Ich fühl mich unter Druck gesetzt. Das Fass zum Überlaufen hat bei mir unsere interne Abteilungs-Challenge des Schrittezählens gebracht. Ich habe also nach Feierabend nach dem Kochen und Kücheaufräumen, so gegen 18 bis 19 Uhr die Qual der Wahl: Gehe ich noch drei bis sieben Runden um den Block oder mache ich endlich mal wieder meine Dehn- und Gymnastikübungen, die so wichtig sind? Eigentlich muss ich auch Klavier üben, Unterrichtsstunde rückt gefährlich nah. Ich könnte auch Wäschelegen, mein Sohn hat schon nach Unterhosen gefragt. Langsam würde es auch Zeit, mich um die Kassenbelange unseres Vereins zu kümmern, das Jahr ist bald rum. Achja, ich habe noch nicht alleBeiträge eingesammelt..hmm, das würde gut passen, das würde immerhin Schritte bringen. Während ich überlege, trinke ich ein Glas Wasser. Also wieder 200 ml zurechnen.. habe ich jetzt zwei Liter getrunken oder immer noch nicht? Ich bin mit dem Zählen durcheinandergekommen, vielleicht sollte ich mir das aufschreiben. Schade, dass man das nicht auf der extra für die Challenge erworbenen Fitnessuhr vermerken kann. Sie hat ja ansonsten sehr viele Funktionen. Ich fühle mich wie auf der Intensivstation, mein Puls und mein Herzschlag werden bestens bewacht. Ich wollte das ignorieren, kann ich aber schlecht. Ab und zu schlägt mein Herz zu oft, ich habe die perfekte Anzahl der minütlichen Herzschläge gegoogelt. Ich bin besorgt, wodurch es natürlich noch schneller schlägt, ich fühle es und die Uhr bestätigt es mir. Ich fühle mich schlecht. Ich sollte wohl einen Arzt aufsuchen, vermutlich bin ich schlaganfallgefährdet. Wäre ja auch kein Wunder, ich habe gestern Alkohol getrunken und zum Frühstück Weißmehlbrötchen mit Wurst und Marmelade gegessen, natürlich nicht auf demselben Brötchen. Gestern habe ich auch meine vorgeschriebene Wassermenge nicht getrunken, weder mein Leinsamen noch die Haferkleie gegessen, von den empfohlenen zwei Äpfeln am Tag ganz zu schweigen. Sogar die obligatorische Vitamin D Kapsel habe ich vergessen. Diese Wochenenden bringen meine Routine immer völlig durcheinander. Vermutlich sollte ich mich jetzt wirklich für das Schrittesammeln entscheiden, das würde meiner Herzfrequenz sicher am besten tun. Dann übe ich morgen Klavier oder vielleicht später noch. Nach dem Klavier könnte ich Gymnastik machen, wenn ich die recht kurz halte, könnte ich um neun Feierabend machen und einen Film schauen, bei dem ich die Wäsche falte und noch drei große Gläser Wasser trinke. Andererseits könnte ich mich auch direkt aufs Sofa legen und den Film schauen und denken: Ihr könnt mich alle mal.


© Andrea


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