Lektion 1
Das Erklimmen eines Berges

Wie man vom Hundertsten ins Tausendste kommt
ausschweifend abschweift
und die Neunhundert wieder abzieht, um schließlich doch noch
auf den Punkt zu kommen.



Einen Berg zu erklimmen ist wirklich einfach. Solange man es vernünftig sieht; man könnte natürlich vom psychologischen Standpunkt aus den Blick auf diese Aufgabe richten und alles verkomplizieren. Dies ist aber völlig unnötig; die Situation ist vergleichbar mit einem Gordischen Knoten: Man kann am Knoten herumfriemeln und versuchen, ihn so zu lösen. Man kann zuerst den Blick auf den zu erklimmenden Berg – kein konkreter, sondern ein hypotetischer Berg – richten und erst einmal eine Liste der Antriebsgründe erstellen und sich über seine Ziele klarwerden, bevor man sich ans Bergsteigen wagt. Oder man kann nach dem Vorbild Alexanders des Großen einfach den gottverdammten Berg hinaufgehen. (Alexander der Große ist nicht eines Bergaufstieges wegen berühmt, sondern er hat den Gordischen Knoten mit seinem Schwert durchgeschnitten. Natürlich ist er auch als König von Makedonien berühmt geworden und als Eroberer und Entdecker und so weiter, aber das ist wahrscheinlich bekannt (oder nicht? Er hat nähmlich eine Reihe erstaunlicher Dinge vollbracht, die ihn immer noch bekannt machen. Nicht zuletzt ist er gestorben. Das an sich ist natürlich nicht erstaunlich, die meisten Menschen sterben irgendwann, sicher, und wahrscheinlich fällt auch ein nicht allzu kleiner Bruchteil davon ins Wasser wie er, und von denen weiß man bestimmt auch von einigen nicht genau, warum, und die ganze Sache ist ähnlich mysteriös wie bei ihm... wodurch sich die Frage aufdrängt, warum man nun gerade seinen Tod so interessant findet) also, alle Fakten zu Alexander dem Großen sind bekannt und er hat definitiv einen Knoten zerhackt und nicht einen Berg bestiegen)
Denn die Ziele sollte einem sowieso klar sein, bevor man den Berg hochgeht, sonst könnte es nähmlich sein, dass man obensteht und einem plötzlich klar wird, dass man eigentlich in der Nordsee tauchen wollte oder einen Knoten zerhacken oder einfach einmal länger schlafen. Da die Vergangenheit als unveränderlich gilt ( gilt deshalb, weil zu der Zeit, in der das hier gelesen wird, womöglich schon eine Zeitmaschine erfunden wurde. In der Hinsicht ist nichts unmöglich. Die Titanic galt auch mal als unsinkbar und die Erde als flach) hat man dann Pech gehabt.
Aber wie gesagt, einen Berg zu erklimmen ist wirklich nicht schwer. Es müssen nur ein paar Dinge vorhanden sein:
Erstens, ein Berg. (Diesmal ein ganz konkreter, echter, realer Berg)
Zweitens, ein Mensch, der hinaufsteigen will.
Drittens, Motivation. (Nicht unbedingt notwendig, macht die ganze Sache aber einfacher)
Dann sollte noch ein Weg oder etwas ähnliches vorhanden sein, ist aber auch nicht unbedingt notwendig.

Erst dann beginnt der eigentliche Teil des Aufstiegs: Der ist einfach. Man kann sagen, er ist so einfach, simpel und logisch, dass es sich nicht wirklich lohnt, eine Lektion darüber zu lesen. Aber die einfachen Dinge sind meist die, auf die die Allerwenigsten kommen; (siehe "Der gordische Knoten") und wenn sie darauf kommen, haben sie ein enormes Mitteilungsbedürfnis, was sich im Schreiben einer Lektion über das Erklimmen eines Berges äußert; oder im Ausrufen einer Phrase, die dann als berühmtes Zitat in die Geschichte eingeht (die Rede ist von Archimedes, der den Anteil an Gold in einer Krone messen sollte und dem die Sache mit der Wasserverdrängung klarwurde, als er badete und das Wasser überschwappte. Daraufhin lief er (nackt?!) auf die Straße und rief Heureka! (griechisch für: Ich hab´s gefunden!), was wahrscheinlich zur Folge hatte, dass er von den Leuten von Syrakus für verrückt erklärt wurde, aber der Ausruf ist immer noch populär).
Natürlich sind nicht alle Wege zu Zielen immer so einfach, manche Wege (zum Reichtum, zum Glück, zum Ende der Welt und zu anderen relativ fiktiven Punkten) nehmen überhaupt kein Ende, im Gegensatz zum Berg, der aus physikalischen Gründen irgendwo aufhören muss. Meistens ganz oben. Das nennt man dann "Gipfel". Das ist von unten ganz weit weg und von oben ziemlich nah. Gipfel erkennt man nicht nur daran, dass sie das Ende des Bergs markieren, oft steht am Gipfel auch ein Gipfelkreuz. Das Gipfelkreuz ist kreuzförmig und wurde von dem aufgestellt, der den Berg als erstes erklommen hat. Das heißt, sobald man auf einen Gipfel ohne entsprechendes Kreuz kommt, darf man eines aufstellen.
Aber das ist weit vorgegiffen, schließlich soll man erst den Berg hinauf, bevor man ein Kreuz aufstellen kann (mögliche Lektion 2) und dazu muss man die einfache, logische, simple, eingängige, anspruchslose, gradlienige, schlichte, risikofreie, elementare
Regel beherrschen, die wie folgt lautet:


Man setzte EINEN FUSS vor den ANDEREN.


© Stefanie T.


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Beschreibung des Autors zu "Lektion 1"

Man kennt doch diese Leute, die etwas erzählen wollen, aber ständig vom Thema abkommen und einen damit unglaublich auf die Nerven gehen?
Ja, so soll dieser Text zu verstehen sein. Keine Ahnung, ob es gut ist... Feedback wäre nett.

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Kommentare zu "Lektion 1"

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