Für den Verrat geboren


Wen hat das Licht der Welt erblickt -
mit abertausend Schlangenaugen?
Der wird gleich an die Front geschickt:
„Willst du Zwerg wohl etwas taugen?!

Wen jagt das Bockshorn wie ein Held,
als wäre es darauf erpicht,
jeden Dummen, der gefällt,
zu führen hinters Scheffel-Licht?

Wen hat „man“ sich auserkoren,
gleich zu kämpfen und zu fressen,
sobald er hier herein geboren -
ganz vom Daseinsdrang besessen?

Wen wird man in Frieden lassen,
wenn er anders denkt und weiß:
keiner kann den Unsinn fassen -
wir sind auf dem Abstellgleis!

Wen wird keine Rückkehr finden,
wenn er stets, nur gradeaus,
vorwärts stürmt mit dem Empfinden:
vorsicht morgen ist's womöglich aus?!

Wen wird man bald verurteilt sehen,
obwohl er nichts verbrochen hat?
Es ist der Mensch, der unter Wehen,
geboren war für den Verrat!


© Alf Glocker


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Kommentare zu "Für den Verrat geboren"

Re: Für den Verrat geboren

Autor: Pacaveli   Datum: 10.09.2016 10:10 Uhr

Kommentar: Jo, das gefällt. Vor allem die Wortspiele in der jeweils ersten Zeile.

Nur das Wörtchen "vorsicht" in S5Z4 würde ich eventuell weglassen, kommt erstens rhytmisch besser, wie ich finde, zweitens steht es irgendwie leicht in einem inhaltlichen Widerspruch zu der Zeile davor. Ansonsten, wie gesagt: Sauber.

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