Ein Bergmannsleben

Aufgewachsen in Katernberg in einen behüteten Elternhaus so war ich dem Bergbau und der Zeche Zollverein schon in Kindheitstagen verbunden .
Mein Vater und Großvater waren schon im Untertagebetrieb Schacht 12 der Zeche Zollverein eingefahren und ich sollte später der Tradition des Bergmanns folgen .
Viele Geschichten rund um Katernberg und Zollverein könnte ich erzählen und auch heute ist mein Herz Untertage geblieben auf meiner Zeche Zollverein .

Kindheitstage
Mein Vater war auf Zollverein Schachtanschläger ein Bergmann durch und durch .Da er durch einen Unfall er bekam eine Wettertür auf die Knie wurde er schon früh Rentner. Ich weiß noch wie er sich immer mit seinen Kumpels von früher an dem Büdchen traf und bei einen Bier die Kumpels von alten Zeiten erzählten .Jeden Sonntag ging es nach Sportfreunde Katernberg auf dem Fußballplatz wo es die leckeren Kokosnuss Stückchen gab . Leider hat er nicht lange was von seiner Rente gehabt er verstarb im Alter von 56 Jahren.
Ich wuchs in der Theobald Straße auf und in den sechziger Jahren man kann es sich vorstellen war es noch nicht so Modern wie heute .Das alte Röhrenfernsehen war Mittelpunkt der Familie Tagesschau Sportschau die alten Serienfilme oder Zeichentrickfilme wie habe ich sie geliebt .Freitags war immer Waschtag ,der Kohleofen im Waschkeller wurde angeschmissen Wasser in einem großen Bottich heiß gemacht und in der Wassermotor betriebene Waschmaschine gesteckt wo sie stundenlang gewaschen wurde .Trockner gabs noch nicht also wurde sie ausgewrungen und die Wäsche bei guten Wetter nach draußen zum Trocknen gehängt . Im Winter wurde eine Leine in der Küche gespannt und dort zum Trocknen aufgehängt.
Draußen trocknen war so ein Problem den in der Nähe war die Kokerei von Zollverein und je nach Wetterlage zogen die Qualm Wolken vom Löschen des Koks über unseren Haus die Wäsche war nie weiß sondern gelb und roch nach Kohle aber so war es früher.
Im Garten hinterm Haus sah es aus wie auf einen Bauernhof Salat wuchs zwischen Kohl Möhren neben Zwiebeln und die Hühner pickten ihr Futter vom Boden .Die Erntezeit war für uns Kinder am schönsten Lecker Äpfel aus Nachbars Garten das waren die besten. Manche Schramme zeugt heute noch von den Fluchten aus den Bäumen wenn’s der liebe Nachbar bemerkte aber Böse war er uns nie .
Herbstzeit war Kastanienzeit .Da wir vor unseren Haus ein Riesen Kastanienbaum hatten war er immer von den ganzen Kindern unserer Siedlung belagert und das dumme ich bekam nie welche mit .ein regelrechter Kampf um ein paar Kastanien entstand.
Doch eines Tages geschah etwas was mein Leben bis heute beeinflusst hat .An der Geschichte erinnere ich mich noch genau und werde sie nie vergessen.
Ich war neun Jahre alt und wir hatten an der Theobald Straße einen Durchgangsweg der von Katernberg bis nach Altenessen zum Kaiserpark führt. Eines Tages es war im Herbst gingen wir wie jeden Tag durch diesen Weg von der Schule nach Hause .Plötzlich sah ich im Licht Schatten auf einer großen Wiese die etwas suchten .In der Ferne stand was silbernes .Es waren nicht Schatten wie üblich sondern sie standen und bewegten sich im Gebüsch .Erschrocken liefen wir davon und es macht mir heute noch Gänsehaut . Später dann es war so um die Weihnachtszeit, muste ich immer spätestens um halb neun ins Bett .Doch an mehreren Abenden wurde ich immer gegen Mitternacht wach lag am Ende des Bettes total verschränkt mir tat alles weh und es roch seltsam irgendwie nach Ziege . Auch hatte ich in der Zeit das Gefühl durch den Raum zu schweben. Dieses geschah des Öfteren und dauerte circa ein halbes Jahr bis eines Morgens ich aufwachte sah wie eine große Rote Kugel durch mein Zimmer schwebte und durch das zue Fenster entschwebte.
Danach hörte der Spuk auf, doch bin ich heute noch auf der Suche was es gewesen sein könnte da es doch sehr real schien . Seit dieser Zeit ist eins meiner Hobbys die Astrophysik .

Teenagerjahre
Es war die Zeit der siebziger .Von meinem ersten Lehrlingsgeld ,ich entschloss eine Lehre zum Elektriker zu machen war natürlich eine Mofa angesagt mit der wir Kinder aus der Siedlung um die Häuser zogen .Ich hatte das Glück einer prima clicke anzugehören drei Mädels und drei Jungs .
So gingen wir jeden Samstag wie in dieser Zeit angesagt in die Disco oder im Jugendtreff zu Sankt Joseph wo wir schöne Stunden verbrachten wie Tanzkurs oder mal einen Kinoabend .Doch schon schlug das Schicksal wieder zu .
Im Alter von siebzehn Jahren verlor ich durch langer Krankheit zuerst meine Mutter und vierzehn Tage später auch meinen Vater an gebrochenen Herzen .
Da ich achtzehn wurde und ich es nicht verkraftete aber auch Geld zum Leben brauchte brach ich meine Lehre ab und bewarb mich auf Zollverein als Bergmann im Untertagebetrieb. Zuerst viel ich durch die Medizinische Untersuchung da mein Blutdruck zu hoch war naja die Aufregung .Beim zweiten check hats gepast und ich wurde im Untertagebetrieb Schacht 12 Eingestellt.
So wurde ich wie mein Großvater Vater Bergmann und folgte der Tradition.

Die ersten Bergmannstage
Als Neuling im Bergbau war ich natürlich aufgeregt .Nach der Einweisung und Korbzuweisung in der Weiß und Schwarzkaue ging es dazu das erste Mal Bergmannskleidung anzuziehen . Die Stiefel noch schwer die Knöchelschoner noch Steif und die Kleidung ein bisschen zu groß ,man war ja noch Frischling dauerte es eine Stunde bis ich mich fertig zur ersten Korbfahrt meldete .
Ich wurde dem Lehrrevier 52 zugeteilt und stand nun das erste Mal im Korb nach unten .Alles dunkel die Helmlampen noch ausgeschaltet ging es mit 8 Metern die Sekunde nach Flöz Dickebank was mir doch reichlich Magenschmerzen bereitete, den 8 Meter die Sekunde 1300 Meter in die Tiefe nur durch das Licht der einzelnen Schächte unterbrochen geht ganz schön auf dem Magen . Unten fuhren Züge die uns vor Ort brachten und so begann meine erste Schicht mit dem Senken der Laufwege .
Später dann im Laufe meiner Bergmannszeit kam ich zu den Transporteuren und war damit beschäftig in Nachtschicht die Panzerplatten des Hobels in den Flöz zu treiben mit Laufkatzen was manchmal sehr eng war und weit in den Flöz hineinführte aber da ich sehr schlank war der ideale Arbeitsplatz für mich .
Nie werde ich die dicken Kohleadern vergessen ein beeindruckender Anblick. Aber durch die Kameradschaft unter Tage ging die härteste Arbeit leicht von Hand .Ob Stempel setzen im Hangenden oder das Buttern unten was manchmal auch zu lustigen Anekdoten führte.
Unter Tage gab es jede Menge Mäuse und Grillen die durch die Seilfahrt und dem Holz zum Verbauen der Stempel nach unten gelangten .Zum Buttern setzen wir uns an dem Stapel und unsere Jacken hingen meist an Hacken an den Wänden .Das Bütterken immer in der Jackentasche .So war Butterzeit und ich holte mein Brot aus der Tasche doch was pikste da ,da hing doch glatt ein Mäuschen an meinen Finger und freute sich auf das wohl leckere Fleisch meiner Hand da ihr mein Schinkenbrot wohl nicht genug war .

Ganz schlimm war es natürlich wenn man Durchfall untertage hat keine Toilette in Sichtweite tief im Flöz am Arbeiten bei dreißig Grad Wärme was macht man man suchte sich eine stille ecke ohne viel wetterzug und ließ die Hosen einfach runter muste aber Aufpassen das man nicht eine Maus in der Hose wiederfand .
In der Zwischenzeit hatte ich meine Frau geheiratet in jungen Jahren und da ich immer auf Nachtschicht war machte sie sich natürlich Sorgen .Doch hatten wir als Haustier eine Katze und einen Hund die immer wussten wann meine Schicht beendet war .Jedes Mal wurden sie unruhig so das meine Frau sie immer raus ließ und sie bis ans Zechentor liefen um mich nach Hause zu begleiten und jedesmal war die Freude groß wenn ich aus dem Zechen Tor kam .
So vergingen schöne Jahre als Bergmann doch meinte das Schicksal es wieder nicht gut mit mir. In jungen Jahren ging man noch Sorgenvoll mit der Gesundheit um und ging für jede Kleinigkeit zum Arzt was immer mit Krankenschein folgte. Leider war es dem Betriebsführer zu oft und ich bekam eine Abmahnung .
Die Steiger waren mit meiner Arbeitsleistung zufrieden doch irgendwie hatte der Betriebsführer eine Abneigung gegen mich entwickelt so suchte er jede Möglichkeit mich zu entlassen.
Meine Frau war schwanger und ich hatte sie Tagsüber ins Krankenhaus gebracht. Da ich Nachtschicht hatte die um Mitternacht begann legte ich mich aus erschpfung am frühen Abend noch mal kurz hin und schlief ein und wie es kommen muste verschlief ich auch die Nachtschicht was dem Betriebsführer gar nicht gefiel. So wurde ich entlassen und durfte laut Aussage des Betriebsführers das Betriebsgelände nicht mehr betreten .
Nach einem halben Jahr ich hatte schon eine neue Arbeit gefunden kam ein Schreiben von Zollverein ich sollte den nächsten Tag unverzüglich wieder anfahren. Doch was tun meine neue Arbeit schmeißen und wieder anfahren . Ich blieb natürlich auf meiner neuen Arbeitsstelle die mir sicher war und so wurde in meinen Bergmannsbuch vermerkt das ich Kontraktbruch begangen hätte und nie wieder auf einer Zeche anfahren durfte .
Was mir bis heute das Herz gebrochen hatte .
Später kam noch hinzu das meine Wohnung in der Zechensiedlung saniert wurde ich eine Ausweichwohnung suchen musste und hinterher behauptet wurde das ich Gekündigt hätte so das ich nicht nur mein Elternhaus verlor meine Heimat verlassen musste ,Katernberg dort wo ich aufgewachsen bin . Bis heute habe ich mein Elternhaus nur aus der Ferne betrachtet nie wieder habe ich Zollverein obwohl heute zugänglich betreten .So hat ein Mensch der ehemalige Betriebsführer von Zollverein mein Heimatherz zerstört und wie gerne möchte ich nochmal den Geruch der Kohle in meiner Nase fühlen

© Friedel Bolus


© Friedel Bolus


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