UNTER KANNIBALEN

© waldeck.deviantart.com - 2008

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UMWELTMÄRCHEN

Zweiter Akt



der Kormoran

hinter der verlassenen Eisenbahn

weiß ungeheure Geschichten

er kennt die Völkermorde

ihre Geisterorte

weiß vom fanatischen Drange

zu richten



von rostigen Rampen

blättern alte Gedanken

blättern Disteln und Dornen

mit blauen Blüten

hüpfen und schaukeln Dohlen

mit blutigem Verlangen

schlüpfen Blumen

mit bunten Sonnhüten



der linkische Kormoran heißt Enzian

und fischt im nahen Baggerbach

er sah den Weg der Eisenbahn

– überflog die Massenhaltungsstädte

bei Nacht



vernahm das Wummern der Betonbauer

erlauschte das Wimmern ewiger Trauer

wo keine Ruhe das Herz erquickt

jedes Gemüt vereinsamt stirbt



darin versiegt die atmende Erde

drang kein Tropfen

zum heißen Erzherz

in ihren Wunderhänden

wohnt mancher Gefährte

der unbedeutend scheint

menschlichem Wert



Herr Schnauzbart ist Rattenrichter

und führt ein strenges Regiment

wenn einer die Menschenstädte kennt

dann sein biestiges Gelichter



die schubsen sich

durch Küchen und Kaffees

unterhöhlen Regierungsgebäude

und noch tiefer…

geheime Puffs und Lasterhöhlen

wo Negligees

auf feist beringten Grapschern thronen

unterm doppeldeutigen Saukiefer



dort prassten sie von Festtischen

und furzten Brechbohnen

in den Russenkaviar

wo so’n Friedensmann abkokste

und als Medienzar

aus blonden Muscheln

Schleim zu fischen



alle wälzten sich vom TAG

in die besinungslose Nacht

in einem BUNDE

mit der grässlichen Ohnmacht

schien die Übergabe des Mageninhalts

das einzig Wahre

ihres Lebensunfalls



dort liegt verkohlt

der Meeresschlucker

und platzt vor Schmiergeldern

in Schweinehälften

manch kleiner dürrer Sesselpubser

hustet seinen Gestank

in gegenwärtige Welten



vor dem hochgehaltenen Volkssparschwein

prangt das Spanferkel

mit dem Paradiesapfel

der Wurm Sauerseppel springt hinein

und rutscht

in eine ausgemergelte Hohlrappel



ein Zettel liegt darin und darauf steht:

wir nahmen alles

aus eurem Weg -

nun stehts euch frei und nach Belieben

euch selbst zu nehmen

was geblieben



wir pissten in eure Flüsse

und nahmen die Lebenswürze

verwischen unsere Spuren

und Vorstände

vergiften Konzerne

jedes Gelände



damit wir Schweinepriester

im Gottesgarten

keine Strafe erwarten

rollen wir Gefängnisbauten

und horten euch

zu hilflosen Bauern



die Ratten krochen

über manche Scham

sie stank nach widerlichem Bart!

es sind Propheten

aus dem Bankerclan:

die Totengräber der Gegenwart!



als reuelose Säue

pissten sie Säure

Wüsten mehrten sich

anstelle edler Bäume

der Regen wich

wie Gottes Tränen:

sie sind der Tod

für jedes Leben!



selbst Steinmorchel zittern

und Kieselschnorchel

und Stacheligel Piekepuck

unter den Schienen

hört man verdrießlich schniefen

aufgrund des gier'gen Unfugs



der Kormoran Enzian

muss zur alten Eiche...

ins Astloch pfeifen

zum Rückgrat der Erde

wo furchtbare

unterirdische Geschöpfe weilen:

Feinde des lethalen Lichtes

und der stumpfen Herde




wird laufend fortgesetzt…





© j.w.waldeck, 02.08.2006
Alle Rechte sind dem Autor vorbehalten.


© j.w.waldeck, 02.08.2006


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Beschreibung des Autors zu "UNTER KANNIBALEN"

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ALS SICH DIE ERDE ERBRACH
(Ein Umweltmärchen)

Ein scheinbar lustigs Schauspiel in sechs Akten




zu Teil I - UNKENDORF LEBT

https://www.schreiber-netzwerk.eu/de/6/Balladen/43/Sonstige/50924/UNKENDORF-LEBT--Erster-Akt/




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