Die Schizophrenie hat ja für gewöhnlich viele Gesichter, es können aber auch bloß deines und meines sein, und so betrachtet rücken dann vor allem die Geburtstage als Existenzbeweise, in den Bereich gesteigerten Interesses, das aber in einer anderen Wirklichkeit, der wirklichen nämlich, gar nicht wirklich vorhanden ist. Wir täuschen es halt vor, damit wir nicht vor uns erschrecken…und deshalb beschenken wir uns dann wohl auch. Aber womit, wenn wir nicht lügen wollen?

Ich vermute mal, es werden ein Haufen leerer Versprechungen sein, ein Sack voll Flöhe, oder die Aussicht auf Blödsinn: daß ich vielleicht die Verantwortung für dich übernehme, um dich fertigzumachen, oder auch nur ein Kuss von mir (so du eine schöne Frau bist). Vielleicht schenke ich dir ja auch ein Haustier, eine Gift- oder Würgeschlange, eine Gift- oder Würgespinne…letztere gibt es nicht mal. Oder ich schenke dir einfach die Welt. Ich bin aber nicht die Welt für dich!

Womöglich singe ich dir das alte Lied von „du tust viel zu wenig für mich“ als Ständchen vor, oder ich schenke dir meine Liebesklärung an jemand anderen? Zumindest lade ich dich nicht zu meiner Party ein – das ist das Mindeste was ich für dich tun kann…und ich tue es doch gerne!

Zu deinem Geburtstag aber schenke ich mir eine Flasche Schnaps, damit ich mir dich schön trinken kann. Und glaub mir, es ist mir egal wer du bist. Zu meinem Geburtstag sage ich dir auch unumwunden was ich von dir halte: gaaarnichtssss, damit du es endlich weißt! Und das ist schon eine gewaltige Vergünstigung.

Zu allen Geburts- vor allem aber zu allen anderen Tagen, schlage ich vor, wir schenken uns gegenseitig ein „gesundes Gottvertrauen“, indem wir uns nicht gleich totschlagen, sondern aus uns herausholen was wir nur können, denn sonst geht es ja nicht weiter, auf dieser schönen Erde, wo sich die Menschen lieben und lieben und lieben und lieben, usw.

Geben wir uns aus vollen Herzen was wir zu geben haben: Misstrauen, Herrschsucht, Sex und Hinterlist, damit auch jeder zu dem kommt, was er unbedingt haben oder nicht haben möchte – und das ist dann alles was es gibt. Und dabei kann es uns doch egal sein, was ich von dir denke und was du von mir denkst. Wozu sollte uns das noch zusätzlich belasten?! Wir haben doch genug Mühe damit uns gegeneinander durchzusetzen.

Also lassen wir‘s gut sein. Spielen wir das Spiel des Lebens. Irgendwas wird schon dabei herauskommen. Was das ist, das sehen wir doch in unseren Gesichtern, wenn wir mal wieder so richtig sauer sind oder wenn wir hämisch grinsen, wenn wir jemanden anschmachten. Tun wir, was immer wir tun können, um uns nicht preiszugeben – aber vergessen wir, um Himmels Willen, unsere Geburtstage nicht. Sie werden es uns danken!

*

Mit dem Ofenrohr ins Gebirge


Eins und 2 und 1 und Zwei –
Wir sind stets mit Spaß dabei,
wir machen an und lachen aus,
freuen uns in Saus und Braus!

Feste feiern wir ganz fette
und wir lästern um die Wette,
schlagen um uns, stecken ein,
mit Gewissen, zart und rein!

Eins und 2 und 1 und Zwei –
uns ist alles mehrerlei,
denn die Einfalt hält uns nieder,
auf und nieder, immer wieder!

Solange wir noch lügen können,
soll uns gar nichts weiter trennen,
als Gedanken, die sich fügen,
am Ende wird das Gute siegen!

Eins und 2 und 1 und Zwei –
loben wir den Einheitsbrei!
Er gibt uns die Richtung vor –
und Berge gibt’s im Ofenrohr!


© Alf Glocker


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Beschreibung des Autors zu "Was ich dir Schizoschönes zu meinem Geburtstag schenke"

Dieser Text ist eine Leseprobe aus meinem Buch "Schizophrene Texte".
Da kommt immer ein Gedicht nach dem Essay

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Kommentare zu "Was ich dir Schizoschönes zu meinem Geburtstag schenke"

Re: Was ich dir Schizoschönes zu meinem Geburtstag schenke

Autor: Ikka   Datum: 02.09.2017 12:08 Uhr

Kommentar: Ich find's echt zum Kringeln ... :-)
erheitert,
Ikka

Re: Was ich dir Schizoschönes zu meinem Geburtstag schenke

Autor: Alf Glocker   Datum: 02.09.2017 13:45 Uhr

Kommentar: Mann dankt! Sogar vielmals...

LG Alf

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