Die Suche nach dem Fehlerhaften

© Alf Glocker

Überall auf der Welt wird hektisch die Suche nach dem Fehlerhaften betrieben. Dies geschieht jedoch nicht vor dem Hintergrund, das Fehlerhafte, respektive, die Fehler beseitigen zu wollen, sondern um dessen (deren) Rechte zu kämpfen. Beim Fehlerhaften handelt es sich um eine – wie man gerne sagt – „verfolgte“, aber nicht Minderheit, sondern Mehrheit, denn überall ist die Minderheit des weniger Fehlerhaften, mit der Übermacht des sehr Fehlerhaften konfrontiert. Die weniger mit Fehlern Behafteten sind bemüht, Fehler nach und nach zu beheben, weshalb sie auch lautstark angeklagt werden. Es könne nicht angehen, sagen die Fehlerhaften, daß sich jemand erdreistet, Fehler beseitigen zu wollen, nur weil er fehlerfreier als das Fehlerhafte, und bemüht sei, die Welt in eine bessere Ordnung zu bringen!

Die Behauptung sei überdies falsch, daß sich, trotz aller bestätigenden Hinweise, das Fehlerhafte extrem schnell, vor allem aber sehr viel schneller als das weniger mit Fehlern Behaftete verbreite – und somit für den Untergang der Zivilisationen verantwortlich gemacht werden dürfe. Das Gegenteil sei hingegen richtig: nur das Fehlerhafte sei ein beredtes Zeugnis für das Vorhandensein der nötigen Freiheit, die eine Zivilisation brauche, um überhaupt ernst genommen zu werden. Dies, so sagte ein heldenhafter Sprecher der Bewegung des Fehlerhaften, gelte auch dann, wenn sich das Fehlerhafte im Grunde zerstörend auf die Zivilisation und ungünstig auf die Zukunft aller auswirke. Deshalb müsse man unbedingt dem Fehlerhaften den Vorzug gewähren, es als vorbildlich preisen und ihm sogar alle zur Verfügung stehenden Preise verleihen, damit es, zum Wohl der Gesellschaft, wachse und gedeihe.

Allerdings habe das, zusammen mit „flankierenden Maßnahmen“, zu geschehen, meinte kürzlich ein Pressesprecher offenherzig, worauf er sogleich entlassen wurde. Er hatte nämlich weiter ausgeführt, es genüge nicht, nur kulturzerstörende Eingriffe, vonseiten der Obrigkeit her, vorzunehmen, man müsse schon auch die bereits vorhandene Kultur und alle ihre, aufkeimen wollenden, hoffnungsvollen Sprosse nachhaltig zerstören. Daraus, so meinte der entlassene Sprecher, ergäbe sich dann der Nährboden für ein neue, und Gott sei Dank, perverse Gesellschaft, in der Erscheinungsformen, wie beispielsweise „Kultur“ erst gar kein Chance mehr bekämen. Notwendig für ein Überleben der Zivilisation sei das allerdings nicht…
Kein Wunder, daß der gute Mann (oder war es eine Frau?) keinen Fuß mehr auf den Boden bekam. Das Fehlerhafte ist – auch das sollte eigentlich unerwähnt bleiben – in der Unterdrückung oder Zerstörung der weniger Fehlerhaften fehlerfrei!

Ganz wichtig ist die Umsetzung der Inthronisation des Fehlerhaften auf globaler Ebene. Nachdem das weniger Fehlerhafte nun alle Möglichkeiten der sinnvollen Verwaltung des Erdkreises (der bekanntlich einmal den Friedfertigen gehören sollte) ausgereizt hat, spielt sich nun, das absolut Fehlerhafte raffiniert in den Vordergrund, indem es die Argumente der Gegenseite benutzt um sie auszutricksen. „Die Würdelosigkeit ist unantastbar!“, verkünden ihre Interessensvertreter weltweit und konfrontieren dabei die im Aussterben Begriffenen mit einer immer höheren Geburtenrate, um ihren Worten auch den entsprechenden Nachdruck zu verleihen. Und die Massen skandieren „Alle sind gleich, aber ihr seid hier überflüssig!“. Diese, dem einfachen Gerechtigkeitssinn weit überlegene Geisteshaltung, wird sich, so urteilen Fachleute, in den Schubladen der Schwachsinnigen breitmachen und der Welt zu einem neuen Rückwärtsschub in eine düster-leuchtende Steinzeit verhelfen.


© Alf Glocker


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Kommentare zu "Die Suche nach dem Fehlerhaften"

Re: Die Suche nach dem Fehlerhaften

Autor: Alf Glocker   Datum: 19.04.2018 9:08 Uhr

Kommentar: Ja, darin liegt das Glück der Welt - in den Paradoxa

LG Alf

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