Endlich Freitag, denke ich während ich au der komplett überfüllten Autobahn in Richtung Heimat düße. Ob hier 80 als Geschwindigkeitsbegrenzung ist? Ehm ja genau so wie letzte Woche auch schon, stelle ich erschreckend, mit dem Gedanken was ich doch für ein harter Hund bin, der in der 80er Zone 100 fährt, fest. Hm ob sich das der Blitzer wohl auch dachte als er mich mit 32 zu viel dann wegblitzte, weiß ich nicht. Meine Frau, die zwei Wochen später allerdings den Strafzettel öffnete, fand das auf jeden Fall nicht so lustig, ich dafür umso mehr LOL. Trotz Blitzer komme ich früher oder später zuhause an, natürlich eher früher, da ich konsequent mindestens 30 zu viel auf dem Tacho hatte. Dies bereue ich dennoch direkt, da mich meine Frau mit dem Essen bei den Schwiegereltern schier umrannte. Natürlich hatte sich mich darüber schon letzte Woche unterrichtet, aber seien wir ehrlich, ich hab mir wichtigeres zu merken als ein Essen mit den Schwiegereltern. Ich würde das bevorstehende Treffen sowieso lieber komplett ausblenden und absagen als mit Mr. Meine Tochter ist viel zu gut für dich einen ganzen Abend bei schlechtem Rotwein und einem schlechten Italiener zu verbringen. Naja was solls, immerhin kann ich seine Tochter knallen, dafür kann ich ja wohl 1-2 mal im Jahr einen Abend mit den Schwiegereltern durchhalten. Vielleicht halte ich es diesmal sogar bis 10 durch und kann mich vor dem Kotzen, aufgrund des schlechten Weins, wenigstens noch auf die Toilette verdrücken. Oder zumindest könnte ich mir als Ziel jemanden anderen aussuchen als meinen Schwiegervater. Ja, ich denke das wäre eine sehr passable Idee, vielleicht akzeptiert er mich ja dann sogar mal in der Familie.
„Hö du Halbe Portion, hasch ja nimma studiert, du bisch viel zu schlecht für meine Clara“ bemüht sich mein Schwiegervater sichtlich nicht, mit mir ein ernstes Gespräch anzufangen, sondern nutzt die Situation eher um mich zu beleidigen. Sichtlich froh darüber, dass die mittelmäßige Pizza endlich kommt, grinse ich meinen Schwiegervater an, wohl wissend, dass ihm mein gegrinse richtig auf den Sack geht. Genüsslich lehne ich mich zurück und ignoriere den Blick von Clara. Ihren Gedankengang kann ich mir bildlich vorstellen. „Och Jens, probier doch wenigstens mal dich mit meinem Vater zu verstehen, ich weiß er ist etwas schwierig aber er ist ein herzensguter Mensch“ Ja gewiss, denke ich. Ich versuche mal meinen Schwiegervater kurz zu beschreiben: Er trägt kurze Latzhose und weißrosane Latzträger, die ihm ungefähr vier Nummern zu groß sind. Sie schlabbern lose über seinen Bierbauch, dass muss man bei dem Bauchumfang auch erstmal schaffen Hosenträger zu finden, die vier nUmmern zu groß sind. Das es solche Größen überhaupt gibt, zeigt schon wie verloren die Menschheit eigentlich ist. Er hat kurze Haare und eine typische Rentnerfriseur. Das ganze Outfit passt ungefähr gar nicht zu einander und ist eine gesunde Mischung aus 80ern und 30ern. N schnuff neuartiges ist auch drin, dass fitet aber auf diesem anderen Level nicht. Der Verkäufer, der ihm des angedreht hat gehört auch vermöbelt. Angesagte Klamotten die passen? „we dont have this“.
„Und wie läufts auf der Arbeit“, versucht Claras Mutter das Gespräch aus dieser weirden Situation in eine etwas angenehmere zu verfrachten. Ich, der grade darüber nachgedacht hat, wie lang ich mir den crynch hier noch geben muss, stelle fest, dass ich bei dem Gedanken jetzt mit meinen Schwiegereltern über meine Geschäfte sprechen zu müssen, Probleme habe die mittelmäßige Pizza in meinem Magen zu behalten. „Läuft“ sage ich und verdrücke mich aufs Klo, den wütenden Blick von Clara gekonnt ignorierend. Wieder zurück am Tisch angekommen, ist es jetzt nicht nur ein Familienmitglied, was mich böse anschaut sondern gleich alle zusammen. Das hat nochmal dreifache Wirkung, stelle ich unangenehm überrascht fest. Die Pizza ist auch schon leer, oh man, jetzt kommt der unangenehme „danach-Talk“. Besonders unangenehm wird der, wenn man aus der Smal-Talk-Phase nicht so wirklich rauskommt und dann irgendwie den ganzen Abend darin verbringt. Arbeit, Hobbys und Ziele im Leben, stehen jetzt auf der Gesprächsliste.
Watn für Ziele? Ich bin 30 und verheiratet, findet ihr nicht, dass ich erst mal alles erreicht habe. Mehr oder weniger erfolgreich im Beruf und, wenn ich mir meine Schwiegereltern so anschaue eher weniger als mehr erfolgreich in der Liebe LOL. Das ich das mal nicht laut sage, wenn ich in dem Tempo weiter Rotwein trinke. Ich schaue auf die Uhr. „WIE ERST 30 MINUTEN HIER“, es kommt mir vor wie eine halbe Ewigkeit. Hab mir doch extra Zeit gelassen auf der Toilette, sogar noch einen aufschlussreichen Talk mit der Putzfrau geführt. Dank ihr kenn ich jetzt den Unterschied zwischen Toilettensteinen und keinen Toilettensteinen. Könnte ich eigentlich direkt mit ins Gespräch einfließen lassen. Meine Schwiegereltern denken doch sowieso, dass ich im Toiletten- Business tätig bin, da schadet die ein oder anderen mehr oder weniger interessante Information über Toilettensteine doch auch nicht mehr. Vielleicht denken sie dann, ich sei erfolgreich mit meiner Firma.
„Jens bist du noch da?“ holt mich Clara´s Mutter aus meine Toilettenträumen.
„Ja ehm sicher doch“ antworte ich und setze ein überaus gequältes Grinsen auf.
„erzähl doch mal Jens, wie läufts auf der Arbeit, du warst eben so schnell weg“. Inständig hoffe ich darauf, dass die Kassiererin, die grade Johannesbeerschorle an den Tisch bringt, die komplette Karaffe auf meine Schwiegereltern kippt. Tja Versuch wars wert, das passiert wohl nur den etwas unbegabteren Bedienungen LOL. Hoffentlich ist wenigsten Alkohol drin in dem roten Etwas.
„Ja doch, es läuft richtig gut, wir haben dieses Jahr zum ersten mal Schwarze Zahlen geschrieben und sind ganze 27,50€ im Plus“ gebe ich an. Da schaltet sich wieder der Schwiegervater ein, der „mit seiner Firma früher schon im ersten Jahr schwarze Zahlen geschrieben hätte“. Bei dem Outfit würds mich nicht wundern wenn er Gasmasken fürn Adolf hergestellt hat. Würde auch mit der Tatsache zusammenpassen, dass seine Firma dann irgendwann verboten wurde, nachdem der Adolf sich verdrückt hat.


© Jonah Meyer


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