer so "runden" Sprache wie oben schreiben kannst, in dem Moment kannst Du Dich gerne Dichter nennen. Die Praxis kommt mit dem Schreiben von ganz allein.

Also: Willkommen im Club der lebenden Dichter! (...schreib' ich hier mal stellvertretend für "alle")
noé

Re: (a)sozialer Wohnungsbau

Autor: scrittura   Datum: 06.02.2014 20:19 Uhr

Kommentar: ein sehr lebendiges und bildgeladenes Gedicht. Ich kann mir die Szene praktisch vor meinem inneren Auge vorstellen. Der Inhalt spricht viel wahres aus. Es ist schade, in was für grauen Bunkern mancheiner hausen muss. gerne gelesen!
ach ja und ich schließe mich noé an: Ein Dichter ist ein Dichter, weil er schreibt. Weil die Worte in ihm nach außen Drängen. Die Ambition alleine reicht. Geld verdienen - Das tun die wenigsten Dichter. Das war schon immer so, und wird so bleiben.
Grüße, Fiona

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